Читать книгу Der Wiedergänger - Winfried Wolf - Страница 7
Malta
ОглавлениеAm Tief über der Südtürkei sollte sich nicht viel ändern. Ein korrespondierendes Höhentief sorgte für Schauer und Gewitter, doch würde es sich bis zur Wochenmitte abschwächen. Über Spanien befand sich ein Hitzetief, das bis Mittwoch weiter nach Norden zog. Nachfolgend schwenkte ein Höhentrog von Portugal nach Norditalien und sorgte für einzelne Schauer und Gewitter. Sonst überwogen schwache Luftdruckgegensätze.
Egling studierte die Vorhersagen für die nächsten Tage. Im Ionischen und Sizilischen Meer wehte der Wind aus N-NE, später aus NW-N, die Windgeschwindigkeit wurde mit 2-3 Beaufort angegeben und die Wellenhöhe sollte 0,5 m betragen. Das waren keine schlechten Bedingungen, um nach Syrakus und von dort nach Malta zu segeln.
Egling verabschiedete sich von den Pionteks und legte ab. Mit Maschine verließ er die Bucht von Antikythira, erst dann setzte er die Segel. Wie angekündigt wehte der Wind mit 8-10 Knoten aus N-NE. Egling nahm die Genua dazu und segelte entspannt Am-Wind-Kurs mit 7-9 Knoten gen Westen. Dann ließ der Wind nach, trotzdem lief das Boot bis zum Mittag immer noch seine knappe 5-6 Knoten.
Als der Wind ganz zum Erliegen kam, rollte Egling mit Knopfdruck die Genua ein und gönnte sich eine Ruhepause. Unter Maschine ging es dann weiter gen Westen. Er bestimmte seinen Standort und stellte fest, dass es nun Zeit für den obligatorischen Flaggenwechsel war. Er war er schon eine Weile auf der italienischen Seite des Ionischen Meeres. Bei Sonnenuntergang kamen ihn mehrere kleine Delphine besuchen. Gelassen und elegant glitten sie vor dem Bug durch die Wellen. Egling stellte den Autopiloten ein und genoss den sternklaren Himmel. Eine Sternschnuppe zog ihre Spur unter dem großen Wagen.
Bei Sonnenaufgang nahm Egling sein Frühstück im Cockpit ein. Da der Wind noch immer auf sich warten ließ, legte Egling die letzten 18 Seemeilen mit Hilfe des Motors zurück.
In der Bucht von Syrakus lagen nur wenige Segler und Egling atmete hörbar auf, denn ein schwieriges Anlegemanöver war nicht zu befürchten.
Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, spazierte er ein wenig durch die Altstadt, trank Aperol-Spritz und gönnte sich ein Eis. Der Himmel hatte sich zugezogen, es gab einen kurzen, gewittrigen Regenschauer, dann hellte sich der Himmel wieder auf. Egling beschloss, einen Tag zu bleiben, er brauchte etwas Zeit, um sich zu erholen. Außerdem wollte er seinen Aufenthalt auf Malta vorbereiten. Es waren verschiedene Geschäfte zu erledigen, die keinen Aufschub zuließen. Ihm fehlte schlicht und einfach das nötige Geld für die nächsten Tage und Wochen. Außerdem wollte Egling jetzt für einige Zeit auf das Segeln verzichten. Zwar konnte er es immer noch nicht fassen, dass es ihm gelungen war, ganz allein und ohne fremde Hilfe ein Boot über das Meer zu bringen, doch die Anstrengung, die dazu notwendig war, saß ihm tief in den Knochen. Er hatte sich jetzt eine größere Ruhepause verdient, außerdem war es an der Zeit, sich um sein Vermögen zu kümmern.
Graf Egling hatte sich im Royal-Malta-Club von Valletta bis Sonntag am Schwimmsteg einen Liegeplatz reservieren lassen. Am Freitagnachmittag hatte Egling seinen Liegeplatz erreicht und konnte eine Verlängerung bis in die kommende Woche hinein aushandeln. Das Wochenende konnte also für Sightseeing freigehalten werden, doch auf einen Bummel durch die Altstadt hatte Egling weder Lust noch Laune.
Schon in der Marina hatte er die Adresse eines Brokers ausfindig gemacht, der ihm bei einem eventuellen Verkauf des Bootes behilflich sein konnte. Denn Egling, das muss man an dieser Stelle einmal deutlich sagen, war sich nicht sicher, ob er sein weiteres Leben auf See zubringen wollte. Der Verkauf der Yacht würde eine hübsche Summe Geldes einbringen, das ihm gerade jetzt nicht zur Verfügung stand. Und einen Gebrauchtbootmakler brauchte er, denn für die Segelyacht des Grafen mussten Käufer international gesucht werden. Andererseits war Vorsicht am Platze. Wenn man sich nicht über den Tisch ziehen lassen wollte, wäre es ratsam, sich auch an einen Boots- und Yachtsachverständigen mit besonderer Kompetenz im Bereich der CE-Zertifizierung zu wenden.
Als Egling dem Makler am Telefon erklärte, worum es ging, war dieser gerne bereit, noch am Samstag mit ihm einen Termin zu vereinbaren. Und selbstverständlich würde er den Grafen auch in der Marina abholen lassen. Er brauche nur zu sagen, wann es ihm am besten passe.
Das Büro des Maklers Victor Van Huisken befand sich in der Merchants Street und strahlte Gediegenheit und internationales Flair aus. Für einen Moment dachte Egling an den Beginn seiner Karriere beim Militärischen Geheimdienst der DDR. Seien Sie auf alles vorbereitet, Genosse, hatten sie ihm gesagt. Der Klassenfeind tritt in den seltsamsten Verkleidungen auf.
Viktor Van Huisken trug einen dunkelblauen Blazer mit goldenen Knöpfen. Auf der Brust prangte der gestickte Aufnäher des Royal Yacht Club von Malta.
Egling stellte sich vor und hatte gleich den Eindruck, dass hier ein Adelstitel noch zählte. Wenn sich dies auch in barer Münze auszahlen sollte, konnte es ihm nur recht sein.
Van Huisken warf einen Blick in die Yachtpapiere. Ich sehe keine Schwierigkeiten, das Boot innerhalb der EU zu verkaufen, sagte er. Herr Graf, darf ich mir eine Frage erlauben? Egling warf dem Makler einen aufmunternden Blick zu: Nur zu, fragen Sie! Solange es keine technischen Details sind, will ich Ihnen gerne Rede und Antwort stehen. Van Huisken setzte ein serviles Lächeln auf und blätterte durch die Papiere. Sein Zeigefinger wies auf eine bestimmte Stelle. Die Samantha ist erst letztes Jahr gebaut worden und hat, wenn ich so sagen darf, alle Schikanen an Bord. Warum wollen Herr Graf das schöne Boot schon wieder los werden?
Diese Frage hatte Egling erwartet und ausnahmsweise konnte er hier auch eine ehrliche Antwort geben. Mit der Yacht habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt, sagte er mit Melancholie in der Stimme. Als Jugendlicher übte ich das Segeln auf einer Jolle. Damals träumte ich davon, einmal mit einem großen Boot die Weltmeere zu befahren. Es hat etwas gedauert, bis meine Träume in Erfüllung gehen konnten. Mein Vater hinterließ mir eine Brauerei, das vereitelte alle meine Pläne. Als ich die 60 überschritt, habe ich die Brauerei verkauft und mich von meinen Wäldern in Niederbayern getrennt. Ich habe mir eine tolle Yacht geleistet und mich auf ein Abenteuer eingelassen, dass ich nun bald wieder beenden will.
Vier Monate nach meinem Start in Piräus weiß ich, dass Segeln allein nicht glücklich macht. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte die Tage auf See, die Sonnenuntergänge in einsamen Buchten und die Gesellschaft der Segelfreunde nicht missen, aber ich kann in dieser Welt nicht aufgehen. Ich hatte vor, allein die Welt zu umsegeln; mein Ziele waren St. Lucia, Martinique, St. Vincent und Barbuda und über die Britisch Virgin Islands zurück ins Mittelmeer. Stellen Sie sich das mal vor, ich wollte mehr als 23.000 Seemeilen zurücklegen. Heute denke ich, dass mir das Mittelmeer reichen wird. Ich werde trotzdem noch die Karibik kennenlernen, aber das lässt sich auch mit dem Flugzeug machen. Ich bin keine Zwanzig mehr und das Segeln ist, ich sagte es ja schon, trotz modernster Technik, recht anstrengend. Ich habe es ausprobiert und ich denke, das war es mir wert. Jetzt hoffe ich, dass ich vielleicht mit Ihrer Hilfe einen potenten Käufer für meine Samantha finde. Sollte das nicht gelingen, werde ich versuchen, hier auf Malta einen Platz zum Überwintern zu finden. Ich muss ohnehin das Boot für einige Zeit hier lassen. Wichtige Geschäfte zwingen mich, nach Deutschland zu fliegen. Das liebe Geld, Herr Van Huisken, es will nicht ruhen. Sie verstehen, was ich meine.
Van Huisken nickte beflissen, wenn es ums Geld ging, verstand er eine ganze Menge. Und dass er diesem Grafen bald ein gutes Angebot unterbreiten musste, war ihm auch klar. Am Montag werde er die Yacht zusammen mit einem Experten in Augenschein nehmen, versprach Van Huisken. Dann sollte das Geschäft bald zu machen sein, denn er hatte, was er jetzt aber für sich behielt, bereits einen interessierten Kunden im Auge und wie es schien, hatte der Graf tatsächlich die Lust am Segeln verloren – das waren gute Voraussetzungen für einen vernünftigen Abschluss.
Der Makler brachte seinen Besucher persönlich noch bis vor die Tür. Ich habe meinen Fahrer angewiesen, Sie zurück zur Yacht oder wo immer Sie hinwollen zu bringen. Die beiden Männer verabschiedeten sich, wohl wissend, dass sie sich bald wieder treffen würden.
Egling oder sollten wir aus alter Gewohnheit wieder einmal Prager zu ihm sagen, war nun fest entschlossen, die Yacht zu verkaufen. Sie war sein Startkapital für eine neue Lebensphase. Ein schneller Verkauf war sicherlich nicht angeraten, aber Van Huisken genoss im Königlichen Yachtclub einen guten Ruf als Vermittler und einen besseren als ihn kannte Egling nicht. Eine Dreiviertelmillion war ihm sicher und der Gutachter würde keinen Schaden am Boot feststellen können. Gleich am Montag wollte Egling ein eigenes Yachtkonto einrichten, wenn möglich auf „seiner“ Bank, der Volksbank Malta Limited. Damit hatte er auch einen konkreten Anlass, dort vorzusprechen. Dass er bei dieser Gelegenheit gleich 250.000 € auf ein anderes Konto transferieren und sich zudem eine kleines Taschengeld von 50.000 € auszahlen lassen wollte, konnte er ganz nebenbei erledigen. Der Graf hatte dankenswerter Weise alle notwendigen Papiere griffbereit in seinen schwarzen Aktenkoffer gelegt.
Graf Egling, fügen wir erklärenderweise an, der echte Graf Egling, besaß eine Offshore-Firma auf den Cayman Islands. Der Graf hatte, wie sein Nachfolger schnell herausfand, als besorgter Geschäftsmann getarnt, einige einschlägige Firmen per E-Mail um ein Angebot gebeten. Die Offshore-Dienstleister hatten Panama, Bahrain, Vanuatu und Nauru im Angebot. Diese Staaten trotzten bislang der weltweiten Finanzkontrolle. Da auch die USA beim OECD-Datensharing nicht mitmachten, konnte man, wie Egling nach eingehender Recherche herausfand, auch in US-Bundesstatten wie Delaware, Nevada oder Wyoming eine Offshore-Firma eröffnen, ohne das der eigene Name in einem Register auftauchte.
So hatte Egling, wie sein Nachfolger nun nachlesen konnte, schon vor Jahren auf den Cayman Islands und erst vor kurzem in Wyoming ein Bankkonto auf den Namen der Firma „Egling Transfers“ eröffnet. Egling hatte auch eine Möglichkeit gefunden, wie er mit Hilfe eines Dienstleisters über die Digitalwährung Bitcoin Offshore-Geld anonym nach Deutschland transferieren konnte. Darüber hinaus hatte der kluge Niederbayer neue Rechtsgebiete, wie Ras Al Khaimah, eine unabhängige Provinz der Vereinigten Arabischen Emirate, für sich entdeckt. Das Büro in Dubai bot höchste Rechtssicherheit und keine Unternehmensregister mit persönlichen Informa-tionen. Das Beste aber daran war: Die OECD hatte RAK bislang nicht als „Steueroase“ gebrandmarkt.
Auf einem beigehefteten Notizzettel fand der falsche Egling folgende Adressen: Offshore Companies International Hongkong. In Klammer war handschriftlich angemerkt: Schnelle Antwort, detailliertes Angebot, wenige Fragen. Mit einem Stern hatte Egling auch die Firma TBA & Associates mit Firmensitzen in USA, Großbritannien und Neuseeland versehen. Das „ Premium Incorporation Package “ mit Firmenkonto und Strohmann kostete auf dem Inselstaat Vanuatu 3.900 Dollar im ersten Jahr. Die Firma versprach alle personenbezogenen Daten nach 60 Tagen zu löschen. Dafür wurden die Dokumente per Spezialdienst zugestellt.
Super Idee, dachte der falsche Egling. Das erinnert mich an meine Zeit beim Geheimdienst. Aber unklar war bei diesem Angebot, ob die Daten auch verschlüsselt wurden. Der richtige Egling hatte diesem Angebot auch nur zwei von drei möglichen Sternen zuerkannt.
Wenn ich noch bei der Truppe wäre, würde ich jetzt einen Fachmann der Abteilung Verschleierung hinzuziehen, dachte Egling. Der Gedanke amüsierte ihn. Mal sehen, was mir mein Banker hier auf Malta raten kann. Vielleicht sollte ich ihn zum Essen einladen, dafür reicht das Geld, das mir der Graf in seiner Seemannskiste hinterlassen hat, allemal.
Bankgeschäfte mussten seriös ablaufen, auch wenn die getätigte Transaktion jedem braven Steuerbeamten die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte.
Der Termin war für Montagnachmittag festgesetzt worden und Egling hatte, wie es seine Art war, zumindest interpretierte es der falsche Egling so, sein Anliegen bereits vorab genau formuliert und notwendige Informationen vorbereitet.
Zuerst würde er den baldigen Verkauf seiner Yacht ankündigen, dann ein Konto für das zu erwartende Geld einrichten und sodann für seine laufenden Kosten 50.000 € abheben.
Egling legte die passende Kleidung zurecht, probte an der Reling der Samantha einen festen Händedruck und nahm sich vor, seinem Gegenüber in die Augen zu schauen.
Die Empfangshalle war beeindruckend. Marmorböden, schwarze Ledermöbel, holzvertäfelte Wände. Die Empfangsdame begleitete ihn zum Büro eines Herrn Carlson, einem Mann, mit dem der echte Egling offenbar schon Gespräche geführt hatte, denn der falsche Egling hatte in einem Notizbuch des echten Eglings schon mehrfach den Namen Carlson gelesen.
Egling trug einen Einreiher in Marineblau, auf der Brusttasche das Wappen der Grafen von Egling. Er achtete darauf, dass kein Taschentuch aus der Tasche lugte, das wäre gegen den Dresscode gewesen, man musste ja auf alles achten. Unter der Jacke ein weißes Hemd, dazu dunkelblaue Krawatte und weiße Hose.
Carlson, ein blonder, hochaufgeschossener Mann mit vermutlich schwedischen Wurzeln begrüßte den Grafen wie einen alten Bekannten aus dem hiesigen Yachtclub. Herr Graf, schön, Sie wieder zu sehen. Sie schauen blendend aus, das Segeln scheint Ihnen sehr gut zu bekommen. Sind Sie mit Ihrer Yacht nach Valletta gekommen?
Na ganz offensichtlich, habe ich mit diesem Mann schon des Öfteren Kontakt gehabt, dachte Egling. Er wird mich hoffentlich nicht mit Geschichten aus der gräflichen Familie behelligen.
Egling entschied sich, einen privaten Ton anzuschlagen, vermied jedoch jede Anspielung auf persönliche Vertrautheit, da er nicht wusste, ob es zwischen Egling und Carlson je zum Austausch von Vertraulichkeiten gekommen war.
Ja, Herr Carlson, ich bin fast zu meiner eigenen Überraschung das Wagnis eingegangen, allein die Weltmeere zu befahren. Sie wissen ja, dass ich mir mit der Yacht einen Kindheitstraum erfüllt habe.
Mit diesem Satz unternahm der falsche Egling den Versuch, Carlson zum Mitwisser seiner Träume zu machen. Das könnte, so dachte Egling, eine wohltuende Wirkung auf den Verlauf der zu erwartenden Verhandlungen haben.
Der Traum, fuhr Egling fort, hat mir einige Seemeilen abverlangt und zudem die Erkenntnis eingebracht, dass Segeln allein nicht die Erfüllung meiner Träume ist.
Carlson sah seinen Besucher überrascht an. Worauf wollte der Graf hinaus? Hatte er schon die Lust an der fröhlichen Seefahrt verloren? Wollte er die Segelyacht verkaufen und gegen eine Motoryacht eintauschen? In diesem Fall könnte er behilflich sein, etliche Kunden der Bank hatten im Yachthafen von Valletta ihre Boote liegen. Darunter waren immer einige, die sich mit dem Gedanken trugen, ihr Boot entweder zu verkaufen oder gegen ein größeres einzutauschen.
Carlson sah sich nicht getäuscht, der Graf wollte seine schmucke Segelyacht so schnell wie möglich wieder loswerden. Er hatte sogar schon Kontakt mit einem renommierten Makler aufgenommen. Jetzt war nur zu klären, welchen Part die Bank dabei spielen sollte.
Egling ließ den Banker nicht lange im Unklaren. Wenn ich einen Käufer gefunden habe, möchte ich die zu erwartende Kaufsumme auf einem eigenen Konto anlegen, sagte Egling. Darüber möchte ich mit Ihnen reden und ganz nebenbei, brauche ich etwas Geld, um meine laufenden Unkosten zu begleichen, ich denke an 50.000 €. Vielleicht können Sie schon das Nötige dazu veranlassen. Aber wie gesagt, mein Hauptanliegen heute ist die Anlage von einer Dreiviertelmillion, soviel erwarte ich für den Verkauf meiner Yacht. Herr Van Huisken, ich nehme an, Sie kennen den Makler, hat sich bereits das Boot angesehen. Er ist der Meinung, dass es kein Problem sein dürfte, das Boot schnell an den richtigen Mann zu bringen.
Carlson nickte und drückte einen versteckten Knopf unter seinem Schreibtisch. Sofort erschien die hübsche junge Dame, die Egling in Empfang genommen hatte. Carlson flüsterte ihr etwas zu, ohne sich die Mühe zu geben, daraus für Egling ein Geheimnis zu machen. Die junge Dame sollte lediglich die Auszahlung der 50.000 € vorbereiten.
Laut fragte Carlson seinen Besucher, ob er ihm ein Gläschen Champagner anbieten dürfe. Egling lehnte ab, hatte aber nichts gegen einen Aperol Spritz einzuwenden.
Egling konnte seine Bankgeschäfte zu seiner vollsten Zufriedenheit erledigen. Die Auszahlung der geforderten Summe bereitete keinerlei Probleme. Als treuer und potenter Kunde der Bank genoss er alle Vorzüge eines Geschäftes auf Augenhöhe. Im Gespräch mit Carlson gab es nur einen Moment der Unsicherheit. Gleich nachdem sich beide mit Handschlag begrüßt hatten und Carlson das gute Aussehen seines Besuchers hervorhob, hatte Egling Zweifel, ob er seine Rolle auch gut spielen konnte. Die kurzen Haare und der durchgestylte Vollbart, dessen Konturen sauber ausrasiert waren, verliehen ihm ein edles Aussehen. Er sah eben aus, wie man sich einen Grafen vorstellen kann, der sich nun ganz seiner Leidenschaft, dem Segeln, hingab. Der echte Graf hatte nicht immer so ausgesehen, das war auf alten Bildern deutlich zu sehen gewesen. Welches Bild hatte Carlson in Erinnerung? Da gab es gewisse Unwägbarkeiten, aber Egling erinnerte sich an einen Satz seines verstorbenen Freundes Walter Kübler: Eine falsche Identität ist besonders glaubwürdig, wenn sie mit einer extremen Eigenschaft ausgestattet ist. In seinem Fall waren es jetzt das Kostüm und das gepflegte Äußere eines elegant auftretenden Yachtbesitzers und diese Maskerade flößte auf Malta auch Bankern einen gewissen Respekt ein.
Als Egling das Bankhaus der Volksbank Malta Limited verließ, barg sein Koffer eine Menge Geldscheine, genug, um für die nächsten Tage und Wochen elegant und formvollendet über die Runden zu kommen. Egling nahm sich vor, noch einige Tage auf Malta zu bleiben, dann musste er sich um Gerlinde kümmern.