Читать книгу ¡PARAGUAY, MI AMOR! - Wiebke Groth - Страница 10

JAN-HUGO

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20.10.1980

Zehn Tage waren seit Valeskas Geburt vergangen. Zehn schlaflose Nächte ebenfalls, denn die Kleine brüllte sich irgendeinen Frust von der Seele, den wir nicht kannten und ergo nicht lösen konnten.

Sie war nachts nur ruhig, wenn sie an Jolas Brust trank oder auf meinem Bauch schlief.

Es klingelte. Ich war gerade von der Arbeit zurückgekommen. Am liebsten hätte ich die Tür wieder geschlossen, aber dann ließ ich meinen kleinen Bruder doch rein.

„Wo ist die Kleine?“, wollte Jost wissen.

„Gib das Geschenk her und verzieh dich!“, entgegnete ich barsch.

In dem Moment erschien Jola mit Valeska auf dem Arm.

„Jola! Herzlichen Glückwunsch, frischgebackene Mama!“

Er trat auf Jola zu und gab ihr einen Kuss auf beide Wangen.

Dann fuhr er leise an uns gewandt fort: „Es tut mir unendlich leid, was ich vor knapp neun Monaten sagte. Ich war überfordert und unreif. Glaub mir, Jola, ich bin nun verantwortungsvoller geworden und ich wollte fragen“, an dieser Stelle versagte seine Stimme, er sah sehr erbärmlich aus.

Dann drückte er seinen Rücken durch und fuhr gefasster fort:„ ob ich Valeskas Entwicklung mitverfolgen darf und sie regelmäßig sehen kann.“

„Kommt gar nicht infrage!“, erwiderte Jola fest in einem Tonfall, der keinen Diskussionsspielraum zuließ.

Jost ließ geknickt den Kopf hängen.

„Jola, ich bitte dich, meine Liebe, ich bin ihr Valter! Ich möchte sie sehen dürfen und natürlich werde ich sie auch finanziell unterstützen, aber bitte lasst mich an ihrem Leben teilhaben!“

Er ging auf sie zu und umfasste zärtlich ihren Arm, in dem Valeska lag und interessiert den Schemen betrachtete, der nicht nach Jola oder Hugo duftete, ihr aber auch nicht beängstigend erschien.

Selig lächelte er die Kleine an und schäkerte angeregt mit ihr.

Jola ließ ihn zunächst gewähren, dann entzog sie sich seinem Griff und sagte:

„Nein Jost, es ist entschieden. Valeskas Vater ist Jan-Hugo und so steht es in der Geburtsurkunde. Geh und mach es nicht noch schlimmer!“

„Sie hat recht Jost“, bestätigte ich ihm so freundlich wie möglich.

„Es ist für alle besser so. Bitte denke auch an das Mädchen. Sie soll in soliden Verhältnissen aufwachsen. Wie belastend wäre es für sie, wenn sie zwei Väter hätte.“ Ich hatte Jost seit jenem schicksalshaften Tag nicht mehr gesehen. Zum Kummer von Oma Rosa hatte er jede Familienfeier tunlichst vermieden und derer gibt es viele im Hause König.

Er sah jetzt schlanker aus und ja, irgendwie reifer. Sollte mein kleiner Bruder etwa doch erwachsen geworden sein?

Ich schreckte aus meinen Gedanken, als ich ihn fragen hörte:

„Bitte, darf ich sie wenigstens einmal halten?“

Jola wollte ihm schon eine verneinende Antwort geben, aber ich sagte schnell: „Natürlich Jost, diesen Wunsch können wir dir erfüllen.“

Ganz der stolze Vater und deswegen gönnerhaft, nahm ich Jola vorsichtig das Baby aus dem Arm und reichte es dem Erzeuger.

„Ist sie nicht ein goldiger Schatz?“, gurrte ich verzückt.

Andächtig nahm Jost unsere Tochter entgegen und murmelte: „Valeska, du wunderschönes Wesen! Ich bin dein Vater und in Gedanken werde ich immer bei dir sein. Eines Tages wirst du mich treffen und erfahren, wer ich bin.“

Seine Augen waren feucht geworden, als er mit einer energischen Handbewegung die langen, lockigen Haare aus dem Gesicht strich und zu mir und Jola sagte:

„Das ist euer letztes Wort?“

Wir nickten stumm und schauten ihn traurig an.

Heftiger als beabsichtigt, legte Jost den Säugling in die neben ihm stehende Wiege, wo dieser sofort zu schreien begann.

„Also gut, hier hält mich nichts mehr. Ich breche mein Studium ab und wandere nach Paraguay aus!

Paraguay, 22. Juli 1999

„Sehr geehrte Damen und Herren, unser Flug nähert sich dem Ende. Bitte bringen Sie Ihre Sitze wieder in eine aufrechte Sitzposition und legen Sie Ihre Sicherheitsgurte an.

In wenigen Augenblicken setzen wir zum Landeanflug auf Asunción an. Das Wetter dort ist für den hier herrschenden Winter mit 25 Grad Celsius sehr angenehm, also nicht viel anders als im sommerlichen Deutschland. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.“

Der Pilot, der das ganze routiniert abgespult hat, hält kurz inne, bevor er sich auch auf Spanisch von den Passagieren verabschiedet.

Verschlafen schaue ich aus dem Fenster. Unter mir bietet sich eine erste Aussicht auf Paraguay. Ich sehe eine Flusslandschaft, das muss der Río Paraguay sein.

Vor meinem Abflug habe ich versucht, so viele Informationen wie möglich über Paraguay, Land und Leute, Geschichte, Klima und Wirtschaft herauszufinden.

Im Internet habe ich ein paar Anhaltspunkte bekommen, aber Hugos lahme Internetverbindung hat meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Weiß der Geier, wie er damit arbeiten kann!

Auch im örtlichen Reisebüro habe ich versucht, aktuelle Informationen zu bekommen.

Selbst in der Bücherhalle - dort gab ich vor, ein Referat halten zu wollen und die freundliche Bibliothekarin suchte mir das kümmerliche Material, das es gab, zusammen.

Hier das Ergebnis meiner Recherche: Der Binnenstaat Paraguay, 1811 gegründet, liegt südlich des Äquators und wird von überwiegend tropischem Klima geprägt.

Er teilt sich in zwei Klimazonen, der trockene, warme und wasserarme Chaco im Westen des Landes mit wenig Vegetation und ebensolcher Besiedelung. Andererseits der Osten, wo der Großteil der Paraguayer wohnt. Hier liegen die meisten großen Städte und es herrscht ein eher tropisches Klima.

Bis vor zehn Jahren war Paraguay eine Diktatur! Auch seitdem reichen sich die Präsidenten die Klinke in die Hand.

Der letzte musste abdanken und fliehen, weil er im Verdacht stand, in ein Mordkomplott verwickelt zu sein. Das war vor vier Monaten!

Es gibt zwei Amtssprachen: Spanisch und Guaraní, die Sprache der Ureinwohner. Oftmals wird aber eine Mischung aus beidem gesprochen.

Soweit ich weiß, reagiert immer noch die Partei des Diktators, ein Mann mit deutschen Vorfahren!

Demnächst sollen aber wohl die nächsten Wahlen anstehen.

Dieser Alfredo Stroessner hat Paraguay über drei Jahrzehnte seinen Stempel aufgedrückt. Er kollaborierte mit sämtlichen südamerikanischen Diktatoren.

In Paraguay sollen auch viele ehemalige Nazis und deren Nachkommen leben. Ihnen sowie einer großen Anzahl an deutschen Auswanderern in den darauffolgenden Jahrzehnten und bis heute ist es zu verdanken, dass fünf Prozent der Bevölkerung deutschstämmig sind und Deutsch beliebte Fremdsprache in der Schule ist.

Tatsächlich ließ Stroessner in den 70er-Jahren Anzeigen in vielen deutschen Zeitungen schalten, in denen Paraguay als Auswanderungsland für Deutsche angepriesen wurde.

Vielleicht hat Jost daher diese Idee ...

Das mit den Nazis gefällt mir gar nicht und dass Jost sich gerade ein Land aussuchte, in dem eine Diktator herrschte, noch weniger.

Jetzt werde ich ihm gleich gegenübertreten – meinem Vater.

Zunächst bringe ich noch die Zoll- und Einreiseformalitäten hinter mich und warte auf mein Gepäck – ein riesiger Hartschalenkoffer von Jan-Hugo.

Ich schnappe mir das Monstrum und ziehe es energisch hinter mir her. Vor den automatischen Schiebetüren bleibe ich noch mal stehen. Fahre durch meine Kurzhaarfrisur, straffe mich zu meinen stolzen 165 cm und hole tief Luft, bevor ich entschlossen nach draußen trete.

Fast gleichzeitig entdecken und erkennen wir uns.

Der 170 cm große Mann in Jeansjacke, weißem T-Shirt und verwaschener Blue Jeans kommt mir mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen entgegen.

Seine Augen sind eine Nuance dunkler als meine himmelblauen, das Haar wellig, kurz und hellbraun.

Ich lächele vorsichtig zurück und sage: „Hallo“

„Valeska“, sagt er nur. „Meine Tochter. Es ist schön, dich endlich mit eigenen Augen zu sehen! Unser erstes Telefonat vor drei Wochen war anders, als ich es mir erhofft hatte.“

Deutschland, 17.06.1999

„Wie konntet ihr nur etwas so Widerwärtiges machen? Warum habt ihr mir das angetan?

Was seid ihr für Menschen?! Du“, ich zeige auf meine Mutter, „du“, dies gilt Jan-Hugo, „und mein sogenannter Vater Jost Harald! Warum habt Ihr ihn so weggeschickt?

Er wollte Anteil nehmen! Warum hat er sich nicht gewehrt, dieser Feigling! Ein Vaterschaftstest wäre das Mindeste gewesen!“

Ich breche schluchzend zusammen und sinke auf den Boden.

Beide trösten mich und irgendwann habe ich mich beruhigt.

„Ach Leska“, seufzt Jan-Hugo. „Damals dachten wir, es sei das Beste für alle.

Wir hielten Jost der Verantwortung nicht für gewachsen. Vaterschaftstests waren damals nicht so üblich wie heute und schließlich gab er nach und ging nach Paraguay“

„Ich will mit ihm telefonieren“, schluchze ich.

„Ja in Ordnung. Aber das machen wir morgen. Heute sind wir alle zu aufgeregt“, sagt mein Onkel.

***

Am nächsten Tag sitze ich vor unserem Mobilteil und starre auf die lange Telefonnummer.

Zuerst wollte Hugo seinen Bruder vorwarnen, aber ich sagte, dass ich allein mit ihm sprechen möchte.

Mit klopfendem Herzen beginne ich zu wählen.

„Hola“ meldet sich eine weibliche Stimme.

Ich stottere den spanischen Satz, den ich mir zurechtgelegt habe.

„Sí claro“, antwortet die Señora und ich höre sie nach „José“ rufen.

„Hola“, meldet sich kurz darauf eine angenehme, männliche Stimme.

„Hallo ... – Jost“, sage ich stockend. „Hier ist deine Tochter.“

Plötzlich steigen Tränen und eine unbändige Wut in mir hoch:

„Wie konntest du nur wie ein elendiger Feigling davonlaufen?

Wann wolltet ihr mir eigentlich die Wahrheit sagen? Auf euren Totenbetten?“

Jetzt kann ich nicht weitersprechen, denn die Tränen brechen sich ihre Bahn.

„Oh Gott – Valeska!“

Am anderen Ende der Leitung – über 10.000 Kilometer entfernt – ist ein tiefer Atemzug zu hören. „Valeska – verzeih mir, bitte! Wie hast du es erfahren?“

„Durch deine dämliche Mail und meine Neugier!“

Paraguay, 22. Juli 1999

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns nach diesem Auftakt sehen würden. Du hattest ja danach aufgelegt. Ich war total fertig. Aber am nächsten Tag riefst du wieder an, entschuldigtest dich sogar.

Es wurde ein gutes Gespräch und wir sprachen eine Stunde und ich war so glücklich, als du meiner spontanen Einladung folgtest und zusagtest, herzukommen.“

Er schaut mich lächelnd an:

„Valeska, meine große, deutsche Tochter, es ist schön, dass du hier bist!“ Er breitet die Arme aus und zögernd umarme ich ihn. Er taxiert mich und sagt:

„Du bist ein sehr hübsches Mädchen.“

Ich schaue ihn an, als ob er einen Scherz gemacht hat:

Mit meinen 165 cm bin ich eher klein, habe kräftige Beine, kleine Hände und kurze dicke Finger.

Ich bin stämmig, aber nicht dick. Allenfalls bin ich durchschnittlich.

Das dichte hellbraune Haar, das ich sehr kurz trage, in Kombination mit den wasserblauen Augen und den vollen Lippen sowie die runden, wohlgeformten Brüste gefallen mir wiederum.

„Quatsch, ich bin nicht hübsch!“

„Selbstbewusstsein und Liebe zu deinem Körper haben sie dir nicht beigebracht“ murmelt Jost ungehalten. Dann, freundlicher: „Ich sage das nicht nur als stolzer, sondern auch als besorgter Vater.

Du bist eine junge, hübsche Frau in der Blüte ihrer Jahre.

Du bist nicht in Deutschland, sondern in Paraguay, wo noch ein anderes, ein archaischeres Weltbild von Männern und Frauen herrscht.“

Ich lache unwillkürlich, es klingt irgendwie so lächerlich und gestelzt.

„Ich möchte, dass du es ernst nimmst! Sei einfach vorsichtig.

Die Männer und Jungen hier sind nicht immer so zurückhaltend, wie du es aus Deutschland kennst.“

„Ach ein bisschen Machotum ist für uns manchmal ganz nett“, sage ich provozierend.

Was bildet er sich eigentlich ein?

Klugerweise schweigt er nun, er merkt wohl, dass es nicht gut angekommen ist.

„Warum bist du eigentlich hierhergekommen?“, frage ich, um einen Themenwechsel bemüht.

„Ich meine, bis vor zehn Jahren war Paraguay eine üble Diktatur und eine Nazihochburg.“

„Ja, das ist leider wahr. Es gibt hier viele ausgewanderte Nazis und deren Nachkommen, die dieser Ideologie anhängen.“ Er lächelt gequält. „Aber Paraguay ist bei Weitem nicht das einzige Land in Südamerika mit diesem Problem.

Du musst mir glauben, dass ich damit überhaupt nichts am Hut habe.“

Währenddessen sind wir durch die Ankunftshalle Richtung Ausgang gelaufen.

„Ich erzähle dir gleich alles, was du über mich wissen willst.

Wir haben knapp drei Stunden Fahrt vor uns. Aber zuerst: Hast du Hunger, möchtest du etwas trinken?“

„Wir hatten im Flugzeug gerade noch etwas zu essen.“ Es ist jetzt 14:00.

„Aber was zu trinken wäre super.“

„Ich habe Wasser im Auto. Hier in Paraguay sollte man immer genügend Wasser bei sich haben, selbst jetzt in unserem Winter und erst recht im Sommer, wenn es oft über 40 Grad Celsius heiß ist.“

„Wasser klingt gut.“

„Ach, weißt du was, wir gehen trotzdem in einen Supermarkt“, sagt er, „ich wollte sowieso schauen, ob sie unsere Produkte gut platziert haben und so kannst du gleich sehen, womit ich hier meinen Lebensunterhalt verdiene.“

„Ja, okay“, ich bin total aufgedreht. Obwohl ich im Flugzeug immerhin etwas geschlafen habe, lassen mich der Jetlag und die neuen Eindrücke hellwach sein.

Wir verlassen nun das Flughafengebäude, warme Luft schlägt mir entgegen.

„Wir sind hier in Luque, einem größeren Nachbarort von Asunción. Wir gehen nun zum Parkplatz und fahren dann ins Stadtzentrum unserer Hauptstadt“, erklärt Jost.

Eine völlig fremde, faszinierend exotische Welt schlägt mir entgegen. Der „Aeropuerto Internacional Silvio Pettirossi“ selbst ist ein moderner hellgrauer Komplex auf mehreren Ebenen und auf einer Gebäudeseite vollständig mit Grünpflanzen bepflanzt.

Der Flughafen liegt am nordwestlichen Stadtrand von Luque, ein Zubringer führt uns ins benachbarte Ascunción. Tropische Pflanzen, die ich allenfalls aus Filmen kenne, wachsen am Wegesrand, für einen Freitagnachmittag herrscht reger Verkehr in und um den Flughafen.

Jost führt mich zu den Parkplätzen und einen in die Jahre gekommenen Jeep.

„Bei den hiesigen Straßenverhältnissen, besonders auf der Estancia, ist der Jeep einfach praktisch“, erklärt er fast verlegen.

„Ist doch okay“, meine ich, „es ist mir egal, was für ein Auto du fährst“

Er lacht: „Komm, steig ein, Kleine.“

Schnell erreichen wir das Stadtzentrum Asuncións, wobei ich Josts stoische Gelassenheit bewundere, mit der er den Geländewagen ruhig durch den teils chaotischen Verkehr lenkt.

Wir halten an einem super mercado. Drinnen sieht es nicht viel anders aus als in einem deutschen oder europäischen Lebensmittelgeschäft, nur halt alles auf Spanisch.

Stolz zeigt Jost mir das Rindfleisch, welches hier an prominenter Stelle in der Frischetheke ausliegt.

„Biofleisch von unserer Estancia. Wir verkaufen nicht nur hier, sondern exportieren auch nach Europa – auch nach Deutschland.“

„Aha, ist es einträglich?“

„Man kann in einem Land wie Paraguay gut davon leben. Den Betrieb haben wir vor einigen Jahren von Isabellas Eltern übernommen – wir haben ihn damals als einen der ersten Betriebe in Paraguay auf Bio umgestellt“, erklärt er stolz, „ in Deutschland und Europa ist das jetzt ja der Zukunftsmarkt – ich schätze in zehn bis zwanzig Jahren wird Bio normal sein, aber zurzeit machen wir guten Umsatz mit unserem Konzept, vor allem in Deutschland, Frankreich und den USA. Da sind sie ganz wild nach südamerikanischen Rindern, die ein glückliches, freies Leben mit biologisch angebautem Futter oder auf unbehandeltem Weideland geführt haben. Dabei muss man wissen“, er gluckst etwas, „dass in Paraguay nahezu alle Rinderzüchter und Mäster ihre Tiere auf der Weide halten oder traditionell in großen Gebieten hüten. Wir mussten also nur das Futter und ein paar Kleinigkeiten ändern.“

„Nicht schlecht. Aber das klingt nach viel Arbeit“

„Wir haben zehn Angestellte und trotzdem haben Isabella und ich alle Hände voll zu tun.“

Ich suche mir noch eine paraguayische Limo und Kekse aus, die Jost wie selbstverständlich bezahlt, dann treten wir von dem gut klimatisierten Geschäft wieder in die warme Luft Asuncións.

Als wir weiterfahren, erzählt Jost:

„Asunción ist die älteste Stadt des südlichen Südamerikas. Sie wurde am 15.08.1537 als Festung gegründet.

Sie wird „Madre de Ciudades“ (Mutter der Städte) genannt, da von hier zahlreiche Expeditionen gestartet wurden. Viele Städte wurden von hieraus gegründet, auch Buenos Aires!“

„Wow, das ist wirklich spannend“, meine ich beeindruckt. „Über sowas haben wir im Geschichte-Leistungskurs, natürlich nichts gehört!“

Die Stadt ist sehr grün, was mir gut gefällt.

Wir passieren langsam die Außengrenzen und fahren Richtung Norden.

Dabei unterhalten wir uns angeregt.

Jost erzählt unterhaltsam, wie er im März 1981 in Paraguay ankam- es war damals noch im eisernen Griff von Alfredo Stroessner, der über drei Jahrzehnte lang totalitär regierte.

Die ersten Monate ging es ihm dreckig.

Nur durch die regelmäßigen Zuwendungen seiner Eltern sowie Gelegenheitsjobs wie Schuhputzer, Zeitungsverkäufer und Kellner, war er in der Lage zu überleben und ein heruntergekommenes Zimmer am Stadtrand zu bezahlen. Nebenbei lernte er weiter Spanisch, so dass er bald einigermaßen zurechtkam.

Dann lernte er andere deutsche Auswanderer kennen. Sie vermittelten ihn zu einem paraguayischen Estancia-Besitzer, der einen Nachfolger suchte. Seine neuen Freunde sahen in Jost das Potenzial und brachten ihn mit Juan Ortega Sánchez und seiner Frau Leticia Blanco Pérez in Kontakt.

Juan willigte ein, Jost eine Chance zu geben und ihn auszubilden.

Zunächst lernte er den Beruf des Viehzüchters von der Pike auf und ging bei Juan durch eine harte Schule.

Es gab Momente, in denen er am liebsten aufgegeben und nach Deutschland zurückgekehrt wäre.

Aber da gab es noch die junge Witwe Isabella, die Tochter von Juan und Leticia. Sie hatte ihren Mann vor einem Jahr verloren und war zu ihren Eltern zurückgekehrt.

„Als ich Isabella das erste Mal sah, war ich fasziniert von ihr. Allerdings hielt ich es für keine gute Idee, meine Gefühle sofort offen zu zeigen.

Sie war sehr unnahbar und noch in tiefer Trauer, denn sie war erst ein Jahr Witwe, als ich auf die Estancia kam.“

„Was war mit ihrem Mann? Hatte er einen Unfall oder war er unheilbar krank?“, bin ich neugierig.

„Er wurde vom Stroessner-Regime ermordet, weil er sich zu sehr in der Opposition engagierte.

Leider wurde er erwischt und verhaftet. Zwei Tage nach seiner Verhaftung, fand man ihn und seinen besten Freund, der ebenfalls verhaftet worden war, erschossen in ihrer gemeinsamen Zelle.

Man behauptete, sie hätten sich eine Pistole beschafft und Enrique hätte erst seinen Freund und dann sich selbst erschossen, um nicht in einem Schauprozess hingerichtet zu werden.

Aber alle wussten, dass sie umgebracht wurden. Sie wollten nicht, dass sie zu Helden des Widerstandes stilisiert werden würden. Er war damals erst 24“, erzählt Jost bekümmert.

„Nein wie schrecklich!“

Es wird mir immer rätselhafter, wie mein Vater in so ein gewalttätiges Land einwandern konnte und dort immer noch lebt.

„Ich war auch so zurückhaltend, weil ich nicht wollte, dass Isabellas Vater mich wieder entließ, die Gelegenheit, hier Fuß zu fassen, war zu günstig. Ich hatte damals unheimliches Glück, denn anders wäre ich nicht zu einem so lukrativen, sicheren Einkommen gekommen.

Ich lernte also alles über Rindermastzucht, das Führen einer Estancia und eben alles, was mir Don Juan, Donna Leticia und ihre Mitarbeiter beibringen konnten. Isabella erledigte damals wie heute die Verwaltung und Buchführung, kümmerte sich um die Angestellten.

Es war auch ein Glücksfall, dass ich mich mit Leticia und Juan so gut verstand. Abends durfte ich mit ihnen am Familientisch sitzen und essen, nicht im Angestelltentrakt, wie sonst üblich. Ich hatte sogar ein Zimmer im Haupthaus.

Nach einiger Zeit bemühte ich mich dann immer augenscheinlicher um Isabella.

Ich versuchte, sie während der Mahlzeiten in Gespräche zu verwickeln, machte ihr Komplimente und brachte sie zum Lachen.

Letzteres war sehr schwierig, aber der kleine Ramón war eine große Hilfe.“

„Wer ist Ramón?“, möchte ich wissen.

„Das ist Isabellas Sohn aus erster Ehe. Er war damals vier, als ich zu Juan kam. Als Isa und ich 1983 heirateten, adoptierte ich ihn.“

„Oh cool, noch ein Halbbruder!“, rufe ich begeistert aus.

„Eher ein Stiefbruder, aber ja“, antwortet er lächelnd. „Ich mochte den Kleinen sehr. Für seine vier Jahre war er schon recht aufgeweckt und er schien mich auch zu mögen. Er war ein lebendiger, kleiner Bursche, aber natürlich litt er auch unter dem Verlust seines Vaters.

Er war und ist uns eine Quelle der Freude und des Stolzes, aber leider hat er uns auch immer wieder heftigen Kummer und Sorgen bereitet.“

„Oh, das tut mir leid.“

„Es ist der Verlust seines Vaters; obwohl ich immer versucht habe, ihn zu ersetzen, konnte es mir nicht gelingen. Ich bin so anders, als Enrique es gewesen sein muss.“

„Er war wohl ein richtiger südamerikanischer Revolutionär“, rufe ich begeistert aus.

„Ja, aber ich würde es nicht so positiv und bewundernd ausdrücken, Valeska. Du siehst, wohin es geführt hat.“

„Aber er wollte seinem Land und auch seiner Familie helfen, eine schreckliche Diktatur zu beenden!

Was ist daran falsch?“, beharre ich.

„Ich bewundere deinen jugendlichen Enthusiasmus und deinen Glauben an das Gute“, erwidert er, „aber er hat es mit seinem Leben bezahlt und – seien wir ehrlich – mit dem Sturz der Regierung hätte er es billigend in Kauf genommen, dass Menschen sterben – egal auf welcher Seite.“

Ich schweige und kann Josts Argumentation nur bedingt zustimmen.

„Wie dem auch sei“, fährt er fort. „Ramón war ein entzückender, hochintelligenter Junge, sehr extrovertiert und wie viele begabte Kinder langweilte er sich schnell in der Schule, so dass er Blödsinn anstellte.

Oft mussten wir zu Gesprächen in die Schule und egal wie streng wir mit ihm waren, es fruchtete wenig. Nur die Arbeit mit den Pferden und Rindern liebte er.

In der Pubertät wurde es noch schlimmer. Hinzu kamen unzählige Mädchengeschichten – ich kann dir gar nicht sagen, wie oft wütende Väter vor unserer Tür standen.

Ramón war und ist völlig bindungsunfähig. Es liegt wohl viel am frühen Verlust seines Vaters.

Isa und ich haben uns oft gefragt, was wir falsch gemacht haben…“

„Was macht er denn jetzt? Er musss nun schon Anfang 20 sein. Arbeitet er auf der Estancia?“

„Ramón?“, lacht Jost. „Nein, nur während der Semesterferien. Er studiert seit drei Jahren Medizin an der Uni in Asunción!“

„Wow, das ist ja großartig! Dann müsst ihr doch stolz auf ihn sein?“

„Ja, das sind wir auch. In letzter Zeit hat er auch keinen Ärger mehr gemacht. Wir denken, er wird langsam erwachsen. Er wird übrigens auch bald zu Besuch kommen.

Die Uni schließt für vier Wochen und wir erwarten ihn heute Abend oder morgen. Genaueres hat er nicht gesagt.“

„Schön. Dann erzähl doch bitte auch vom Rest der Familie: von Isabella, Juanita und Jorge.“

„Ja – Isabella ging mit der Zeit auf meine Avancen ein. Später sagte sie, es habe ihr gefallen, wie schüchtern und vorsichtig ich ihr den Hof gemacht hätte. Wir konnten uns stundenlang unterhalten, ich lud sie ins Kino und zum Essen in Restaurants ein.

Eines Tages, als wir allein waren, fasste ich mir ein Herz und küsste sie …

Schnell wurden wir ein Paar. Juan und Leticia kam diese Entwicklung mehr als gelegen.

Hatten sie nicht nur einen geeigneten Nachfolger, sondern auch einen neuen Mann für ihr einziges Kind Isabella gefunden.

1983 heirateten wir groß, es war ein rauschendes Fest – deine Großeltern waren übrigens auch da, auch wenn sie nicht viel verstanden.

Sie haben uns auch danach mehrere Male besucht. Wenn sie für euch für vier Wochen an der See oder im Allgäu waren, waren sie in Wahrheit oft in Paraguay, um ihre ‚exotischen Enkel‘ zu besuchen.“

„Das glaube ich jetzt nicht! So viel Gerissenheit hätte ich meinen lieben Großeltern nie zugetraut.“

„Doch, so war es“, nickt Jost.

„Anfang 1984 wurde Juanita geboren. Sie ist mein Goldstück und ich habe sie bestimmt sehr verwöhnt. Aber so machen es Väter nun mal mit ihren Töchtern.“

Er unterbricht sich verlegen, als er merkt, dass er das gerade ausgerechnet zu seiner anderen Tochter sagt, die er vor 19 Jahren verließ.

„Entschuldige bitte“, sagt er leise.

„Schon gut, Jan-Hugo hat mich genauso verwöhnt und behütet. So sind die Königs nun mal“, entgegne ich milde.

„Nun ja, Juanita ist auch sehr aufgeweckt, schulisch hat sie uns nie Kummer bereitet.

Sie kann aber manchmal sehr anstrengend sein, gerade weil sie seit vier Jahren in der Pubertät ist.

Das Schlimme ist, dass sie sich seit Kurzem enorm für Jungs interessiert. Du musst wissen, sie ist sehr gutaussehend und so sind die Jungs auch nicht abgeneigt. Zum Glück passt Ramón sehr gut auf sie auf, wenn er mit ihr unterwegs ist. Allein darf sie natürlich nicht weg. Aber er nimmt sie manchmal in eine Disco oder in einen Klub mit, wenn sie in Asunción ist.

Dann ist da unser Jüngster – Jorge. Er ist gerade aufs Gymnasium gekommen. Er und Juanita fahren jeden Morgen gemeinsam mit dem Bus in die nächste Stadt- es sind 20 Minuten Fahrt.

Jorge ist noch ein liebenswertes Kind, er liebt die Natur und reitet genauso gerne wie seine Geschwister. Er ist allerdings ein kleiner Träumer und die Dinge fallen ihm nicht so leicht zu wie Juanita. Er muss sich anstrengen. Er ist aber sehr ehrgeizig und ich könnte mir vorstellen, dass er eines Tages die Estancia übernehmen wird.

Ramón will Arzt werden und Juanita hat schon mal deutlich gesagt, dass sie hier nicht alt werden will.“

Unser Gespräch plätschert noch eine Weile dahin.

Jost will von mir auch vieles wissen und ich antworte ihm ausführlich. Irgendwann gähne ich.

Er bemerkt es und meint: „Schlaf ruhig, wir haben noch anderthalb Stunden Fahrt vor uns. Also schließe ich die Augen und bekomme von der weiteren Fahrt nichts mehr mit.

***

„Valeska“, weckt mich Josts angenehme Stimme, „wach auf, wir sind da!“

Verschlafen öffne ich die Augen.

„Wow“, murmele ich, als ich das prächtige Anwesen erblicke.

Ein weiß gekalktes, zweistöckiges Haupthaus mit wunderschönen farbigen Mustern verziert, daneben Stallgebäude- für die Pferde, wie ich vermute - und ein Nebengebäude für die Angestellten.

Ein riesiger Garten umgibt das Haus – kunstvoll angelegt und sehr gepflegt.

„Wow, macht ihr das alles allein?“ Ich deute auf den Garten.

„I wo, wir haben einen Gärtner, ein sehr fähiger Mann, der schon für die Schwiegereltern arbeitete.

Und für die Haushaltsführung beschäftigen wir Carmen, die auch eine Freundin von Isabella ist. Carmen ist ein absoluter Glücksfall. Ohne sie und Felipe könnten wir die Estancia gar nicht führen.“

„Ihr lebt aber ziemlich dekadent“, merke ich kritisch an.

„Ach nein, hier in Paraguay ist das normal und viele können sich Hausangestellte leisten“, antwortet Jost schulterzuckend.

Währenddessen sind wir ausgestiegen und ich komme nicht zu einer Erwiderung, da die Haustür aufgeht und ein Mädchen mit schulterlangem, dunklem Haar und ein kleiner Junge mit Lockenkopf in derselben Farbe mir entgegenstürzen und laut „Hallo Schwester“ brüllen.

„Hey“, antworte ich verlegen, als sie bei uns angelangt sind.

„Schön euch zu sehen! Ihr seid also Juanita und Jorge.“ Sie nicken und lachen und fangen an, mich mit Fragen zu bestürmen. „Wie ist der Sommer in Deutschland? War der Flug aufregend? Wie findest du Paraguay?“

Die Unterhaltung geht reibungslos auf Deutsch vonstatten. Beide beherrschen die Sprache fließend.

Dann erscheint eine hochgewachsene Frau etwas größer als Jost, im Türrahmen und schreitet würdevoll auf uns zu.

„¡Bienvenida, Valeska! ¿Como estaba el viaje?“

„Gracias, estaba muy bien“, stottere ich.

Ich habe versucht, vor meiner Abreise etwas Spanisch zu lernen, aber die Zeit war zu kurz.

In der Schule habe ich kein Spanisch gelernt und so konnte ich in den letzten vier Wochen nur einen Sprachkurs am Computer machen.

Wir gehen rein und Jost führt mich kurz durch die wichtigsten Räume, dann zeigt er mir mein Zimmer. Es liegt im ersten Stock, am Anfang des Ganges.

„Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass es genau neben Ramóns Raum liegt“, mein Jost.

„Aber nein, warum sollte es mich stören?“

„Dann ist ja gut.“

„Jost meinst du, ich könnte ein Bad nehmen?

Du meintest ja, wir essen erst um 19:00 Uhr, da muss ich mich dringend frisch machen! Ich werde sonst zu müde.“

„Aber natürlich Liebes! Warum habe ich es dir nicht schon längst angeboten?“ Er führt mich in ein großzügig geschnittenes Bad mit einer luxuriösen Badewanne und einer komfortablen Dusche.

Dort reicht er mir ein Handtuch und ein Fußhandtuch.

Ich hole mir schnell meinen Bademantel und er lässt mich allein – nicht ohne den Hinweis ich könnte gerne den Badeschaum und das Shampoo von Juanita benutzen.

Ich lasse mir das Wasser einlaufen, gebe großzügig von dem herrlich duftenden Badeschaum hinzu.

Dann ziehe ich mich aus und lasse mich mit einem wohligen Seufzer in die warmen Fluten sinken.

Nach circa zehn Minuten schrecke ich aus meiner Wohlfühlzeit auf.

Die Klinke der Badezimmertür bewegt sich – jemand drückt sie nach unten!

Verdammt, ich habe nicht abgeschlossen!

Ich versuche, schnell aufzustehen und nach dem Handtuch zu angeln, das auf einem Ständer neben der Wanne hängt. Doch in dem Moment, wo ich hoch aufgerichtet und wie Gott mich schuf in der Wanne stehe, öffnet sich die Tür ganz und ein junger Mann mit kurzen, dichten und sehr dunklen Haaren – nur mit einem Handtuch bekleidet – erscheint in der Tür.

Starr vor Schreck bleibe ich stehen.

Der Fremde fängt sich zuerst und sagt: „Lo siento señorita. ¡No sabía que esta ocupado!“

Dabei grinst er mich unverschämt an und seine dunkelbraunen Augen mustern unverhältnismäßig langsam mein ganzes Erscheinungsbild.

Endlich gelingt es mir, ein Handtuch zu schnappen und es mir einigermaßen würdevoll umzuhängen.

Der dreiste Kerl senkt während dieser gefühlten Ewigkeit nicht einmal den Blick und wendet sich auch nicht höflich ab.

„Sorry it‘s occupied, but I forgot to close the door!“ schnappe ich wütend auf Englisch.

„Please go now and let me finish my bath!“

„¡Disculpe, señorita!“

Mit diesen Worten verschwindet er.

Zitternd stehe ich in der Wanne. Was bildet der sich eigentlich ein?!

Das war bestimmt einer von den Viehhirten. Ungehobelter Bursche!

Aber der Typ wird noch sein blaues Wunder erleben, das lasse ich mir nicht gefallen!

Ich werde Jost von dieser Belästigung erzählen! Jetzt weiß ich jedenfalls, was Jost mir in Bezug auf die Männer hier sagen wollte.

Ich lasse das Handtuch auf den Fußboden vor der Wanne fallen, dann sinke ich wieder ins Wasser und schaffe es, mich noch einige Minuten zu entspannen.

Zurück in meinem Zimmer setze ich mich im Bademantel auf das sehr bequeme Bett und krame mein Handy hervor. Seit wenigen Jahren besitzt Jan-Hugo eines dieser unheimlich praktischen Geräte und ich habe solange gebettelt, bis ich zum Abi schließlich eines geschenkt bekam.

Am besten finde ich die SMS und natürlich die Möglichkeit auch von unterwegs zu telefonieren.

Seit vier Jahren besitze ich immerhin eine eigene E-Mail-Adresse.

Jan-Hugo ist nicht der schnellste beim technischen Fortschritt, aber er passt sich den Notwendigkeiten an.

„Nun komm schon, du Mistding! Geh schon an!“, murmele ich verärgert.

Das Display leuchtet auch auf, aber der Empfang ist nicht existent!

„Was soll denn das? Ich fass es nicht!“, rufe ich wütend aus.

Wollte ich doch meinen Freunden die neuesten Nachrichten aus Paraguay simsen.

Fast wäre ich im Bademantel runtergelaufen, aber schnell ziehe ich mir Jeans, und ein rotes Top an und lege mir sogar Make-up auf.

Es ist mittlerweile halb sieben, als ich ins Wohnzimmer trete.

„Buenas tardes“, grüße ich unsicher in die Runde.

Dann entdecke ich Jost, der entspannt in einem Sessel sitzend liest.

„Ah, Valeska. Hattest du ein angenehmes Bad?“

„Geht so“, meine ich säuerlich. „Ich vergaß, die Badezimmertür abzuschließen und bekam überraschend Besuch.“

Ich berichte von dem aufdringlichen Kerl, der mich belästigt hat, als ich nackt im Bad war.

„Kannst du deine Mitarbeiter bitte vom Haupthaus fernhalten, wenn sie sich jungen Frauen gegenüber nicht benehmen können! Der soll sich ordentlich bei mir entschuldigen dieses Schwein!“

„Valeska, beruhige dich!“, Jost schaut mich besorgt, aber auch irritiert an.

„Schatz, die Mitarbeiter haben ihr eigenes Bad im Angestelltenhaus. Wenn hier tatsächlich einer von ihnen halb nackt vor unserer Badezimmertür herumlungert und dich oder, Gott bewahre, Juanita belästigt, dann bekommt er eine saftige Abmahnung!“ Jost sieht nun nicht mehr so entspannt aus. Juanita, die ihren Namen gehört hat und von ihrem Videospiel aufschaut, bemerkt lässig: „Papa, für mich klingt das nicht nach einem unserer Angestellten, sondern nach ...“

Ein fröhliches „¡Buenas tardes, familia!“ unterbricht ihre Ausführungen.

Ich drehe mich nach der angenehmen männlichen Stimme um und erstarre.

„Jost, das ist er!!“, bringe ich schließlich hervor.

„¡Oh, la chica del baño!“, ruft er erfreut aus und schiebt noch etwas Erklärendes für seine Familie nach.

„Ramón, te presento Valeska, nuestra media hermana de Alemania“, erklärt Juanita ihrem Halbbruder grinsend. „Es tu hermanastra!“

Meine rudimentären Sprachkenntnisse reichen aus, um zu verstehen, wie Juanita ihrem großen Bruder genüsslich die Verwandtschaftsverhältnisse darlegt.

Immerhin hat mein Stiefbruder den Anstand, bei dieser Erklärung leicht zu erröten und etwas auf Spanisch zu stammeln.

„Haha!“, lacht Juanita und erklärt mir: „Er dachte, du wärest meine deutsche Austauschpartnerin! Die kommt aber erst in den Frühjahrsferien im Oktober!“

„¡Estúpido!“, sagt sie zu ihrem großen Bruder.

Jost und Isabella flüstern halblaut auf Spanisch miteinander.

Schließlich hebt Jost die Stimme und sagt ein paar harsche Worte zu Ramón.

Dieser errötet noch etwas mehr und murmelt auf Spanisch etwas von „Schlüssel“ und „abschließen.“

Dann stellt er sich aber vor mich hin und sagt auf Deutsch:

„Fräulein, es tut mir sehr leid!“

Ich grinse ihn an und sage auf Englisch: „Its okay, but please call me Valeska.“ Ich ergreife seine Hand, die er mir hinstreckt, dabei sagt er:

„We will start again, okay?“

„¡De acuerdo!“, bekräftige ich.

„¡Oh, hablas espagñol!“

„No, not at all! Just some words. Please lets continue in English!“

Seine Hand, die immer noch meine hält, ist angenehm warm.

„¡Perdon, Valeska!“

„Alright! I was silly too! Can we have dinner now?“

Jorge und Juanita grinsen und auch der Rest der Familie muss lächeln, dann brechen alle wie auf Kommando in schallendes Gelächter aus.

„Ramón, wie er leibt und lebt!“, japst Jost schließlich. „Aber deine Einlage mit dem spannernden Angestellten, die war auch großartig.“

Ich wische mir die Tränen aus den Augen, während sich meine neue Familie langsam auch wieder sammelt und sich gen Abendbrottisch begibt.

Jorge und Juanita feixen, dann aber unterhalten sie sich angeregt mit Ramón auf Spanisch, der nun endlich auch von seiner Mutter und Jost angemessen begrüßt werden kann.

Wir genießen ein außergewöhnliches paraguayisches Mahl – mit vielen Spezialitäten zubereitet von Carmen, der langjährigen Haushälterin und Köchin der Familie.

Ramón erweist sich als hervorragender Unterhalter. Er erzählt Anekdoten aus seinem letzten Semester – über Partys, die er besucht hat und über das Sezieren von Leichenteilen sowie seine Praktika in den verschiedenen Krankenhäusern der Stadt und erste Kontakte mit Patienten.

Mir erzählt er auch von seinem Pferd und dass er es gleich im Stall besuchen wird, wie er das Reiten und die Natur vermisst, obwohl Asunción ja eine der grünsten Städte der Erde sei.

Ich höre wie immer gerne erst mal allen zu und sage wenig.

Juanita hat sich ein Programm für mich überlegt und ich bin gerührt, mit wie viel Eifer die kleine Schwester sich in die Planung gestürzt hat. Beim Nachtisch möchte sie alles mit mir durchgehen.

„Mira, Valeska“, sagt sie energisch, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. „Morgen ruhst du dich noch etwas aus. Du erholst dich vom Flug, gewöhnst dich an die Zeitverschiebung, die neuen Eindrücke. Nach einem super Frühstück werde ich dir dann das ganze Haus und die Ställe zeigen.

Dann schauen wir uns die Umgebung bei einem kleinen Spaziergang an. Gar nicht weit von hier fließt ein kleiner Fluss, wir könnten dorthin gehen! Ansonsten entspannst du dich.“

Übermorgen zeige ich dir dann Ciudad del Este, unsere nächstgrößere Stadt an der Grenze zu Brasilien! Wir fahren mit dem Bus hin! Da können wir shoppen gehen!“

„Oh fein, ich geh gerne shoppen. Gibt es in Ciudad del Este auch was zu besichtigen? Ich bin schließlich als Touristin hier!“, ziehe ich Juanita auf.

„Klar, kein Thema, da ist die Kirche, der Fluss, die Brücke nach Brasilien ...“

„Perfekt. Ich freu mich schon, aber“, ich kann einen riesigen Gähner nicht unterdrücken, „ich bin hundemüde! Bei uns in Deutschland ist es jetzt schon zwei Uhr morgens!“

Juanita spult im Eiltempo ab: „Dann will ich mit dir ausreiten und picknicken, zum Stausee Itaipú fahren, ein Wochenende in Asunción verbringen, in dem wir Party machen werden ... zum Río Paraguay, zu dem Guaraní-Indianern ...

„Stopp! Gnade!“ rufe ich lachend.

„Danke, Juanita! Ich freue mich ehrlich schon auf die tollen Ausflüge, aber nun möchte ich schlafen gehen. Vielleicht gehe ich zum Ausspannen einen Moment an die frische Luft.“

„Ich begleite dich“, sagt Ramón auf Englisch, „ich möchte nach Black Lightning sehen. Möchtest du dir die Ställe ansehen?“

Juanita schaut etwas säuerlich, lässt mich aber ziehen.

Zuvor wünsche ich ihr, Isabella und Jost sowie dem kleinen Jorge eine gute Nacht.

Dann trete ich mit Ramón in die subtropische Nacht hinaus. Es ist herrlich, wie angenehm warm es noch ist.

Als Ramón den Stall betritt, pfeift er leise. Sofort beginnt es in einer der Boxen zu rumoren und ein wunderhübscher, schwarzer Hengst streckt uns seinen Kopf entgegen.

Ramón liebkost und streichelt ihn und redet leise-zärtlich auf ihn ein.

„Ach, ich bin so froh, ihn wiederzusehen!“, sagt er.

„Das vermisse ich in Asunción. So toll das Leben dort auch ist, mir fehlt die Natur, das ruhige Leben und mein Hengst“, erklärt er ernsthaft.

Ich trete zurück und will gerade etwas erwidern, als ich mit dem linken Fuß in etwas hängenbleibe. Wild rudernd falle ich in einen Heuhaufen und bleibe erst mal verdattert liegen.

Ich höre Ramóns glucksendes Lachen, als er mir seine Hände entgegensteckt und mich hochzieht.

„¿Qué pasa?“, fragt er.

„Oh, ich bin so müde!“, erkläre ich entschuldigend. „Mir ist richtig schwindelig.“

Besorgt schaut er mich an:

„Du musst sofort ins Bett“, sagt er bestimmt.

Er fasst mich am Arm und zieht mich in Richtung Haus.

„Du hast zu wenig geschlafen und solltest dich gut ausschlafen. Ausreichend Schlaf ist für die Gesundheit und ein langes Leben sehr wichtig!

Neue Studien haben gezeigt, welche verheerenden Auswirkungen Schlafmangel auf unser Wohlbefinden und unsere Lebensdauer hat!“

„Ja, das weiß ich spätestens seit Schlafes Bruder!“, entgegne ich halb spöttisch, halb ernst.

„Robert Schneider hat da wirklich ein außergewöhnliches Stück Literatur geschaffen. Ich habe es auf Spanisch gelesen, Juanita sogar im Original“, antwortet er gelassen.

„Du kennst Schlafes Bruder?“, frage ich ungläubig- aber auch erfreut.

Nicht zu glauben, dass dieser Junge vom anderen Ende der Welt den Bestseller des deutschen Sprachraumes von 1992 kennt!

„In zwei Tagen verschlungen“, grinst er mich an.

„Ich fand aber das Ende und die quälend lange Beschreibung, wie er sich zu Tode wacht, so grausam, dass ich am liebsten nicht weitergelesen hätte!“, gestehe ich.

„Hast du?“

„Ja, weil ich immer alles zu Ende lese“, entgegne ich überheblich. „Ich liebe lesen!“

„Ich denke, du machst allgemein in deinem Leben immer alles zu Ende.

Du wirkst sehr konsequent und diszipliniert“, meint er freundlich.

Inzwischen sind wir im ersten Stock angekommen.

„Mich hat die Figur dieses Jungen – im Grunde mein Alter - enorm fasziniert“, erzählt Ramón.

„Hochbegabt, aber leider unfähig, sein Genie völlig auszuleben, sich aus seinen Verhältnissen zu lösen und mit der Frau, die er liebt, glücklich zu werden. Aber von bewundernswerter Konsequenz bis in den grausamen Tod.“

„Ich fasse nicht, dass ich hier am Ende der Welt mit einem Jungen stehe und „Schlafes Bruder“ rezensiere!“, entfährt es mir.

Er lächelt mich an.

„Das liegt daran, dass du ein außergewöhnliches Mädchen bist.“

Wir stehen vor meiner Zimmertür.

„¡Buenas noches, Ramón! Danke, dass du mich bis zum Zimmer begleitet hast.“

„¡Buenas noches, pequeña!“, antwortet er und hat mir, ehe ich mich versehe, rechts und links je einen zarten Kuss auf die Wangen gesetzt.

„Ich habe das auch aus Eigennutz getan. Es ist jetzt halb elf und ich muss morgen um halb sechs aufstehen. Um halb sieben reite ich los und muss mit den Jungs die Kühe hüten!“

Mit diesen Worten verschwindet er in seinem Zimmer.

Ich schaffe es gerade noch, mir die Zähne zu putzen, ehe ich nach meinem ersten Tag in Paraguay erschöpft in die weichen Laken sinke und umgehend einschlafe.

***

Ein warmer Sonnenstrahl kitzelt mein Gesicht, als ich am nächsten Morgen erwache.

Fast gleichzeitig ertönt eine helle Jungenstimme neben meinem Ohr: „Guten Morgen, Valeska! Gut geschlafen? Steh auf!“

Ich drehe mich unmutig auf die andere Seite und knurre ungehalten: „Klappe, Erik. Seit wann bist du das Weckkommando? Ich bin noch müde und werde weiterschlafen. Mach die Biege!“

„Valeska, ich bin nicht Erik!“

Die Jungenstimme ist noch heller - und nun dämmert es auch meinen verschlafenen Gehirnzellen - jünger als die Stimme meines 16-jährigen Bruders und nun auch sehr empört.

„Ich bin‘s, Jorge!“

Nun bin ich endgültig wach und schlage die Augen auf.

„Oh - entschuldige bitte, Jorge! Es tut mir leid! Ich wollte nicht unhöflich sein.“

„Aha, so redest du also mit meinem Cousin!“, lacht er. „Der Arme!“

„Quatsch“, wehre ich ab, „wir sind halt Geschwister! Du und Juanita mögt euch bestimmt sehr und trotzdem streitet ihr auch öfter mal und geht etwas ruppig miteinander um.“

Er grinst mich verständnisvoll an und gibt zu: „Ja, Juna und ich kabbeln uns auch oft.

Aber ich möchte dich etwas fragen, große Schwester: Würdest du mit an unsere Schule kommen und in meiner Deutschklasse meinen Mitschülern von Deutschland erzählen?

Wir haben seit gestern Ferien, aber in zwei Wochen sind die Winterferien vorbei und du bist ja insgesamt sechs Wochen hier.“

Er schaut mich bittend an.

Ich fühle mich etwas überrumpelt, vor allem fällt es mir nicht leicht, vor vielen Fremden zu sprechen.

Fast hätte ich abgelehnt, aber ich reiße mich gerade noch zusammen, als ich sein eifriges Gesicht sehe.

„Ja, ich überlege es mir. Aber jetzt würde ich gerne aufstehen. Wie spät ist es denn?“

„10:00 Uhr. - Es wäre toll, wenn du es machst.“

„Gott, so spät! Ich mache mich schnell frisch und komme gleich runter!“

Zwanzig Minuten und eine Expressdusche später betrete ich das König’sche Wohnzimmer.

Ein Frühstücksgedeck steht noch auf dem Tisch, worüber ich mich gleich hungrig hermache.

Juanita sitzt auf dem Sofa und liest eine Modezeitschrift.

„Na, hat Jorge dich genervt?“, fragt sie herablassend.

„Nein, wieso?“

„Wegen seines Projekts an der Schule.“

„Ach, das“, winke ich lässig ab. „Klar, ich mache das. Das wird Spaß bringen!“

Jorge, der einer spanischen Zeichentrickserie folgt, springt bei den Worten auf und schreit:

„Hurra! Danke, liebe Valeska!“, er fällt mir stürmisch um den Hals.

„Dafür hast du nun Valeska so früh geweckt“, sagt seine Schwester tadelnd.

„Es ist nicht früh, ich bin schon seit 7:00 Uhr wach!“, sagt Jorge empört und selbstgerecht.

„Du bist so ein Bauer!“, ruft Juanita aus und legt dabei ihre ganze Verachtung in das letzte Wort.

„Ja, und ich bin stolz drauf! Ich werde das hier später übernehmen!

Du bist dir ja zu fein dafür!“

Da ich den Eindruck habe, ich müsste vermittelnd und ablenkend eingreifen, sage ich: „Was möchtest du denn werden, Juanita?“

„Model oder Rechtsanwältin!“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

„Das nenne ich mal ein breit gefächertes Interessensgebiet!“, entgegne ich verblüfft. „Wow!“

„Was ist daran ungewöhnlich? Entweder verdiene ich mein Geld mit meinem hübschen Körper oder mit meinem scharfen Verstand!“, sagt sie trotzig.

Hübsch ist meine Halbschwester wirklich, das lässt sich nicht leugnen. Das olivschwarze Haar trägt sie lang und heute offen. Mit ihren knapp 170 cm hat sie Jost schon eingeholt. Auch ihre Mutter, die ich auf ca. 175 cm schätze, wird sie bald eingeholt haben. Die Augen leuchten dunkelbraun, wie Isas, aber den Mund und die Nase hat sie von den Königs.

Volle sinnliche Lippen – wie die meinen – und eine kleine Stupsnase. Auch den langen, elegant geschwungenen Hals hat sie aus unserer Familie. Ihr Körper ist mit seinen Rundungen ein sehr fraulicher und sie ist dezent geschminkt und geschmackvoll gekleidet.

„Aber der Beruf des Models ist echt hart!“, wende ich ein. „Du musst immer hungern, um dünn zu bleiben, es ist ein knallhartes Business und sehr stressig und mit Ende 20 bist du raus aus dem Geschäft! Bis dahin musst du genug verdient haben, um über die Runden zu kommen.“

„Bäh – du redest schon wie meine Eltern!“

Ich grinse verlegen. „Naja, du musst wissen, was du willst. Ich würde aber sagen, eine Karriere als Anwältin wäre definitiv besser!“

Der Rest des Vormittags verläuft sehr ruhig und ich nutze ihn, um ihn mit meinen Halbgeschwistern zu verbringen. Jost und Isabella machen zum Mittag eine Pause und wir nehmen ein vergnügtes Mittagessen ein.

Die ganzen neuen Eindrücke, dieses exotische Land und meine neue Familie versetzen mich in eine sehr euphorische Stimmung.

Entgegen meinem Naturell rede ich viel und wie immer genieße ich die Gesellschaft vieler Menschen um mich herum.

Plötzlich höre ich Jorge stolz seinen Eltern auf Spanisch berichten: „Valeska kommt mit mir in die Schule und erzählt von Deutschland!“

Jost schaut mich erfreut an: „Wirklich, Valeska? Wie schön! Das ist sehr lieb von dir!“

„Jorge weiß es sehr zu schätzen, danke“, sagt Isabella auf Englisch.

„Ich weiß nur noch nicht, was ich erzählen soll“, gestehe ich.

„Das ergibt sich. Erzähl doch erstmal von deinem Leben in Deutschland, ein paar allgemeine Sachen zur jüngeren Geschichte und zur Geografie. Was junge Leute in Deutschland so machen ...“

„Okay, das kann ich so machen. Aber bestimmt waren schon einige der Kinder in Deutschland oder kennen etwas davon.“

„Ja stimmt!“, ruft Jorge begeistert dazwischen. „Ich war ja auch schon mal da. Wir waren in Hamburg, als Papa eine Geschäftsreise gemacht hat, und wir durften ihn begleiten, weil es während der großen Ferien war! Es war wundervoll! Wir haben Oma und Opa König besucht und unsere Tanten auch!“

Ich erstarre, als ich verstehe, was er da sagt.

„Moment“, murmele ich fassungslos, „alle wussten Bescheid? Tante Betty und Tante Birga, Oma und Opa, am Ende auch mein Cousin und meine Cousinen??“

Eine plötzliche Wut überkommt mich: „Entschuldigt mich bitte“, rufe ich erstickt aus und laufe aus dem Zimmer in den Flur.

¡PARAGUAY, MI AMOR!

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