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Éna – 1

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Es war das erste Mal. In ihrem ganzen Leben. 27 Jahre, 7 Monate und 13 Tage hatte sie alt werden müssen, um derlei zu erleben.

Und nun? Sollte sie lachen, weinen oder ein Foto schießen und es auf Instagram posten? Sie war gefangen. In ihrem Auto, diesem kleinen, leicht muffigen Mietwagen irgendeiner asiatischen Marke von Hertz Cyprus. Leicht muffig – das war maßlos untertrieben. Die Karre stank. Und davor standen Schafe und Ziegen, die just in diesem Moment begannen, um den Wagen herumzulaufen. Die ersten kamen schon hinter dem Auto an, ohne sich dort weiterzubewegen – und auch die Seitentüren wurden allmählich blockiert. Insgesamt waren es bestimmt zweihundert. Etwas weiter vorne sah Sofia sogar zwei Lämmchen, die sich balgten, dass es eine Freude für sämtliche Facebook-Video-Addicts gewesen wäre.

O ja, sie war gefangen. Irgendwo hinter Kakopetria. Oder war Galata das letzte Kaff gewesen, das sie durchquert hatte? Sie wusste es nicht. Der Blick aufs Handy zeigte: kein Empfang. Das Netz von CYTA hatte irgendwo im Troodos-Gebirge schlappgemacht und war auf der weiten Hochebene nicht zurückgekehrt.

Sofias Blick fiel auf das Thermometer. 42 Grad. Und kein Schatten weit und breit. Sie hätte sich höchstens unter einem Lämmchen verkriechen können. Was eine Katastrophe für ihr weißes Sommerkleid mit den aufgestickten Blumen gewesen wäre. Sie hatte es vor einer Woche in einer kleinen Boutique in Kensington gekauft, die diese schwedische Marke führte, die Sofia so liebte. Sie wollte nun wirklich nicht ausprobieren, wie sich zypriotischer Staub auf diesem 300 Pfund teuren Stück machte.

Kein Schäfer in Sicht. Auch kein Bauernhof. Und nun? Was sollte sie tun?

Sofia hatte ihren Freunden beim Ausgehen in Shoreditch stets erzählt, ihre Heimat Zypern sei ein Kulturschock.

Und wann immer sie das gesagt hatte, genoss sie die ehrfürchtigen Blicke der anderen, die darauf folgten. Besonders die der Kerle. Kulturschock – das klang nach endlosem Ferienlager. Und es klang so, wie sie in ihren Augen gesehen werden wollte: nicht als junge Frau, die mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden war, sondern als Abenteurerin, die in der ganzen Welt zu Hause war. Mit Kulturschock meinte sie: die exotischen, aber klimatisierten Teestuben von Nikosia, das langsame Leben am feinsandigen weißen Strand in Paphos und vielleicht noch das familiäre Meze-Essen an der langen Tafel in Limassol. Doch hier, auf dieser staubigen Straße im Nirgendwo der zypriotischen Hochebene, musste sie lernen, was Kulturschock wirklich hieß.

Tod am Aphroditefelsen

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