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Die Raub- und Eroberungszüge der Wikinger

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Ab Ende des 8. Jahrhunderts verbreiteten Wikinger für rund 200 Jahre Angst und Schrecken in Nordwesteuropa und begründeten damit einen Ruf, der ihnen nicht gerecht wird.

Es war im Jahr 793: Vermutlich norwegische Wikinger überfielen, plünderten und brandschatzten das Kloster von Lindisfarne an der nordenglischen Küste. Im Jahr darauf fiel ein weiteres nordenglisches Kloster den Horden aus dem Norden zum Opfer. Schon 792 hatte der Herrscher des mittel- und südenglischen Königreiches Mercien die Verteidigung der Südküste gegen heidnische Krieger angeordnet.

Während die Wikinger in Osteuropa dabei waren, sich einen Namen als wagemutige Fernhändler und Gründer reicher Handels- und Handwerkszentren zu machen, legten sie sich in Nordwesteuropa den Ruf unbarmherziger Raub- und Mordhorden zu. Die Nordmänner, die sich ihr Einkommen anfänglich durch einträgliche blitzartige Überfälle an allen Küsten aufbesserten, waren vermutlich Gemeinschaften skandinavischer Bauern oder Grundbesitzer, die auch vor Plünderungen an den Küsten ihrer Heimat nicht Halt machten, wie Inschriften auf Runensteinen belegen. Es war ein Saisongeschäft. Im Sommer plünderte man mit schnellen Vorstößen entlang der Flüsse die Küsten, um zum Winter mit reicher Beute nach Hause zurückzukehren.

Waren es zunächst kleinere Gruppen von 80 bis 300 Kriegern, die vor allem die britischen Küsten in Angst und Schrecken versetzten, so entwickelten sich bald gut organisierte Eroberungszüge. Es ging nicht mehr nur um Beute, sondern um Land. In Irland beispielsweise begannen 795 die ersten Überfälle an der Küste. Kaum 30 Jahre Später erfolgten die Vorstöße in das Landesinnere und bereits 839 überwinterte das erste Heer auf irischen Boden. Nur zwei Jahre später gründeten die Wikinger Dublin und wurden somit zu Städtegründern und etablierten Kaufleuten.

Ohnehin lassen sich gerade im 9. und 10. Jahrhundert Räuber und Kaufleute nicht immer so ganz einfach voneinander unterscheiden. Handel und Raub gehörten in jener Zeit eng zusammen. Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts erfolgte jedenfalls Angriff über Angriff auf die englische Küste. Die skandinavischen Armeen hatten inzwischen Größenordnungen von bis zu 1000 Mann angenommen. Für die jeweils eilig aufgestellten angelsächsischen Bauernhaufen war diese gut gerüstete Übermacht nicht zu schlagen. Zwar versuchten die angelsächsischen Königreiche sich von der Bedrohung freizukaufen, dennoch fiel 866 Northumbrien in die Hände der Wikinger aus Dänemark.

Die Auseinandersetzung spielte sich im Folgenden zu Lande ab, denn es war den Dänen gelungen, sich im Norden und Osten Englands festzusetzen. Zwar gelang es 954 dem Königreich von Mercien, die dänischen Gebiete zurückzuerobern und die Invasion des normannischen Herzogs Wilhelm des Eroberers im Jahre 1066 gehörte bereits einer anderen Epoche an.

Ähnlich wie in England fielen die Wikinger auch über das europäische Festland, speziell das Frankenreich her. Selbst die mächtigen fränkischen Herrscher fanden kein geeignetes Mittel gegen die schnellen Drachenschiffflotten der Nordmänner. Und so segelten und ruderten diese beinahe unbehelligt auf der Seine und auf der Loire umher, suchten die friesischen Gebiete heim und plünderten die Atlantikküste.

Der fränkische Mönch Ermentarius von Normoutier beklagte 860, dass die Wikinger Bordeux, Périgueux, Limoges, Angoulême und Toulouse eroberten und Angers, Tours und Orleans ausgelöscht haben.

Paris und andere wichtige Städte wurden eingenommen und starke Festungen dem Erdboden gleich-gemacht. Die Aufzählung des Mönches über eroberte, geplünderte oder zerstörte Städte wollte kein Ende nehmen.

Die Fränkischen Herrscher waren weitgehend macht-los und begannen Wikinger gegen Wikinger einzusetzen. So erhielt Harald vom Karolinger Ludwig dem Frommen 826 eine Landschenkung in Friesland, Haralds Bruder Roric wurde 850 das friesische Dorestadt überlassen.

Karl III übertrug dem Wikinger Rollo ein Gebiet im Osten der heutigen Normandie. Als Rollo 924 die Macht an seinen Sohn weitergab, hatte er bereits den größten Teil der Normandie unterworfen. Bis 933 hatten sich die Normannen schließlich unter Führung Wilhelms die ganze Normandie einverleibt.

Mit der Entstehung der Normannischen und skandinavischen Reiche hatten die wilden Zeiten marodierender Wikingerhorden weitestgehend ihr Ende gefunden. Die nun stattfindenden Kriege waren sicherlich nicht weniger grausem, hatten aber einen anderen Charakter. Nun ging es um Politik, Machtansprüche und territoriale Herrschaft, die mithilfe gut organisierter und ausgerüsteter Heere ausgetragen wurden.

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