Читать книгу Raumpiraten und Aliens auf Abwegen: 3 Science Fiction Abenteuer - W. K. Giesa - Страница 19
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ОглавлениеEs war beim Frühstück.
Sie hatten sich kaum einen guten Morgen gewünscht, als Dr. Walter zur Sache kam.
„Die Nachrichten werden Sie ja wohl alle gehört haben, meine Herren. Man spricht von vierundzwanzig Todesopfern. Darunter die gesamte Besatzung. Fünfzehn Personen liegen im Hospital.“
„Da die Piloten tot sind“, erklärte Leutnant McFee, „wird die Untersuchungskommission es schwer haben, einen Sündenbock zu finden. Hat man Sie eigentlich schon verhört, Doc?“'
„Man hat mir den Kopf verbunden und Larry eine Schmerztablette wegen der Prellung gegeben. Danach durften wir gehen. Wenn die Polizei noch Fragen hat, wird sie schon kommen. Man hat ja unsere Adressen, zumal wir von der Versicherung noch einen Ausgleich für das verlorene Gepäck erwarten.“
„Und was werden Sie sagen, wenn die Polizei noch Fragen hat?“
„Komische Idee, Leutnant. Wir werden sagen, dass wir plötzlich einen starken Stoß verspürten, dass wir gegen die Sitze und Wände geschleudert wurden und die Besinnung verloren. Dass wir erwachten, als die Maschine brannte, und dass wir zusahen, so schnell wie möglich hinauszukommen. Wir werden also genau das gleiche sagen wie die anderen auch, die mit uns das Glück hatten, noch rechtzeitig aussteigen zu können.“
„Alles Hinweise, mit denen ein Untersuchungsinspektor nichts anfangen kann.“
„Sie sagen es. Vor dem Unglück hatten wir Passagiere nicht den geringsten Hinweis dafür, dass etwas schiefgehen könne. Als die Maschine aufsetzen musste, sackte sie plötzlich ein Stück durch. Das Chaos kam so plötzlich wie ein Erdbeben.“
Die meisten Angehörigen der Sunflower-Besatzung waren unterwegs, als vier Vernehmungsbeamte im Quality Inn erschienen. Die Diskussion am Frühstückstisch hatte in einem stillen Protest geendet. Man wollte nur zeigen, dass man sich nicht als Gefangener fühlte und leistete sich deshalb einen ausgedehnten Spaziergang in den Parkanlagen südlich der Constitution Avenue.
Spencer und Larry Goodwyn hatten ihren Spaziergang am weitesten ausgedehnt. Sie waren tatsächlich die ganze Strecke bis zum Lincoln Memorial hinausgewandert und stellten schließlich fest, dass sie sich in der Zeit verrechnet hatten.
„Du. Larry, zurück reicht’s nicht mehr zu Fuß. Wir werden ein Taxi nehmen müssen.“
„Na und? Wozu sind Taxis sonst da?“
Sie nahmen ein Taxi und fuhren damit zurück. Damit waren alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sie zum gemeinsamen Diner noch rechtzeitig eintreffen würden.
Dann geschah es!
Aus der 9. Straße schoss von rechts ein Wagen, der zweifellos die Vorfahrt nicht beachtet hatte. Er bohrte sich mit der Wucht eines Projektils in den Bug des Taxis, riss dieses herum und schleuderte auf die andere Fahrbahn. Zwei Fußgänger wurden getötet.
Sekunden später vernahm Spencer Goodwyn die Sirenen der herannahenden Polizei. Er wunderte sich über eine derart prompte Alarmierung. Später stellte sich heraus, dass er minutenlang die Besinnung verloren hatte. Als er aus dem eingedrückten Wagen stieg, sah er sich einer drängenden Menschenmenge gegenüber, die ein Verkehrspolizist nur mühsam zurückhalten konnte.
Larry half ihm aussteigen.
„Teufel, das war ein Schreck in der Mittagsstunde. Deine Knochen sind wieder mal heil geblieben, wie?“
Larry redete wie in alten Zeiten.
Der fremde Wagen stand mit halb verkürzter Kühlerhaube frontal vor der Mauer eines Hauses. Auf der Erde lagen zwei Gestalten, zugedeckt.
An den Beinkleidern erkannte man, dass es sich um einen Mann und eine Frau handelte.
„Das sind die beiden toten Fußgänger“, sagte Larry Goodwyn sarkastisch. Ein paar von den Gaffern hörten es und nahmen eine drohende Haltung ein.
Der Taxifahrer wartete neben seinem Wagen und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die linke Hüfte. Dabei sagte er etwas von einem Idioten und blickte auf einen anderen Mann, der neben dem fremden Fahrzeug auf dem Bürgersteig saß und stöhnend seinen Kopf an den Kotflügel lehnte.
„Das ist der Gangster, der durch die City braust, als wäre er allein auf der Welt.“
Spencer sah einen jungen Kerl, der sich vor Schmerzen wand und nicht in der Lage war, sich zu verteidigen. Die Polizei kam mit Rotlicht, mit Jeeps und einem Ambulanzwagen.
Die Sperrmaßnahmen waren optimal. Die Gaffer sahen sich um Hundert Fuß zurückgedrängt. Beamte in weißen Mützen arbeiteten mit weißer Kreide. Ein Zivilist machte ununterbrochen Fotos, und drei Offiziere stellten Fragen an die Beteiligten.
Der Schuldige war jedoch nicht vernehmungsfähig. Er beantwortete jede Frage mit einem Stöhnen und hielt nur für ein paar Sekunden die Augen offen. Ein Arzt ordnete die Überführung ins Krankenhaus an.
„Und Sie, Mister? Ich glaube, Sie lassen sich auch besser die Hüfte röntgen. Wenn Sie etwas zurückbehalten, will keine Versicherung was davon wissen.“
„Okay“, sagte der Fahrer. „Aber pressen Sie diesen Jüngling aus, wenn er vernehmungsfähig ist. Der kann mit einer derben Schadensersatzforderung rechnen, wenn er sich wieder erholt hat.“
„Schon gut, Sir! Über die Schuldfrage unterhalten wir uns später.“
„Später? Dass ich nicht lache. Da gibt es nichts zu untersuchen. Der Bursche hat geschlafen, oder er wollte Selbstmord begehen.“
Der Leutnant legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Gehen Sie da hinüber, Sir! Mein Kollege wird Ihre Angaben notieren. – Und nun zu Ihnen, meine Herren.“ Damit waren die beiden Goodwyns an der Reihe. Sie machten ihre Aussagen sehr sachlich.
„Ich danke Ihnen, meine Herren! Endlich mal eine Angabe, die sich protokollieren lässt. Wie fühlen Sie sich? Keine Schmerzen? Wenn Sie einen Arzt brauchen ...“
„Nicht nötig. Wir sind in Ordnung. Den Rest können wir zu Fuß gehen.“
Gegen Mittag erreichten sie das Hotel. Im Restaurant trafen sie Manning, McFee und Roxana und nahmen ebenfalls eine Kleinigkeit zum Lunch. Danach gingen sie auf ihre Zimmer. Jeder bekam seinen Schlüssel. Nur Larry nicht.
„Die dreihunderteinundvierzig, Sir? Ist das nicht ein Irrtum? Der Herr ist vor zehn Minuten aufs Zimmer gegangen.“
„Welcher Herr?“
„Mr. Atkinson. Oder sind Sie ...?“
„Keine Sorge, ich heiße Goodwyn und habe vor drei Tagen das Zimmer dreihunderteinundvierzig gemietet.“
„Entschuldigen Sie, Mr. Goodwyn. Sie wohnen auf Zimmer dreihundertfünfzehn.“
„Dort wohnt mein Bruder, Sir. Brüder haben es an sich, mit dem gleichen Familiennamen herumzulaufen. Ich kann mir nicht denken, dass in Ihrem Gästebuch ein solches Chaos herrscht, dass Sie mich plötzlich nicht mehr in dem Zimmer unterbringen können, in dem ich bereits drei Nächte geschlafen habe.“
„Es ist mir völlig unverständlich, Mr. Goodwyn ...“
Spencer schaltete sich ein. „Bemühen Sie sich bitte nicht weiter. Wenn es der Mr. Atkinson ist, den ich meine, dann wird sich das Missverständnis bald aufgeklärt haben.“ Sprach’s und zog seinen Bruder Larry am Ärmel fort. Mit dem Lift fuhren sie auf III.
„Du kennst diesen Atkinson? Das müsste ich doch eigentlich wissen, oder?“
„Schon gut, komm erst mal mit auf dein Zimmer.“
„Auf Mr. Atkinsons Zimmer.“
„Warte es ab! Wir werden Mr. Atkinson fragen, was er sich bei dieser Okkupation gedacht hat.“
Die Zimmertür zu 341 war unverschlossen.
Sie traten ungehindert ein. Der Schlüssel steckte von innen. Draußen hing das Plastikschild mit der Aufschrift: Bitte nicht stören! Die Koffer im Zimmer gehörten Larry, ebenso die Zahnbürste und der Rasierapparat im Bad. Fremde Koffer oder gar ein Mr. Atkinson waren nicht zu sehen.
„Hm, und diesen mysteriösen Atkinson willst du kennen?“, fragte Larry. „Kennt ihn überhaupt einer?“
„Muss ja wohl. Der Portier hat ihn gesehen und seinen Namen ins Buch eingetragen. Ich habe genau hingesehen. Atkinson wohnt demnach schon zwei Tage hier.“
„Du kannst dich auf den Kopf stellen, Spence, in diesem Bett habe ich in der letzten Nacht geschlafen und kein anderer.“
Spencer zuckte hilflos mit den Schultern.
„Instabilität durch den Kontakt zweier Existenzebenen?“, murmelte er. Es klang wie eine Frage. Aber nicht wie eine, auf die man eine Antwort hören will. „Du willst dich sicherlich etwas ausruhen, Larry. Ich werde mich auch eine Stunde hinlegen.“
„Damit wir erneuten Komplikationen aus dem Wege gehen, komme ich lieber mit zu dir. In diesem Bett würde ich keine Minute Ruhe haben“, sagte Larry.
Spencer überlegte nicht lange. Er ahnte, wie dem Bruder zumute war. „Ja, natürlich, Larry. Ich würde sogar vorschlagen, dass du dein Gepäck mit hinübernimmst. Zwischen der Anwesenheit deines Gepäcks in diesem Zimmer und der Eintragung im Hotelbuch besteht ein erheblicher Widerspruch. – Komm schon! Sobald wir ausgeruht haben, werden wir diesen geheimnisvollen Mr. Atkinson suchen.“
Drei Stunden später waren sie nicht klüger geworden. Mr. Atkinsons Name stand in der Logierliste. Larrys Name fehlte, als habe er nie in diesem Buch gestanden. Trotzdem verzichteten die Brüder darauf, eine Untersuchung zu verlangen. Wenn es hier etwas zu untersuchen gab, so konnte ihnen ein Fremder kaum dabei helfen.
So betrachtet, konnte man beim Abendessen sagen, dass die Besatzung und ihre Umgebung einen ruhigen Tag verlebt hatte. Keine Unterredung mit Professor Goldstein, kein Verhör bei Winslow. Captain Manning schwärmte von Li Sorranni, seinem Lieblingsstar, den er am Nachmittag in einer Movie-Show gesehen hatte. Roxana Alvarado vertrat die Meinung, dass der männliche Partner, James Mo, sie nahezu an die Wand gespielt habe. Leutnant McFee dagegen, der ebenfalls zu den Theatergängern zählte, erschöpfte sich in einer allgemeinen, herben Kritik über die technische Unvollkommenheit der Movie-Show.
Ohne Zusammenhang stellte er plötzlich die Frage: „Sie haben heute Mittag gar nichts von Ihrem Autounfall erzählt, Larry. Es freut mich, dass Sie trotz Ihrer Pechsträhne doch immer wieder Glück haben.“
Wie McFee es sagte, hörte es sich nicht so an, als ob er sich wirklich freue. Seine Frage hatte vielmehr ziemlich aggressiv geklungen, und das Lachen verstummte sofort am Tisch.
„Sie haben eine selten geniale Art, Leutnant, anderen Menschen die gute Laune zu verderben“, beschwerte sich Captain Manning. „Was faseln Sie von einem Autounglück? Larry Goodwyn sieht nicht so aus, als ob er zwischen zwei Kotflügeln zerdrückt worden sei.“
„Es stimmt schon“, sagte Larry grinsend.
„Es stimmt nicht ganz“, verbesserte ihn Spencer. „Das Abonnement auf die Unglücksserie habe ich. Darf ich an meinen verbundenen Kopf erinnern? Larrys Pech allein ist es, dass er mich dabei ständig begleitet.“
Spencers Lachen verfehlte seine Wirkung, und für eine Debatte über Lustspielfilme war die Stimmung dahin. McFee hatte die Leute neugierig gemacht. Die Brüder mussten also Bericht erstatten und taten es mit ganz sparsamen Kommentaren. Sie zogen sich dann sehr früh zurück, während die anderen sich noch etwas Zeit ließen.
„Ich habe ein Singen im Ohr“, sagte Larry, während sie sich auskleideten. „Möchte wissen, was die sich jetzt zu erzählen haben.“
„Man kann es sich denken.“
„McFee gefällt mir nicht. Er hat eine spitze Zunge.“
„McFee war nie dein Freund. Also verlange jetzt nicht, dass er sich ändert.“
Sie gingen schlafen und sprachen auch nicht mehr viel miteinander. Spencer entsann sich später, dass er kurz nach 23 Uhr noch einmal auf die Leuchtziffern seiner Digi-Quarzuhr gesehen hatte. Danach musste er eingeschlafen sein.
Die Bombe detonierte um 1.25 Uhr. Eine Bombe im Quality Inn war so auffallend und ungewöhnlich wie ein Extraterrestrier vor dem Weißen Haus. Wenig später waren alle Gäste und das gesamte Personal auf den Beinen.
Spencer fuhr aus dem Schlaf wie nach einem Alptraum. Im Zimmer war Licht. Larry warf gerade seinen Hausmantel über. Er hatte noch kein Auge zugemacht.
„Werde wach, Junge! Hier im Haus spielt man Krieg“, rief er.
Spencer war sich nicht bewusst, eine Detonation gehört zu haben. Aber Larrys Erklärung genügte ihm.
„Ich glaube dir jedes Schauermärchen, Larry. In unserer Umgebung ist offenbar alles möglich. Es soll mich nicht wundern, wenn ein Attentäter das ganze Hotel in die Luft sprengt.“
Man beachtete sie kaum, als sie auf den Flur traten. Es waren alles Fremde, die sich hier gegenseitig im Weg standen und diskutierten.
Näher bei der Unglücksstelle erkannten sie Roxana. Sie stand vor der Tür 341. Besser, vor den Resten der Tür.
„Mein Gott, Larry!“, rief die Physikerin. „Sie leben? Ich verstehe nicht ... Sie waren nicht hier ...??
„In diesem defekten Zimmer? Nein. Ich wohne bei meinem Bruder auf dreihundertfünfzehn. Soweit ich unterrichtet bin, hat ein Mr. Atkinson dreihunderteinundvierzig gemietet.“
„Hm, sonderbar ... hatten Sie nicht ...“
Manning,Walter, McFee und Romero stießen zu ihnen, und Mannings voller Bariton würgte Roxanas Stimme brutal ab.
„Hier ist was explodiert, wurde mir berichtet. Aber Sie sind ja wohlauf, Larry. Das freut mich.“
„Freut mich ebenfalls, Captain. Auch Sie sind wohlauf, Doc Alvarado ist wohlauf, Leutnant McFee ist wohlauf, mein Bruder ist wohlauf, fast alle sind wohlauf. Also freuen wir uns, wie?“
Larrys Nerven waren, das sah jeder, zum Zerreißen gespannt. Deshalb reagierte Manning väterlich und zurückhaltend.
„Aber Larry, Sie sind doch unser besonderes Sorgenkind. Und Sie wissen, warum. Es lag doch nahe, dass es bei Ihnen passieren würde, wenn es passieren würde, oder?“
„Ein Punkt für Ehrlichkeit, Captain. Doch diesen Fall sollten Sie nun getrost der Polizei überlassen.“
„Der Polizei?“
„Ja, der Polizei. Denn hier hat eine Explosion stattgefunden.“
Bei den letzten Worten war Larry dicht an Manning herangetreten und hatte nur noch leise gesprochen. Auch der Captain drosselte seine Lautstärke.
„Mein Gott, ich will hier nichts kaputtmachen. Aber das ist doch Ihr Zimmer, Larry.“
„Irrtum, Captain! Ich bin heute zu meinem Bruder gezogen. Hier wohnt ein Mr. Atkinson. Der Portier wird es Ihnen bestätigen.“
Minuten später erschien die Bundespolizei, geführt von Inspektor Hensley.
Sie drangen in die Wohnung 341 ein. Kurz darauf wurde ein Toter herausgetragen. Ein Toter, bei dem man keinerlei Papiere fand. Auch kein Gepäck oder irgendwelche Dinge persönlicher Art.
Nur der Portier konnte weiterhelfen.
Es handelte sich um Mr. Atkinson, den Mann, der es auf rätselhafte Weise verstanden hatte, sich in Larry Goodwyns Apartment einzuschleichen. Ganz offiziell. Ganz mit der Unterstützung des diensthabenden Hotelportiers.
Die Anwesenheit vieler Leute machte es den Männern von der Sunflower leicht, sich unauffällig zu entfernen. Spencer hielt seinen Bruder am Ärmel fest, bis sie am nächsten Flurknick ankamen. Manning und Roxana waren ihnen gefolgt, und von irgendwoher gesellten sich weitere Leute von der Expedition dazu.
McFee fragte gedehnt: „War es tatsächlich das Zimmer, das Sie noch in der letzten Nacht bewohnt haben, Mrs. Goodwyn?“
„Allerdings. Und damit Sie es genau wissen, Leutnant, ich hatte so eine Ahnung, als ob etwas mit meinem Zimmer geschehen würde, und da bin ich rechtzeitig ausgezogen, zumal Mr. Atkinson ja schon darin wohnte.“
„Klingt ein bisschen irre, nicht wahr?“
„Ich hab’s Ihnen zuliebe irre gemacht. Sie lieben es doch so, oder?“
Da McFee keine Antwort gab, kam Manning wieder zu Wort.
„Soweit scheint uns allen der Fall klar zu sein; jemand wollte Larry Goodwyn umbringen. Der Kreis der Verdächtigen ist klein. Es kommt dafür nur jemand in Frage, der über unsere Expedition hinter dem Merkur orientiert ist.“
„Sie suchen schon wieder nach dem Schuldigen, Captain. Vielleicht war es aber nur Naturgesetz.“
„Und plötzlich keine Person mehr? Ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Leutnant.“
„Nun, wenn ich das Gesetz verdächtige, mag es auch nur der Anstifter sein. Der Mensch wird die kriminelle Handlung ohne Skrupel ausführen, wenn das Naturgesetz ihn dazu zwingt.“
Spencer Goodwyn trat schnaufend einen Schritt vor.
„Der Mensch?“, fragte er drohend. „Warum sagen Sie nicht gleich, dass dieser Mensch bei ihnen Larry Goodwyn heißt?“
„Okay, das ist natürlich naheliegend. Ihr Bruder ist der einzige, der einen Grund hätte, zu morden.“
„Sind Sie des Teufels!“, donnerte Manning. „Ich verbiete Ihnen, noch ein Wort in diesem Ton zu reden.“
Roxana nahm den Leutnant in Schutz.
„Er schwärmt nun einmal für Objektivität. Wir alle sollten weniger empfindlich sein – trotz unserer Erlebnisse. Der Zufall mutet freilich konstruiert an. Um so mehr muss sich der Attentäter ärgern, dass sein Anschlag schiefgegangen ist. Es spricht alles dafür, dass der Täter in unserem Team zu suchen ist. Warum finden wir nicht heraus, wer es war?“
„Einer von uns?“, spottete der Maschinist Romero.
Der Leutnant tippte auf Larry. „Ich dagegen meine, Larry sollte das Opfer sein. Und wir anderen? – Wo wollen Sie denn anfangen, die Indizien zu suchen, Dr. Alvarado?“
„Jeder von uns kann es sein. Besonders natürlich der Unzufriedenste.“
Die Köpfe bewegten sich marionettenhaft. Misstrauische Blicke wanderten von einem zum anderen.
„Sie können einen aber nervös machen“, beschwerte sich Manning.
„Nervös sind wir alle. Seien wir doch ehrlich! Unsere Nervosität ist unbeschreiblich, seit der tote Larry Goodwyn wieder bei uns auftauchte. Ich wette, jeder von uns hat schon mit dem Gedanken gespielt, Larry zu töten. Einfach, um das konventionelle Gleichgewicht wieder herzustellen. Doch wahrscheinlich ist es gar nicht erforderlich, Larry zu töten. Das Weltall hat es zugelassen, dass Larry wieder lebendig zu uns gekommen ist. Also ist diese Tatsache auch ein Stück echter Natur. Vielleicht ist das bisschen Widerspruch gar nicht wichtig. Oder es ist sogar völlig in Ordnung. Vielleicht sind die Vorgänge, die uns so an die Nerven gehen, durchaus normal. So normal wie die einstmals so unerklärliche Perihelschwankung des Merkur im optischen Bereich.“
„Diese Normalität wird allerdings abnehmen, wie die Entfernung von der Sonne wächst“, sagte Larry langsam und leise. „Ich kann keinem von Ihnen übelnehmen, was Sie über mich denken. Nicht mal Ihnen, Leutnant.“
„Das sollten Sie auch nicht, Larry. Ich bin nicht Ihr Feind. Ich kann Sie nur nicht von Ihrem persönlichen Schicksal trennen. Wieso waren Sie in dieser Nacht nicht auf Zimmer dreihunderteinundvierzig?“
„Weil der Portier es an Mr. Atkinson vermietet hatte.“
„Waren Sie nicht trotzdem dort? Ich meine – zusammen mit diesem Atkinson. Oder gar als ein Teil von ihm?“
„So rätselhaft, wie Sie sie darstellen, kann die Identität eines Menschen gar nicht sein, Leutnant. Ich habe nicht die geringste Hautabschürfung.“
„Was ich nicht bezweifle. Wir hatten Sie ja auch im All bestattet, und trotzdem kamen Sie zurück. Sie haben auch den Jet-Absturz und den Autounfall schadlos überstanden. Was sollte Sie da noch hindern, sich neben die Bombe zu setzen und zuzusehen, wie sie auseinanderfliegt?“
„Ihre Phantasie in Ehren, Leutnant“, erklärte Captain Manning missmutig. „Aber jetzt verlassen Sie den wissenschaftlichen Boden. Kein Mensch stellt sich unbeschadet neben eine detonierende Bombe.“
„Dann wäre Larry Goodwyn eben der erste. Vielleicht kann er gar nicht sterben.“