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Samstag, der 30. August 1988, ABC-Schütze

Kai ging es seit den letzten Sommerferien wesentlich besser, die er mit den Eltern im Urlaub an der Ostsee verbrachte und dann bei der Heimreise das Betriebsferienlager vom Kombinat des Vaters besucht hatte, wo er voraussichtlich nächstes Jahr hingehen würde.

Während des zweiwöchigen Urlaubs in einer Bungalowsiedlung auf der Insel Rügen, kam er zu seinem Glück nur mit wenigen Kindern in Kontakt und konnte für sich viele Freiräume finden.

Er nutzte die Zeit, um auf den Wiesen zu wandern und sich die Insekten und anderen kleine Tiere, die es dort zu entdecken gab, genauer anzusehen, den Geruch des Grases und der Blüten zu riechen und dem Gezwitscher der Vögel zu lauschen.

Er rannte viel, kletterte und sprang wie ein junger Hase durch die Gegend. Er blühte sichtlich auf, weil er sich frei fühlte. Ohne dass er gezwungen war, sich mit anderen Kindern zu messen.

Der Sommer, der recht warm war, ging schnell zu Ende und für Kai sollte bald die Schule beginnen. Heute – zum Samstag – war die Schulanfangsfeier.

Da der Papa auf Geschäftsreise war, konnte er leider nicht dabei sein, so blieben nur die Oma und die Mama. Und ein Bekannter der Eltern hatte sich bereit erklärt, das Ereignis für die Familie mit einem Fotoapparat festzuhalten.

„Kai, aufstehen! Heute ist dein großer Tag! Wir müssen uns fertig machen!“ flötete seine Mama, während sie übertrieben fröhlich in sein Zimmer stürmte und die Vorhänge vor dem Fenster aufriss und wieder durch die Tür verschwand.

Es war so weit: Nun kam das, was die Großen als den „Ernst des Lebens“ bezeichneten. Die Schule. Er hatte schon eine Vorstellung, dass er nun Lesen, Schreiben, Rechnen und viele andere Dinge lernen sollte.

„Kai, los jetzt! Geh dich waschen. Deine Sachen leg ich dir hin“, drängte ihn seine Mutter mit vibrierendem Unterton durch mehrere Räume zur Eile. Kai rieb sich noch recht schlaftrunken die Augen und ging sich waschen. Er putzte sich die Zähne und fing an, Wasser für die morgendliche Katzenwäsche ins Waschbecken laufen zu lassen.

Nachdem er das erledigt und sich abgetrocknet hatte, ging er in sein Zimmer zurück und fand auf seinem Bett die Sachen vor, die er anziehen sollte, obwohl er manches davon eigentlich überhaupt nicht mochte: ein weißes, kurzärmeliges Hemd, eine hellbraune Hose, ein Unterhemd, eine Unterhose und ein paar weiße Socken mit roten Streifen am Rand.

Er verzog das Gesicht bei dem Gedanken, damit den ganzen Tag herumlaufen zu müssen, wo ihm Hemden sowieso schon zu einengend waren.

Der Gedanke, dass ihm die ganzen Verwandten und Bekannten in die Wangen kneifen und ständig auf ihn einreden würden, gruselte ihn ein wenig.

Er sah aber auch den Vorteil, dass es ein paar kleinere Geschenke gab, Zuckertüte und Co. Und noch das eine oder andere Glückwunschkärtchen oder doch noch etwas extra an Süßigkeiten.

Er seufzte und zog sich den verhassten Kaftan an. Danach kämmte er sich so gut es ging seine Haare zu einem Scheitel.

In der Küche wartete schon die Mutti – fertig angezogen – in einem langärmeligem Kleid, welches er sehr mochte. Das mit dem hübschen, blau-lila-roten Muster. Toll!

Sie frühstückten zügig. Aus Zeitgründen hatte Mama die Brötchen schon mit Nuss-Nougatkrem belegt und einen Pfefferminztee für Kai eingegossen. Sie selbst trank Kaffee und aß ein Brötchen mit Honig.

Es klingelte an der Tür, und die Mama stand auf um zu öffnen. Dort wartete Kais Oma – ihre Mutter – mit einem Strauß gelber Rosen.

Sie trug eine hellbeige dünne Jacke, einen Rock mit einem Muster in braun und grau. Sie war dünner als ihre Tochter und die Haare waren schon fast weiß. Kai liebte seine Oma. Sie war viel ruhiger und gelassener als Mama und Papa. Zudem machte sie auch immer lustige Fratzen.

Sie hatte ihm auch einst geholfen, sein Lispeln und die Aussprache der Zischlaute zu verbessern, sodass er sich besser ausdrücken konnte.

Er hatte ja erst mit fast vier Jahren überhaupt etwas gesagt, was Ärzte und Eltern vor Rätsel stellte. Und vor dieser Zeit brachte die Situation die Eltern zur Verzweiflung.

Sie gingen los. Der Bekannte, Onkel Holger, erwartete sie erst bei der Schule. Auf den freute Kai sich gar nicht. Denn dieser war Offizier und immer so streng. Außerdem guckte der immer so böse durch seine stechenden eiskalten Augen.

Der Weg führte ihn durch die Plattenbauten, vorbei an seinem eigenen Innenhof mit dem Klettergerüst, dann über eine Straße an einem Haus vorbei, was ihm aufgrund seines einen Traumes bekannt vorkam. Nach einem sehr langen Block wurde ein freies Gelände sichtbar.

Auf diesem stand ein Umspannhäuschen, welches von außen mit lustigen und seltsamen Figuren bemalt war.

Dahinter stand schon die Schule, besser gesagt die Schulen. Zwei typische Einheitsbauten lagen direkt nebeneinander und noch einmal zwei davon versetzt davon.

Dazwischen befanden sich die Schulhöfe, gepflastert mit denselben quadratischen weißen Steinen. An manchen dafür ausgelegten Stellen wuchsen Bäume und Büsche, welche relativ sorgsam gepflegt wurden.

Vor der Schule warteten schon andere Eltern nebst ihrem nun schulpflichtigen Nachwuchs, deren Gespräche sich mit den Umgebungsgeräuschen, wie fahrenden Autos oder Straßenbahnen mischten.

Da kam auch schon Onkel Holger ums Eck. Er war etwas untersetzt von der Statur, hatte schwarze, langsam grau werdende Haare, einen Bart, eine relativ große dicke Nase und eine Brille. Kai sah ihn und verleierte schon die Augen, als er sicher war, dass es keiner bemerkte.

„Holger! Hier sind wir!“, kreischte die Mutter, um sich bemerkbar zu machen und winkte dabei kräftig.

Er kam näher und sagte an Kai gerichtet: „Na, ist es endlich bei dir auch so weit? Der Tobias ist ja schon in der zweiten Klasse. Und hoffentlich wirst du auch so ein guter Schüler wie er.“

Er tätschelte den Kopf des Jungen, dem das gar nicht gefiel. Aber er ließ es es über sich ergehen und schwieg sich zu dem Gesagten aus.

Dann überreichte Holger ihm die Zuckertüte, die er schon vom Papa des Schulanfängers in Verwahrung bekommen hatte und mit bunten Autos bedruckt war. Oben ragte der Kopf eines Stoffaffen heraus.

„Die wird aber erst später aufgemacht!“, mahnte er.

Kai war mal wieder von dem zackig-scharfen Tonfall des Onkels überrumpelt, so dass er gerade so ein leise genuscheltes „Danke“ herausbrachte, was Holger mit einem leichten Kopfschütteln quittierte. Dann fiel ihm ja noch ein, weswegen er hier war.

„Aufstellung! Wir wollen doch Fotos machen!“, ordnete er im zackigen Tonfall an. Also stellten sich alle drei vor dem hellblau gestrichenen Zaun auf, der das Schulgelände umschloss.

Kai in der Mitte, die Oma links von ihm und die Mama rechts. Beide Frauen hielten noch ihre Blumensträuße in den Händen und Kai seine Zuckertüte.

Die Mutter zischte ihm, während sie ein Lächeln aufsetzte, zu: „Los, lächel doch mal!“, was dem Jungen wegen seiner Nervosität schon nicht gelang – auf Kommando erst recht nicht.

Räumlich versetzt taten andere Familien das Gleiche. Kind(er), Mutter, Vater, Oma, Opa, Rauhaardackel und sonstiger Anhang mussten auf die eine oder andere Weise für die obligatorischen Fotos herhalten.

Und Kai erschien es, als würden alle anderen das mit dem Lächeln viel besser hinkriegen.

Onkel Holger verabschiedete sich fürs Erste, da er ja nur kurz Zeit hatte, weil sein eigener jüngerer Sohn an dessen Schule an der Aufführung für die Erstklässler teilnahm.

Drinnen war ebenfalls eine Willkommensveranstaltung geplant. Die größeren Kinder sangen und tanzten den Erstklässlern etwas vor. Es gab sogar ein kleines Theaterstück. Kai wurde es langweilig. Er war nicht wirklich der beste Stillsitzer, aber er schaute tapfer zu, weil die älteren Kinder sich solche Mühe dabei gaben.

Es wurde gefragt, wer von den Erstklässlern schon schreiben könne. Nur wenige konnten es, und Kai durfte, unter Beifall aller Anwesenden, seinen vollständigen Namen auf ein Blatt Papier, welches die Schuldirektorin ihm gab, aufschreiben.

Deren eigener Sohn kam ebenfalls in Kais Klasse.

Nach der Veranstaltung kamen die Kinder in ihre Unterrichtsräume. Und Kai stellte fest, dass von den drei Kindern aus seinem Wohnhaus, kein einziges bei ihm eingeteilt worden war.

Aber die Annika aus dem Block von gegenüber, die auch bei ihm im Kindergarten war. Na ja, es gab Schlimmeres.

Von der ehemaligen kleinen Bande, die ihn so auf den Kieker hatte, war zum Glück niemand an diese Schule gekommen.

Die ABC-Schützen wurden nun im neuen Klassenzimmer platziert. Tische und Stühle standen in drei Reihen hintereinander.

Einunddreißig aufgeregt lärmende Kinder waren es, die nun darin Platz nehmen sollten. Das Zimmer war recht groß. An beiden Seiten gab es Fenster. Die zum Hof ausgerichteten waren zudem bemalt. An einer der Glasscheiben prangte eine große gelbe Mondfratze. Oder sollte das eine Sonne sein?, fragte sich Kai, der auch registrierte, dass die Farben des Regenbogens am Nachbarfenster nicht die richtige Reihenfolge hatten.

Hinter den Tischen standen Schränke und Regale. Vorne war die Tafel, die man auch verschieben konnte, sodass mehr Platz zum Schreiben zur Verfügung stand.

Natürlich gab es noch den Lehrertisch gegenüber der Tischreihen.

Die Klassenlehrerin hieß Frau Schmidt. Sie war schon etwa dreißig oder vierzig Jahre alt, mittelblond und schlank. Sie trug einen grünen lockeren Rollkragenpullover, dazu dunkelblaue Jeanshosen und ein paar schwarze Schuhe mit einem Absatz.

Kai fand, dass Frauen mit Absatzschuhen beim Laufen aussahen wie Ziegen oder Störche. Bei dem Gedanken kicherte er sich ins Fäustchen.

Sie roch außerdem nach einem Parfüm mit Veilchennote. So starke Gerüche mochte der Junge nicht sonderlich.

Schulalltag

So verstrichen ein paar Monate, und Kai lernte recht schnell besser lesen und schreiben. Er konnte sogar die russischen Buchstaben, da sein Vater ihm diese bereits beigebracht hatte.

Ein Unterrichtsfach, welches er sehr mochte, war Zeichnen. Darin war er spitze. Vor allem, wenn es um Tiere ging. Die bekam er am besten hin. Mathe war auch so weit okay, aber das mochte er nicht sonderlich.

Musik lag ihm nicht im Blut. Schon im Kindergarten sang oder musizierte er nicht wirklich gern. Der Lehrer war schon alt und streng, konnte aber die Kinder immer schnell zum Lachen bringen. Vor allem, als er am ersten Tag seine Violine mitbrachte, so dass jeder darauf herumfiedeln konnte.

Kai war der erste, der durfte. Die Geräusche, die er erzeugte, klangen schlimmer als Katzenjammer, wie er an den verzogenen Gesichtern seiner Klassenkameraden bemerkte.

Er erkannte, dass die Mitschüler sich nicht besser als er anstellten, als sie an der Reihe waren. So, dass auch er öfter sein Gesicht verziehen und sich die Ohren zuhalten musste.

Sein Hassfach war Sport. Der Lehrer schien von der Armee ausgebüxt zu sein. Zumindest die Art war wie die von Onkel Holger, fast noch schlimmer.

Es machte ihm einfach keinen Spaß. Vor allem Mannschafts- oder Ballspiele. Er konnte nämlich nicht gut fangen, zielen und werfen. Dem Rennen und Klettern konnte er eher was abgewinnen.

Bei der Mannschaftsstaffel sollten die Gruppen im Vierfüßergang laufen. Gemeint war auf Händen und Knien, doch Kai dachte sich, So ein Quatsch! So laufen Tiere doch gar nicht... Ich mach das wie Hunde und Katzen, wenn die rennen.

Damit war er zwar schneller als die anderen, aber kaum galoppierte er los, hagelte es Protest, er wurde zurückbeordert und der Lauf wurde wiederholt. Er musste nun so wie alle anderen herumrutschen, was der Junge für sehr unlogisch und ineffektiv hielt.

Auch in der ersten Klasse wurde er von den anderen aufgezogen, weil er kleiner als die meisten anderen Jungen war, weil er so ruhig war und seinen eigenen Gedanken nachhing.

Seine Kontaktversuche wurden, genauso wie damals und aus ähnlichen Gründen, nicht erwidert. Er passte nicht wirklich dazu. Er schaffte es nicht, bei ihren Spielen mitzuhalten. Oft wollten sie ihn auch nicht dabei haben.

Der Lärm und das Gewusel auf dem Schulhof in der großen Pause verdarb ihm die Laune fürs Spielen erst recht. Mit der Lautstärke konnte er sich nicht besonders arrangieren. Sie bereitete ihm oftmals sogar Schmerzen.

Eines Tages fiel der Lehrerin auf, dass Kai oft alleine war und zeichnete, dass er nicht viel am Pionierleben teilnahm, und auch trotz guter Noten nicht im Gruppenrat war.

Bei den Pionier-, den Gruppennachmittagen oder im Hort saß er meist am Rand und wirkte mehr als abwesend. An den Vorträgen über die Sowjetunion, dem Singen und dem Tanzen zeigte er kein großes Interesse, obwohl er schon einige Worte in Russisch schreiben konnte. Maximal das Basteln oder die Aktionstage über Natur und Tierwelt vermochten ihn aus seiner geheimen Welt zu locken.

Vor allem entdeckte sie oft Zeichnungen von ihm, wo ein kleiner schwarzer Teufel mit Hörnern, roten Augen und roten stacheligen Haaren zu sehen war.

Sie konnte sich keinen Reim darauf machen und beschloss die Eltern des Buben beim nächsten Elternabend daraufhin anzusprechen.

Auch, weil ihn die anderen Kinder deswegen oft als Teufelsjungen bezeichneten. Was die Frau aber für eine normale Reaktion hielt. Sie dachte eben, das würde schon irgendwann aufhören.

Auffälligkeiten

Gesagt, getan, der Elternabend kam. Alle Eltern – beziehungsweise die Elternteile – die Zeit hatten, waren anwesend und alles Wichtige und Organisatorische wurde besprochen.

Und das Ehepaar Neumann wurde – nachdem der Abend beendet war – gebeten, etwas länger zu bleiben. Frau Schmidt zeigte dem Paar Kais Zeichnungen, die nebenbei von ihm gemacht wurden.

Sie verdrehten beide synchron die Augen und dachten: Nicht hier auch noch, zu Hause hängen schon genug Bilder von dem Vieh...

Die Lehrerin sagte: „Ihr Junge ist zwar ein guter Schüler, aber er träumt zu viel, spielt nicht mit den anderen Kindern und sie mögen ihn auch nicht. Doch am auffälligsten sind diese schwarzen Teufel. Ich glaube, er hat zu viel Fantasie und da müssten Sie mit strengerer Hand entgegenwirken, damit er sich endlich in das Klassenkollektiv einfügt.“

Darauf meinten die Eltern nur etwas entnervt: „Das ist uns klar, und wir geben bereits unser Bestes. Mehr können wir auch nicht tun.“

Sie verließen den Klassenraum und bald darauf auch das Schulgelände. Mit entsprechender Laune kamen sie nach Hause, während sie sich unterwegs eine Weile lang darüber gestritten hatten, was sie nun machen sollten.

Kai saß unterdessen in seinem Zimmer und las ein Buch. Darin ging es um ein Mädchen, welches mit einem kleinen schwarzen Hund, einer sprechenden Vogelscheuche, einem Eisenmann und einem Löwen durch ein Wunderland zog, um einen Zauberer zu treffen.

Er schrak hoch, als die Tür aufgeschlossen wurde und nach einigen Augenblicken seine Eltern in seinem Zimmer standen, sich vor ihm aufbauten und mit lauter Stimme meckerten: „Kai! Frau Schmidt hat uns erzählt, dass du viel träumst und zu viel Fantasie hast. Was sollen diese Teufel, die du immer malst? Hör endlich auf damit! Kannst du nichts anderes zeichnen? Das liegt doch nur dran, weil du nicht mit den anderen Kindern spielst. Brauchst dich nicht wundern, wenn dich keiner mag.“

„D-Das weiß ich n-“

„Keinen Mucks will ich hören!“, schnappte seine Mutter, um das Thema zu beenden.

Völlig überfordert von dem Anranzer igelte er sich ein, zog seine Beine zum Kinn, weinte leise und sagte nichts mehr dazu.

Die Eltern, völlig verzweifelt und voller Sorgen, verließen das Zimmer, nachdem sie bemerkt hatten, dass ihr lautes Geschrei alles nur schlimmer machte.

Ihr Sohn, der nun endlich wieder seine Ruhe hatte, schaute noch mit Tränen in den Augen in Richtung der Tür. Er wurde, nachdem er erst einmal erfasst hatte, was da gerade abging, sichtlich wütend auf sie.

Eine Aura des Zorns schien sich um ihn zu bilden, die mit ruhig lodernden Flammen seinen Körper umgab.

Mit dieser sah er selber fast wie der kleine Teufel aus, der ihn schon so lange beschäftigte. Erst recht, weil sie über seinem Kopf zwei kleinen Hörnern ähnelte. Er dachte: Würdet ihr mir wenigstens einmal richtig zuhören! Aber mich ausschimpfen, das könnt ihr!

Er verzichtete auf das Abendbrot, zog sich gleich den Schlafanzug an, wickelte sich in seine Bettdecke, ringelte sich zusammen, um sich in den Schlaf zu weinen.

In der Nacht davongemacht

Als das Kind träumte, erschien abermals nach langer Zeit Shynn wieder über seinem Kopf. Wie damals fing es mit einem dunkel leuchtenden Ball an, der sich zu einer Gestalt materialisierte, die der Kais sehr ähnelte.

Die Gestalt des Teufelchens ist seit dessen letzten Erscheinen wesentlich größer, älter und reifer geworden. Die Haare etwas länger, aber immer noch stachelig wie bei einem Igel, die Hörner um einen halben Zentimeter größer, die Aura etwas stärker, schaute er sich im Zimmer um. Alles wie gewohnt. Keine maßgebliche Veränderung.

Die Kleinkinderspielzeuge sind weg, ebenso die bunte Truhe. Ein hellbraunes großes Regal voller Kinderbücher, einem Kinderlexikon und diversen Bausteinen nahmen ihren Platz ein. Und es hingen mehr Bilder als beim letzten Mal an der Wand über seinem Bett.

Das erste Bild war noch da, einige neue und zeichnerisch etwas bessere sind hinzugekommen. Unter anderem eins, dass ihn zeigte, wie er sich gerade manifestierte. Was ihn durchaus erstaunte war, wie gut er diesen Augenblick einfangen konnte.

Im Gegensatz zum vorigen Mal, brauchte er nicht lange überlegen, was er machen sollte, wenn er schon wieder gleichzeitig schlafend im Bett lag und in dieser Gestalt über seinem menschlichen Selbst schwebte.

Daran gewöhnte er sich nun langsam. Er verstand auch, dass sein Erscheinen mit Ärger, den er kürzlich mit oder wegen jemandem hatte, im Zusammenhang stand. Er dachte an das Gemecker vom Vorabend und an Frau Schmidt, die doofe Kuh. Was ging die das überhaupt an, was er zeichnete?

Er verließ die Wohnung wieder durch die Wand. Orientieren brauchte er sich jetzt nicht mehr, denn er kannte sich bestens in der Gegend aus.

Und er konnte nun die Präsenzen wesentlich besser sortieren. Die Geräusche der Nacht fand er faszinierend.

Dort! Unter dem Müllplatz! Eine komplette Rattensippe, die sich mit glühenden rot reflektierenden Augen auf Nahrungssuche begab. Unter einer Ligusterhecke duckte sich ein Rotfuchs, der seinerseits die Ratten beäugte, in der Hoffnung, ein unvorsichtiges Exemplar der Sippe zu erwischen.

Shynn konzentrierte sich und brauchte eine Weile, bis er die Lehrerin aufspürte. Sie schien sehr weit weg zu wohnen, jedenfalls nicht unmittelbar in dieser Gegend.

Er merkte auch, dass es kälter wurde, auch wenn er es auf seinem Körper nicht wirklich spürte. Die Bäume waren kahl, es waren wesentlich weniger Tiere unterwegs.

Gefroren schienen die Pfützen auf den Böden und Wegen auch zu sein. Laub lag noch immer in Wehen verteilt auf den Grünflächen und unter Sträuchern herum.

Blumen blühten jetzt auch keine mehr. Es waren nur vereinzelt Menschen auf den Gehwegen und wer sich um diese Zeit draußen aufhielt, nahm ihn nicht wahr.

Sie schauten sowieso nicht hin, die unterschiedlichen Schwarztöne konnten sie nicht unterscheiden. Außerdem waren sie alles andere als nachtsichtig.

Überall schien die Straßenbeleuchtung mit einem unheimlichen gelb-orangenem Licht.

Sie waren nicht wie er. Er bekam mit, dass die Nächte in dieser Jahreszeit dunkler und länger waren. Auch der Mond war diesmal nicht zu sehen. Es waren zwar Wolken am Himmel, aber es war nicht vollständig bedeckt.

So wie es aussah, war es gerade Neumond. Aber das focht ihn ja nicht an, als er die Strecke bis zur Lehrerin zurücklegte.

Spuk bei der Lehrerin

Sie wohnte auch in einem Plattenbaublock. Der sah aber anders aus: ein oder zwei Stockwerke mehr und von außen mit stilisierten Schmetterlingen bemalt.

Wie er sich erinnerte, war er hier mit Mama oder Papa öfter vorbeigefahren und hatte die Umgebung schon immer genau beobachtet. Natürlich wusste er bis jetzt nicht, dass er hier seine Lehrerin finden würde.

Er nahm sich die Zeit und schwebte noch wesentlich höher als sowieso schon, um sich das ganze Gebiet einmal anzusehen. Somit überblickte er auch, wie riesig diese eine Plattenbausiedlung war. Sie bestand aus acht oder neun verschiedenen Bezirken, Wohnkomplexe wurden sie genannt, wie er sich erinnerte.

Er wohnte im vierten Bezirk. Als er noch viel höher schwebte, sah er die Stadt im Ganzen. Sie war wirklich riesig, zumindest für seine Kinderaugen. Auch wenn es Dämonenkinderaugen waren. Die sahen schließlich mehr.

Wieder unten wurde die Aura der Frau deutlicher. Er fand ihre Wohnung und drang durch die Wand ein.

Drinnen machte er sich den Jux und schwebte nicht durch die Wohnung, sondern ging zu Fuß. Und das nicht nur auf dem Fußboden, sondern er fing an, auf allen Vieren die Wände und Decke entlangzukrabbeln. Es machte ihm sogar Spaß, weil er sich so wie ein Insekt fortbewegen konnte.

Im Flur sah er auf einer dunkelbraunen Kommode neben ihrem olivgrünen Telefon, welches noch eine Wählscheibe hatte, ihre Handtasche. Die Graue, die sie immer in der Schule dabei hatte.

Ihm fiel auch ein, dass sie darin einen goldenen Handspiegel hatte, dessen Rückseite mit bunten, fassettierten schillernden Steinen umrahmt und mit einem größeren durchsichtigen in der Mitte besetzt war. Wie Glas wirkte der, das bei hellem Licht in allen Regenbogenfarben glitzern würde, wenn welches vorhanden wäre.

Anscheinend hing sie an dem Ding. Er fand es eigentlich auch sehr hübsch, denn er mochte glitzernde Dinge und funkelnde, geschliffene Edelsteine durch die ganzen Märchenfilme. Vor allem der tschechischen Serie wegen, die mit dem Zauberring.

Kopfüber hing er über der Anrichte und durchwühlte die Tasche mit der linken Hand, während er sich mit den Füßen, Beinen und der rechten Hand an der Wand hielt.

Schließlich fand er den Spiegel und betrachtete ihn genauer. Im Dunkeln, fand er, glänzten die Steine in einem völlig anderen, besonderen Licht, so wie er es im normalen Fall niemals sah. Aber er lachte, als er dran dachte, dass es für ein Kind nicht gewöhnlich so war, dass es nachts beim Schlafen seinen Körper verließ, um anderswo sein Unwesen zu treiben wie ein Geist. Als ein Geist, verbesserte er seinen Gedanken.

Glitzer-Blitzer!, dachte er und besah sich im Spiegel. Er überlegte kurz, ob er „Bu hu huuu!“ rufen sollte, aber er entschied sich dagegen. Shynn wusste nicht, ob man ihn vielleicht hören könnte, denn das wollte er nicht.

Und wie bei dem Buch mit dem Mädchen, welches sich mithilfe eines ähnlichen Spiegels in einen Geist und wieder zurück verwandelte, wollte er nicht riskieren, dass es ihn ebenso erging. Nicht, dass er gerade hier – in einer fremden Wohnung – seine eigentliche Gestalt wieder annahm.

Er glaubte eigentlich nicht an Märchen, fand aber aufgrund seines jetzigen Erscheinungsbildes, dass Zweifel über Fantasie und Realität durchaus berechtigt waren.

Denn sein nächtliches Auftauchen in der Wohnung der Klassenlehrerin könnte er ihr nicht erklären und Meckerei, ein Anruf bei seinen Eltern und noch mehr Schimpfe, wären vorprogrammiert.

Wennschon, dann war er ja in dieser Form unterwegs, um anderen Ärger zu verursachen. Nicht, um selber welchen zu bekommen.

Mit ein wenig Bedauern und einem Schulterzucken, warf er schließlich den Spiegel doch zu Boden, wo die Glasscheibe mit einem lauten Klirren zerbrach.

Shynn ließ sich ebenfalls fallen, drehte sich in der Luft, um mit den Füßen – ähnlich einer Katze – den Boden zu berühren und trat noch einmal kräftig darauf, um dem bereits geborstenen Glas den Rest zu geben.

Er erschrak, weil er am Rascheln von Bettzeug, das Knarzen des Bettes selbst vom Aufstehen, durch Schritte und dem Klicken eines Lichtschalters mitbekam, dass die Lehrerin von dem Scheppern und Klirren wach geworden war, und machte sich schleunigst aus dem Staub.

Auf direktem Wege flog er in Richtung seiner elterlichen Wohnung und verschwand wieder in seinem Körper.

Ein echter Kotztag

Als Kai am nächsten Morgen aufwachte, hatte er wieder leichte Kopfschmerzen. Seine Mutter betrat das Zimmer so stürmisch so wie es ihre Art war, um ihn zu wecken.

So bekam sie auf die Schnelle nicht mit, dass er bereits wach war und sagte: „Aufstehen! Du musst zur Schule!“

Kai ningelte: „Ich hab Kopfweh und mir ist schlecht...“

Daraufhin wurde Frau Neumann ungehalten. „Papperlapapp, stell dich wegen der anderen nicht so an! Du willst doch nicht wegen solchen Kleinigkeiten fehlen. Los! Raus! Waschen, anziehen und das hopp!“

Nicht gerade begeistert, tat er wie geheißen: Er wackelte ins Bad, musste sich aber stellenweise an Wand oder Möbeln festhalten, damit er nicht umfiel.

Der Junge wusch sich diesmal mit kaltem Wasser, was zumindest seine Kopfschmerzen milderte. Ganz weg waren sie nicht.

Er nahm seinen Schulranzen nebst Brotbüchse und verließ ohne Abschied die Wohnung, denn er war wegen der Aktion von gestern und der von gerade eben ziemlich sauer auf seine Mutter.

Der Kopf zwickte noch etwas, als er zur Schule schlich. Aber die Luft dieses trockenen, aber schon kalten Morgens tat erstaunlicherweise gut.

Den Schultag brachte er mit Ach und Krach hinter sich, auch wenn ihm auffiel, dass die Lehrerin heute eine ziemliche Brummfresse zog und auch nicht, wie sonst im den kleinen Pausen, ihren Spiegel draußen hatte, um sich darin zu begaffen. Womöglich hatte sie ihn gar nicht dabei? Schien so.

Nicht, dass er doch kaputt ist? Wäre schade drum.

Die Klingel erlöste ihn endlich vom Unterricht; er ließ, wie alle anderen auch, seine Schulsachen im Ranzen verschwinden, ging zur Garderobe, um seine Jacke zu holen und um endlich das Gebäude zu verlassen. Zum Glück war jetzt Wochenende.

Draußen geschah das, was bis dahin noch mehr schlecht als recht verhindert werden konnte. Auf dem Weg zum Schultor übergab sich Kai mit einem lauten „Uäääärks!“, welches einem Erwachsenen Ehre gemacht hätte, der eine krasse Zechtour hinter sich hatte.

Alles, was er am Tag zu sich genommen hatte, verließ mit entsprechend lautem Geplatsche seinen Körper und er hatte das Gefühl, als würden seine inneren Organe gleich hinterherkommen. Und das ausgerechnet jetzt, als ein Teil seiner Klasse und ein paar aus den beiden Parallelklassen, ebenfalls den Heimweg antraten.

Natürlich war das ein gefundenes Fressen für die anderen Kinder. Sie fingen lauthals an zu lachen, weil sie so was in derartiger Größenordnung noch nie gesehen hatten.

Manche der Anwesenden schrien: „Iiiiih!“, „Wie eeekelig!“, „Igittigitt!“ und so weiter. René mit den schwarzen lockigen Haaren und der hellen Haut baute sich hinter ihm auf und maulte: „Was fällt dir ein, du altes Schwein!“, bevor er Kai zu Boden schubste.

Nun lag er da, neben seinem eigenen Erbrochenen, umringt von einigen der anderen. René, Katja, Mandy, Annette, Christoph, Manuel und weiß der Teufel wer noch, die ihn alle im Chor „Kotzjunge! Kotzjunge!“ riefen und anfingen, Jungen wie Mädchen, auf ihn einzutreten, während ihm nichts übrig blieb, als sich auf dem Boden zusammenzukauern, damit sie ihn nicht zu schwer verletzten.

Endlich ließen sie von ihm ab und machten sich davon. Kai rappelte sich auf, um sich zu untersuchen. Vorteil: Die Kopfschmerzen und der Brechreiz waren weg. Nachteil: Er war vollkommen zerschrammt, hatte stattdessen nun diffuse Schmerzen am ganzen restlichen Körper, die Hose hatte eine Dreiangel und die Haare waren total zerzaust.

Zum Glück war die Brille noch heil, denn das hätte erst recht Ärger gegeben.

Mit einer Stinkwut auf alles und jeden im Bauch, mit gesenktem Kopf und das Gesicht und die Hände zu Fäusten geballt, machte sich der Junge ebenfalls auf den Heimweg.

Im Gedanken, aber auch laut, gab er alle Flüche von sich, die er kannte, und er dachte sich sogar welche in einer anderen Sprache aus, die außer ihm kein anderer sprach und verstand.

Als er zu Hause ankam, immer noch zornig, durchquerte er den Flur, um ungesehen einfach den Rest dieses Kacktages in seinem Zimmer zu verbringen.

Was ihm nicht gelang, weil seine Mutter die Geräusche der Wohnungstür gehört und gemutmaßt hatte, durch die Uhrzeit, dass es nur ihr Filius sein konnte, der da nach Hause kam.

Sie ging ihm entgegen, blickte ihm fest in die Augen und schnappte: „Na, auch schon zu Hause?“, auf das ungewöhnlich späte Eintreffen anspielend. Als nicht sofort eine Antwort erfolgte, setzte sie schnippisch nach: „Sag wenigstens Hallo!“

Mit dem echt laut gebrüllten: „IST DOCH ALLES SCHEIßE!!!“, also der geballten Wut die sich entlud, als wäre sie ein Gewitter oder ein Orkan, der völligen Verzerrung seines Gesichtes, so dass es einer dämonischen Fratze glich, die sie sich einzubilden schien und der daraufhin von innen zugeschlagenen Zimmertür, hatte sie jedenfalls nicht gerechnet.

Perplex stand sie da, der Kiefer weit nach unten geklappt und mit ziemlichen kugelrunden großen Augen starrte sie auf die Stelle, auf der sich vor einem Sekundenbruchteil noch Kai befunden hatte. So besehen sah sie fast wie ein Fisch aus, der nach Luft schnappte.

Kai durfte sich gleich am Abend noch eine weitere Schimpfkanonade seiner Eltern anhören, die ihn ohne Abendbrot ins Bett schickten und ihm am Wochenende verboten, die Wohnung zu verlassen – was ihm ganz recht war, denn er hatte gerade gar keine Lust mehr auf andere Menschen. Auch nicht wirklich auf seine Eltern. Verständlich.

Als er endlich einschlief, träumte er wieder einmal von dem kleinen schwarzen Teufel. Dieser erschien, wie die Nacht zuvor, aus der Angst und Wut des Jungen geboren.

Rachedurst

Shynn hatte eine lange Liste abzufrühstücken: René, Katja, Annette, Mandy, Christoph, Manuel und die anderen, die ihn halb zu Klump getreten hatten, nur weil ihm furchtbar schlecht war.

Arschlöcher, alle miteinander!, dachte der kleine Dämon noch sehr wütend.

Die Nacht war kälter als die zuvor. Auch bewölkter mit Schneegraupel. Die Autos auf dem Parkplatz waren mit Raureif überzogen, genau wie das Gras und die Äste der Büsche und Bäume.

Wie zuvor machte sich der kleine schwarze Teufel auf den Weg, seine Peiniger zu bestrafen. Zuerst war Annette dran, die wohnte ja gleich zwei Eingänge weiter.

Eine gute Schülerin war sie, die ihre Hausaufgaben gewissenhaft erledigte und ansonsten eine saubere Heftführung hatte.

Shynn/Kai war auf das strohblonde, gleichgroße Mädchen neidisch. Er konnte zwar schon lange schreiben, aber seine Handschrift war eben etwas fahrig und krakelig, ab und an unleserlich und der Hefter war oft mit kleinen Zeichnungen und Kritzeleien an den Rändern verziert.

Er wusste natürlich sofort, was er zu tun hatte. Mit einem fiesen Grinsen schwebte er zu ihrem Schreibtisch und stöberte in ihren Schulheften herum.

Er ging davon aus, dass sie nicht mehr nachschaute, nachdem sie die Hausaufgaben erledigt hatte. Er nahm einen Tintenblitz und den Korrekturstift und suchte in dem nächstliegenden Heft die Schularbeiten für Mathematik, die ja Dienstag fertig sein sollten.

Da waren sie. Wie immer fein säuberlich gemacht. Plus und Minus mit Kettenaufgaben waren dran. Sie hatte alles richtig gerechnet. Bis jetzt.

Er berichtigte die Ergebnisse, indem er die richtigen Lösungen durch andere, falsche Zahlen ersetzte und achtete dabei darauf, ihre Handschrift so gut er konnte, nachzuahmen. Um den Verdacht zu minimieren, korrigierte er auch frühere Aufgaben, aber ohne die Ergebnisse zu ändern.

Den Schreibhefter nahm er sich als nächstes vor, wo er – statt die Aufgaben nachzubessern – einfach die Tintenpatrone aus dem Füller nahm, sie direkt auf der Seite mit der Hausaufgabe ausleerte und dort auf allen Blättern einen schönen Fleck hinterließ.

Alle Hefte verzierte er in schönster Handschrift mit Sprüchen. Wie „DDR – Deutsche Dackel-Rennbahn“ oder „Alle Pioniere1 stinken! Schlimmer als ein faules Ei! Hast du davon zwei, stinken sie für drei!“ Zu den Fächern passend, versah er sie an den Rändern mit Beleidigungen an die jeweiligen Lehrer. Schließlich hatte sie als Erstes auf ihn eingetreten und das auch noch schmerzhafter als einige der Jungs...

Bei René im Haus war es schwieriger. Seine Lieblinge waren die Hamster. Aber Shynn wollte ja nicht Tiere für sein Leid verantwortlich machen. Die konnten ja nichts für ihre Herrchen und Frauchen. Außerdem mochte er Tiere jeglicher Art.

Aus diesen Gründen wollte er ihnen nichts zuleide tun. Darum machte er nur die Käfige auf, sodass die Tierchen das Zimmer mal eben auf eigene Faust erkunden konnten.

Aber das reichte ihm nicht... Schließlich hatte der Mistkerl ja angefangen mit der ganzen Aktion, um ihm noch eins reinzuwürgen, nachdem er ja bereits sein Mittagessen wieder von sich gegeben hatte.

Ihm fiel nur eins ein: Tomatenmark. Schade drum, aber der Zweck heiligte für ihn eben die Mittel. Er ging in die Küche der Familie und kramte in den Vorratsschränken herum, darauf achtend, keine unnötigen Geräusche zu verursachen.

Nun begann er, das Zeug schön an den Tapeten zu verreiben, und zwar auf einer Höhe, die der wesentlich größere René auch erreichen konnte. Das Sofa beschmierte er ebenfalls.

Eine ziemliche Schweinerei hatte er da hinterlassen. Bäh! Zum Glück brauchte er sich als eigentlich materieloses Wesen nicht ums Händewaschen zu kümmern. Die Tube mit dem kläglichen Rest legte er René einfach in die Hand, die gerade aus der Bettdecke herausguckte.

Das war mal ein Schlamassel – ein Schlachtfeld, blutig, eines echten Dämonen würdig.

Er hatte noch viel vor in dieser Nacht...

Katja, Mandy, Christoph, Manuel und die anderen Beteiligten... Langsam gingen ihm die Ideen aus. Oje!

Die Nacht ist noch jung, irgendwas findet sich, kicherte er in sich hinein.

Dieses Gefühl, alles machen zu können und mal keine Konsequenzen spüren zu müssen, fand er zur Abwechslung seines normalen Alltags echt amüsant.

Selten hatte er so kichern müssen. Und er hatte ihnen mit dieser Gabe auch einiges voraus. Welches Kind außer ihm konnte denn des Nachts umhergeistern, fliegen und durch Wände gehen und wer weiß, was sonst noch?

Keins, soweit er wusste. Er fing an auf dem Weg zu Mandy, seinem nächsten Opfer, Loopings zu drehen und lachte schaurig dabei.

Zwei sind einer zu viel

Shynn gelangte in die Wohnung.

Aber er merkte an seiner Anspannung, dass hier schon jetzt etwas nicht stimmte. Mist, hier war schon jemand!

Die Aura hätte er längst bemerken müssen. Er war aber so im Übermut, dass ihm diese nicht wirklich auffiel.

Ein Schatten bewegte sich, schaute ihn mit ebenfalls glühenden Augen an und verschwand im Schlafzimmer der Eltern der sehr dünnen, großen, brünetten Schülerin mit den Sommersprossen.

Die Konkurrenz hatte wie er eine quasi menschliche Gestalt, war aber wesentlich dunkler und unsteter. Er konnte, im Gegensatz zum kleinen Teufelsjungen, seine Form nicht stabil halten.

Shynn glaubte, dass sich dieser nächtliche Bewohner schon lange bei der Familie heimisch fühlte und wahrscheinlich schon seit Jahren hier sein Wesen trieb. Das erklärte, warum das Mädchen so aggressiv war.

Der fremde Geist schwebte über den Köpfen der Eltern, sorgte bei ihnen für schlechte Träume und flüsterte ihnen eine Menge Hirngespinste in die Ohren.

Dem Vater trichterte er Versagensängste in der Arbeit und eine Unzufriedenheit mit seinem Leben ein. Der Mutter vermittelte er, dass ihr Mann mit ihrer Schwester, der besten Freundin und wer weiß mit wem, fremdging. Shynn sah dem Gespenst dabei fasziniert zu.

Der Alb spürte die Anwesenheit des kleinen Kerls, der sein Refugium störte, noch immer und knurrte in der Geistersprache: „Was willst du hier, Zwergnase? Du störst!“ Dies unterstrich er, indem er seine mehr als dunkle Aura noch stärker wabern ließ und diese verdichtete.

Shynn schaute ihn mit großen Augen an, wie es ein Kind in seinem Alter eben so machte. Und feixte nur. „Hey, super, da brauch ich mich hier nicht einmal anstrengen. Du sorgst ja schon ganz gut für meine Rache. Hihi! Lass dich nicht von mir stören. Mach weiter so! Und vergiss Mandy nebenan nicht!“

Er setzte das schiefe Grinsen eines Bengels auf, der gerade etwas ausgefressen hatte, und flog davon.

Der andere Dämon schaute dem kleinen Störenfried perplex hinterher. Er hatte nicht mit einem Weiteren aus seiner eigenen Zunft gerechnet und ebenso wenig mit dessen Reaktion.

Ihm war seltsam zumute. Er kam sich vor wie das Werkzeug des Kleinen. Der offensichtlich wirklich nur ein Kind war.

Weil er aber sich gerade von der negativen Energie dieser Familie ernährte, kratzte ihn das nicht weiter und er setzte sein Unterfangen fort.

Shynn hingegen war ebenfalls verblüfft. Er hatte bisher noch kein Wesen seiner Art gesehen, wenn er unterwegs war. Er hatte sie zwar gespürt, aber jetzt sah er seine Ahnungen bestätigt, dass es sie gab und es unter Umständen wirklich besser war, sich gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Gerade hier in einer Welt, wo sie eigentlich nichts verloren hatten.

Er dachte an die Tierdokus, die er ab und an gesehen hatte, trotz des spärlichen Fernsehprogramms. Wie bei Wolfsrudeln, welche die Grenzen des Nachbarreviers respektieren mussten, nahm er sich vor, in Zukunft besser auf solche Auren zu achten und Wesen seiner Art zu meiden. Gerade weil er noch so winzig war und seine eigenen Kräfte doch begrenzt waren.

Er hatte immer noch nicht rausbekommen, was er noch alles konnte und es noch nicht geschafft, Materie zu tragen und sie durch Wände hindurch mitzunehmen.

Dies nahm er gleich in Angriff. Aber mit mehr Bedacht und weniger Übermut. Er flitzte ganz schnell kerzengerade nach oben, bis er die Krümmung des Planeten sah.

Allerdings musste er an der oberen Stratosphäre stoppen. Er kam nicht weiter, denn anscheinend war er auf irgendeine Weise immer noch an den Planeten gebunden.

Er ließ sich wieder nach unten fallen und fand somit heraus, dass ihn die Erdbeschleunigung nicht betraf.

Dabei schrie er so laut er konnte, was ein Flugzeug, welches in dieser Stunde seine Bahn kreuzte, kurz absacken ließ.

Der Pilot glaubte sicher, dass ein Luftloch dafür verantwortlich sei, stabilisierte die Maschine und flog weiter.

Ups! dachte der kleine Teufel. Auf der Höhe der Plattenbausiedlung bremste er seinen Fall so stark, dass es ihn verformte und er kurze Zeit wie ein Eierkuchen aussah.

Das war lustig, vor allem weil er keine Millisekunde später wieder in seine ursprüngliche Geistergestalt zurückploppte. Er hatte jedoch nicht mehr viel Zeit, diese spaßige Erfahrung zu wiederholen. Die Nacht war schon halb herum.

Shynn bringt euch Ärger

Sein nächstes Ziel war die brünette, etwas größere Katja. Die wohnte auch nicht weit weg. Bei ihr war die Sache etwas einfacher: ihr Vater war irgendein hohes Tier in einem Kombinat2. Und seine Brigade war die Patenbrigade3 der Klasse.

Dort angekommen nahm er Stifte des Mädchens zur Hand, nahm sich die Aktentasche ihres Herrn Papas vor und begann, darin alles durcheinanderzubringen. Einige sehr wichtig erscheinende Dokumente zerriss er einfach und warf sie in die Toilette.

Einiges von dem Rest bemalte er mit Mandys Blumen- und Häschen-Zeugs. Da sie eh ein Papakind war, reichte das schon, um hier etwas Unfrieden zu stiften.

Bei Christoph, mit dem dunklen Igelschnitt, der aber sehr bleiche Haut hatte, war es auch nicht anders. Der hatte beim letzten Urlaub in Ungarn über elterliche Beziehungen einen Computer bekommen, mit dem er oft angab und für den er schon viele verschiedene Spiele hatte. Kai/Shynn hatte er noch nie zu sich eingeladen, um mit ihm zu spielen.

Andere zu treten macht ja anscheinend so viel mehr Spaß. Die Lust wollte Shynn ihm verleiden.

Er nahm aus dieser Wohnung keine fremden Präsenzen wahr und sah bald das gute Stück: einen Commodore 64. Sogar mit Originalspielen. Kein Wunder, dass er dafür von den anderen Kindern hofiert wurde. Das wird nicht lange so bleiben, dachte sich Shynn.

Ein Computer war eine hochkomplexe Maschine, selbst zu dieser Zeit. Er versuchte mal etwas Neues: in das Gerät hineinzuschlüpfen und zu sehen, was er dort so alles anrichten konnte. Es gelang sogar.

So konnte er nur Schaden in der Elektronik anrichten – das wäre zu leicht, denn das ließe sich ja wieder reparieren.

Also versuchte er es von innen heraus einzuschalten. Er schaffte es auch, irgendwie in die gespeicherten Spiele einzudringen, und etwas an dem Programm zu wursteln.

Von außen betrachtet sähe es sicher witzig aus, eine Pixelvariante von Shynn dabei zu beobachten, wie er sich im Gerät verhielt, wie die Echse, der Werwolf und der Gorilla aus dem Häuser-Kaputt-Mach-Spiel „Rampage“. Aber das Ganze halt auf alle Spiele bezogen.

Einige wichtige Gegenstände und Spielfiguren von zwei Nimm-und-Gib-Spielen namens „Maniac Mansion“ und „Zak McCracken“ ließ er einfach verschwinden.

Bei den Spring-Spielen und anderen ähnlichen Spielen baute er Endlosschleifen ein, die dafür sorgten, dass Chris diese Spiele nie würde beenden können.

Die Autorennen veränderte er so, dass die Gegner immer schneller als er waren und jedes Fahrzeug, welches er auch immer auswählen würde, stattdessen herumkroch wie eine lahme Ente.

Nicht nur das: Er sorgte auch dafür, dass sich immer wieder zufällig die Steuerungsbefehle umkehrten oder widersprachen.

Das bedeutete: Frust pur. Würde ihn nicht wundern, wenn Chris, so jähzornig wie er war, das Gerät umschmiss.

Nur so aus Spaß änderte er die Texte vieler Spiele, sodass sie anstelle ihres eigentlichen Inhaltes, Christoph oder seine Freunde verspotteten und beleidigten.

Die Spiele wollte er zwar auch mit Löchern versehen, aber ohne die Teile konnte der Mitschüler ja nicht spielen. Stattdessen entsorgte der kleine Teufel die Spielanleitungen und die diversen Kodes.

Auch Dämonen haben Mitgefühl

Bei dem weißblonden Manuel war es anders: Als er die Wohnung betreten hatte, stellte er auch hier eine Anwesenheit fest, aber die war anders als bei Mandy.

Diese hatte er immerhin bemerkt, aber hier hielt sich die spürbare Kreatur gut verborgen. Zu gut. Weil sie ihn erst einmal nicht behelligte, störte er sich nicht daran, sondern schaute sich trotz seiner vorigen Bedenken erst einmal um.

Er fand bei dem Jungen auch kaum Angriffsflächen. Er hatte nur sehr wenig Spielzeug, einige kaputte Matchboxautos und eine Sammlung Mosaikhefte, bei der die meisten Exemplare allerdings schon ziemlich zerfleddert waren.

Auch die Möbel waren in der ganzen Wohnung ramponiert. Er konnte es sich nicht erklären. In der Küche standen überall Bier- und Kognakflaschen herum, billiges Zeug. Stammte sicher vom Vater.

Er kannte den Mann vom Sehen, er hatte immer Angst vor ihm gehabt: Er war groß, kräftig, verfügte über einen Bierbauch, hatte kurz geschnittenes Haar, fast so ähnlich wie das von Manuel, eine im Sommer vor allem sehr rote Hautfarbe. Und echt gruselige, kalte, stechende, eisblaue Augen.

Ein Geräusch drang aus dem Kinderzimmer. Manuel drehte sich im Schlaf, er schlief generell unruhig. Er murmelte etwas, das hörte sich an, wie: „Nein Papa! Lass das! Du tust mir weh! Aua!“, „Mama, warum hilfst du mir nicht? Er tut dir auch weh! Mama! Mamaaa!“

Ein Arm fiel aus dem Bett: blaue Flecken waren darauf zu sehen. Shynn dachte bei sich, dass der Junge sicher kein anderes Ventil hatte, als andere zu drangsalieren.

Das machte Manuel mit jedem, der ihm in die Quere kam. Hätte der Blödmann doch mal den Lehrern was gesagt. Trottel! Und er schrieb auch meist nur Vieren und Fünfen. Arme Sau.

Im Schlafzimmer hörte er etwas anderes, rhythmisches Knarzen und stoßweise Geräusche wie Atmen und Grunzen. Er war neugierig, was das bedeuten sollte – aber aufgrund der Erfahrung mit dem Nachtalb zuvor – auch vorsichtig.

Er ging an die Wand, um mit ihr und den Schatten, die an sie geworfen wurden, zu verschmelzen. Er bewegte sich auf diese Weise an den Wänden entlang in Richtung des Schlafzimmers.

Ein interessantes Gefühl, das hatte er auch noch nicht probiert. Die Tür war einen Spalt weit offen, so konnte er problemlos eindringen.

Was er sah, konnte er aufgrund seiner eigenen Kindheit und Naivität nicht begreifen. Im Bett lagen die Eltern Manuels: Die Mutter, eine schmale, sehr zierliche Blondine im Nachthemd lag auf dem Rücken und auf ihr, beziehungsweise zwischen ihren gespreizten und angewinkelten Beinen, lag der Vater.

Er stützte sich mit den Armen ab und zog mit einer Hand an ihrem dünnen, strohblonden Haar. Die gestreifte lange Schlafanzughose.

Shynn hatte also einen guten Ausblick auf den Teil des Körpers, wo die Sonne nie hinscheinen würde, und sich dieser im Takt des Atmens und des knarzenden Bettes auf und ab bewegte.

Zusätzlich waren auf den frei sichtbaren Flächen des Männerkörpers schlecht gestochene Tätowierungen zu sehen.

Der kleine Dämon dachte sich: Bilder auf der Haut. Onkel Holger sagte dazu, dass das welche haben, die im Gefängnis waren.

Die Frau wies ähnliche blaue Flecke wie Manuel auf, sogar einen am Auge, welcher aber schon am Abschwellen war.

Noch etwas sah er: Die Aura, die ihn so irritiert hatte, ging nicht von einem weiteren Wesen hier in der Wohnung aus, sondern von dem Mann! Kann man das? Einen Menschen... besetzen? Mit seinem kindlichen Gemüt, schreckte er davor zurück, es zu versuchen.

Der Vater des Mitschülers grunzte und hielt inne. Er schaute sich im Zimmer um, sodass Shynn jetzt die Augen des angsteinflößenden Mannes sah. Sie glühten aus der Dunkelheit des Zimmers durchgängig rot!

Die Frau unter ihm wimmerte. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sie und lallte: „Hassu noch nich’ jenuch, du Schlambe?“, während er sich anschickte, seine Lust an ihr weiter zu befriedigen.

Der ungebetene Besucher, der das ganze Treiben lang genug beobachtet hatte, nutzte den Augenblick, um diesen Schweinestall schnellstens zu verlassen.

Genauso roch es hier für seine nun empfindlichere Nase durch die verströmten Hormone und Körperflüssigkeiten, die einen muffigen und beißenden Geruch verströmten, der an das Raubtier- oder Affenhaus im Zoo erinnerte.

Auch hier hatte er nichts zu tun. Manuel war schon gestraft genug. Nun musste er besonders aufpassen. Dieser andere Dämon war wesentlich mächtiger und sicher auch bösartiger als er, wenn er sich schon in einem Menschen einnisten konnte.

Zum Glück hatte ihn der Vater, oder besser gesagt das Böse in ihm, nicht entdeckt. Wer weiß, was der mit ihm gemacht hätte...

Shynn mutmaßte, dass es in der Gegend noch mächtigere Wesen gab als diese Erscheinung. Er wusste jedoch auf einer sehr tiefen Ebene, dass der ihm auf irgendeine Weise ähnelte. Aber wodurch? Und woher wusste er das?

Scheint doch häufiger vorzukommen, dass Geister hier wandeln, dachte er bei sich. Aber er hatte anderes im Kopf. Es warteten noch einige Hanseln auf ihn.

Dem Rest den Rest geben

Bei allen restlichen Kindern war die Luft so weit rein, als er sie einen nach dem anderen besuchte. Und auch bei ihnen stiftete er diversen Unfrieden, wie zuvor. Die Hausaufgaben verschwinden lassen, zum Beispiel.

Bei einem der Jungen versuchte er es auch erst mit Einflüsterungen, so wie der Nachtalb bei seiner Mitschülerin. Das überforderte ihn jedoch mental, also ließ er das fürs Erste bleiben. Stattdessen warf er Teile von dessen geliebter Minifigurensammlung weg und vergriff sich zusätzlich an dessen Schallplatten und Klamotten.

Gerade die Sachen aus den Westpaketen richtete er besonders übel zu.

Einem Mädchen schleppte er Spirtuosen aus dem Bestand ihrer Eltern ins Kinderzimmer. Einen Teil des Inhaltes kippte er über die erreichbaren Lebensmittel. Das wird lustig morgen.

War ja auch fast immer das Gleiche: Finde raus, was denjenigen am meisten trifft und schon hast du ihn.

Machten sie das nicht auch immer so mit ihm?

Beim letzten Bengel, der ihm so schön den Nachmittag versaut hatte, öffnete er die Kaninchenbuchten, die er schon von weitem riechen konnte und verbog das Maschendrahtgitter des Grundstückszaunes an einer versteckten Stelle zu einem großen Loch.

Er wollte den Tieren ja nichts tun, sondern überließ es ihnen bloß, ob sie stiften gehen oder hier bleiben wollten.

Lange würden sie es sicher nicht machen, dachte er, denn es war fast Winter und es waren Rassekaninchen, die zu Ausstellungszwecken gezüchtet wurden und somit zum Großteil für das Leben in der Wildnis nichts taugten. Außer zur Nahrung für den Fuchs oder andere Raubtiere.

Ihm kam es hier nur auf den Ärger an, den er dem hier wohnenden Kind dadurch verursachte, denn es war mitverantwortlich für die Fütterung der Mümmelmänner. Es gab sicher Zoff, wenn die Boxen offen gelassen wurden und die preisgekrönten Tiere ausbüxten.

Shynn machte sich auf dem Heimweg, denn es wurde langsam Zeit. Denn er durfte nicht aufwachen, wenn er nicht drinnen war. Er wusste nicht, was dann mit seinem Körper geschähe, wenn das passierte.

Das Kopfweh, unter denen er nach solchen Nächten litt, hing sicher damit zusammen, dass er den Leib überhaupt verlassen konnte.

Gedankenkreisel

So kam es auch schließlich, Kai hatte schlimme Kopfschmerzen, schlimmer als am Tag zuvor. Er würde zwar die Wohnung heute eh nicht verlassen. Dafür konnte er relativ unbehelligt im Zimmer bleiben und seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen.

Währenddessen berieten sich die Eltern, die doch langsam in Sorge waren.

„Lisa, mit dem Jungen stimmt was nicht. Gestern angeblich Kopfschmerzen. Heute schon wieder? Was machen wir nur? Das macht mich wahnsinnig. Wie kommen wir an ihn ran?“

Die Mutter antwortete nur: „Jochen, Montag ist die Schule wegen Behördentag geschlossen. Dann werde ich mal mit ihm zum Kinderarzt gehen. Wie du sagst, der Sache mit den Kopfschmerzen sollten wir mal nachgehen. Bis jetzt hielt ich die für Übertreibungen. Und da sollten wir auch gleich einmal prüfen lassen, warum er in der Schule mit den anderen Kindern so Probleme hat. Lassen wir ihn in Ruhe.“

So berieten sie sich und einigten sich auf den Ablauf von nächster Woche. Kai hatte seine Lauscher auf Empfang und hörte sehr genau, was die beiden da redeten.

Er verzog das Gesicht, denn er hasste Ärzte und Krankenhäuser. Der Junge musste diese früher oft aufsuchen. Oder zur irgendeiner Untersuchung gehen, das ging ihm schon auf den Keks.

Andererseits nervte ihm das mit dem Kopf schon. Was war also schlimmer?

Nach dem Frühstück stand er wortlos auf und ging in sein Zimmer zurück, denn er war seinen Eltern immer noch böse, dass sie ihn gestern gleich so ausgemeckert hatten und ihn nicht einmal zu Wort kommen ließen.

Er dachte, als der Kopf nicht mehr wehtat, über seine Träume und die Zusammenhänge mit den Ereignissen, die darin geschahen, nach.

 Erstens: Er träumte früher schon von dem Teufelchen, Shynn nannte er ihn. Aber so detailreich waren die Träume nur dann, wenn er richtig schlimm geärgert wurde.

 Zweitens: Solche Träume finden nicht bei jeder Sache, die ihm durch andere widerfuhr, statt. Es musste vorher richtig wehtun.

 Drittens: Was hatte dieses Wesen mit ihm zu tun? Wo war die Verbindung zu ihm selbst? Er malte ihn ja auch immer in Kindergestalt, etwa seiner eigenen entsprechend. Darauf konnte er sich keinen Reim machen. Außer, dass er keine Sportskanone war, klein und schmächtig und ohne Brille schlecht sah, fiel ihm auf, dass das Fantasiegeschöpf keine Brille hatte und fliegen konnte und so durch Wände gehen. Wollte er so sein wie Shynn?

 Viertens: Als ganz kleiner Junge hatte er so etwas wie einen unsichtbaren Freund, den er nur undeutlich in Erinnerung hatte. War das nicht ebenfalls Shynn? Möglich. Dass dieser alles das war, was er selber nicht war? Dieser Gedanke verfestigte sich noch einmal.

 Fünftens: Die Träume sind so echt, zu echt, nicht wie Träume sein sollten. Er träumte schließlich auch andere Sachen. Aber im Unterschied dazu, beobachtete er in normalen Träumen mehr und konnte dort keinen Einfluss nehmen. Hier schien es so seinen tiefsten Wünschen zu entsprechen, was da geschah. Außerdem bekam er hinterher immer raus, dass das in den Träumen auch wirklich passierte. Wie kann das sein? War er etwa doch dafür verantwortlich?

Wo war der Zusammenhang zwischen ihm, Shynn, den Träumen, seinen Peinigern und den fiesen Streichen, die diese Traumgestalt denen spielte, dem Druck auf dem Kopf, der ihn nach solchen Träumen überkam?

Je mehr er überlegte, umso mehr wurde er in seinen Gedankengängen blockiert. Nichts passte richtig ins Bild. Auch wenn er ein recht heller Kopf war, überstieg dies alles seinen Horizont. Es war wie in einem Märchen. Auch wenn er diese nach wie vor mochte: Nur Kleinkinder glauben an so etwas.

Er schüttelte diese Gedanken ab und beschloss, zu niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen über diese rätselhaften Geschehnisse zu verlieren.

Das war sein kleines-großes Geheimnis. So!

Der Rest des Wochenendes verlief relativ ereignislos, aber erholsam und der Montag – auf den er wenig Lust verspürte und den er am liebsten anders verbracht hätte, wenn die Schule schon ausfällt – war im Anmarsch.

Ärztebesuch

Also machten sich Kai und seine Mutter nach dem Frühstück fertig, um in die Poliklinik zu fahren, die drei Straßenbahnhaltestellen weit entfernt lag.

Es war ein dreistöckiger, relativ großer, weitläufiger Bau, um möglichst viele verschiedene Fachärzte und deren Untersuchungsräume unterzubringen.

Kai kannte das Haus gut genug. Überall roch es darin durchdringend nach verschiedener Arznei, alkoholischen Desinfektionsmitteln und vielen Menschen.

Die Kinderärztin und der Zahnarzt waren darin untergebracht. Auch der Hausarzt seiner Eltern sowie diverse andere. Zuerst war die Kinderärztin dran. Sie setzten sich zu den anderen Eltern mit ihren Kindern in den Warteraum.

Kleinkinder brabbelten und krabbelten herum. Einige davon versuchten, sich etwas von dem Spielzeug, welches ihnen die Wartezeit verkürzen sollte, in den Mund zu stecken. Die Mütter nahmen ihnen die Dinge aus der Hand oder dem Mund, was meist zu Gequengel und genervtem Geschimpfe führte. Ein Baby schrie wegen seinem hohen Fieber und den Schmerzen aus Leibeskräften.

Sie mussten zwanzig qualvolle Minuten warten, während einige dieser Minipatienten mit der Sprechstunde fertig wurden, wieder ihrer Wege gingen und andere neu hinzu kamen.

In einer Tour hoben sich die Köpfe, wenn wieder jemand eintrat. „Guten Tag!“ und „Auf Wiedersehen!“ wurde mehrmals wiederholt, beziehungsweise ausgetauscht.

Kai kam im Gedanken auf drei „Guten Tags“ sowohl fünf Erwiderungen und auf zwei „Auf Wiedersehens“ und vier Entgegnungen. Das kam ihm vor, als wären die Leute Papageien, die einfach alles nachplapperten.

Endlich wurden sie aufgerufen und betraten das Sprechzimmer. Die bekannte Ärztin öffnete. Sie hatte sich seit dem letzten Mal kaum verändert. Sie war immer noch eine relativ junge Frau, schlank und attraktiv.

Lange, glatte Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Unter dem üblichen Arztkittel trug sie enge schwarze Kordhosen und darüber noch einen hellgrünen Pullover. Außerdem hatte sie eine Kette mit einem Anhänger um den Hals, den ein schwarzer Stein zierte.

Sie bat Kai, sich bis auf die Unterhose auszuziehen, was er sehr ungern tat. Er genierte sich, gerade vor Mädchen und Frauen.

Er mochte es auch nicht sehr, wenn mit ihm ausschließlich Mädchen oder Frauen im Raum waren. Irgendwie war ihm das unangenehm.

Die Ärztin untersuchte ihn gründlich. Wegen dem kalten Stethoskop zuckte er öfter zusammen und der ekligen Holzspatel, den sie auf die Zunge legte, löste bei ihm wie immer einen Würgereiz aus.

Er musste auch einige Anweisungen ausführen, die ihm die Ärztin gab. Gleichgewichtsübungen, einige einfache sportliche Übungen, die er so gut er konnte ausführte.

Sie vermaß und wog ihn außerdem. Da er anscheinend auf den ersten Blick gesund war, ordnete sie weitere Untersuchungen beim Neurologen an, wo ein EEG auf ihn wartete.

Also mussten sie erneut in einem weiteren Wartebereich ein Stockwerk höher Platz nehmen, wo der Mann praktizierte.

Nach gefühlt zwei Stunden (Kai wurde es langsam langweilig und er hatte Angst, dass er eventuell wieder ins Krankenhaus musste) wurden sie aufgerufen.

Der Arzt war Kai ebenfalls bekannt. Der Junge war in der Kindergartenzeit bereits von dem Mann untersucht worden, als der Kleine einmal kopfüber vom Klettergerüst gefallen war und sich am Sockel den Kopf gestoßen hatte. Das hatte damals ja die Gehirnerschütterung zur Folge.

Er kannte die Prozedur: Er musste sich auf einen großen Sessel setzen, bekam ein großes Handtuch über den Körper gestülpt, der Kopf wurde mit einer kalten schmierigen Pampe eingekleistert und die Kontakte des EEGs wurden so dicht an der Kopfhaut angebracht, wie es wegen der Haare eben ging. Die Hirnströme Kais wurden so auf Papier gebracht und ausgewertet.

Sie mussten noch einmal eine halbe Stunde warten, bis die Auswertung fertig war. Der Arzt kratzte sich an seinem oben kahl werdenden Kopf und sagte: „Das EEG ist, soweit ich es beurteilen kann, normal. Keine Auffälligkeiten. Für die Kopfschmerzen gebe ich Ihnen ein Rezept mit. Die Tabletten bitte nach Bedarf nehmen.“

Als er das hörte, verzog Kai sein Gesicht vor Ekel und streckte die Zunge raus. Gedanklich stellte er sich vor, dass Shynn zeitgleich dasselbe tat.

Sie traten die Heimfahrt an und Mutter wie Sohn waren erleichtert, dass dieser stressige Tag endlich hinter ihnen lag. Den Rest des Tages blieb er in seinem Zimmer und spielte.

Auswirkungen

Am Folgetag gingen alle endlich wieder zur Schule. An seine Träume denkend, versuchte Kai darauf zu achten, wie die betreffenden Kinder so drauf waren und was sie einander erzählten.

Die Gelegenheit dazu war in den kleinen Pausen günstiger. Annette, Mandy, Katja, René und Christoph schauten sehr betreten drein.

Manuel fehlte heute. Aber bei dem, dachte Kai bei sich, hat es am Wochenende bestimmt wieder Kloppe von seinem versoffenen Vater gegeben.

So viel Verstand schien der Mann noch zu besitzen, den Jungen nicht grün und blau geprügelt in die Schule zu schicken.

Auch die an der Schikane beteiligten Schüler aus den Parallelklassen sahen immer noch so aus, als wäre ihnen das verlängerte Wochenende etwas versaut worden..

Ihm war wegen einem Anfall von schlechtem Gewissen komisch zumute, andererseits war er ihnen noch böse. Er versuchte jetzt, sich für die anderen unsichtbar zu machen, so wie Shynn es in seinen Träumen tat. Hauptsache sie ließen ihn endlich in Frieden.

In der zweiten Stunde hatten sie Mathe und die Hausaufgaben sollten abgegeben werden. Alle taten es, aber Frau Schmidt bemerkte, dass Annette vergessen hatte, ihr Heft abzugeben.

Sie erinnerte die Musterschülerin daran, woraufhin diese das Heft auspackte, um es – von sich so sehr überzeugt, dass alles richtig war und sie wieder ein Fleißbienchen dafür bekommen würde – der heißgeliebten Lehrerin zu übergeben.

Die Frau fing auch gleich mit diesem Heft an und überflog es. Sie staunte nicht schlecht, weil sie darin Beleidigungen, den Arbeiter- und Bauernstaat betreffend, vorfand.

Nicht nur das: Auch sie selbst wurde nicht verschont, sondern als alte Ziege bezeichnet. Andere Schimpfwörter, den ganzen Zoo, bestimmter Berufsgruppen oder Körperteile betreffend, tauchten zu allem Überfluss darin auf.

Der Lehrerin fielen fast die Augen aus. Und die Hausaufgaben... Annette, das Matheass, hatte fast alles falsch? Und diese Ausdrücke! Wie kann das sein?, dachte sie.

Sie wurde sichtlich wütend und brüllte: „Annette! Ich spreche dir hiermit den Klassenleitertadel aus! Für die Schularbeiten bekommst du eine Fünf! Und die darfst du auch noch einmal machen, die Gleichungen sind so gut wie alle falsch. Ich bin zutiefst enttäuscht von dir! Was ist los, Mädchen? Wieso beleidigst du mich in den Heften? Bisher sind wir doch gut ausgekommen, oder nicht? Du bekommst auf jeden Fall einen Brief an deine Eltern mit.“

Sie gab dem Mädchen das Heft mit der aktuellen Hausaufgabe und zeigte darauf. Die Ärmste war völlig fassungslos. Frau Schmidt dachte trotz allem bekümmert: Wie konnte das sein? Sie machte doch sonst alles so gewissenhaft...

Die Augen der Klasse waren ausnahmslos auf sie gerichtet und die Schülerin fing an zu weinen: „Das... war ich gar... nicht-“

„Ruhe! Und lüg mich nicht an! Das ist doch dein Heft und deine Schrift hier, oder nicht?“, kam es von Frau Schmidt. „Mach, dass du raus kommst, den Rest der Stunde darfst du vor der Tür verbringen!“

Unter lang andauerndem, lautstarkem Protest und bitteren Tränen verließ die bisherige Lieblingsschülerin schließlich doch das Klassenzimmer, drehte sich aus Trotz noch einmal um, um der Lehrerin und der Klasse die Zunge raus zu strecken, bevor sie die Tür zuknallte.

Drinnen tobte die Lehrerin die nächsten fünf Minuten, bis sie sich endlich beruhigte, um die völlig verdutzte Klasse weiter zu unterrichten.

Die Stunde war endlich zu Ende, denn weit kam die Frau, des aufkommenden Tumultes wegen, nicht mehr. Annette durfte zur Pause wieder reinkommen und die Klasse unterhielt sich über das Ereignis.

„Was war denn los?“, „Was ist passiert?“, wurde sie von vielen bestürmt. Das Mädchen zog sich in sich zurück und sagte kein Wort mehr. Tröstungsversuche ihrer Freundinnen wies sie zurück.

Mandy war schon die ganze Stunde über total unruhig und schaute sich überall um. Nach dem Auftritt Frau Schmidts war sie noch verstörter. Irgendwas musste dem Kind eine Heidenangst gemacht haben...

Christoph und seine Freunde machten auch nicht wie sonst Blödsinn. Er schien sich von ihnen abgesondert haben, beziehungsweise sie sich von ihm.

Sie machten sich noch immer über ihn lustig und über seinen Schrottcomputer, der sie immerzu beleidigt hatte. Und die Spiele waren auch scheiße, weil sie immer verloren, lästerten sie.

Er war enttäuscht, weil er am Sonnabend mit ihnen zocken und eine Übernachtungsparty machen wollte.

Und kaum lief der Rechner, ging alles schief. Sie lachten lauthals, als die Spielfigur ihn als Oberarschloch oder als Riesenvolltrottel bezeichnete.

Und er war sauer, als er die Spiele, die er ansonsten problemlos schaffte, vergeigte. Selbst Toni, der gegen ihn immer verlor, war ihm überlegen.

Er wurde immer wütender, sie lachten immer mehr über die Schimpfwörter auf dem Bildschirm. Als auch sie vom Commodore beleidigt wurden, hörte der Spaß auf.

Sie stritten sich, bis Christophs Eltern genug hatten und die ganze Bande schon am späten Nachmittag aus der Wohnung warf. Der Junge und Spielekönig war am Boden zerstört.

Kai erfasste bald nur noch einen Teil von der Auswertung der anderen Jungs dieses verpatzten Wochenendes, da er sich nun auf Katja und René konzentrierte.

Das Mädchen schien nicht gerade gute Tage hinter sich zu haben. Sie schaute so drein wie René.

Bei ihm war es genauso: Er hatte seine Eltern noch nie so schimpfen hören. Was für ein Ferkel er war und was ihn dazu veranlasste hatte, die Wohnung so zu behandeln. Er bekam Stubenarrest und einige seiner Spielzeuge kamen unter Verschluss.

Eigentlich wollten sie ja am Samstag in den Zoo, aber das war nach der Sauerei erledigt, denn Wohnung schrubben und waschen war angesagt. René wurde kräftig mit eingespannt, denn er war ja der vermeintliche Verursacher.

Sein kleiner Bruder fand das Ganze total lustig, war aber zugleich sauer auf ihn, da ja für den Kleinen der Zoo auch ins Wasser fiel.

Er konnte sich auch nicht erklären, wie die Tube in seine Hand gelangt ist; geschweige denn seinen erbosten Eltern. Und wegen der Flecken würden sie die Wohnung komplett neu tapezieren müssen.

Außerdem mussten sie die Hamster wieder einfangen, die frei im Kinderzimmer zugange waren. Hat der verantwortungslose Bengel vergessen, den Käfig zu schließen? So dachten sie, als sie die Tür öffneten, um den Jungen zu wecken, als schon einer der Nager zwischen, beziehungsweise unter ihren Füßen hindurchhuschte.

Da sie ja ohnehin die Möbel verrücken mussten, spielte das auch keine Rolle mehr. Das hatte auch ewig gedauert, die Viecher wieder einzufangen. Die hatten sich unter die kleinsten Ritzen verkrochen, waren blitzschnell und wollten sich auch nicht gern einfangen lassen. Sie quittierten die Versuche, sie festzuhalten, mit schmerzhaften Bissen.

Abgesehen davon, dass die Tierchen sich schon nagenderweise an Wohnungseinrichtung, Kissen, Schuhen und deren Schnürsenkel verlustiert hatten.

So durfte René diese auch nicht mehr behalten. Die Wohnung glich, genau wie das Wochenende der Familie Albrecht, einem Katastrophengebiet.

Katjas Vater war auch sauer auf seine Tochter, bekam Kai aus den Unterhaltungen mit. Er bestrafte sie ebenfalls mit Stubenarrest und Fernsehverbot.

Und ihre Spartakiade4 im Frühling, beziehungsweise das Training dafür, konnte sie auch vergessen, da sie wichtige Unterlagen von ihrem Papa vernichtet hatte und er deswegen garantiert von seinem Chef Ärger bekam.

Eigentlich sollte er oberster Abteilungsleiter werden, aber damit war es nun Essig. Nix mit mehr Geld und eventuell einem Dienstwagen. Bedauerlich.

nicht wirklich.

Kai dachte sich seinen Teil. Es tat ihm einerseits sehr leid für die anderen, andererseits empfand er es ein bisschen als ausgleichende Gerechtigkeit.

Für die bedauernswerte Einserschülerin hatte der Alptraum noch kein Ende. Ganz im Gegenteil: In Deutsch konnte sie außer einem Tintenfleck und weiteren Beleidigungen des Staates, seiner Kinderorganisation und der Lehrerin nichts vorweisen.

Und bekam auch hier einen Tadel, eine schlechte Zensur und noch einen Brief an die Eltern angedroht. Sie wurde im Laufe des Tages immer unsicherer und holte die anderen Hefte heraus, die sie mit sich führte.

Alle waren mit Kritzeleien und verbalem Unflat besudelt, dessen Herkunft sie sich nicht erklären konnte.

Völlig verstört rannte sie aus dem Zimmer und verkroch sich den Rest des Tages auf dem Mädchenklo, wo sie bitterlich weinte. Ihre Eltern würden ihr wohl heute ein gewaltiges Donnerwetter bereiten. Alles schien sich gegen sie verschworen zu haben.

Die richtig miesen Attacken gegen Kai ließen im Lauf der Zeit nach, da er es langsam schaffte, unauffällig in der Masse der Schüler zu verschwinden. Sie nahmen ihn meistens nicht einmal wahr, denn einige Kinder der Klasse verhielten sich ohnehin seit dem Herbst merkwürdig.

Sorgen einer Direktorin

Die mittelalte, dunkelblonde, nicht mehr ganz schlanke Direktorin wunderte sich über die Häufung seltsamer Vorfälle:

Der Klassenbesten der 1a war ein Schulleitertadel fast sicher. Es ist nicht zu erklären, warum sie solche Reden in die Hefte schrieb.

Die Eltern waren eingeladen worden und waren über den Inhalt der Hefte fassungslos. Sie konnten ihr glaubhaft versichern, dass sie damit nichts zu tun hatten.

Das völlig entsetzte Mädchen war nur durch viel gutes Zureden dazu zu bewegen gewesen, die Toilettenkabine, in der sie sich verbarrikadiert hatte, zu verlassen.

Die Klassenlehrerin berichtete ihr auch, dass das Klassenkollektiv sich in seinem Gefüge stark veränderte. Und das war echt schlimm. Waren nicht alle Jungpioniere, die sie ja erst geworden waren, Freunde? Na ja, sie wusste, dass es in dieser Klasse einen gab, der ständig Ärger machte, aber der fehlte diesen Tag.

Ihr eigener Sohn hatte ihr zu Hause auch gesagt, dass sein einer Freund doof ist. Er wurde ja von diesem für das Wochenende zum Übernachten eingeladen, aber dann von der Familie, wie auch die anderen Freunde vor die Tür gesetzt, wo sie ihn am selben Abend abholen musste.

Die Patenbrigade dieser Klasse kam auch nicht mehr und wollte diese Klasse nicht mehr begleiten.

In den Parallelklassen war auch so Merkwürdiges passiert. In allen Klassen gab es Kinder, die sich aus heiterem Himmel mehr oder minder merkwürdig verhielten.

In der b kam ein Mädchen alkoholisiert zur Schule – unerklärlich, wie das passieren konnte. Und in der c waren einige total verstört und auch dort waren bei einem Schüler die Hausaufgaben nicht mehr aufzufinden.

Bei den meisten hing seit Kurzem der Haussegen gewaltig schief. Entweder war das erst seit kurzer Zeit so oder in den Familien lag schon lange etwas im Argen. Sehr seltsam, dachte sich die Frau.

Kai bekam von den persönlichen Gedanken, die sich die Frau Direktor da machte natürlich nichts mit. Er verbrachte den Rest des Schuljahres etwas ruhiger.

Was vom Schuljahr übrig blieb

Annette musste die Schule wechseln und war leistungstechnisch nie wieder so gut wie bisher.

Mandy musste das Jahr wiederholen, denn ihre Eltern hatten sich nach einem monatelangen Rosenkrieg scheiden lassen, worunter das Mädchen doch ganz schön litt. Auch hatte sie zunehmend Schwierigkeiten, dem Stoff zu folgen und wurde immer fahriger.

Manuel wechselte ebenfalls die Schule und kam wegen häuslichen Vorkommnissen in eine Pflegefamilie.

Katjas Vater behandelte seine Tochter etwas kühler als sonst, worunter die Leistungen der Schülerin auch etwas litten. Sie wurde sehr still und zurückgezogen.

Christoph durfte vorerst keine Freunde mehr einladen. Es kamen auch keine mehr, solange dieser verhexte Computer da war. Also wurde dieser abgeschafft, als seine Eltern sahen, was auf dem Gerät los war.

René wurde etwas seltsamer, weil er ja eine ganze Weile lang kaum aus der Wohnung durfte, außer zur Schule. Seine Eltern verziehen ihm die Schweinerei nicht so schnell. Sie mussten alles neu tapezieren und streichen, was ihre Ersparnisse sehr schröpfte.

Bei einigen von Kais Peinigern aus anderen Klassen lag aus dem gleichen Grund etwas im Argen, denn Shynn hatte denen ebenso Besuche abgestattet.

Bis auf einige Verbalattacken passierte ihm von Seiten der Gleichaltrigen die nächsten Jahre nichts. Bei den höheren Klassen war das was anderes, da die meist ein Opfer suchten, und was ist leichter, als sich an die kleineren Klassen zu halten. In diesem Fall an Kai.

So viel zum Thema FDJ5 oder Pioniere sind alle Freunde. Sein Alter Ego kam natürlich auch des Nachts zu denen, um dort etwas Unfrieden zu stiften.

Kai wollte einfach nur noch seine Ruhe haben, mehr war es ja nicht, er hatte eigentlich auch keine Lust, zu den Gruppennachmittagen zu gehen oder in den Hort. Aber dort musste er nicht häufig hin.

Als das Schuljahr im Sommer zu Ende ging und Kai sein sehr gutes Zeugnis bekam, fuhr er die ersten Wochen ins Ferienlager, was er eigentlich nicht so gerne tat, denn dort hatte er es natürlich mit fremden Kindern zu tun, wo er wieder vom Regen in die Traufe geriet.

Die Jungen gingen noch, die ließen ihn in Frieden, weil er ja auch einer war und ebenfalls, wie sie selbst, gern baute oder Insekten sammelte. Sie waren sich alle in einem Punkt einig: Sie fanden Mädchen in ihrem Alter einfach nur doof.

Erst recht, wenn die Gruppen an den heißen Tagen am Wasser waren und die Jungs beim Umziehen wegen bestimmter männlicher Körperteile ausgelacht wurden, oder gesagt wurde: „Ihr stinkt!“

An den Reaktionen der Jungs beteiligte er sich nicht. Das war nicht seine Art, auch wenn sie mehr oder weniger zusammenhielten.

In der Lagerleitung wunderte man sich allerdings darüber, dass Sachen einzelner Kinder, vor allem der Mädchen, nachts unbemerkt auf den Wipfeln der hohen Bäume gelandet sind.

Erst dachten sie an Dummejungenstreiche, aber niemand von den Kindern oder Jugendlichen hatte Zugang zum Werkzeugschuppen, beziehungsweise einer so hohen Leiter.

Auch die Post nach Hause einiger Kinder war oft nicht mit dem Originaltext zu ihren Bestimmungsorten geschickt worden, was natürlich auch bedeutete, dass Taschengelder gestrichen wurden, oder manch einer vor Ort von erbosten Eltern an den Löffeln gezogen, abgeholt und nach Hause verfrachtet wurde.

Auch manche der Gruppenleiter wurden nicht verschont. (Das waren die, die aus welchen Gründen auch immer fies zu Kai waren. Oder ein Problem in ihm sahen.)

Der Lagerleiter dachte öfter einmal, dass es spukte, denn es gab manchmal nachts Geräusche, obwohl niemand da war, der sie verursachte. Zumal strenge Nachtwachen eingeteilt wurden, die darauf achten sollten, dass niemand das Bett verlässt.

Der ältere Mann stellte fest, dass einem der Kinder ständig schlecht war; der kleine Stille mit der Brille klagte oft über Kopf- und Bauchschmerzen. Der irgendwie eigenartige Junge war sehr unsportlich und war auch nicht wirklich für die Lagerspiele zu begeistern.

Außer für das Geländespiel, wo der Kleine seine Gruppe, die auf Abwegen geriet, durch seinen Orientierungssinn aus dem Wald führen konnte und mit ihnen trotzdem den dritten Platz gewann.

Nach dem Ferienlager verlief die warme Jahreszeit für Kai friedlicher.

Zeiten-Wende

Der Herbst 1989 kam und damit die Montagsdemonstrationen, von denen Kai relativ wenig mitbekam.

Die Wende ließ im November auch nicht lange auf sich warten; Tschüss DDR und Hallo BRD hieß es jetzt.

Das bedeutete auch: Macht’s gut, Planwirtschaft, Kombinate, Volkseigene Betriebe, NVA, Stasi, SED, Pioniere und FDJ, relative Sicherheit, ein sehr gutes soziales Netz und Gesundheitssystem und so weiter und so weiter.

Und zudem: Grüßt euch, Kohl, freie Wahlen und damit viele Parteien wie CDU, SPD, FDP, Bündnis 90, Grüne, PDS, REP und sonstige. Ebenso D-Mark, Konsum, Treuhand, Fernreisen, Meinungsfreiheit, Arbeitslosigkeit, Neue Bundesländer et cetera.

Jugendcliquen verschiedenster Gesinnung fingen an, überall ihr Unwesen zu treiben. Diese lungerten vermehrt auf Spielplätzen herum und terrorisierten Kleinere oder Schwächere. Oder sie knackten Autos oder fingen an zu sprayen oder Sachen wie Müllcontainer zu demolieren, weil die Polizei in der Zeit noch so gut wie nicht mehr vorhanden war.

Auch Betrüger und Ganoven, wie zum Beispiel Hütchenspieler, trieben sich die erste Zeit in der Stadt herum. Genauso Vertreter für Versicherungen, Staubsauger und dergleichen.

Ebenso Missionare für alle möglichen Religionen oder Sekten. Alle dieses Gelichter klingelte bei den – auf so etwas völlig unvorbereiteten – Leuten im Minuten- oder Stundentakt Sturm.

Die Briefkästen füllten sich mit Werbung sowohl politischer als auch religiöser Art, Reiseprospekten für Kaffeefahrten oder Busreisen, die nie stattfanden, Katalogen oder ähnlichem Scheiß. Manch einer bekam unfreiwillig stapelweise Wahlplakate im Paket zur Verteilung zugeschickt.

Ganz schön viel auf einmal für die Einwohner dieses kleinen Landes, welches so eben mal eingemeindet wurde von dem größeren Land, dessen Teil es aber eigentlich früher mal war.

Das war etwa so wie bei zwei siamesischen Zwillingen, die getrennt wurden, von denen der Größere den Kleineren mal eben auffraß, nachdem der Kleinere lange Zeit das Gegenteil des Größeren gemacht hatte.

Zwei Teile wurde so wieder eins. Nur eben nicht so, dass von beiden Seiten das Beste genommen wurde, um etwas Neues zu schaffen. Tja, Chance vertan.

Auch Kais Eltern zitterten um ihre Jobs, aber sie waren zum Glück jung genug und hatten die richtigen Ausbildung – die eine als Sachbearbeiter, der andere als Verwalter – gehabt, sodass sie direkt von den neuen Arbeitgebern übernommen wurden.

Bis auf den Systemwechsel von Sozialismus zur freien Marktwirtschaft, änderte sich wenig für Kai, außer, dass er seine Freizeit noch öfter so verbringen konnte, wie er wollte, ohne den Zwang einer Jugendorganisation, deren Mitgliedschaft inoffiziell Pflicht war.

Und dass es Dinge zu kaufen gab, die es so vorher nicht gab, wie Spielkonsolen zum Beispiel. Oder Comics verschiedener Art. Oder Musik von Gruppen, die vorher kaum Zutritt in diesem Land hatten oder sogar verboten waren. Eine Tatsache, die vor allem die Jugend oder die Junggebliebenen ansprach.

Weihnachten 1990 bekam er einen Gameboy, den ihm im Frühjahr ein älteres Mädchen aus der achten Klasse, welches so einer Art Clique angehörte, wegnahm.

Shynn klaute den jedoch wieder zurück und demolierte der Diebin zusätzlich einen Teil ihrer Zimmereinrichtung, was ihr auch ziemlichen Ärger gebracht hatte.

Zusätzlich zeigte er ihren Eltern, dass die Tochter anderen Kindern Sachen oder Geld abgezogen hatte.

Das Übliche eben. Genau wie die Kopfschmerzen, die ihm nach seinen nächtlichen Eskapaden immer wieder blühten.

In der fünften Klasse kam Kai auf das Gymnasium und musste die Schule dafür wechseln. Der Schulweg war länger. Aber die Gegend war trotzdem noch die Gleiche. Immer noch beschissen, oder noch schlimmer. Willkommen in der neuen Zeit.

Auf der neuen Schule hatte Kai die ersten beiden Jahre weniger Probleme gehabt, denn er schien langsam zu begreifen, wie die anderen Kinder tickten.

Wenn, gingen die meisten Schwierigkeiten von einem Jungen aus der Parallelklasse namens Silvio aus, der zwar klug war und dessen Eltern wohlhabend waren. Der trat allerdings so blasiert auf, dass die anderen Kinder den Jungen weniger leiden konnten als Kai und diesen deshalb in Ruhe ließen.

Außerdem war Kai der einzige, der mit den beiden Sitzenbleibern redete. Der eine hieß Kevin, sah nicht wirklich außergewöhnlich aus und war nur ein Jahr älter.

Der andere hieß Sebastian, hatte schon seine zweite Ehrenrunde in dieser Klasse, hatte einen brünetten Irokesenschnitt, eine mit Aufnähern versehene Jeansweste, abgerissene Hosen und schwarze Stiefel und er rebellierte gegen alles und jeden.

Kai hatte anfangs auch Angst vor ihm, aber in der ersten Zeichenstunde sollten sie ein riesiges Bild in Gruppen zeichnen und mit den beiden wollte niemand was zu tun haben, so blieb ihm nichts übrig, als sich zu ihnen zu setzen.

Der Große konnte besser zeichnen als manch anderer und so malten sie mit Kais neuen Stiften um die Wette.

Es entstand ein Gemeinschaftsbild von einer Welt mit schwebenden Inseln in den krassesten Farben. Und die drei Jungs bekamen dafür eine gute Zwei. Die Angst relativierte sich.

Leider hielt das den brünetten, nicht sehr ansehnlichen Silvio nicht davon ab, andere anzustacheln, Kai zu ärgern, da er selber kleiner war als dieser.

Aber einmal rief Sebastian seine Kumpels aus seiner früheren Klasse, die den Schnösel aus der Parallelklasse packten und ihm ein neues Zuhause in der Mülltonne vor der Turnhalle bescherten. Die ganze Klasse hatte sich kaputtgelacht.

Die ruhige Zeit währte nicht allzu lange, denn der Nachwuchspunk musste vom Gymnasium, weil seine Noten zu schlecht waren, als das ihm die Nachhilfe noch etwas nutzte und dessen Versetzung erneut gefährdet war. So verlor Kai eine Art Beschützer.

Das war abzusehen, denn der Stoff war mehr und intensiver, das schaffte der ältere Junge nicht und musste in die Mittelstufe wechseln. Auch Kevin wechselte aus demselben Grund, wie der andere Sitzenbleiber, so dass der Klasse nur noch vier Jungen blieben.

Silvio hingegen fand in der Zeit einen Freund namens Michael, groß, dick und kräftig mit schwarzen Haaren. Dieser trug meist ein Sweatshirt, aber wie Kai war er Brillenträger.

Micha wurde oft genug von seinem Freund angestachelt, Kai zu piesacken und ihn verbal zu attackieren, da Silvio ihm die Mülltonnenaktion übel nahm, trotz dessen, dass Kai die älteren Jungs nicht dazu aufgefordert hatte.

Diese Hänseleien waren allerdings nicht extrem genug, als dass sie Shynn auf den Plan riefen.

Ab der siebten Klasse stellte Kai wieder einmal fest, dass er in seiner Entwicklung mit den anderen nicht Schritt halten konnte. Aus seiner Sicht fingen die Mitschüler an, sich merkwürdig zu verhalten.

Sie spielten nicht mehr miteinander, sondern bildeten Grüppchen, standen nur irgendwo herum, redeten dummes Zeug und lachten darüber. Er hingegen konnte dieses Verhalten nicht nachvollziehen, geschweige denn, mit ihnen gleichziehen.

Er stellte zudem fest, dass er eine einzige Gemeinsamkeit mit den meisten anderen Jungs hatte: Er fing – neben seinen bisherigen kindlichen Interessen für Insekten und andere Tiere, lesen, zeichnen, zocken und mit Modellbausteinen zu bauen – an, sich auf einmal für Mädchen zu interessieren.

Zumindest rein äußerlich veränderten sich diese mehr als die Jungen. Hüften wurden breiter und rundeten sich, sie bekamen einen Busen und auch die Sachen, die sie trugen, saßen anders als früher, reizvoller, interessanter, man konnte eben nicht wegschauen.

Er hatte zwar schon seit zwei, drei Jahren einmal Regungen in der Hose, die sich nicht kontrollieren ließen, sie wurden jetzt noch schlimmer, intensiver und ergaben irgendwo auch mehr Sinn.

Allerdings ergaben sich so auch andere Probleme, viel tiefgreifender, mehr als er sich bisher erahnen konnte...

1DIE Jugendorganisation in der DDR. Klassenfahrten, Ferienlager und außerschulische Aktivitäten wurden organisiert. Sie waren ähnlich einer Armee gegliedert (ähnelten Pfadfindern). Jungpioniere: 1. bis 4. Klasse: weißes Hemd mit dem Logo „JP“, blaues Käppi, blaues Halstuch. Thälmannpioniere: 4. bis 7. Klasse: ebenfalls weißes Hemd mit demselben Logo, blaues Käppi, aber rotes Halstuch.

2Ein Kombinat war eine Firma würde man heute sagen. Alle waren unter sogenannten Volkseigenen Betrieben (VEB) organisiert. Es gab Lederkombinate oder Elektronikkombinate und so weiter.

3Eine Brigade war so etwas wie eine Abteilung in einem Kombinat. Jede Schulklasse hatte eine Patenbrigade, meist von einem Elternteil, die auch ab und an Veranstaltungen organisiert.

4Eine Spartakiade ist ein sportlicher Wettkampf in verschiedenen Disziplinen, vergleichbar mit einer Jugendolympiade, aber eben mit Schülern aus verschiedenen Schulen der ganzen DDR.

5 Die nächsthöhere Jugendorganisation. Von der 7 bis zur 10. Klasse. Alle trugen blaue Hemden mit dem Logo „FDJ“ und ein rotes Halstuch.

Incubus Expeditus

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