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Kapitel 4: Noch eine Entführung

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Karl lag ja weiß Gott mit seinen Mutmaßungen nicht oft daneben. Aber die Annahme, man werde Hamid bei der Rückkehr ins Hotel vor dem Fernsehgerät sitzend vorfinden, war grundfalsch. Nicht etwa, dass Hamid französisches Fernsehen langweilig gefunden hätte, die Sache war nur die:

»Hamid ist weg!«

Bobine, die die vornehmen Räumlichkeiten als Erste betreten und rasch die drei Zimmer der Suite in Augenschein genommen hatte, war es, die zu diesem überraschenden Befund kam.

»Wo kann er denn hin sein?«, wunderte sich Karl.

»Unten in der Empfangshalle vielleicht?«, vermutete Bobine.

Die Freunde bestiegen umgehend wieder den Fahrstuhl, aus dem sie gerade erst gekommen waren, um nach dem Jungen zu forschen. An der Rezeption bekamen sie die Auskunft, dass der junge Mann das Hotel vor etwa zwei Stunden in Begleitung zweier Herrschaften mittleren Alters verlassen habe. Die Beschreibung, die der Hotelangestellte gab, ließ keinen Zweifel daran, dass es für Hamid ein ebenso unerwartetes wie unerfreuliches Wiedersehen mit Alfredo und Laurent gegeben haben musste.

»Tess!«, schimpfte Karl, als das Ausmaß der Katastrophe ihm zu vollem Bewusstsein gekommen war. Die anderen beiden, die ihn verständnislos angesehen hatten, als dieses Wort noch ganz neu war, hatten sich an »Tess« gewöhnt. »Tess« war ein von Karl erfundener, völlig sinnloser Ausdruck, der es ermöglichte zu fluchen ohne dabei in eine ungebührliche oder gar unschickliche Redeweise zu verfallen. »Tess« hatte unbestreitbare Vorzüge: Es knallte wie ein Peitschenschlag durch die Luft, war enorm kurz und damit unerhört praktisch. Es hatte keinerlei Bedeutung und nur einen Zweck: angestautem Ärger Luft zu machen. So wie jetzt.

»Aber er muss sich doch gewehrt, geschrien haben«, wunderte sich Bobine.

»Nicht wenn sie ihn unter Druck gesetzt haben. Vielleicht mit einer Waffe«, entgegnete Karl. »Oder sie haben ihn wieder mit dem schönen Leben in Frankreich geködert. Er ist eben nur ein Kind.«

»Aber wie haben die uns nur gefunden?«

»Die Anzahl der Hotels in Marseille ist nicht unendlich. Sie werden wahrscheinlich so viele abgeklappert haben, bis sich eine Spur fand. Drei Jugendliche aus Hockey Beach, erstaunlich selbstständig, offenbar ohne Vormund – nicht der schlechteste Anhaltspunkt.«

»Na, dass dein Vater ständig auf der Müllverbrennungsanlage rumturnen und sich den Rest der Zeit übermüdet in seine Koje auf Zimmer 876 zurückziehen würde, konnten die ja wohl kaum wissen.« Frustriert nahmen die Freunde unter einem der riesigen Kronleuchter in den bequemen schwarzen Foyer-Sesseln Platz.

»Wie auch immer, ich könnte mir in den Hintern beißen, dass wir dieses Risiko nicht einkalkuliert und Hamid so leichtsinnig allein gelassen haben. Jetzt haben wir den Salat!«

»Und keine Chance mehr die Dolores zu finden«, fügte Bobine hinzu.

»Nun«, wollte sich überraschend Kurt zu Wort melden, der bekanntlich nur den Mund aufmachte, wenn es etwas wirklich Wesentliches zu sagen gab. Er wurde jedoch von einem kräftigen »Guten Morgen!« abgewürgt. Der deutsche Gruß hallte durch die ganze Lobby. Allen war sofort klar: Der unlängst erwähnte Professor Kramer war auf der Bildfläche erschienen. Tatsächlich war der renommierte Ingenieur soeben dem Fahrstuhl entstiegen, hatte seinen Sohn und dessen zwei Freunde erblickt und kam eiligen Schritts auf die Gruppe zu. »Na, Kinder, alles klar?« Karl hasste dieses gönnerhafte »Na, Kinder...?«, machte aber wie immer gute Miene zum bösen Spiel und erwiderte den Morgengruß seines Vaters. Der stellte seine uralte schwarze Aktentasche ab, nahm auf einem der ledernen Sessel neben ihnen Platz und erkundigte sich: »Hattet ihr einen schönen Tag gestern?« Die Kinder nickten und bejahten im Chor. »Habt ihr was Schönes erlebt?«, fuhr der vielfach ausgezeichnete Spitzentechnologe fort.

»Ja, ja, viel erlebt«, erwiderten die drei Nervensägen.

»Nicht dass ihr euch hier langweilt, weil ich so selten Zeit für euch hab’, aber jetzt am Anfang der Installation der Computersteuerung ist es eben besonders wichtig, dass ich bei der Anlage vor Ort bin.«

»Wie klappt’s denn mit der neuen Steuerung?«, erkundigte sich Kurt.

»Das Einbauen geht ja noch, das ist einfache Technik. Aber den Franzosen das Betriebssystem und die Bedienung zu erklären, das ist harte Arbeit. Unsere Technologie, die wir für teures Geld an die Stadtwerke von Marseille verkaufen, ist eben nicht nur total konkurrenzlos –«

»– sondern auch total kompliziert«, brachte Karl den Satz zu Ende. »Und deshalb brauchen die dich. Verstehen wir doch, Papa!«

»Und Langeweile kommt hier auch nicht auf«, stellte Bobine klar.

»Naja, ist ja auch so schönes Wetter«, sagte Karls Vater. »Da kann man seine Sommerferien mal so richtig genießen. Ihr seid mir auch nicht böse, dass ich heute mal ausschlafen musste und wir gar nicht zusammen frühstücken konnten? War ein langer Tag gestern für mich!«

»Mach dir deswegen keine Vorwürfe, Papa«, erwiderte Karl.

»Ihr habt doch gefrühstückt, oder?«

»Ja«, antworteten die Kinder einmütig und mussten an das üppige Frühstück denken, das Martinez noch aufgetafelt hatte, ehe Roger sie wieder im Hotel abgeliefert hatte.

»Wir haben vollstes Verständnis, Herr Professor Kramer«, stimmte Bobine Karl zu. »Sie tun schließlich die Arbeit, die uns unser gutes Leben in diesem Erste-Klasse-Etablissement hier erst ermöglicht.«

»Du bist ein kluges Mädchen, Bobine«, nickte Kramer ihr zu. »Ich bin froh, dass Karl dich mitgenommen hat. Ich wette, er hat schon viel von deinen Französisch-Kenntnissen profitiert.«

»Doch«, sagte Bobine betont bescheiden, »hin und wieder ist das schon vorgekommen.«

»Ja, Kinder, seid mir nicht böse, aber die Arbeit ruft. Wir sehen uns dann heute Abend. Macht euch einen schönen Tag!« Mit diesen Worten erhob sich der Professor, nahm seine Aktentasche und machte sich auf den Weg. »Aber verschleudert nicht mein ganzes Geld!«, warf er den Kindern noch zu. Dann verschwand er durch die gläserne Drehtür nach draußen.

Und schon waren sie mit ihren ungelösten Problemen wieder allein. Karl seufzte: »Gleich zwei Kindes­entführungen auf einmal. Ich glaube langsam auch, diesmal ist die Sache eine Nummer zu groß für uns.«

»Nun«, knüpfte Kurt dort an, wo er vor dem Auftritt des Professors stehen geblieben war, »das würde ich nicht unbedingt so sehen!« Verblüfft sahen die anderen beiden ihn an. »Seht ihr, ein wirklich logischer Mensch« – logisch sprach er in einer Weise aus, als bestünde das Wort aus fünf Os und nicht nur aus einem – »überlässt eben nichts dem Zufall.«

»Was willst du damit sagen?«

Kurt kostete seine Überlegenheit voll aus. Karl gegenüber hatte man dazu selten genug die Chance. »Ich will damit sagen: Ein wirklich vorausschauender Mensch beugt vor.« Bobine begann vor Anspannung an den Nägeln zu kauen. »Oder anders ausgedrückt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!«

»Der Mann bringt mich noch zum Wahnsinn«, schimpfte Bobine.

»Rück’s schon raus, Superhirn«, forderte Karl ihn ungeduldig auf, »was für einen Geniestreich hast du dir wieder einfallen lassen?«

»Nichts weiter. Nichts weiter als den guten alten Peilsender, bekannt aus jedem drittklassigen Agentenfilm, einfach, aber höchst wirksam.« Und mit diesen Worten holte Kurt aus der Innentasche seiner billigen Weste ein Gerät hervor, das aussah wie eine Kreuzung aus TV-Fernbedienung und Bumerang. »Das ist das Empfangsteil«, erklärte er. »Eine automatische Verstärkungsregelung mit analoger Auswertung erleichtert den Einsatz. Nach dem Einschalten regelt sich die Verstärkung automatisch binnen einiger Sekunden und die Peilung beginnt.«

»Aha!«, nickte Karl, der nichts verstanden hatte. Man muss an dieser Stelle vielleicht kurz anmerken, dass Kurt, der, wie Karl manchmal im Scherz behauptete, schon mit einer Antenne am Kopf zur Welt gekommen war, nicht nur ein genialer Bastler und Tüftler war, er unternahm auch keine weitere Reise ohne mit einigen, wie er es nannte, »elementaren elektronischen Einheiten, kurz EEEs«, ausgestattet zu sein, deren hölzernen Aufbewahrungsort Karl manchmal abschätzig als »Spielkasten« bezeichnete. Aber für Abschätzigkeiten war dies gewiss nicht der geeignete Moment. Dies war eher der Moment Kurt für seine Geistesgegenwart um den Hals zu fallen. Die Aufgabe übernahm Bobine.

»Aber wann hast du Hamid denn den Peilsender untergejubelt?«, fragte Karl.

»Heute Morgen. Mir war einfach nicht wohl dabei, ihn alleine zurückzulassen, und da ich, wie du weißt, kein Freund langer Diskussionen bin, habe ich einfach einen Streifen Tesa genommen und damit das Ding in die Hintertasche seiner Hose eingepflanzt. Es ist kaum größer als eine Büroklammer und fällt überhaupt nicht auf.«

»Du bist genial«, lobte Bobine. Kurt errötete ein bisschen und begann wieder zu schweigen.

»Also dann los«, rief Karl, »die Jagd beginnt.«

Die drei ?!? Nervensägen!?!

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