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Magmatismus und Wärme im Oberrheingraben
ОглавлениеDie stark Kieselsäure-untersättigten Magmen der Vulkane, die mit der Grabenbildung am Oberrhein in Zusammenhang stehen, stammen aus einer Tiefe von 80 – 100 km, dies entspricht etwa der Unterseite der Lithosphäre. Die Magmen wurden aber in seichterer Tiefe durch Differentiation verändert. Dadurch entstand eine hohe Variabilität der Vulkanite, die das Grabensystem begleiten. Insgesamt nehmen Vulkanite im Oberrheingraben eine untergeordnete Bedeutung ein, wenn man ihr Volumen mit jenen des Ostafrikanischen Grabenbruchsystems vergleicht (siehe unten). Die berühmtesten Vulkane sind der Kaiserstuhl und der Vogelsberg (Abb. 3.10).
Der Kaiserstuhl ist ein komplexer Vulkanbau aus Laven und Tuffen, der im Unter- und Mittelmiozän am Ostrand des südlichen Oberrheingrabens entstand, wo die Kruste am dünnsten ist und große Störungen vorhanden sind (Abb. 3.7). Die Vulkanite sind stark alkalisch und an Kieselsäure untersättigt. Dies wird vor allem in den Karbonatiten deutlich, die vorwiegend aus Karbonatmineralen bestehen. Karbonatite sind sehr seltene Gesteine und fast ausschließlich an Grabenstrukturen ge bunden. Sie entstammen vermutlich einem kohlensäurehaltigen Magma aus dem Erdmantel. Das Vorkommen im Kaiserstuhl ist das einzige in Europa. Während der Eiszeit wurden die Gesteine des Kaiserstuhls mit dicken Lössschichten, kalkigen äolischen (windgetriebenen) Ablagerungen, überdeckt.
Der Vogelsberg liegt in der nördlichen Fortsetzung des Oberrheingrabens, der Hessischen Senke, die als zeitweiser Teil dieses Grabens entstand (Abb. 3.10). Mit einer Fläche von rund 2500 km2 ähnelt das Vulkangebiet einem großen Schildvulkan, doch haben neuere Bohrungen gezeigt, dass es sich um viele übereinandergeschichtete basaltische und trachytische Decken aus unterschiedlichen Förderschloten handelt. Der Vulkan wurde im Unter- und Mittelmiozän vor 15 – 20 Millionen Jahren gebildet.
Durch die Hochlage des Mantels und den Magmatismus sind Grabenbruchsysteme auch Zonen hohen Wärmeflusses, d. h., in ihnen ist ein erhöhter geothermischer Gradient zu finden, der auf die erhöhte konduktive Wärmeübertragung aus dem Mantel zurückgeht. Unter dem Oberrheingraben ist die Temperatur an der Obergrenze des Erdmantels um mindestens 200 °C höher als unter der Grabenschulter im Schwarzwald. Während der Wärmefluss an der Erdoberfläche in Deutschland nördlich des Mains bei 50 – 80 Milliwatt pro Quadratmeter (mW/m2) liegt, beträgt er im Oberrheingraben zwischen 80 und 120 mW/m2 [Blundell et al. 1992]. Lokal schnellt er sogar auf über 150 mW/m2 hoch. An diesen besonders heißen Stellen übersteigt die Temperatur in 1 km Tiefe bereits 80 °C [Werner & Doebl 1974], während bei einem normalen geothermischen Gradienten in dieser Tiefe gerade erst 30 °C herrschen.
Solche hohen thermischen Anomalien können nicht allein durch Wärmeleitung im Gestein erklärt werden, dazu sind Gesteine zu schlechte Wärmeleiter. Vielmehr sind hierfür heiße zirkulierende Wässer verantwortlich, die sich die Störungssysteme als Migrationswege zunutze machen. Durch sie sickert kaltes Oberflächenwasser in die Tiefe, wird dort aufgeheizt und steigt konvektiv (Konvektion = durch Wärme getriebene Umwälzung) wieder auf. Solche Wasserkreisläufe finden in Thermalquellen ihren Ausdruck, wie sie im Oberrheingraben vielfach, so z. B. im Kurort Baden-Baden, austreten. Die hohen thermischen Anomalien und die Thermalquellen sind vor allem an den Grabenrändern konzentriert, wo besonders zahlreiche und tief greifende Störungen das Zirkulieren von Wässern ermöglichen.