Читать книгу Ich möchte freundlich behandelt werden - Wilfried Kochhäuser - Страница 6

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Wie können wir einen mutigen Blick für unsere Angst vor anderen Menschen entwickeln?

Ein Beispiel:

Die Tage waren gleichförmig für sie, das war fast das Schlimmste. Niemand ging ja wirklich offen gegen sie vor. Aber immer wieder war sie einfach Luft für ihre Vorgesetzten und auch für Kollegen. Gähnende Leere in den Ablagefächern starrten sie morgens öde an. Meine Patientin arbeitete in einem Unternehmen der Versicherungsbranche. Sie hatte Betriebswirtschaft studiert und konnte nach einem Abschluss mit guten Noten in verschiedenen vergleichbaren Unternehmen Berufserfahrung sammeln. Sie hatte sich sehr über ihre neue Stelle gefreut und endlich einen Arbeitsplatz in der Nähe gefunden.

„Im Grunde kann ich gar nicht beschreiben, was mit mir los ist. Ich stelle mir ständig alle möglichen Fragen, ich drehe mich damit aber nur im Kreis.

Ich verstehe nicht, wieso ein Wirtschaftsunternehmen (ich bin da über die letzten zweieinhalb Jahre praktisch ohne Funktion) mich hochbezahlt zum Inventar zählt. Ich bin da, ich koste Geld, ich frage regelmäßig nach Arbeit, nach Einbindung in den Kollegenkreis nach und nichts passiert. Eher selten ist jemand wirklich böse zu mir, häufig kommen Antworten wie: "Ach, ich habe da noch was für Sie, ich lege Ihnen das ins Fach". Aufgrund meiner Erfahrungen im Außendienst wird tatsächlich hin und wieder eine konkrete Information von mir verlangt. Wenn ich mich dann fast wie an Weihnachten fühle, dann betrachte ich mich im gleichen Atemzug schon als fast durchgeknallt – über soetwas freue ich mich jetzt schon?

Eine Zeit lang konnte ich mich mit der immer weniger werdenden Arbeit arrangieren, ich habe mich fortgebildet, das Internet am Arbeitsplatz für mich genutzt und auch angefangen, am Arbeitsplatz Romane zu lesen. Ich habe mich zunehmend für alternative Stellenangebote interessiert - aber ich bin familiär mit meinen Kindern nicht mehr so flexibel.

Ich kann nur mit wenigen Menschen über diese Situation reden, weil sie mir extrem peinlich ist. Selbst meinem Mann möchte ich das nicht mehr zumuten. Ich gehe da jeden Tag hin und bekomme mein Geld fürs Nichtstun. Wenn meine Eltern dies so wüssten, dann würden Sie mir die Schuld dafür geben. Im Grunde sehe ich es genauso. Die Situation ist absurd, ich fühle mich auch schon nicht mehr wirklich in der Realität, wenn ich dieses Büro beziehungsweise die Abteilung betrete. Ich fühle ich mich mir selbst zunehmend fremd. Das Einzige, was immer wieder ein Stück Realität in dieses bizarre Berufsleben hineinbringt, sind dann unerwartete offene und feindselige Attacken. Wie zum Beispiel, die unvermutete Ansprache an mich in einer Konferenz.

„Sie, Schneider, Sie können dann ja mal Protokoll führen. Sie sind ja sowieso öfter nicht da.“ Das sind Situationen, in denen ich wie gelähmt dasitze und an gar nichts mehr denken kann, keinen Ton herausbekomme und beginne, wortlos mitzuschreiben. Genau so wurde ich wohl zuletzt in der 11. Klasse des Gymnasiums. „Sie, Schneider ...“ behandelt. Wenn ich eine Woche lang morgens von meinem Chef regelmäßig auf dem Flur begrüßt wurde, dann verändert sich die Situation immer wieder wie mit einem umgelegten Hebel. Ich bin dann in der darauffolgenden Woche wieder nur noch Luft, wenn ich über den Gang gehe. Auch für meine unmittelbaren Kollegen, wahrscheinlich denken die, das müsste so sein. In die Kantine geht niemand mehr mit mir. Wenn es früher noch zu einem gemeinsamen Mittagessen kam, dann war das immer eine zähe Veranstaltung, oft gab es Vertröstungen und Ausreden ("äh, jetzt gerade nicht, später eventuell, ich muss erst noch mit dem und dem sprechen"). Ich werde jedenfalls immer stiller und habe auch das Gefühl, dass sich das zuhause fortsetzt. Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Ich denke dann viel über die Anderen nach, zum Beispiel über meinen Chef, etwa: "Der meint das wahrscheinlich gar nicht so, das ist wahrscheinlich die pure Gedankenlosigkeit?!“ Als ich begonnen habe, mich mit "Freundlichem Druck" zu beschäftigen, konnte ich meinen Zustand zunächst kaum beschreiben. Ich hatte das Gefühl nicht mehr zu wissen, wo oben und unten ist. Ich stotterte bei meinem Therapeuten so vor mich hin und in diesem ganzen absurden Durcheinander beschlich mich die Angst, dass mein Gegenüber genauso hilflos sein dürfte wie ich. Es war dann eine große Entlastung, zunächst einfach hilflos sein zu dürfen: Meine Hilflosigkeit in dieser Situation beschreiben zu können, ohne direkt eine Strategie oder eine Antwort auf etwas zu erwarten. So konnte ich auch das Grübeln über mögliche Motive meiner Umwelt und entsprechende Lösungsversuche sein lassen. Auch die Beschäftigung mit alternativen Arbeitsstellen, einer Kündigung ohne neuen Job und alle anderen durchgegrübelten Alternativen zu unterbrechen. Es war seltsam, mich auf einen solchen Weg zu machen, indem ich in diesem Chaos begann, mich selbst zu beschreiben. Meine Gefühle und Gedanken, gedankliche Kampfsätze, Verteidigungs- und Rechtfertigungsreden von nun an zu beobachten. So konnte ich erste Schritte für meinen Schutz entwickeln. Es gab ja Situationen, wo ich verletzt und angegriffen wurde, auch wenn ich im Wesentlichen nur Luft für die Anderen war. Ich begann mir so Freiheit und Schutz zu erarbeiten, der mir dann auch über den Zeitraum eines Jahres mehr Respekt innerhalb des Unternehmens einbrachte.Ich begann ebenfalls, meine familiäre Situation zu überdenken. Da war die Ehe mit meinem ständig abwesenden Mann, der in den letzten Jahren begonnen hatte, mich zuhause häufiger fertig zu machen. Offensichtlich hatte sich das wechselseitig verstärkt, mein immer "kleiner werden" am Arbeitsplatz und die Erniedrigungen zuhause: Dass ich ja selbst schuld sei an der Ausgrenzung im Unternehmen und sowieso launisch, streitsüchtig und unerträglich. Aber ich begann, auch hier in ersten Schritten etwas für mich zu tun und mir auch hier Freiheit und Schutz zu erarbeiten. Genauso wie ich es in der Firma machte.“

Von nicht funktionierenden Bewältigungsstrategien und vom „Dysfunktionalen“- Warum wollen wir unsere Angst vor den Menschen nicht wahrhaben?

An dieser Stelle möchte ich das von mir zur raschen Einordnung gebrauchte Wort „Dysfunktional“ genauer erklären. Ich wende es überall dort an, wo es kurz und knapp darauf hinweist, dass zwischenmenschliche Regulationsmuster "nicht gut funktionieren". An der Vokabel „dysfunktional" ist bemerkenswert, dass "nicht gut“ funktionieren bedeutet, dass es zu einem gewissen Prozentsatz durchaus funktioniert. Das führt dazu, dass wir somit unser Verhalten aufgrund eines Restes an Funktionalität aufrechterhalten. Dies macht das Besondere des „Dysfunktionalen" aus. Es ist nicht einfach dumm, falsch oder funktionslos, wie wir uns verhalten, sondern es funktioniert schlecht, aber eben mit einem Rest an Funktionalität, der hohe Haltekraft besitzt. Diese Unterscheidung ist ein erster Grund, warum ich hier ein Fremdwort einführe und auch weiterhin benutzen werde. Außerdem steckt in diesem Begriff das Wort Funktion. Die Frage, ob etwas funktioniert oder nicht, ist eine gute Überprüfung für meine aktuelle Situation. Funktioniert das eigentlich, was ich da gerade mache?

Auch wenn an meinem Verhalten vereinfacht gesagt, nur noch 5 % für mich sinnvoll funktioniert und zu 95 % nicht mehr, stellt sich die Frage, was diese 5 % Restfunktionalitäten überhaupt ausmachen. Wieso können diese 5 % ein derartiges Gewicht in meiner Verhaltenssteuerung einnehmen. Es lohnt sich daher, die Funktionalität eigener Verhaltensmuster und emotionaler Abläufe genauer zu untersuchen.

Diese machtvollen 5 % resultieren über die Vertrautheit und Sicherheit von gewohnheitsmäßigen Verhaltensabläufen. Routine vermittelt Sicherheit, sogar wenn ich nachts im Bett liege und schlaflos grüble. In diesem Augenblick ist meinem Verstand durchaus klar, dass mein Verhalten in diesem Augenblick zu mehr als 95 % nicht funktional ist, denn funktional wäre es eben, jetzt zu schlafen. Trotzdem gelingt es mir nicht, von einer, in diesem Fall gedanklichen, Verhaltensgewohnheit loszulassen und ich liege möglicherweise stundenlang wach. Wir praktizieren jedoch nicht absichtsvoll etwas, was uns schadet. Aber bestimmte Verhaltensmuster, wie Grübeln oder Rauchen reduzieren für einen kurzen Augenblick unangenehme, fremdartige oder belastende Gefühle. Wir lenken uns ab, wir beschäftigen uns in dieser Zeit mit etwas anderem, als mit dem aktuellen unangenehmen Gefühl. Das können diffuse Stressgefühle, eine Verspannung oder regelrechte Ängste sein, welche wir reduzieren wollen. Und die wir über diesen Vorgang der Vermeidung, ohne uns absichtlich damit schaden zu wollen, erst recht aufrechterhalten.

Auch das Rauchen von Zigaretten erzeugt seinen Rest an Funktionalität über das Verändern von Gefühlen. Es verschiebt emotionale Gewichtungen, drängt unangenehme Gefühle in den Hintergrund und bringt Empfindungen von Kontrolle und Selbstbezug mit sich. Wenn ich eine Zigarette rauche, dann bin ich tatsächlich ein Stück mehr mit mir selbst beschäftigt und nicht mit mehr mit bestimmten angst- und stressauslösenden Vorgängen, beispielsweise an meinem Arbeitsplatz. Und genauso verhält es sich mit dem Grübeln, das im Übrigen während des Tages genauso stattfindet, uns aber in der Nacht eben störender bewusst wird. Mit Grübeln kann ich unangenehme Gefühle zurückdrängen, ich handle - in Gedanken - und gewinne so das Gefühl von Kontrolle über eine Situation. Somit sind letztlich unsere eigenen Gefühle und die Gewohnheiten, diesen hinterher zu jagen oder vor ihnen zu flüchten, unser eigentlicher Gegner, sobald wir beginnen, schlecht funktionierende Verhaltensgewohnheit zu verändern.

Abschließend möchte ich noch anregen, über die durchaus problematische Einordnung von „gutem“ oder schlechtem“ Funktionieren nachzudenken. Über die vorangegangenen Beispiele deutlich geworden ist, hat dies keineswegs mit "wohl fühlen" zu tun. Gerade das Streben nach "wohl fühlen" bzw. das Vermeiden von Unwohlsein hält, wie das Zigarettenrauchen verdeutlicht, im Grunde ungute Gewohnheiten aufrecht. Was bedeutet dies nun in unserer Regulation von Beziehungen? Im Untertitel des Buches taucht das Wort „Selbstwahrnehmung“ auf. Und dies ist nicht als Technik oder Trick zu verstehen, wenn es helfen soll Attacken und Feindseligkeit abzuwehren. Sondern praktizierte Selbstwahrnehmung, vor allen Dingen die körperliche Selbstwahrnehmung, wie sie über die Übungen in diesem Buch praktiziert werden, verhilft uns zu einem intensiveren Kontakt zu uns selbst. Es geht also im Kern nicht um "richtig oder falsch" bzw. gut oder schlecht, sondern ob wir uns im Kontakt und in der Regulation mit der Umwelt selbst treu bleiben. Dies kann nicht nur, sondern muss wahrscheinlich häufig unter Inkaufnahme von „nicht- wohl-fühlen“ geschehen.

Denn wenn wir unsere Platz und unsere Haltung in einem Konflikt oder in einem feindseligen Angriff für uns erobern möchten, ist das Streben nach "wohl-fühlen" hinderlich. In Konflikten und im Umgang mit Angriffen stellt sich, zumindest für den Augenblick, die Herausforderung, das Getrenntsein vom Gegenüber anzunehmen und zu akzeptieren. Nur auf diesem Wege kann dieses „sich treu bleiben“ eine wirkliche Verankerung in uns finden. Gerade wenn wir über einen längeren Zeitraum zurückgezogen und möglicherweise depressiv „die Welt vermeiden“, dann vermeiden wir im Grunde Unwohlsein. Und das Heraustreten in den Kontakt mit der Welt lässt sich letztlich ohne Inkaufnahme und Akzeptanz von „nicht wohl fühlen“ kaum erreichen.

„Freundlicher Druck“: Vom Druck in uns und den Anderen

Ich glaube es hilft, die Wörter auf sich wirken zu lassen. Mit Druck, insbesondere in zwischenmenschlichen Beziehungen, verknüpfen wir Konflikte, Machtkämpfe und vielleicht auch, sich „durchzusetzen“. Das ist ja auch der Ausgangspunkt des Buches: Das Erleben von Stress, Hilflosigkeit und Ohnmacht im verstrickten Aufeinandertreffen. Wir beschäftigen uns mit Situationen, in denen Druck für unser Gehirn die einzige Möglichkeit zu sein scheint, uns und unser Terrain zu schützen.

Oft leitet uns erst körperliche Erschöpfung in diesem andauernden Druckzustand zu der Wahrnehmung, dass etwas nicht mehr (gut) funktioniert. Die Wahrnehmung eines Leidenszustandes an der Kontaktstelle zwischen uns und den Anderen ist notwendig, um mit Veränderung zu beginnen. Oft entwickelt sich ein Gefühl, den notwendigen Druck (oder Gegendruck) im Kampf gegen unsere Umwelt nicht mehr länger aufbringen zu können. Mit körperlicher Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und einem „burn-out“ als Folge. Druck empfinden wir körperlich. Wenn wir machtvoll streiten, uns „druckvoll“ durchsetzen oder ohnmächtig dem Druck beugen. Wenn etwas im Magen oder in der Kehle "drückt“. Derartige Empfindungen in unserem Körper sind keine Einbildung, selbst wenn dieser Druck keine messbare physikalische Größe darstellt. Hierüber bildet sich die fortlaufende Regulierungstätigkeit unseres Säugetiergehirns im Körper ab. Wir können uns unter Druck fühlen, wenn uns jemand Angst macht und uns bedroht. Oder wenn uns jemand verlassen will, sich entfernt und uns alleine lässt. Wir empfinden Druck, wenn uns jemand ein schlechtes Gewissen macht, letztlich als die Androhung „des sich Entfernens“ oder Trennens. Viele Menschen erleben auf diesem Wege Druck auf dem Herzen und der Lunge mit dem Gefühl von Atemnot und halten es für ein körperliches Krankheitssymptom. Und andere Menschen haben noch ein anderes „Druckproblem“ als Folge eines jahrzehntelangen „Unter-Druck-Stehens“: Einen zu hohen Blutdruck, den man dann tatsächlich physikalisch messen kann. Die Aspekte von Druck zwischen Menschen sind jedoch nicht nur negativ. Man kann sich die Hand drücken oder mit Druck umarmen (“drücken“). Wir können den Druck einer Hand auf der Schulter als Trost und Stütze empfinden und wir werden den Druck der Lippen eines Menschen, den wir mögen meist als angenehm empfinden. Dennoch werden Menschen auch hiermit Schwierigkeiten haben. Der Umgang mit dem Druck durch Andere (in all seinen Facetten) scheint etwas Kompliziertes und für uns selten perfekt Reguliertes zu sein. Nicht jeder Mensch mag Massagen, oder das Gefühl von anderen gedrückt zu werden, Küsse und Umarmungen. Ganz sicher nicht jederzeit und von Jedermann. Und dies, obwohl sich die meisten Menschen auf der anderen Seite auch danach sehnen. Es scheint somit auch darum zu gehen, wie wir Druck wahrnehmen und bewerten, wie unser Körper auf den Druck reagiert. Letztlich kommt es darauf an, was wir mit „Druck“ machen. Zum Beispiel, ob wir als handelnde Akteure an Handlungen beteiligt sind, oder ob über uns entschieden wird. Wir können allerdings lernen, mit Druck anders umzugehen, ihn zunächst nur wahr- und anzuzunehmen – um dann „auf unserer Seite des Terrains“ bewusst und kreativ damit umzugehen und zu handeln. Auch der positivste Druck, die zärtlichste Umarmung, der innigste Kuss würde jedem von uns irgendwann zu viel. Wie lange, wie intensiv und wie häufig eine solche „positive Grenzüberschreitung“ stattfinden kann, um irgendwann ein Bedürfnis nach Rückzug und Abgrenzung hervorzurufen, ist Bestandteil unserer individuellen Persönlichkeit.

Die ganz subjektive Wahrnehmung, wann für uns Druck zu viel wird, ab wann wir das Bedürfnis nach Rückzug und Abgrenzung verspüren, kann uns niemand anderes vorgegeben. Damit werden wir bei dem nachfolgenden Beispiel konfrontiert, wenn wir einen Wunsch abschlagen. Ein Bekannter ruft Sie an:

„Kannst du mir morgen beim Umzug helfen, ich stehe plötzlich ganz alleine da, weil drei Leute abgesagt haben!?“

Vielleicht denken Sie bei sich: “Na klar, kann ich schon verstehen, wann ist der denn mal aufgetaucht, wenn er es versprochen hatte?!“ Sie sind ein hilfsbereiter Mensch und wissen genau, dass ihre Hilfsbereitschaft oft von anderen ausgenutzt wird. Und obwohl sie das genau wissen, bemerken Sie sofort eine zugeschnürte Kehle: „Was kann ich jetzt schnell an glaubhaften Ausreden finden? Der bequatscht mich dann doch noch!“ Eine Ich-Botschaft ist rhetorisch nicht kompliziert. Das „Komplizierte“ oder „Schwere“ daran ist, dass ich hierfür Mut benötige. Das „Technische“ wiederum ist, dass ich meinen Körper dazu benutzen kann, Mut aufzubauen. Ich versuche also in einer solchen Situation mich intensiv auf meinen Körper, mein Körpergewicht und auf meine Bauchatmung zu konzentrieren, um zu spüren was ich in diesem Augenblick wirklich wünsche:

„Ich kann Dir morgen nicht helfen"

„Warum denn nicht?“

„Weil ich nicht kann!“

„Und warum kannst Du nicht?“

„Ich kann nicht, weil ich nicht kann.“

Das klingt jetzt möglicherweise primitiv, brachial und uncharmant. Und sicherlich auch nicht freundlich. Das Entscheidende ist aber, es ist auch nicht feindselig!

Das „Freundliche“ im "Freundlichen Druck" liegt darin begründet, dass wir nur von uns ausgehen und den Anderen in seinem Terrain in Ruhe lassen. Wir führen keine feindselige Aktion aus, indem wir uns in unserem Terrain beschreiben. Auch wenn dies mit Zurückweisung und Enttäuschung für den Anderen einhergeht. Ich lasse mein Gegenüber in seinem Terrain mit all seinen Möglichkeiten und subjektiven Wahrnehmung der Situation – Alleine.

Das dies langfristig sogar ausgesprochen freundlich ist, wird im Laufe des Buches weiter verständlich werden. Dadurch, dass wir uns nicht mehr so leicht unter Druck bringen lassen, können wir freundlicher im Leben agieren. Wir haben weniger Angst, von anderen dominiert zu werden, wenn wir zunächst erst mal freundlich zu uns selbst sind. Weil ich gar keinen eigenen Druck aufbauen muss, wenn ich mich auf meinem eigenen Terrain beschreibe – anstatt vielleicht den Anderen als notorisch unzuverlässigen und selbstbezogenen Egoisten anzugreifen, um mein Bedürfnis rechtfertigen zu können. Ich benötige dann kaum noch Druck in Auseinandersetzungen, das „Nein sagen“ ist kein aggressiver Kraftakt. Das mag für den Einen oder Anderen tatsächlich "unerfreulich" sein, wie für den genannten Bekannten. Mein Gegenüber wird über diesen indirekten Druck jedoch zukünftig freundlicher mit mir umgehen. Der indirekte oder freundliche Druck entsteht, weil ich auf äußeren Druck nicht mehr „automatisch“ zur Verfügung stehe und dies auch ohne Rechtfertigung mitteile. Das kann ich allerdings nur sprichwörtlich am eigenen Leib erfahren.

Ich möchte freundlich behandelt werden

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