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Der Karlsgraben

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Ein paar unscheinbare Wälle und ein Wassergraben zeugen noch heute von großartigen Ingenieursleistungen im Westeuropa des 8 Jahrhunderts.

Als Karl der Große im Jahr 793 die Herstellung einer Verbindung zwischen den Flusssystemen Rhein-Main und Donau, den Fossa Carolina in Auftrag gab, schien dies auf den ersten Blick nur militärischen Sinn zu machen. Denn die einheimische Handelsschifffahrt existierte nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches und seiner Städte an Rhein Main und Donau kaum mehr. Auch wenn sich die militärische Begründung für das aufwändige Projekt unter Historikern noch bis ins Ende der 1980er Jahre hielt, so wurde sie inzwischen aufgrund neuer Erkenntnisse doch weitgehend aufgegeben. Ebenso übrigens wie die Meinung, das Projekt sei aufgrund der geologischen Bedingungen gescheitert und nicht zu Ende geführt worden.

Während sich die Archäologen bei der Beurteilung des Karlsgrabens zunächst auf die Untersuchung der mehr oder weniger sichtbaren Überreste des Bauwerks und auf zeitgenössische Dokumente konzentriert hatten, fanden erst seit etwa 1992 genauere, auch topografische Untersuchungen am Bodendenk-mal und in seiner Umgebung statt. Dabei kamen überraschende Ergebnisse zu Tage.

Zunächst einmal war der Kanal mit rund 3000 Metern doppelt so lang gewesen, wie ursprünglich angenommen. Und die karolingischen Baumeister hatten tat-sächlich die Stelle mit der absolut günstigsten Geländesituation ausgewählt, um die Wasserscheide zwischen der Altmühl und der Rezat - und damit den großen Flusssystemen Rhein Main und Donau - zu überwinden. Zudem war die Rezat offensichtlich umgeleitet worden, um die Fahrrinne des Karlsgrabens mit Wasser zu versorgen.

Künstliche Verbindungen zwischen Flüssen waren damals keine durchgehenden Kanäle mit Schleu-sen. Vielmehr überwand man die Höhenunterschiede durch eine Kette von kleinen treppenartig angeordneten Stauseen zwischen denen die Schiffe auf flach geneigten Schlepprampen hochgezogen wurden. Um diese Seen mit ausreichend Wasser zu versorgen, hatten die Baumeister Karls des Großen die Rezat etwas oberhalb des künstlichen Scheitelpunktes der Fahrrinne aufgestaut. Ein 400 bis 500 Meter langer Damm mit einer geschätzten Basisbreite von 60 bis 70 Metern war in der Lage, mindestens 50.000 Kubikmeter Wasser zurückzuhalten. Damit konnte jederzeit Niedrigwasser sowohl der Altmühl im Südwesten als auch der Rezat im Norden ausgeglichen werden.

Kein Zweifel, dass das Projekt Karlsgraben zumindest technisch nicht gescheitert war. Es darf sogar angenommen werden, dass die Anlage nicht nur für Boote, sondern durchaus auch für mittelalterliche Lastkähne passierbar war und der Handel dadurch gefördert werden konnte.

Trotzdem wurde das Werk bald nach seinem Bau wieder aufgegeben, möglicherweise wegen des hohen Aufwandes, den die Passage erforderte. Sowohl über die Gründe des Baus als auch über die der Aufgabe der Anlage wird bis heute spekuliert. Vielleicht war der Kanal ja so etwas wie eine Investition in die Zukunft.

Die mit dem Weströmischen Reich zusammengebrochene wirtschaftliche Entwicklung und auch der Handel in Westeuropa begannen sich seit dem 8. Jahrhundert wieder zu erholen. Neue städtische Strukturen bildeten sich aus den ehemaligen römischen Siedlungen insbesondere an Rhein und Donau heraus und damit erlebte auch die Flussschiffahrt - über die Fischerei und den bäuerlichen Handel hinaus - einen deutlichen Aufschwung. Vor diesem Hintergrund machte die Verbindung der großen Wasserstraßensysteme durchaus Sinn. Vielleicht aber war es dafür auch noch zu früh.

Bis in die Neuzeit waren die europäischen Binnen-wasserstraßen von größter Bedeutung für den Warenverkehr aber auch in militärischer Hinsicht. Und die Wasserscheide, die Karl der Große mit seinem Graben zu überwinden versuchte, stellte immerhin die Verbindung zwischen den Flussystemen, die mit Main und Rhein Nordwesteuropa und mit der Donau Südosteuropa erschlossen. Kein Wunder, dass der Fossa Carolina nicht der letzte Versuch war, die Wasserstraßen dort miteinander zu verbinden, wo sich die Syteme am dichtesten annäherten. So ließ König Ludwig I. von Bayern 1836 bis 1846 den Ludwig-Donau-Main Kanal anlegen und ab 1921 wurde der 1992 fertiggestellte Main-Donau-Kanal geplant, der wie bereits der Fossa Carolina die Nordsee und das Schwarze Meer miteinander verbindet.

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