Читать книгу Du hast es mir versprochen! - Wilma Burk - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеAls die beiden Mädchen alt genug waren, so dass Jungen sich nach ihnen umdrehten, verstand Marita, die Zierliche mit den schwarzen Haaren, bald beim Gehen aufreizend mit den Hüften zu wippen. Vera dagegen schwärmte für einen Lehrer, der wohl ein wenig ihrem Vater glich. Sie hatte keine Augen für so einen Jungen in ihrem Alter.
Marita lachte darüber. „Das ist doch ein alter Knacker, Vera. Für den bist du nichts als ein dummes Kind.“
Aber das änderte sich auch nicht, als die Schulzeit zu Ende ging. Längst hatte Marita ihre erste Liebe gefunden und einen Freund. Doch für Vera waren das grüne Jungs, die ihr schöne Augen machten. Sie schwärmte weiter für einen unerreichbaren Lehrer. Die anderen waren für sie nur Kumpel, mit denen man herumtollen konnte. Wollte sich ihr einer anders nähern, bekam er was auf die Finger.
Das jedoch änderte sich, als in ihrem Haus aus einer Wohnung, oben unterm Dach, ein alter, kauziger Mann aus- und dafür ein junger Mann einzog. Flott kam Bernd Reuter, der neue Mieter, daher. Schlank, groß und auffällig war er. Frauenaugen folgten ihm. Er war sich dessen offenbar bewusst, wenn er mit seinen braunen Augen unter dunklen Locken um sich sah. Er war ein Student, der es mit dem Examen nicht so eilig hatte. Es war ihm anzumerken, dass er gerne lebte und keinem Vergnügen aus dem Weg ging.
Vera, noch nicht ganz siebzehn, begegnete ihm zum ersten Mal auf der Treppe. Sie wollte ihm ausweichen, er auch, so kamen sie nicht aneinander vorbei. Er lachte amüsiert, und sie war verlegen. Sie spürte, wie er sie neugierig musterte und konnte doch ihren Blick nicht abwenden. Unruhe stieg in ihr auf, die sie noch nicht verstand.
Als sie danach Marita begegnete, fragte sie schwärmerisch: „Hast du schon einmal so dunkelbraune Augen gesehen, wie der neue Mieter sie hat?“
„Sag nur, du hast ihn dir so genau angeschaut“, wunderte sich Marita und stutzte.
Doch Vera schwärmte weiter: „Du musst mal sehen, wie er läuft, der weiß, was er will. Das ist kein kleiner Junge mehr.“
„Du hast ihm doch nicht etwa zu tief in die Augen geblickt? Er ist bestimmt schon weit über zwanzig. Der ist viel zu alt für uns!“, meinte Marita.
Vera aber fand ihn nicht zu alt, sie war verliebt, zum ersten Mal verliebt und nicht in so einen grünen Jungen, mit denen Marita sich abgab. Sie hatte nur Augen für Bernd Reuter. Jede Gelegenheit suchte sie, um ihm zu begegnen. Bemerkte er es? Wohl nicht – oder tat er nur so?
Erst an dem Tag, als Vera erfahren hatte, dass ihr Vater gestorben war, kam sie mit ihm ins Gespräch. Der Vater war nur fünfundfünfzig Jahre alt geworden.
„Das hat er nun davon, dass er sich mit so einem jungen Ding eingelassen hat! Viel zu anstrengend ist so ein Weib.“ Das war der ganze Kommentar der Mutter dazu, als sie es Vera mitteilte.
Vera sagte nichts. Nun war der Vater wirklich für immer gegangen, nur das ging ihr durch den Sinn. Sie lief über den Hof zum Schuppen und verkroch sich in der Ecke neben den Kaninchenställen, wie früher als Kind. Sie weinte um eine letzte verlorene Hoffnung. Nun konnte er nichts mehr gutmachen, sie ihren Zorn nie mehr verlieren. Selbst jetzt, da sie längst begriffen hatte, dass die Eltern zu verschieden gewesen waren, um gut miteinander leben zu können, schmerzte es sie, dass er damals so einfach weggegangen war.
Leise wurde die Tür des Schuppens geöffnet. Neugierig schaute Bernd Reuter herein.
Vera drückte sich noch tiefer in die Ecke.
Er sah sie nicht. „Kaninchen! Hier gibt es Kaninchen“, sagte er vor sich hin, nahm ein heruntergefallenes Blatt Sauerampfer auf und schob es dem einen durch das Stallgitter zu. „Da, Mümmelmann, das muss nicht verkommen“, murmelte er. Die anderen Kaninchen drängten sich dazu, sie wollten auch etwas abbekommen. Er sah sich suchend nach weiteren grünen Blättern um. Dabei entdeckte er Vera. „Oh, ich habe Sie nicht gesehen. Sind das Ihre Kaninchen?“
Vera schüttelte den Kopf, schnäuzte sich und wischte sich verschämt über die Augen. Das Blut stieg ihr zu Kopf. Warum kam er ausgerechnet jetzt? Sie musste furchtbar aussehen, so verheult.
„Sie haben geweint?“
„Ach, was!“ Das klang sicher ablehnender, als sie es wollte.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, bot er sich an.
„Nein!“
„Wirklich nicht?“
Warum ging er nicht? Vera fühlte sich unbehaglich und zugleich seltsam erregt.
Er blieb und musterte sie mitleidig. Oder neugierig?
Am liebsten wäre sie aufgestanden und weggelaufen. Nur stand er dazu im Weg. So blieb sie wie gelähmt sitzen.
„Wollen Sie sich nicht helfen lassen? Warum versuchen Sie es nicht?“ Er war hartnäckig, ließ sich durch ihr ablehnendes Verhalten nicht wegschicken und setzte sich sogar wie selbstverständlich dicht neben sie an die Erde. Sie zog sich in ihre Ecke zurück, so weit sie konnte, und schlang die Arme um ihre Knie. Doch ihr Herz pochte, wie sie es noch nie verspürt hatte. Als er ihr väterlich sacht eine Strähne ihres langen Haares aus dem Gesicht strich, so, wie es vielleicht ihr Vater getan hätte, hielt sie es kaum aus, sie schniefte und schluchzte heftig auf.
„Manchmal hilft es, wenn man über das spricht, was Kummer bereitet. Ich kann gut zuhören“, redete er auf sie ein.
Nur einen Moment noch dachte Vera: ‚Wie kommt dieser Fremde dazu?’ Dann überwog der Wunsch in ihr, ihm vertraut zu sein. Sein überlegenes Lächeln, seine fast väterliche Sicherheit, machten es ihr leicht, eine Schwelle der Fremdheit zu überschreiten. Stockend begann sie ihm davon zu erzählen, dass ihr Vater gestorben war.
Er sagte nichts, sah sie nicht einmal an, saß nur da und hörte ihr aufmerksam zu.
So redete sie weiter. Nur, wie sollte sie ihm sagen, dass sie um einen Vater weinte, den sie so sehr hasste, weil sie ihn einmal über alle Maßen geliebt hatte. Wie sollte er das verstehen, was sie selbst nicht verstand? Sie wollte es nicht, und doch brach es aus ihr heraus. Alles erzählte sie ihm, ihre ganze Not, diesem ihr noch Fremden, der sich mit wenigen Worten und Gesten in ihr Vertrauen geschlichen hatte.
Schweigend hörte er alles an, unterbrach sie nicht. All ihren verworrenen Gedankengängen lauschte er. Zuletzt nahm er ihre Hand und drückte sie mitfühlend. „Ich verstehe! Eine Scheidung der Eltern ist für ein Kind immer schwer. Sie hinterlässt Ratlosigkeit und fast unheilbare Verletzungen.“
Diese mitleidsvolle Geste ließ sie erneut in Tränen ausbrechen.
Er rückte näher an sie heran, legte tröstend seinen Arm um sie und strich ihr über das Haar, genau wie der Vater es einst getan hatte. Wie hatte sie sich danach gesehnt, einmal wieder so in den Arm genommen zu werden, und er tat es. Vera wehrte sich nicht; sie ließ es geschehen. Sie gab sich ganz diesem Gefühl hin, ihm nah zu sein. Doch es verwirrte sie zugleich.
Als sie sich beruhigt hatte, richtete sie sich auf. Er zog seinen Arm sofort zurück. Scheu blickte sie im Dämmerlicht des Schuppens zu ihm.
„Es ist trotzdem schwer, ich weiß. Es ist die Endgültigkeit, die so ein Tod mit sich bringt, wenn jede Hoffnung auf Versöhnung damit begraben werden muss. Das ist das Schlimmste daran“, sagte er, als hätte sie danach gefragt.
Ja, genau das war es, was sie empfand.
Es war ihr unheimlich. Es war, als würden sie beide sich nicht nur mit Worten verständigen können, sondern auch mit Blicken und Gedanken. Es überkam sie ein ihr bisher unbekannter Zwang, sich noch näher an ihn zu drängen, ihn zu spüren, seinen Körper zu berühren, seine Nähe zu atmen. Das machte sie unsicher und ließ sie wie gehetzt aufspringen. „Danke, es geht schon!“, rief sie und strebte gegen ihren eigenen Willen von ihm fort.
Er folgte ihr. Sie gingen zusammen über den Hof. Dann hatte es Vera eilig, in die Wohnung zu kommen.
„Wo warst du?“, fragte die Mutter und musterte sie. „Hast du geweint? Etwa um deinen Vater?“
„Und wenn?“
„Du glühst ja. Was ist los? Hast du vergessen, was er uns angetan hat, wie wortbrüchig er geworden ist? Ob er nun lebt oder tot ist, du hattest schon lange keinen Vater mehr.“
„Wie kannst du so reden?“
„Sag bloß, du hast dir noch Hoffnungen gemacht, dass er eines Tages zurückkommt?“ Die Mutter schien verärgert.
„Nein, natürlich nicht!“, antwortete Vera gereizt, ging in ihr Zimmer und warf die Tür zu. Aber stimmte das überhaupt? Hatte sie nicht doch darauf gehofft, trotz ihres Zorns? Vera wusste es nicht.
*
Eine seltsame Zeit folgte. Einerseits wollte Vera Bernd Reuter am liebsten aus dem Weg gehen, andererseits fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Sie wurde immer erfinderischer, um ihm zu begegnen, auch wenn sie sich wie gelähmt fühlte, sobald sie ihn sah. Zuerst fragte er noch fürsorglich, wie es ihr gehe, ob sie den Schmerz um den Vater überwunden habe. Aber je öfter sie sich begegneten, umso eigenartiger wurde sein Blick, war es Neugierde, war es Interesse? Vera glaubte bald, so konnte er sie nur ansehen, weil er sich in sie verliebt hatte.
„Dich hat es aber erwischt!“, stellte Marita fest. „Was versprichst du dir von ihm?“
Alles versprach sich Vera von ihm, Geborgenheit, Zärtlichkeit und Liebe, die ewig hält. All das würden sie sich versprechen und halten, wenn ..., ja, wenn ...
Sie war ganz aufgeregt, als sie glaubte, auch er suche ihre Nähe.
*
Sie machte inzwischen eine kaufmännische Lehre in einem Mode-Betrieb. Wenn sie dann von dort nach Feierabend nach Hause gehen wollte, tauchte er oft wie zufällig auf. Veras Herz tat einen Satz vor Freude. Nein, sie hatte nichts dagegen, den Heimweg gemeinsam mit ihm zu gehen. Und sie redeten und redeten, als wäre es nie anders gewesen. Manchmal nahm er dabei ihre Hand. Sie spürte seine Wärme, die ihre Hand umschloss, und sie ließ es geschehen.
Noch versuchte sie, das vor der Mutter zu verheimlichen. Bald fragte die aber misstrauisch: „Bist du wieder mit diesem Studenten nach Hause gekommen?“ Weiter sagte sie noch nichts.
Plötzlich hatte Bernd Reuter auch ein Fahrrad und forderte Vera zu Spazierfahrten auf.
„Sei vorsichtig! Der ist zu alt, um nur noch Händchen zu halten“, mahnte die Mutter.
„Ja, ja, ich weiß Bescheid! Ich bin bald achtzehn“, wehrte Vera ab.
„Eben! Rückgängig kannst du nichts mehr machen.“
„Was meinst du damit?“
„Das erste Mal gibt es nur einmal für ein junges Mädchen. Das solltest du dir gut überlegen, wann und mit wem es geschehen soll.“
„Was du dir für Sorgen machst!“ Vera versuchte dem Gespräch auszuweichen. Es war ihr peinlich.
Das war eigentlich auch nicht die Art ihrer Mutter, so offen darüber zu reden. Wie unbeholfen und unfrei hatte sie versucht, Vera über die Beziehung zwischen Mann und Frau aufzuklären. Dabei hatte Vera es zu dem Zeitpunkt längst gewusst.
„Ich will dich nur warnen. Er sieht nicht so aus, als würde er lange überlegen, eher, als würde er jede nehmen, die sich ihm anbietet. Entscheiden musst du allein. Ich kann dich nicht festbinden. Es hat sicher auch keinen Zweck, dich von ihm fernhalten zu wollen. Darum versprich mir, dass du dich nicht zu schnell verführen lässt.“
„Ach, woran du denkst!“, wehrte Vera ungeduldig ab, davon wollte sie nichts hören. Aber sie versprach es diesmal nicht, denn sie ahnte, nein, sie wusste es, sollte er die Frage an sie stellen, würde sie das Versprechen nicht halten können? Sie vertraute ihm. Noch hatte er sie nicht einmal geküsst - und die Mutter dachte gleich an so etwas! Eigentlich wurde sie bereits ungeduldig, dass nichts geschah. Sie spürte es doch, wie sehr er sie liebte. Jawohl! Hundert Beweise glaubte sie dafür zu sehen, nur der letzte fehlte noch. Warum hielt er sich damit so zurück? War sie noch zu jung für ihn? Auf jede Art bemühte sie sich, ihm zu beweisen, wie erwachsen sie war, auch wenn er manchmal darüber lächelte.
Endlich, bei einem Ausflug mit den Rädern in die Natur, bei lauem Sommerwind, an einem Tag, so schön, dass alle Welt nur glücklich sein konnte, nahm er sie in die Arme, ganz sanft und vorsichtig, als wäre sie zerbrechlich. Sie drängte sich ihm entgegen, als er ihre Lippen berührte. Sie hielt still, ganz still, gab sich hin, dem ersten Kuss in ihrem Leben. Schon lange hatte sie nicht mehr daran gezweifelt, aber nun wusste sie es: Er liebte sie! Sie ließ sich fallen in dieses unglaublich schöne und große Gefühl, geliebt zu werden. Sie glaubte ihm jede Geste, glaubte an seine Ehrlichkeit, an den Ernst seiner Zuneigung. Er verstand es, ihr ihre letzte Scheu zu nehmen. Einmal hielt er sie fest umfangen und küsste sie, dass ihr der Atem verging; dann wieder streichelte er sie sanft und fürsorglich wie ein Vater. Sie klammerte sich an ihn, konnte ihm nicht nah genug sein. Sie genoss ihre erste Liebe. Sie war süchtig danach, wollte sich am liebsten nicht mehr von ihm trennen. In der Liebe noch unerfahren, war es ihr nicht bewusst, wie sehr sie ihn das merken ließ.
*
Auch wenn er es spüren musste, wie sehr sich ihr Körper ihm entgegendrängen wollte, er kam ihr nicht zu nah, noch nicht. Von Liebe sprach er nicht. Aber war das wichtig? Wenn sie es nur spürte. Sie hegte keine Zweifel daran. Seine liebevollen Gesten, seine Augen konnten nicht lügen. Nein, sie würden sich nie mehr trennen und immer zusammenbleiben, daran glaubte sie. Alle Warnungen der Mutter waren dabei ohne Bedeutung. Was wusste sie schon von Bernd? Vera vertraute ihm.
So war es kurze Zeit später, als sie gerade achtzehn Jahre alt war, für ihn nicht schwer, sie in seine Wohnung unter dem Dach zu locken. Hier fiel es ihm leicht, ihren allerletzten, kaum noch vorhandenen Widerstand zu brechen und sie den Schritt vom Mädchen zur Frau gehen zu lassen. Das also war das letzte Geheimnis der Liebe, das alles vergessen und jeden Gedanken auslöschen soll, bis man nur noch dem eigenen Körper lauschen und nachgeben kann. So jedenfalls hatte sie es sich vorgestellt. Doch zuerst kamen die Schmerzen, danach auch Lust, aber es geschah eben einfach so. Er lag schwer auf ihr, schwitzte vor Anstrengung, und sie atmete den strengen Geruch seiner unmittelbaren Nähe. Sie ließ es geschehen, denn sie liebte ihn. Aber so aufregend, wie sie es erwartet hatte, war es für sie nicht. Doch es gab ihr das Gefühl, ihn damit an sich zu binden, das war ihr wichtig.
Jetzt schlich sie zu ihm heimlich in die Wohnung, wann immer er es verlangte. Es gefiel ihr auch mit jedem Mal besser, aber sie blieb verhalten, traute sich nicht, sich gehen zu lassen. Genau diese fast jungfräuliche Zurückhaltung schien ihm zu gefallen. Er nahm sie und gab ihr, drängte sie aber zu nichts. Merkte er, dass sie bemüht war zu tun, was er von ihr wollte, ganz egal, ob es ihr gefiel? Doch er schien sich zurückzuhalten. Sah er in ihr etwa noch ein Kind?
Vor der Mutter hielt sie es geheim. Sie wollte ihr nicht eingestehen, dass sie schon so schnell nachgegeben hatte. Doch ewig konnte sie es nicht verheimlichen, denn auch die andern Mitbewohner des Hauses bekamen bald mit, was da unter dem Dach geschah. So blieb es der Mutter nicht verborgen.
„Das hat uns noch gefehlt, eine Liebschaft im Haus. Konntest du dich nicht zusammennehmen? Wie hat der dich so schnell rumgekriegt? Was will er von dir? Ich habe dich gewarnt. Das ist ein richtiger Mann. Es wäre besser gewesen, du hättest dich erst mal bei deinesgleichen umgesehen“, redete die Mutter auf sie ein.
„Ich will keinen anderen. Er liebt mich.“
„Sagt er! Das hat schon so mancher behauptet.“
„Das braucht er nicht erst zu sagen, das fühle ich“, trotzte Vera.
„So, er sagt es nicht einmal! Dann gib nur Acht, dass er dich am Ende nicht mit einem Kind sitzen lässt.“
„Er weiß, wie man das verhindert.“
„Na, wenigstens das. Ich rate dir aber, verlass dich nicht zu sehr auf ihn. Männer versprechen viel, wenn sie etwas wollen, vergessen aber alles, wenn sie dessen überdrüssig sind.“
„Hör auf! Nur weil es bei dir schief gegangen ist, muss es noch lange nicht bei andern auch so sein.“ Vera war empört.
„Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen. Du bist achtzehn und erwachsen“, murmelte die Mutter. Dann sagte sie nichts mehr. Wenn sie sich auch Gedanken machte, sie schwieg und wartete ab.
*
Marita wollte es nicht glauben. „Wirklich, du bist mit diesem Studenten zusammen? Und so ganz richtig?“
„Ja!“, bestätigte Vera stolz.
„Und ...?“
„Was und?“
„Na, redet er vom Heiraten?“, wollte Marita wissen.
„Erst muss er noch fertig studieren.“ Die Frage war Vera unangenehm, obgleich sie nicht wusste, warum.
„Hm, ich kann mir von dir nicht vorstellen, dass du mit einem lockeren Verhältnis zufrieden bist. Wenn er es ernst meint ...“
„Natürlich meint er es ernst!“ Gereizt fuhr Vera Marita ins Wort.
„Dann verstehe ich nicht ...“
„Musst du alles verstehen?“ So ein dummes Gefrage, auch wenn sie ihre beste Freundin war. Nein, Vera kannte kein Misstrauen gegen Bernd. Was er auch sagte, es war richtig; was er von ihr auch wollte, sie tat es.
„Werde ihm nur nicht hörig. Lass dich nicht ausnutzen. Es ist deine erste Liebe ...“, redete die Mutter auf sie ein.
„Und wird meine einzige Liebe sein!“, trumpfte Vera auf. Nein, sie ließ sich nicht beirren.