Читать книгу Die Liebe, die uns rettet - Walther von Hollander - Страница 5
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ОглавлениеAm Zoo biegt eigentlich der Weg des Professors vom Weg der Tochter ab. Aber an diesem Tag bringt er sie noch bis zum Wittenbergplatz. Er spricht sogar das letzte Stück ein bisschen mit ihr. Ob sie wirklich alles hat, was eine Braut aus gutem Hause zu haben hat, einschliesslich Kranz, Schleier und Myrte? Ob sie sich nicht doch noch einen Koffer kaufen muss? Nein, dankt Barbara, sie hat eigentlich alles. Höchstens wenn ihr der Vater zur Hochzeit ein anständiges Tennisrakett schenken will. So? Er muss also ein Hochzeitsgeschenk machen? Donnerwetter, ganz vergessen. Etwa dem Alfred auch? Nicht dran gedacht. Und Brettwitz, die ansehnliche Dame mit dem Eigenkapital, hat ihm auch nichts gesagt. Vielleicht kann er einfach zwei Rackets schenken? Ja? Wäre richtig? Na also. Dann wird Barbara die Freundlichkeit haben, das zu besorgen.
Der Wagen fährt gerade sehr langsam. Denn er ist eingekeilt zwischen zwanzig andere Wagen, in denen andere Berufsmänner sitzen. In diesem Augenblick winkt jemand vom Gehsteig. Ein Herr in einem gelbweissen Anzug aus grobem Stoff. Er ist gross, ziemlich dürr. Etwas eingetrocknet, ein adlerköpfiger Mann ... ja, natürlich: adlerköpfig. Denn die sehr scharfen braunen Augen beherrschen das Gesicht, das eine grosse kühne Nase hat, einen kleinen Mund und ein kurzes spitzes Kinn. Er hebt den weissen Sommerhut, einen sogenannten Panama, wie man ihn in Berlin selten trägt, von einem ziemlich kahlen, aber schön geformten Schädel. „Tag, Professor“, ruft er „Tag, Professor Schreiner ...“
Der Professor Schreiner richtet sich in seinem Auto ein wenig auf. Er sieht den Herrn auf der Strasse an, der vielleicht zehn Schritt vom Auto entfernt steht, getrennt durch zwei andere Wagen. Er greift an seinen Hut. Er kennt den Fremden. Das ist ... warte mal ... das war ein Fall von Darmkrebs ... eine einfache glatte Sache. Gutartig noch. Im Anfangsstadium. Wollte Gott, man kriegte viele solche Fälle zu sehen. Ein billiger Erfolg. Man wird viel zuviel bedankt. Kann jeder Stümper operieren. „Tag, Herr Rauthammer“, sagt Schreiner. Denn da hat sein wunderbares Gedächtnis auch noch den Namen hervorgeangelt.
Auch Barbara hat gegrüsst. „Tatsächlich, Rauthammer“, sagt sie überrascht. „Tag, Herr Rauthammer.“
Das Auto ruckt. Böckau, der Chauffeur, bekommt endlich freie Fahrt und zischt davon. „Rauthammer“, versucht Schreiner diesen Fall zu beenden. „Du wirst dich noch erinnern. Hatte ziemlich verrückte Ideen. Vom Willen, der die Welt aus den Angeln hebt. Na, Gott sei Dank, kann das keiner von denen, die es zu können glauben. Würde sonst toll schaukeln, unsere gute Welt. Also, adieu denn, mein Kind. Da ist der Wittenbergplatz. Ich komme pünktlich um sieben Uhr. Der letzte Patient ist zu vier Uhr bestellt. Tchö ...“
Da steht also Barbara Schreiner auf der Tauentzienstrasse, in ihrem hellgrauen Leinenkostüm mit einer rotweissgewürfelten Bluse, einem hellroten Hut, den eine kleine Teufelsfeder schmückt ... steht vor einem Photographengeschäft, und da fällt ihr ein, dass sie auch kein richtiges Hochzeitsgeschenk für ihren Mann hat. Eine wunderbare Familie, die Schreiners! Vergessen alles. Sie sieht im Schaufenster einen winzigen Apparat, den wird sie kaufen und Alfred schenken. So etwas wünscht er sich lange, und man muss doch „für später seine Erinnerungen“ haben, wie? Sie geht also schnell in den Laden und lässt sich viele kleine Apparate vorlegen und erklären. Aber sie gefallen ihr alle nicht. Es gefällt ihr nur ein ziemlich teurer Apparat. Mittelklein, ausgezeichnet. Man kann damit vierzig Bilder hintereinander aufnehmen. Sie zögert eine Weile. Sie steht in der Tür des Photographengeschäfts und sieht durch den Sucher die Strasse an, die sommerlich bunte, lustige Tauntzienstrasse. Sie findet grade, dass das Leben in der Stadt seine besondere Schönheit und Farbe hat und dass die Städter eigentlich jetzt auch ein bisschen stolz werden sollten auf die besondere Art ihres Lebens. Sie blinzelt einem Auto nach, das fast wie Alfreds Auto aussieht. Es ist aber die Type vom vorigen Jahr, ohne Heckmotor und Stromlinie ... es ist ... weg ist es, und an seine Stelle tritt ein Mann ins Bild, der Mann mit dem Panamahut und dem gelbweissen Anzug aus sehr grober Wolle ... Rauthammer.
Barbara zuckt zusammen. Sie geht schnell in das Dunkle des Ladens. Sie lässt sich die Vorzüge des teuren Apparates genau auseinandersetzen. Sie spricht ausführlich über die Zahlungsweise, obwohl der Vater es nie dulden würde, dass sie irgend etwas kauft, was nicht sofort bezahlt wird. Sie kauft den Apparat. Sie hat sich noch ein paar hundert Mark vom Gehalt gespart. Alfred wird sich bestimmt freuen. Bitte gegen Abend schicken ... Hier die Adresse, eine kleine gummierte Adresse aus einem Block, der noch fünfzig Barbara Schreiners enthält. Gibt’s nun bald nicht mehr. Aus mit der Barbara Schreiner.
Sie taucht also zehn Minuten später aus dem dunklen Laden auf, ein wenig geblendet. Es ist halb zehn, wie sie drüben an einer Uhr sieht. Sie hat also noch eine Menge Zeit. Sie wendet sich nach der Gedächtniskirche hinunter und steht vor Rauthammer, der lachend den Hut gezogen hat.
„Guten Tag“, sagt Rauthammer, „also da hätte ich Sie doch noch heute ...“
„Guten Tag“, antwortet Barbara tapfer und gibt ihm die Hand.
„Famos“, fährt Rauthammer fort und setzt seinen Panama zurecht, „mein Glück hat mich noch nicht verlassen. Hätte Sie allerdings spätestens heute angerufen. Sie wohnen noch draussen in Lichterfelde, wie? Oder ich wäre einfach in der Klinik vorbeigekommen.“
„Ich arbeite nicht mehr in der Klinik“, lächelt Barbara.
Jetzt ist Rauthammer erstaunt. „Sie arbeiten nicht mehr in der Klinik? Das war doch keine Arbeit, die man einfach hinlegen kann. Was macht Ihr Vater denn ohne Sie? Was tun Sie denn den ganzen Tag. Nein, es ist ganz unmöglich!“
Barbara zeigt auf ihre Pakete. „Was ich tue? Genau das, was andere Frauen auch tun. Besorgungen ... Einkäufe ... Friseur ...“
Rauthammer lacht sein heftiges, klangloses Lachen. „Unsinn“, lacht er. „Sie sind nicht wie andere Frauen und schon gar nicht wie irgendwelche andere Frauen.“
„Mag sein“, sagt Barbara ärgerlich und bricht ab. Sie wünscht keine langen Unterhaltungen mehr mit Herrn Rauthammer. Sie hat damals genug mit ihm über die Welt, über das Leben und über Barbara Schreiner gesprochen. „Vielleicht“, meint sie, „bin ich doch wie andere Frauen.“ Sie streckt ihm die Hand hin. Sie will über die Strasse weg in das Delikatessengeschäft auf der anderen Seite. „Auf Wiedersehen!“ Aber Rauthammer sieht ihre Hand scheinbar nicht.
„Es sind fast fünf Jahre“, fährt er leise fort, „nein mehr, vor fünf Jahren im März wurde ich von Ihrem Herrn Vater als geheilt entlassen. Er hat übrigens recht gehabt. Ich bin kerngesund seitdem. Ich hätte es nicht für möglich gehalten ...“
Pause. Barbara ist zu ihrem Erstaunen nicht über die Strasse auf das Delikatessengeschäft losgegangen, sondern geht neben Rauthammer her. Sie sieht aufmerksam den langen, dürren Schatten des Mannes an, über dem wie ein Pilz der Pyramidenschatten des Hutes schwebt. Sie sieht den Schatten mit einem dicken Bambusstock gestikulieren. Sie hört seine Stimme, eine Schattenstimme, eine etwas heisere, aber angenehm klingende Stimme. „Gestern bin ich angekommen“, sagt die Stimme, „nein nicht lügen: vorgestern. Wohne hier am Zoo. Ja gleich drüben im Hotel. Sehr bequem. Angenehm zentral. Überraschend ruhig. Heute hatte ich mir noch einen einsamen Tag gesetzt, aber morgen hätten Sie die Ehre gehabt, mich zu sehen ...“
„Famos“, antwortet Barbara im Tone Rauthammers, „und nun muss ich leider gehen. Leben Sie wohl.“
„Ich gehe also heute morgen um das Häuserviereck“, spricht Rauthammer weiter, „suche meine kleinen russischen Zigaretten, greuliche Dinger, aber man ist sie gewöhnt. Die guten deutschen Zigaretten schmecken mir nicht mehr. Gehe also und finde es wunderbar hier. Herrlich. Berlin im Sommer. Verstehe nicht, warum die Menschen gerade im Sommer wegreisen. Das bisschen Schmelzhitze ist doch nicht schlimm.“
„Ich verreise auch“, unterbricht Barbara rasch, „morgen abend ...“
„Sagte ich es nicht“, nickt Rauthammer, „Glück gehabt. War allerhöchste Zeit, dass ich Sie aus dem Asphaltteich fischte. Man muss sich immer und in allem beeilen. Selbst im Glückhaben. Denn die Zeit ist hinter einem her. Sie wissen es noch nicht. Aber sie ist verdammt hinter allen Menschen her und schmeisst einen von der Welt hinunter, ehe man fertig ist.“
„Jetzt im Augenblick ist die Zeit auch hinter mir her“, lächelt Barbara, „ich muss mich beeilen. Habe noch allerlei zu besorgen. Ich ...“ Eigentlich will sie ihm sagen, dass sie heiratet. Aber dann denkt sie: es geht ihn gar nichts an. Gar nichts geht es ihn an. Er hat auch nie von seinen persönlichen Angelegenheiten erzählt. Erinnere dich!
„Morgen oder übermorgen werde ich Ihren Herrn Vater aufsuchen“, erzählt Rauthammer, „er muss mir ein kleines Lebensattest ausstellen. Einen Garantieschein auf fünf oder sechs Jahre. Brauche das ...“
Er ist vor einem Café stehengeblieben, dessen Tische dicht neben der Strasse aufgebaut sind. „Eine Viertelstunde ... nach fünf Jahren ... alle fünf Jahre eine Viertelstunde ... soviel Zeit hat man immer. Kommen Sie.“
Sehr merkwürdig.
Plötzlich sitzt Barbara neben Rauthammer im Café, rührt in einer Schokolade, raucht eine von Rauthammers winzigen Zigaretten (sind übrigens ausgezeichnete, selbstgestopfte Zigaretten – alles Lüge die Zigarettenbesorgung, alles Lüge), sitzt und sieht auf die Strasse hinaus, hört den merkwürdigen Galoppsätzen Rauthammers zu, den springenden Sätzen. Muss manchmal lachen. Muss den Kopf schütteln. Nein – das weiss sie jetzt – die Welt ist nicht so, wie er sie malt, obwohl sie vielleicht so sein könnte. Dabei studiert sie vorsichtig sein Gesicht. Er ist nicht jünger geworden. Natürlich nicht. Von den Haaren, die damals noch gescheitelt werden konnten, ist nur ein grauer Haarkranz rings um den Schädel übriggeblieben. Unter den Augen sind die Jahrzehntsringe gezogen, fünf Ringe, fünf Jahrzehnte. Der Mund ist noch schmaler geworden. Noch zusammengekniffener sind die Lippen.
Rauthammer erzählt. Er ist lange in China gewesen. Er hat die Kämpfe der letzten Jahre um Mandschukuo miterlebt. Als Zuschauer, als Mitkämpfer oder als Kaufmann? Er sagt nichts darüber. Er berichtet von Russen, von Japanern, von Chinesen, von Abenteurern aller Länder, die ihre Geschäfte da unten machen, blutige Geschäfte, trübe Geschäfte, glänzende Geschäfte. Von alten Kulturen, die langsam zerbröckeln, und neuen Kulturen, die zu wachsen anfangen. Dass die Europäer Schritt für Schritt Boden verlieren, ganz allmählich, wenn man es ein paar Jahre beobachtet, und rasend rasch, wenn man es mit chinesischen Augen ansieht, die mit der Zeitlupe der Jahrhunderte zu betrachten verstehen. Sehr interessant ist das alles. Sehr aufregend. Aber ein bisschen unmenschlich, nein fernmenschlich. So, als ob nur Kräfte da unten miteinander ringen und keine Menschen. So, als ob um etwas Aussermenschliches gekämpft würde und nicht – zunächst mal – um Platz, um Nahrung, um Kleidung, um Wohnung für unzählige Millionen.
Ausserdem hat sie im Augenblick sehr persönliche Sorgen, Gedanken, Interessen. Sie ist wohl politisch aufmerksam geworden, seitdem Alfred Meimberg ihr klargemacht hat, dass im Politischen heute viele andere Dinge des Menschenlebens mitentschieden werden müssen. Aber am Tage vor der Hochzeit, nicht wahr ...
Rauthammer bricht sein Referat plötzlich ab. Er wird in einem halben Jahr wieder nach Sibirien oder Mandschukuo gehen. Aber jetzt hat er ein paar Monate Urlaub. Jetzt will er ein bisschen als Europäer leben, als zuschauender Europäer, als Deutscher, aber als zuschauender Deutscher.
„Wohin reisen Sie“, fragt er, „oder ist es ein Geheimnis? Ich möchte es wirklich gern wissen.“
„Es ist kein Geheimnis“, antwortet Barbara, „aber ich weiss es nicht. Irgendwohin mit einem Auto.“
Ob sie selbst fährt, will Rauthammer wissen. Sie kann wohl selbst fahren. Aber sie fährt nicht selbst? Nein, nicht immer.
„So“, sagt Rauthammer, „so ist das.“
„Ja“, antwortet Barbara, „so ist das.“
Sie findet, nun ist endgültig alles gesagt. Sie will aufstehen. Aber Rauthammer hat seine Hand auf ihren Arm gelegt, eine kleine, sehr schmale und starke Hand.
„Bitte bleiben Sie noch ein bisschen“, flüstert er. „Ich wollte Sie noch etwas fragen.“
Schweigen. „Fragen Sie“, sagt Barbara nach einer Weile, „ich muss nämlich dann wirklich gehen.“
„Ich wollte gern wissen“, sagt Rauthammer, und seine Stimme ist wie damals auch manchmal plötzlich klar, „ich wollte nämlich wissen, ob sie mich damals geliebt haben.“
Barbara nickt. „Ja“, sagt sie einfach, „ich habe Sie damals wirklich geliebt.“
„Schade“, sagt Rauthammer. „Ich habe es wohl geahnt, aber ich habe es doch nicht genau gewusst. Sehr schade.“
„Vielleicht ist es schade gewesen, vielleicht auch nicht“, antwortet Barbara, „das ist ja nun alles einerlei.“
Sie steht schnell auf. Auch Rauthammer hat sich erhoben.
„Es ist ganz und gar nicht einerlei“, sagt er scharf, „ganz und gar nicht. Denn wenn etwas jemals war, so ist es immer ... das ist doch klar.“
Barbara erschrickt. Das hat sie vor ein paar Monaten ihrer Freundin Sophie Wahnke gesagt. Und Sophie Wahnke hat gelacht. Sie kann sich das nicht denken. Aber es ist wirklich wahr: wenn man jemals geliebt hat, liebt man immer. Es gibt ewige Liebe oder eine, die nichts wert ist. Ganz klar.
Sie steht vor Rauthammer, nur durch einen Kaffeehausstuhl getrennt. Sie sieht auf seine Krawatte, eine hellblaue Krawatte mit weissen Punkten. Sie hebt ihre Augen und blickt in seine Augen, die braunen ruhigen Augen in dem unruhigen Gesicht. Sie erinnert sich ganz genau an die Stunden vor fünf Jahren am Bett Rauthammers. Wie er ihr den Sinn des Lebens erklärt hat oder doch seinen Lebenssinn: Aktivität, Rhythmus, Willen. Das seien die drei Grundphänomene, aus denen sich Aufstieg und Abstieg, Leben und Tod ergäben. Der Sieg des Willens über die Materie, das sei die ewige Aufgabe jedes Menschen. Begriffen nur von wenigen. Durchgeführt nur von einzelnen. Diese einzelnen müssten sich zusammentun, müssten sich stärken. Ja, sie gehörten zusammen nach dem Lebensgesetz, einerlei, was die Gesetze der einzelnen Leben und die Zufälligkeiten der einzelnen Schicksale über sie beschlössen. Man sieht, eine recht allgemeine Theorie, gut angespitzt für den Gebrauch in dieser Liebesangelegenheit. Damals aber hat Barbara das alles geglaubt. Auch nachher noch, als Rauthammer schon abgereist war. Bis eines Tages – vor ihrer Abreise nach China – Frau Rauthammer zu ihr kam, eine hochmütige, kalte Frau, um „gewisse Illusionen“ zu zerstören, um „bestimmte, rein äussere Tatbestände“ festzustellen (dass sie nämlich Herrn Rauthammer niemals freigeben würde, niemals), um „das Fräulein Schreiner vor den Nebelreichen der Rauthammerschen Gedankenwelt zu warnen“, denen eine „recht brutale Tatwelt“ gegenüberstünde.
An wieviel kann man in zehn Sekunden sich erinnern! Wieviel kann man zweimal, dreimal in einer Sekunde wieder spüren.
„Also jetzt gehe ich wirklich“, sagt Barbara endlich, „leben Sie wohl.“
Rauthammer nickt. Er kann sie nicht länger halten. Er begleitet sie nur noch bis zum Ausgang aus dem Café. Er geht neben ihr, lächelnd und freundlich wie immer. „Übrigens“, sagt er am Ausgang, als hätte er doch die Macht, Gedanken zu lesen, „übrigens starb meine Frau vor vier Jahren in Hsinking. Bald nachdem sie aus Deutschland nachgekommen war. Ganz plötzlich ... Denken Sie ...“
Er hält Barbaras Hand, als könnte er sie mit dieser Nachricht festhalten.
„Das tut mir leid“, sagt Barbara höflich, „sie war eine sehr schöne Frau.“
„So“, sagt Rauthammer, „Sie kannten sie also doch. Sie war also doch bei Ihnen. Ich dachte es mir.“
Barbara nickt. Sie macht ihre Hand los. Sie geht an Rauthammer vorbei auf die Strasse. Sie hört ihn noch sagen: „Jetzt wird mir manches klarer. Nur nicht, warum Sie ihr geglaubt haben. Nein ... das müssen Sie mir noch erzählen.“ Und indem er noch ein paar Schritte hinter ihr hergeht: „Wir sehen uns noch vor Ihrer Abreise. Unbedingt. Sagen Sie mir, wann ich Sie sehen kann ...“
Barbara bleibt stehen und sieht ihn böse an. Sie schüttelt abwehrend den Kopf. Er muss doch sehen, dass sie ganz und gar nicht mehr will. Ewige Liebe? Unsinn ... das war keine Liebe. Das war ... das war Lüge ... und Betrug ... das war ...
Sie dreht sich um und geht ganz schnell weg. Sie läuft beinahe. Sie läuft an einem grossen Kino vorbei. Sie sieht die riesigen Plakate verschwimmen. Durch ihre Tränen lächelt eine geschminkte Dame aus Hollywood. Barbara weint. Aus Schmerz, aus Zorn ... oder doch aus Liebe? Sie weiss es selbst nicht.