Читать книгу Unser Fräulein Doktor Teil 2 - Wolf- Dieter Erlbeck - Страница 7
Mein erster Kampf
ОглавлениеDas Schlimmste vor meinem Kampf war das Warten. Ich saß fertig in der Kabine und durfte mich von Zeit zu Zeit immer wieder warm machen. Ich schwitzte nur vom Sitzen und Warten. Ich musste als Fünfter aus unserem Verein in den Ring und sah meinen Trainer immer nur kurz nach den verschiedenen Kämpfen. Es lief wohl nicht alles nach seinen Wünschen, denn seine Laune wurde im Laufe des Abends immer schlechter.
Endlich nahm er mich an die Hand, schaute mir tief in die Augen, als wollte er mich hypnotisieren:
„Alles behalten? Hände vor den Kopf, Ellenbogen schützen die Leber! Augen auf und viel laufen! Tänzeln, wie im Training! Dein Gegner hat einen guten Punch!“
Ich nickte, obwohl ich jetzt wohl schon nichts mehr verstand.
Jemand riss die Tür auf und rief:
„Hopp, auf geht’s!“
Ich zog den Bademantel an, oder besser gesagt irgendjemand zog ihn mir an, wurde aus der Tür geschoben und stolperte unter dem Jubel, Lärm und Pfeifkonzert in die Halle.
Die drei Stufen in den Ring schaffte ich, allerdings schon mit weichen Knien.
Eine Stimme vernahm ich laut und deutlich:
„Dieter hau ihn aus der Jacke!“
Hartmut, mein Freund gab mir Mut. Irgendwann, während der Vorbereitung hörte ich dann auch das lang gezogene:
„Diiiiiiieeeeeeeteeeeer!“
Es stammte aus Babsis Kehle, die irgendwo dort unten, sicher ganz nah am Ring saß.
Die Zeit bis zum ersten Gong, des auf drei Runden angesetzten Kampfes erlebte ich wie im Trance!
Endlich ertönte der Gong und mein erster Kampf begann.
Vorsichtig tasteten wir uns ab und vermieden mögliche Treffer, indem wir mehr oder wenig behände durch den Ring trippelten. Etwa in der Mitte der Runde übernahm mein Gegner deutlich die Initiative und trieb mich vor sich her. Ich versuchte ihn mit meiner linken Führhand auf Entfernung zu halten, was mir auch ganz gut gelang. Dabei vergaß ich aber selber etwas für die Punktzettel zu tun, so dass ich diese erste Runde abgeben musste, wie mir mein Trainer in der Ringpause sagte.
„Versuche ihn auch einmal zu treffen, aber pass auf seine Rechte auf, die ist gefährlich!“
Die zweite Runde begann mein Gegner, als wollte er schnell Schluss machen. Ich musste mich sofort wieder rückwärts bewegen, als ich erneut dieses langgezogene:
„Diiiiiiieeeeeeeteeeeeer“, vernahm.
Dummerweise tat ich das, was man im Ring nie tun soll, ich blickte in die Richtung aus der dieser Schrei kam, und vernachlässigte für den Bruchteil einer Sekunde meine Deckung.
Seine Rechte landete genau seitlich zwischen Ohr und Schläfe. Ohne Kopfschutz läge ich jetzt im Land der Träume. So aber blieb es hauptsächlich die Wucht seines Schlages, der mich zu Boden riss. Ich wartete, wie ich es gelernt hatte, auf die 9 beim Zählen des Ringrichters und stellte mich dann unter dem ohrenbetäubenden Lärm in der Halle wieder zum Kampf.
Diesmal machte mein Gegner einen entscheidenden, schwerwiegenden Fehler. Er dachte nämlich ich bin angeschlagen und stürmte wild die Hände schwingend auf mich zu.
Dabei sah ich für einen Moment seine ungedeckte Leber und stieß meine linke Faust da hinein, wo ich sie vermutete. Die Wirkung war unglaublich. Mit schmerzverzerrten Gesicht ließ er beide Hände fallen und ich knallte ihm abwechselnd die linke und die rechte Hand in seine Visage und als er fast ohne Deckung in einer Ringecke stand schob ich ein zweites Mal meine linke Faust in Richtung Leber, was augenblicklich dazu führte, dass er stöhnend zusammenbrach und vom Ringrichter ausgezählt wurde.
Die Halle stand nun Kopf und brüllte, johlte und klatschte. Ich hatte noch gar nicht richtig begriffen das der Kampf zu Ende war und bemerkte es erst, als mein Trainer mich umarmte und in die Höhe hob:
„Klasse deine Linke. Klitschko kann es nicht besser! Verneige dich, zeige dich deinem Publikum. Der Beifall gehört dir. Ich stellte mich, wie ich es von den Größten im Boxgeschäft kannte, auf die Ringseile und winkte meinem Publikum zu.
Ich weiß nicht wie sie es geschafft hatte in den Ring zu kommen, aber auf einmal stand Babsi vor mir! Süß sah sie wieder aus mit ihrem kurzen Röckchen und dem knappen Top, der ihren halben Rücken freiließ.
Ich nahm sie in die Arme und küsste sie, nachdem mir mein Trainer endlich den Kopfschutz abgenommen und die Handschuhe ausgezogen hatte, und stemmte sie, während einige Blitzlichter ratterten, in die Höhe, wie eine Siegestrophäe.
„Einmal hast du geschlafen“, flüsterte sie mir ins Ohr.
„Weil ich deinen Schrei gehört hatte und dich sehen wollte.“
Wir lachten Beide, bevor ich mich zur Urteilsverkündung in die Ringmitte stellen musste. Auch mein Gegner befand sich inzwischen wieder auf dem Weg der Besserung und stellte sich neben mich. Dabei sah ich auch, dass er trotz der Schutzmaske schwere Spuren im Gesicht erlitten hatte.
Ich tröstete ihn, nachdem der Ringrichter meinen Arm zum Zeichen des Sieges erhoben hatte! Ein wunderbares Gefühl, so den Ring verlassen zu können.
Auf dem Weg in die Kabine stand plötzlich Monika vor mir, schlang ihre Arme um meinen Hals, gab mir einen Kuss und sagte:
„Du warst großartig.“
Danach verschwand sie, ohne ein Antwort abzuwarten im Halbdunkel der Halle.
Als ich dann später die Halle verließ, stand wieder die große Limousine vor dem Eingangsportal, in deren Inneren mir Babsi schon fröhlich entgegenwinkte.
„Die warten schon Alle auf den Star des Abends.“
Dann küssten wir uns unter einem erneuten Blitzlichtgewitter, bevor wir Zentimeter um Zentimeter vorwärts tuckerten, bis wir endlich freie Fahrt hatten. Ich machte mir im Augenblick keine Gedanken wegen der vielen Blitzlichter, denn es war eine groß angekündigte Nachwuchsveranstaltung, auf der die hiesige Presse offensichtlich vollständig vertreten war und außerdem kannte die Familie Weinert jeder in der Stadt.
Als wir in die Einfahrt einbogen, lag die Villa hell erleuchtet vor uns. Noch nie zuvor hatte ich gewusst wo überall sich hier Lampen befanden. An Hand der unzähligen, großen und kleinen Autos erkannte man auch das vielzählig, aber gut gemischte Publikum zu diesem, meinem Empfang!
Als sich die Limousine der Haustür näherte, wurde diese aufgerissen und Babsis und meine Eltern erschienen im Türrahmen.
Noch bevor ich die oberste Stufe erreicht hatte, war mir meine Mutter schon mit Tränen, wie auch sonst, in den Augen entgegen geeilt.
„Es war herrlich mein Junge. Das werde ich nie vergessen.“
„Warum weinst du dann“, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen?
„Das ist nun mal so bei mir wenn ich mich freue.“
Nach und nach begrüßte mich auch meiner und Babsis Vater mit anerkennendem Klopfen auf die Schulter und kurzem Heranziehen an die Brust, während mich Babsis Mama lange in den Arm nahm und mich voll auf den Mund küsste. Dabei sah sie mir tief in die Augen und ich wusste auf einmal von wem Babsi ihre märchenhaften Augen geerbt hatte.
Dann betrat ich den riesigen Flur, der zur Empfangshalle umfunktioniert war.
Menschen über Menschen empfingen mich mit tosendem Applaus. Ich wurde richtig verlegen und bekam weichere Knie als zum Kampfbeginn. Zum Glück erschien Babsi an meiner Seite, nahm mich bei der Hand und sprach in die Menge:
„Darf ich Ihnen den Sieger des Abends, durch k.o. in der zweiten Runde vorstellen, Dieter Werner. Er hat nicht nur heute Abend einen harten Gegner besiegt, er beherrscht dies vollkommen treffsicher, denn vor geraumer Zeit hatte er bereits einen ähnlichen Sieg zu vermelden, durch k.o. nach einem Jahr. So lange dauerte es nämlich bis er den Mut besaß auch mich zu besiegen.“
Alle Anwesenden lachten wild durcheinander, denn sie hatten damit gerechnet, dass Babsis Papa etwas sagen wollte, was er dann auch lachend nachvollzog:
„Ja, die Kinder wachsen uns manchmal schneller über den Kopf als wir ahnen und manchmal wünschen. Ich habe vor drei Tagen auch noch nicht gewusst, dass meine Tochter in festen Händen ist, festen Händen im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hätte diese Hände auch nicht allzu gerne auf meiner Leber verspürt.“
An dieser Stelle wurde er von riesigem Beifall unterbrochen und setzte anschließend seine Ausführungen wie geplant fort:
„Danke für die Beifallskundgebung, ich nehme an sie galt unserem Dieter, der uns heute nicht nur begeistert, sondern auch fasziniert hat. Ich glaube da wächst ein riesiges Talent heran. Ich bin stolz, insbesondere auf Babsi, dass sie mit ihren weiblichen Reizen diesen Eisblock, wie sie mir vor Monaten einmal anvertraut hatte, aufgetaut hat.“
Wieder unterbrach ihn riesiges Gelächter:
„Der Eisblock stammt nicht von mir. Es sind in der Tat die Worte unserer Tochter. Wie gesagt, nach anfänglichen Schock, sie ist unsere einzige Tochter, sie schon so früh vergeben oder in festen Händen zu wissen, haben wir uns entschlossen, dieser Verbindung nicht nur wohlwollend gegenüber zu stehen, sondern sie auch mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, und bitte, damit meinen wir nicht nur Geld, zu fördern und zu unterstützen. Da sich Beide, wie wir alle wissen, noch auf dem Weg zum Abitur befinden, sind wir bereit ihnen den Rücken frei zu halten, damit sie sich zunächst auf diese Aufgabe mit voller Hingabe konzentrieren können.“
Erneuter Beifall ließ ihn kurz innehalten.
„Wir, Dieters Eltern und ganz bestimmt auch ihre Lieblingslehrerin Frau Lerche, und ihr Sportlehrer, Herr Walter, die ich übrigens allesamt ganz herzlich hier begrüßen möchte, wissen natürlich mit unserer Erfahrung zu genau, dass die Zwei eigentlich noch viel zu jung für so etwas wie Liebe sind, aber wir möchten ihnen helfen, diese junge bestimmt wunderschöne Liebe aufrecht zu halten. Und wenn es dann doch einmal in die Hose gehen sollte, mein Angebot, lieber Dieter, wenn du einmal Maschinenbau studieren solltest, Maschinentechnischer Leiter in unserem Betrieb, steht natürlich, egal was passieren sollte. Ich fürchte nur“, und hier musste er gegen den erneut aufbrausenden Jubel ankämpfen, „ich fürchte nur du hast Talent zum Profiboxer!“
Als der Beifall abgeebbt war ergänzte er noch:
„Etwas Wichtiges habe ich noch vergessen! Ich bin heute Abend so überwältigt worden von Dieters Kunst im Ring, und derart fasziniert von dem ganzen drum herum, dass ich mich entschlossen habe, nicht nur den hiesigen Boxverein zukünftig mit einer stattlichen Summe jährlich zu unterstützen, sondern auch Dieter ab heute zu sponsern. Dieter, wo bist du, ach da, in den Armen von Babsi natürlich. Du wirst dich zukünftig damit abfinden müssen, dass der Name deines Schwiegervaters, in spe, zukünftig in großen Lettern von deinem Trikot prangt.“
„Damit kann ich leben“, rief ich ihm unter dem Gelächter der Anwesenden zu.
Anschließend machten die vielen Fotografen alle möglichen Bilder von mir, von Babsi und mir, von Babsis Eltern mit mir und Babsi und von meinen Eltern mit Babsi und mir.
Irgendwann am Abend gelang es mir dann auch meine Lieblingslehrerin aufzuspüren, die mich auch in den Arm nahm, mich drückte und küsste und mich mit ihren feurigen, braunen Augen so liebevoll ansah, dass mir erneut weich in den Knien wurde. Auch unser Turnlehrer, Herr Walter nahm mich in die Arme und drückte mich an seine Sauerstoffaufgeladene Brust.
Einige Reporter verfolgten mich auf Schritt und Tritt und machten Bilder von nahezu jeder Belanglosigkeit und stellten immer wieder Fragen über Fragen. Natürlich nicht nur über den Kampf und meine Zukunft als Faustkämpfer, sondern auch über Babsi und mich. Sogar die Frage über unser Verhältnis im Bett wollten sie Auskunft, was ich aber immer sehr schnell abbrach und sagte:
„Über Boxen, die Schule und meine Hobbys können sie mich befragen. Für Auskünfte aus meinem Privatleben stehe ich Ihnen nicht zur Verfügung.“
Irgendwann gegen morgen ging auch dieser Abend zu Ende und wie selbstverständlich hatten weder Babsis noch meine Eltern etwas dagegen, dass ich bei ihr blieb, was Babsi mit einem lautem Jubelschrei quittierte.“
Meine Mutter fragte noch, wo ich denn schlafen könne, was mit einem schallenden Gelächter der Übriggebliebenen quittiert wurde, und um sich nicht zu blamieren, lachte Mama einfach mit! Ich bin mir aber ganz sicher Papa musste einige Fragen auf der Rückfahrt beantworten.
Das Babsi ihre Räumlichkeiten abschloss, empfand ich als überzogen, denn es schien klar zu sein, was ihre Eltern über unsere Tätigkeiten hinter dieser Tür vermuteten.