Читать книгу Besteuerung von Unternehmen II - Wolfram Scheffler - Страница 62

1. Zielsetzung und Verhältnis zum Vorsichtsprinzip

Оглавление

98

(1) Grundgedanke und Einteilung der Grundsätze der Periodisierung: Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der damit verbundenen Zahlungen zu berücksichtigen (§ 252 Abs. 1 Nr 5 HGB). Im externen Rechnungswesen wird auf periodisierte Zahlungen abgestellt. Der Gewinn ergibt sich nicht durch eine Gegenüberstellung von Ein- und Auszahlungen. Es wird keine Cashflow-Rechnung vorgenommen, sondern ein Betriebsvermögensvergleich. Für die Abgrenzung zwischen den einzelnen Wirtschaftsjahren werden deshalb Leitlinien benötigt, um Zahlungen entweder (erfolgswirksam) der Gewinn- und Verlustrechnung oder (zunächst erfolgsneutral) der Bilanz zuzuordnen:

Die Interpretation der Handels- oder Steuerbilanz als Vermögensbilanz löst die Abgrenzungsfrage primär aus Sicht der Bilanz. Bei diesem als statische Bilanztheorie bezeichneten Ansatz besteht die wesentliche Aufgabe des externen Rechnungswesens in der jährlichen Ermittlung des am Abschlussstichtag vorhandenen Reinvermögens. Die Höhe des Gewinns ergibt sich als Nebenprodukt aus der Veränderung des Reinvermögens zwischen zwei Bilanzstichtagen. Da bei diesem Konzept der Objektivierungsgedanke sehr stark betont wird, dürfen auf der Aktivseite nur körperliche Gegenstände (Sachen), Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie finanzielle Vermögenswerte (zB Kassenbestände, rechtlich bestehende Forderungen) und auf der Passivseite nur das Eigenkapital sowie rechtlich bestehende Schulden angesetzt werden. Diese enge Auslegung der bilanzierungsfähigen Werte erschwert allerdings eine aussagekräftige Periodenabgrenzung.
Fasst man die Handels- und Steuerbilanz als Erfolgsbilanz auf, ist von der Gewinn- und Verlustrechnung auszugehen. Als Orientierungsmaßstab für die Gewinnermittlung dient das Verursachungsprinzip. Bei der auf Eugen Schmalenbach zurückgehenden dynamischen Bilanztheorie dient die Bilanz lediglich als Abgrenzungskonto.[1] Auf der Aktivseite werden die vor dem Abschlussstichtag getätigten Ausgaben erfasst, von denen erst nach dem Bilanzstichtag ein Nutzen erwartet wird („schwebende Vorleistungen“). Spiegelbildlich handelt es sich bei den Passiva um am Bilanzstichtag vorhandene Verpflichtungen, die erst nach dem Abschlussstichtag erfüllt werden müssen („schwebende Nachleistungen“). Beispiele: Der Kauf einer Maschine, die über mehrere Jahre eingesetzt werden kann, stellt eine Ausgabe dar, die noch kein Aufwand ist („schwebende Vorleistung“). Die Aufwandswirksamkeit tritt in den Perioden ein, in denen die Maschine genutzt wird. Vorauszahlungen von Kunden führen zu Einzahlungen, deren Ertragswirkung erst in dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Bilanzierende seine Verpflichtung zur Lieferung der bereits bezahlten Waren erfüllt („schwebende Nachleistung“). Das durch die dynamische Bilanztheorie geprägte Verursachungsprinzip ist zu allgemein, um eine willkürfreie Periodenabgrenzung zu gewährleisten. Beispielsweise kann die Erfolgswirkung eines Werbefeldzugs („schwebende Vorleistung“) in den nachfolgenden Perioden nur in den seltensten Fällen bestimmt werden, ohne gegen den Objektivierungsgrundsatz zu verstoßen.

99

Der Gesetzgeber sieht für die externe Rechnungslegung weder eine rein statisch orientierte noch eine ausschließlich dynamisch geprägte Periodenabgrenzung vor. Vielmehr gelten für Zwecke der Periodisierung Grundsätze, die hinreichend operational sind, um die Funktionen des Jahresabschlusses willkürfrei erfüllen zu können. Ausgangspunkt der Periodenabgrenzung bildet das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr 4 HGB), das durch das Anschaffungswertprinzip ergänzt wird (§ 253 Abs. 1 S. 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr 1, 2 EStG). Nach dem Realisationsprinzip bestimmt sich, zu welchem Zeitpunkt ein Ertrag ausgewiesen werden kann: Es muss ein abrechenbarer Umsatz vorliegen. Der Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach ordnet den nach dem Realisationsprinzip erfassten Umsätzen die Aufwendungen zu, die mit diesen Erträgen zusammenhängen (finale Periodisierung). Erträge, die nicht nach dem Realisationsprinzip abgegrenzt werden können, und Aufwendungen, die keine sachliche Beziehung zu bestimmten Umsätzen aufweisen, werden nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen der Zeit nach verrechnet (kausale Periodisierung). Hierzu gehören zeitraumbezogene Aufwendungen und Erträge sowie aperiodische und periodenfremde Geschäftsvorgänge.

Abb. 8:

Einteilung der Periodisierungsgrundsätze


[Bild vergrößern]

100

(2) Abgrenzung gegenüber dem Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung: Die Periodisierungsgrundsätze bilden eine Untergruppe des Vorsichtsprinzips. Durch die Periodisierungsgrundsätze wird festgelegt, zu welchem Zeitpunkt Ein- und Auszahlungen als Erträge bzw Aufwendungen zu verrechnen sind. Durch die Verknüpfungen zwischen der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz über die doppelte Buchführung werden durch die Periodisierung gleichzeitig mittelbar Anhaltspunkte für die Aktivierung und Passivierung gegeben, also der Inhalt der Begriffe Vermögensgegenstand und bilanzielle Schuld (Handelsbilanz) bzw aktives und passives Wirtschaftsgut (Steuerbilanz) bestimmt.

Die Periodisierungsgrundsätze werden durch die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen zum Teil modifiziert. Während bei den Periodisierungsgrundsätzen eher auf die Informationsfunktion der externen Rechnungslegung abgestellt wird, führen die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Imparitätsprinzip sowie Grundsatz der Bewertungsvorsicht) zur Verrechnung von Aufwendungen, die nach den Periodisierungsgrundsätzen noch nicht verrechnet werden können. Durch die mit den Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen verbundene Vorverlagerung der Aufwandsverrechnung wird der ausschüttbare und damit auch besteuerungsfähige Betrag auf die Höhe begrenzt, in der dem Unternehmen ohne Gefährdung des bilanziellen Eigenkapitals entzogen werden kann (Kapitalerhaltungsgrundsatz). Die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen stellen also weniger auf die Informationsfunktion ab, sondern eher auf die Zahlungsbemessungsfunktion. Bei der nachfolgenden Vorstellung der Periodisierungsgrundsätze sowie des Kapitalerhaltungsgrundsatzes wird jeweils auch geprüft, inwieweit diese Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung mit den Zielen der Ertragsteuern vereinbar sind.

Besteuerung von Unternehmen II

Подняться наверх