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1. Zur Biographie

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Für die äußeren Lebensdaten findet sich eine genaue Angabe bei Diogenes Laertios. Sie lautet:

„Sokrates, der Sohn des Bildhauers Sophroniskos und der Hebamme Phainarete (…) war Athener und stammte aus dem Demos Alopeke. (…) Geboren wurde er, wie Apollodoros in den ‚Chronika‘ sagt, unter dem Archontat des Asephion im vierten Jahr der 77. Olympiade am sechsten des Monats Thargelion, dem Geburtstage der Artemis, wie die Delier behaupten, an dem die Athener die Stadt durch Sühnung reinigen. Er starb im ersten Jahre der 95. Olympiade im Alter von siebzig Jahren“ (Diogenes Laertios 1967 II, 82 u. 95f.).

Nach unserer Zeitrechnung ergibt sich daraus 470/69 bis 399. Sokrates scheint das Handwerk seines Vaters übernommen und eine Zeit lang ausgeübt zu haben. Diogenes Laertios erwähnt unter Berufung auf Duris, dass „die mit Gewändern bekleideten Charitinnen auf der Akropolis“ von Sokrates angefertigt worden seien. Dass Sokrates’ Mutter Hebamme war, wird von Platon im Dialog Theaitetos ausführlich kommentiert. Hier wird auch das Modell einer philosophischen Mäeutik (Hebammenkunst) entworfen, das Sokrates für seine Lehrgespräche in Anspruch nimmt. Wie weit diese Metapher jedoch auf Sokrates selbst zurückzuführen ist, ist schwer zu sagen.

Hinsichtlich der weiteren Ausbildung von Sokrates sind folgende Hinweise zu berücksichtigen. In mehreren Quellen – Aristophanes, Platon, Diogenes Laertios – wird er in einen Zusammenhang gebracht mit dem Naturphilosophen Anaxagoras, von Diogenes Laertios darüber hinaus mit dessen Schüler Archelaos, der die Nous-Lehre von Anaxagoras weiterentwickelte. Dass Sokrates mit Anaxagoras in Kontakt kam und dessen Lehre kennenlernte, ist angesichts der Stellung dieses ersten Naturphilosophen in Athen im 5. Jahrhundert nicht nur wahrscheinlich, sondern nahezu unvermeidlich.

Als ebenfalls gut bezeugt darf die Aussage gelten, dass Sokrates den aus Keos stammenden Sophisten Prodikos und dessen Synonymik kennenlernte. Ob sein Verhältnis zu dem wohl nur wenig Älteren als das eines Schülers bezeichnet werden kann, ist fraglich. Platon spielt die Bedeutung dieser Beziehung für Sokrates dadurch herunter, dass er Prodikos selbst der Lächerlichkeit preisgibt. Gleichwohl können seine Übungen zur Wortunterscheidung als Vorstufe einer Begriffsdihairese, das heißt der kunstvoll durchgeführten Begriffszergliederung, angesehen werden. Heinrich Gomperz behauptet gar, Prodikos habe durch sein Interesse an der Synonymik „auf den begabtesten seiner Zeitgenossen gewirkt, und zu einer weitreichenden philosophischen Bewegung den Anstoß gegeben. Denn aus der Bedeutungslehre des Prodikos ist die Begriffsphilosophie des Sokrates erwachsen“ (Gomperz 1965, 126). Als ebenso bedeutsam darf das Plädoyer für ein tugendhaftes Leben angesehen werden, das Prodikos in der Fabel Herakles am Scheideweg überliefert hat.

Schließlich ist als dritter möglicher Lehrer von Sokrates auf den Musiktheoretiker Damon hinzuweisen, der der pythagoreischen Schule nahestand. Damon, der älteste athenische Sophist, verfolgte als Ziel seines Bildungsprogramms die ‚Eukosmia‘, die ‚innere Wohlgeordnetheit‘. Im Dialog Euthydemos berichtet Sokrates, dass er bei Konnos Lyra-Spielen lerne. Noch in Platons Politeia wird der richtigen Musikausübung eine wichtige pädagogische und psychotherapeutische Aufgabe zugedacht.

Zu den biographischen Daten zählt der Hinweis, dass Sokrates selbst als Lehrer aufgetreten ist. Übereinstimmend wird mitgeteilt, dass er für seine Tätigkeit kein Geld nahm. Da er in den 423 aufgeführten Wolken bereits als stadtbekannter Sophist dargestellt wird, darf man den Beginn seines Wirkens um einige Jahre zurückverlegen.

Fragt man nach dem Freundes- und Schülerkreis, so ist man auf die Quellen Platon und Xenophon und mit Maßen auf Aristophanes verwiesen. Aristophanes nennt neben Sokrates als weitere Sophisten Prodikos und Chairephon und bezeichnet diesen als Schüler von Sokrates.

Alle Namen, die Xenophon als Schüler nennt, tauchen bis auf Chairekrates, den Bruder Chairephons, auch bei Platon auf. Es sind: Alkibiades, Kritias, Chairephon, Chairekrates, Hermogenes, Simmias, Kebes. Erwähnt wird, dass es weitere, nicht genannte, gab. Bemerkenswert ist jedoch, dass Xenophon hinsichtlich der Einschätzung von Kritias und Alkibiades eine deutliche Wertung vornimmt. Kritias ist bei ihm der abtrünnige, von Sokrates heftig kritisierte Schüler, der seine spätere politische Machtstellung nutzte, um Sokrates unter Druck zu setzen. Alkibiades wird als einer der maßlosesten der demokratischen Politiker bezeichnet.

Platon dagegen verzichtet auf jede negative und überhaupt auf jede politische Stellungnahme. Für ihn ist Kritias Teilnehmer des Gesprächs im Dialog Charmides und Alkibiades Schüler, Freund und Liebhaber von Sokrates im Symposion. Aufschlussreich für die Bestimmung des Freundes- und Schülerkreises mag die Liste der Namen sein, die Platon als Teilnehmer des Gesprächs am Tag der Hinrichtung im Dialog Phaidon aufführt. Es sind: Apollodoros, Phaidon, Kritobulos und sein Vater, Kriton, Hermogenes, Epigenes, Aischines, Antisthenes, Ktesippos, Menexenos, Simmias aus Theben, Kebes, Phaidondes, Eukleides und Terpsion aus Megara. Als nicht anwesende Freunde werden erwähnt: Platon, Aristippos und Kleombrotos. Auch diese Aufzählung wird als unvollständig charakterisiert. Einige der hier genannten haben eigene Schulen gegründet: Antisthenes die Schule der Kyniker, Aristippos die der Kyrenaiker, Eukleides die der Megariker, Phaidon die Elische Schule und Platon die Akademie.

Sokrates war verheiratet mit Xanthippe und hatte mir ihr drei Söhne: Lamprokles, Sophroniskos und Menexenos. Die Existenz einer zweiten Frau, gelegentlich auch als Nebenfrau bezeichnet, mit Namen Myrto ist historisch nicht hinreichend gesichert (Diogenes Laertios 1967 II, 86). Platon erwähnt, dass das jüngste Kind zum Zeitpunkt der Hinrichtung noch ein Kleinkind war (Phaidon 60 a). Der Legende gehört auch die Erzählung über den zänkischen Charakter der Xanthippe an. Bei Platon und Xenophon finden sich keinerlei Hinweise darauf.

Sokrates hat als Hoplit, das heißt als Schwerbewaffneter, an drei Feldzügen im Verlauf des Peloponnesischen Kriegs teilgenommen: Potidaia (432), Delion (424) und Amphipolis (422). Wie Platon mitteilt, hat er sich durch besondere Tapferkeit und Rettung von Freunden, genannt werden Alkibiades und Xenophon, in schwieriger Lage ausgezeichnet (Platon: Laches 181 a/b; Symposion 220 d).

Platon und Xenophon berichten, dass sich Sokrates nicht um politische Ämter bemühte, wenngleich er Schüler von ihm, die ihm geeignet erschienen, dazu anhielt, sich politisch zu engagieren. Bezeugt ist auch die Tatsache, dass er das in der athenischen Demokratie gängige Prinzip, Ämter per Los zu vergeben, kritisierte. Sein Argument war, dass man z.B. bei der Wahl eines Strategen oder eines Arztes stets den fachkundigsten suche und dass entsprechend bei der Wahl von Politikern zu verfahren sei (vgl. Xenophon 1987, 19).

Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang zwei politische Ereignisse im Leben von Sokrates, die ein bezeichnendes Licht auf seine Person werfen. Im Jahre 406 – also noch zur Zeit der Demokratie – sollten nach der siegreichen Seeschlacht bei den Arginusen die Strategen zum Tode verurteilt werden, denen es wegen der stürmischen See nicht gelungen war, ihre toten Kameraden zu bergen. Sokrates, der nach Platon zu dieser Zeit einer der 50 Prytanen war, nach Xenophon gar den Vorsitz führte, stellte sich als einziger gegen dieses gesetzwidrige Verfahren, ohne sich jedoch durchsetzen zu können (Platon: Apologie 32 b).

In die Zeit der Dreißig (404/403) fällt das zweite Ereignis. Bei ihrem Versuch, ihnen missliebige, nicht selten wohlhabende Leute aus dem Weg zu räumen, kam es zu einer Reihe von Verfolgungen und Hinrichtungen. Unter anderem befahlen sie Sokrates und vier anderen Männern, einen gewissen Leon von Salamis festzunehmen. Doch Sokrates, der diese Festnahme für rechtswidrig hielt, missachtete den Befehl und ging einfach nach Hause (ebd. 32 c). In die Zeit der Herrschaft der Dreißig fällt außerdem eine Zensurmaßnahme, die Kritias gegen Sokrates ergriff. Xenophon berichtet, dass Kritias Sokrates die Unterredung mit Jugendlichen verbot (Xenophon 1987, 31). Einer Verfolgung durch die Dreißig ist Sokrates möglicherweise nur aufgrund der Tatsache entgangen, dass ihre Herrschaft bald darauf gestürzt wurde (Platon: Apologie 32 d). Prozess und Tod fallen in die Zeit der wiederhergestellten Demokratie.

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