Читать книгу 360° um die Welt - Wolfgang Machreich - Страница 47
ОглавлениеRepublik Tadschikistan
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
In den Hochgebirgsregionen gibt es noch letzte Bestände des legendären Marco-Polo-Schafs. Gefährlicher als der Wolf werden den Argalis mit den riesigen Hörner aber Trophäenjäger und der Devisenhunger der Tadschiken.
Fläche: | 143.100 Quadratkilometer, ein wenig größer als Griechenland |
Einwohner: | 8.686.000, drei Viertel von Griechenland |
Bart ab, Kilos runter, Bücher weg
Tadschikistan ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Das Land wäre freilich noch um einiges lebenswerter, würde es nicht: a) zu den repressivsten Staaten der Welt zählen, b) im Demokratieindex auf Platz 161 unter 167 Ländern rangieren, c) zu den korruptesten Staaten der Welt gehören und d) gemäß Transformationsindex 2018 der Bertelsmann-Stiftung in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Leistungsfähigkeit des Staatsapparats neben Burundi zu den größten Verlierern zählen, da sich die autokratischen Tendenzen in den letzten Jahren verstärkten.
Doch es gibt auch Positives zu berichten: Nach langen Jahren des Misstrauens kommt die Aussöhnung zwischen Tadschikistan und Usbekistan in Gang. Man könnte angesichts der beiden autoritär regierenden Präsidenten auch sagen: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wenn die Todesrate an der bis dato verminten Grenze zurückgeht, bringt diese strategische Partnerschaft aber auch den tadschikischen Viehhirten und Bauern ein wenig mehr an Sicherheit.
Marco-Polo-Schaf, das Opfer eines Trophäenjägers wurde.
Nicht entmint, sondern „entbartet“ hat man die Südgrenze zu Afghanistan. 2016 wurden die Bärte von 12.818 Männern aus dem Bezirk Chatlon „in Ordnung gebracht“, meldete der örtliche Polizeichef. Für diese „Haarpflege“ nahmen Polizisten die Männer auf Märkten und öffentlichen Plätzen fest und schickten sie zur Zwangsrasur. Tausende Frauen mussten ihre Kopftücher ablegen und Geschäfte, die keine „traditionelle tadschikische Kleidung“ verkauften, wurden geschlossen. Die Maßnahmen zielen darauf, die Ausbreitung des Islamismus zu verhindern. „Einen Hidschab zu tragen und eine Kultur blind zu kopieren, die uns fremd ist, ist kein Zeichen von hohen moralischen und ethnischen Standards einer Frau“, zitierte der Sender „Al Jazeera“ Präsident Emomali Rahmon. Ausländische Namen für Neugeborene hat er ebenfalls verboten.
Männlichen Bankangestellten riet der „Führer der Nation“ ihren Unterhalt lieber auf dem Bau zu verdienen. Die Bankarbeit würde besser zu Frauen passen und diese seien auch weniger anfällig für Korruption. Der Präsident verdächtigt nämlich männliche Bankmitarbeiter in krumme Geschäfte verwickelt zu sein, da sie sich trotz ihres geringen Gehalts von monatlich rund siebzig Euro jeden Tag die Mittagspause in teuren Restaurants leisten könnten.
Bei zu deftige Mahlzeiten müssen zu dicke Polizisten mit Entlassung rechnen. Die Polizisten hätten ihre angeordneten Sportübungen nicht gemacht und nicht abgenommen, zitierte die Agentur „Interfax“ das Innenministerium. Neben dem Polizeisport sind die Gesetzeshüter verpflichtet, mindestens einmal im Monat ins Theater zu gehen, um „ihr geistiges und moralisches Niveau zu steigern“. 2015 hatte der Präsident den Bau des größten Theaters in der Region angeordnet. Einige Jahre vorher eröffnete Tadschikistan bereits die größte Bibliothek Zentralasiens. Die staatlichen Regale gingen jedoch auf Kosten der Familienbibliotheken: Die Regierung forderte die Bürgerinnen und Bürger auf, ihre Bücher abzugeben.
Traditionelle tadschikische Kleidung