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Anitkythira – Piratennest und Schatzkammer der Antike

Dass die kleine griechische Insel im Ionischen Meer heute noch Zuflucht und Stützpunkt für alte und neue Piraten ist, kann man nicht behaupten, aber sie war es für mehrere Jahrhunderte in hellenistischer Zeit.

Eine erste Besiedelung lässt sich zur Bronzezeit nachweisen und auch in frühminoischer Zeit lebten schon Menschen auf dieser einsamen Insel.

Weltweite Bekanntheit erlangte Antikythira im Jahr 1900, als Schwammtaucher in Küstennähe ein antikes Schiffswrack entdeckten, dessen Untergang von den Experten auf das Jahr 82 v. Chr. datiert wurde. Innerhalb des Wracks befanden sich die Statue des Jünglings von Antikythira und der Antikythira-Mechanismus, den einige Forscher, darunter auch der berühmte Jaques Cousteau, als den ersten „Computer der Weltgeschichte“ bezeichneten. Die Fundstücke sind heute im Archäologischen Nationalmuseum in Athen ausgestellt.

Als ich mit meinem Segelboot die Südspitze der Insel, von Kissamos kommend, anfuhr, begrüßte mich als erstes der Leuchtturm von Apolytares, ein architektonisch außergewöhnliches Bauwerk aus dem Jahr 1928. Nicht von der Höhe des Felsens aus, sondern vor einer blauen Felswand stehend, grüßte er mit seinem Feuer den von Kreta kommenden Seefahrer. Ich kreuzte gegen einen böigen Nordwind ankämpfend entlang der Ostküste hinauf bis zum Nordkap der Insel und fand in der schützenden Hafenbucht von Potamos Unterschlupf.

Das nur etwa 20 Quadratkilometer große Antikythira wird ganzjährig nur von etwa 50 Menschen bewohnt. In den Sommermonaten allerdings kann durch die Touristen die Bevölkerungszahl bis auf 600 anwachsen. Als ich Anfang Oktober auf die Insel kam, gehörte sie fast wieder ganz den Einheimischen. Zum Glück hatte noch Annas Taverne geöffnet, denn als Segler kann man bei ihr nicht nur gut essen, sondern auch seine Vorräte auffüllen.

Zur Übernachtung werden auf Antikythira auch Privatzimmer bereitgestellt. Auf Grund des begrenzten Angebots ist es aber empfehlenswert, vorher Kontakt mit der Gemeindeverwaltung aufzunehmen.

In einem kleinen Hafenbecken können in Potamos Fischereifahrzeuge und Segler festmachen. Größere Segelyachten gehen in der Bucht vor Anker. Ich durfte ausnahmsweise am Fähranleger längsseits gehen, da im Oktober der Fährverkehr schon stark eingeschränkt ist.

Wer nur zum Baden nach Antikythira kommt, wird etwas enttäuscht sein. Kamrela ist die einzige Felsenbucht, welche zum Schwimmen einlädt, aber zum Glück sind auch die kleinen Strände von Xiropotamos und Halara gut zum Schwimmen geeignet.

Besuchern der Insel ist zu empfehlen, sich in Potamos ein Fahrzeug zu mieten, um die Insel auf eigene Faust erkunden zu können. Antikythira überrascht mit archäologischen Sehenswürdigkeiten und reizvollen Landschaften. Überreste der ehedem befestigten Stadt Aegila, deren Ursprünge auf das 4. Jh. v. Chr. zurückgehen, sind immer noch erhalten. Erst vor wenigen Jahre wurden hier Tongefäße aus der Zeit um 3.500 v. Chr. entdeckt. Auf dem Ausgrabungsgelände befindet sich auch das Apolloheiligtum von Aegila.

Neben den antiken Ruinen sind vor allem einige Kapellen, Windmühlen und eine Wassermühle in Potamos von touristischem Interesse.

Der wichtigste Tag auf Antikythira ist der 17. August, wenn der Inselheilige Saint Myron gefeiert wird. Der Überlieferung nach soll die Ikone des Heiligen von Jägern aus Kreta zwischen den Jahren 1423 und 1780 gefunden worden sein. Die Insel war damals vollständig verlassen. Die Verehrung des Heiligen lockt jedes Jahr im August eine große Zahl von Pilgern auf die Insel.

Zu erreichen ist Antikythira mit regulären Fährverbindungen von Piräus, Kalamata, Kythera sowie vom kretischen Fährhafen Kissamos aus.

Graf Egling war mit seinem Bericht zufrieden, dachte aber darüber nach, ob er den Mechanismus von Antikythira nicht etwas ausführlicher hätte vorstellen sollen. Schließlich handelte es sich hier um ein technisches Meisterwerk der Antike. Er machte seine Ausführungen dazu als wichtige Ergänzung kenntlich und hängte sie seinem Bericht an.

Der Mechanismus von Antikythira

Man kann den Mechanismus mit einer astronomischen Uhr vergleichen. Das Erstaunliche aber ist, dass man mit Hilfe vieler Zahnräder und Ziffernblätter mit ihm mehr astronomisch-kalendarische Zusammenhänge anzeigen kann, als es bei entsprechenden Uhren, die es im späten Mittelalter gab, möglich war. Das Gerät ist nicht vollständig erhalten und daher nicht mehr funktionstüchtig.

Genau genommen war es ein metallener Klumpen, als Schwammtaucher ihn im Jahr 1900 in einem Schiffswrack vor der Insel fanden. Als 75 Jahre nach der Bergung die intensive Untersuchung mit Röntgenstrahlen begann, war der Mechanismus bereits in viele einzelne Teile zerbrochen. Die Rekonstruktion musste sich auf materielle Reste, auf schwach erkennbare Spuren von Bauteilen und Formelementen stützen.

Die zum Teil noch andauernde Rekonstruktion des Mechanismus ergab, dass er als Modell für die von der Erde aus beobachtbaren Bewegungen von Sonne und Mond mit Hilfe von Anzeigen auf runden Skalen diente. Die wichtigsten Anzeigen waren: ein Sonnenkalender mit Tagesskala und Monatsskala, ein gebundener Mondkalender mit Monatsskala, ein Finsterniskalender für vergangene und künftige Sonnen- und Mondfinsternisse und ein Olympiakalender für die alle vier Jahre stattfindenden Panhellenischen Spiele.

Man nimmt an, dass der Antikythira-Mechanismus von der Insel Rhodos stammt, denn das bei Antikythira gesunkene Schiff kam von Rhodos. Hier arbeitete ein paar Jahrzehnte vorher Hipparchos, dessen Wissen im Wesentlichen im Mechanismus von Antikythira enthalten ist.

Der berühmte Jaques Cousteau untersuchte das bei Antikythira liegende Wrack 1976 noch einmal und fand Münzen, die aus Pergamon und Ephesos stammten. Ihre Prägedaten unterstützten die bisherigen Erkenntnisse, dass das Schiff von Kleinasien kam. Der Zeitraum seines Untergangs konnte auf 70 bis 60 v. Chr. eingeschränkt werden.

Hallo, Herr Graf, sind Sie zuhause? Egling verließ seinen Arbeitsplatz und stieg zum Steuercockpit hinauf. Auf der Pier standen Piontek und sein Sohn Thomas. Wir wollen nicht stören, sagte Piontek, aber die Neugier treibt uns. Egling lud die beiden ein, an Bord zu kommen. Ich habe schon auf Sie gewartet. Schauen sie sich nur alles an, vermutlich kennen Sie sich besser aus als ich. Wie Sie mir gestern erzählt haben, sind Sie ja schon seit Jahren im Revier unterwegs.

Die Pionteks waren begeistert von dem, was sie sahen, vor allem der junge Piontek ließ immer wieder ein anerkennendes Pfeifen hören. Schau mal, Papa, elektrische Genuawinden und elektrische Fallwinde inklusive Rewindfunktion! Heckstrahlruder sind gut, nickte der alte Piontek und fragte, darf ich mal einen Blick auf die Navigation werfen? Das Übliche, sagte Egling so beiläufig wie möglich. Wie einer, der im Film das Gesehene auch noch kommentieren musste, zählte Piontek auf, was er sah: GPS, Kartenplotter, UKW-Funk, Autopilot, Positionslampen, Echolot, Log, Ruderstandsanzeige, Windmessanlage, Kompass... Gut ausgerüstet, das hilft, wenn man allein unterwegs ist.

Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, sagte Egling hinter ihm. Wenn davon etwas ausfällt, bin ich der ärmste Hund. Nicht, wenn man das Einhandsegeln als Herausforderung sieht, lachte Piontek.

Ich habe von diesem Assisted Sail Trim gelesen, mischte sich Pionteks Sohn ins Gespräch. Kann ein Computer wirklich das Trimmen der Segel übernehmen? Ich mein’, das wär doch toll, da könnte man sich wirklich erholen.

Mein Sohn liebt Technik über alles, erklärte Piontek. Am liebsten tät’ er das Boot auf seinem ipad steuern. Stimmt’s Thomas, an der Winsch sieht man dich selten?

Naja, sagte Graf Egling, ein wenig kann ich Ihren Sohn schon verstehen. Ich hab’ ja jetzt auch das System von Jeanneau. Für mich als Einhandsegler ist das eine Revolution. Segeln soll schließlich auch eine Erholung sein, das ist jedenfalls meine Meinung. Wenn sich Windrichtung und Windstärke verändern, muss dauerhaft gefiert, getrimmt und nachgestellt werden. Das ist doch toll, meldete sich Thomas wieder zu Wort. Papa, überleg’ mal: der Rechner stellt die Segel auf Wunsch automatisch ein, je nachdem, auf welchem Kurs das Boot segelt und woher der Wind weht.

Ja, Ihr Sohn hat Recht, sagte Egling und war froh, dass ihm der junge Mann die Erklärung des Systems abnahm, war er doch selbst noch kaum in der Lage Erklärungen abzugeben. Mit dem System kann man sogar auf Windböen regieren. Wenn das Boot über einen definierten Winkel hinaus krängt, wird automatisch die Großschot abgefiert, wusste der junge Piontek zu ergänzen.

Piontek legte seinen Arm auf die Schultern seines Sohnes: Ja, ja, und wenn das Boot dann wieder aufrechter segelt, nimmt das System die Schot automatisch wieder dicht. Thomas nickte, Genau, der Herr Graf muss nur noch den entsprechenden Knopf auf der Steuereinheit drücken. Ja, das alles ist ja nicht ganz neu, ich hab’ das schon auf einer Yachtausstellung 2012 gesehen. Bei Bavaria Yachtbau hat man ähnliche Funktionen entwickelt. Da war das automatische Wenden und Halsen auch schon vorhanden. Der Segler braucht nichts weiter zu tun als am Rad zu drehen. Der Computer registriert die Kursänderung, fiert eine Schot, während die Winsch auf der anderen Seite schon wieder dichtholt.

Dass all diese Möglichkeiten auch ihm zur Verfügung standen, begriff Graf Egling erst jetzt. Die Pionteks waren noch nicht von Bord, da stand für ihn fest, dass er noch einen weiteren Tag auf Antikythira bleiben würde. Der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage stabile Verhältnisse angekündigt, beste Voraussetzungen, um ein wenig zu üben. Trotz oder gerade wegen Assisted Sail Trim galt: Erst Übung macht den Meister .

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