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1.4 Management in Kommunikationsgemeinschaften

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Management will komplexe Zusammenhänge und heterogene Abläufe handhabbar machen. Dazu werden Techniken erarbeitet, die (zumindest in wesentlichen Teilbereichen) eine formalisierte Anwendung erlauben (Entscheidungsbäume, Planungstechniken, Prognoseverfahren usw.). Auf der anderen Seite ist Kultur, sofern sie nicht als Beschreibungsmodell der Ethnologie oder Volkskunde verstanden wird, durch Offenheit und Wandlungsfähigkeit bestimmt. Kultur – und hier vor allem der engere Bereich der Kunst – reagiert auf die sich verändernde Lebenswirklichkeit und beeinflußt sie gleichzeitig. Kultur muß sich deshalb einer Formalisierung entziehen.

Wenn es eine Schnittstelle zwischen Kultur und Management geben soll, so bedingt dies nicht nur Fragen an eine Managementtheorie oder an das Selbstverständnis von Kultur, sondern auch – gleichsam übergeordnet – die Frage nach einer Systemtheorie, die den Ansprüchen von Kultur und Management gleichermaßen gerecht wird.

Rupert Lay (1988/1991) unterscheidet hierzu in Anlehnung an Ludwig Wittgensteins „Sprachspiele“ zwischen Institutionen und Kommunikationsgemeinschaften. „Institutionen sind soziale Systeme, in denen die Bedeutungen von system-regulierten Interaktionen über Systemstrukturen weitgehend vorgegeben sind. In Kommunikationsgemeinschaften wird die Struktur des sozialen Systems mit und durch interaktionelle Handlungen erzeugt“ (LAY 1988/1991: 66). Kommunikationsgemeinschaften „sind dadurch bestimmt, daß sie im Verlauf der in ihnen ablaufenden Prozesse (Interaktionen) spontane Bildung von Regeln und Bedeutungen fordern. Sie sind somit sehr viel stärker durch die Vorgaben der beteiligten Subjekte definiert und definieren diese stärker ihrerseits als Institutionen“ (ebd. 173).

Damit zeigen Kommunikationsgemeinschaften die gerade für die Kultur wünschenswerte Offenheit und Wandelbarkeit. Vor allem aber lassen sie den beteiligten Subjekten, beispielsweise den Künstlern, den Spielraum, um sich in das System einbringen zu können.

Kulturmanagement muß zuallererst so definiert und konzipiert sein, daß es das offene System der Kommunikationsgemeinschaften nicht in ein System der Institutionen überführt. Dazu ist es erforderlich, eine Managementtheorie heranzuziehen, die den notwendigen subjektiven Freiraum von Kunst und Kultur nicht einengt. Allerdings ist es bisher nur in Ansätzen gelungen, eine Managementlehre, die dem Bedarf von Kulturmanagement vollständig adäquat wäre, zu entwickeln. Am ehesten scheint hierfür noch die Lehre vom integrierten Management geeignet zu sein, die im Management-Zentrum St. Gallen Ende der achtziger Jahre von Fredmund Malik, Hans Ulrich und Knut Bleicher entwickelt wurde.

Nach Bleicher ist zur Bewältigung der ständig steigenden Komplexität der Unternehmensabläufe und der Unternehmensumwelt ein ganzheitliches Denken erforderlich, das nicht ohne einen neuen Managementansatz auskommt. „Zunehmende Komplexität und Dynamik haben unsere bisherigen Ansätze zur systemischen Gestaltung von Unternehmungen an Grenzen geführt, die uns veranlassen sollten, nach neuen Denkansätzen zu suchen. Sie sollten wegführen von technokratischen Vorstellungen des ‚Konstruierens und Ölens‘ einer perfekt gestalteten Unternehmensmaschinerie und hinführen zum Verständnis des selbstorganisierten Entwickelns einer sozialen Gemeinschaft als Folge humaner Interaktion, welche der Rahmengestaltung und Pflege bedarf. Unternehmensführung verlagert sich damit im Schwergewicht des Bemühens vom Ökonomisch-Technischen zum Ökonomisch-Sozial-Humanen“ (BLEICHER 2011: 64).

„Gemeint ist damit ein integrierendes, zusammenfügendes Denken, das auf einem breiten Horizont beruht, von größeren Zusammenhängen ausgeht und viele Einflußfaktoren berücksichtigt, das weniger isolierend und zerlegend ist als das übliche Vorgehen. Ein Denken also, das mehr demjenigen des viele Dinge zu einem Gesamtbild zusammenfügenden Generalisten als dem analytischen Vorgehen des auf ein enges Fachgebiet beschränkten Spezialisten entspricht“ (ULRICH/PROBST 1995:11).

Ein solches integriertes Management ist deshalb für ein System der Kommunikationsgemeinschaft und damit für Kulturmanagement geeignet, weil es das Denken und Handeln in größeren (nicht nur ökonomischen) Zusammenhängen ermöglicht und innovativ-gestaltenden wie subjektiven Elementen breiten Raum zugesteht.

Dazu ist es allerdings erforderlich, daß auch im Kulturmanagement die unmittelbare Handlungsperspektive überschritten und stärker das Zusammenwirken der Akteure im Kulturbetrieb gesehen wird. Die Konzentration auf die künstlerischen Autoren und Interpreten ist aus dem Blickwinkel der Rezipienten uneingeschränkt verständlich. Aus der Sicht des Kulturmanagements muss aber auch der Betrieb, der diesen Akteuren ihr Handeln erst ermöglicht, in seiner Gesamtheit stärker in den Blick genommen werden. Nur einem integrierten Kulturmanagement, das künstlerische und manageriale Aspekte im Zusammenhang des Kulturbetriebs und dessen politischer, ökonomischer und sozialer Umwelt zu sehen versteht, wird es gelingen, Kultur und Kunst dauerhaft zu ermöglichen.

Anmerkungen zu Kapitel 1

1 Vgl. dazu die Auflistungen unter http://www.kulturmanagement-portal.de oder http://www.kulturmanagement.net

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