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EINWANDERER (1784–1800)

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Gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnten sich die Menschen noch nicht vorstellen, dass ganz Manhattan besiedelt und die Stadt einmal berühmt für ihre Wolkenkratzer sein würde. Ihnen bot sich noch ein völlig anderes Bild: Nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges waren große Teile der Stadt zerstört. Von der berühmten Trinity Church am Broadway, dem damals höchsten Gebäude der Stadt, standen lediglich noch die Grundmauern. Zudem waren viele Einwohner während der sieben Jahre währenden britischen Besatzung aus der Stadt geflüchtet. Doch nun, nach dem Friedensschluss, strömten tausende Menschen zurück in die Stadt, um sich wieder dort niederzulassen. Zusätzlich kamen viele neue Einwohner, die sogenannten „New“ New Yorker, und verdoppelten die Einwohnerzahl der Stadt schnell von 12 000 Ende des Jahres 1783 auf 24 000 zwei Jahre später. Dennoch war New York nur eine kleine Stadt, die lediglich aus wenigen Straßen an der Südspitze Manhattans bestand. Die größten Teile Manhattans waren brache Ländereien und landwirtschaftlich genutzte Felder. Doch nach und nach wurden sie in den nächsten Jahren der schnell wachsenden Stadt einverleibt. Auf ihnen entstanden neue Straßen, Wohnblöcke und Häuser.

1784 beschloss der Zweite Kontinentalkongress, die provisorische Regierung der Vereinigten Staaten, New York zu ihrer ersten Hauptstadt zu erklären. Damit zogen nun die politische Prominenz, die Beamten und deren Familien in die Stadt. Schon bald war New York ein überaus lebendiger Ort. Das Herz der Stadt war schon damals der Broadway, der sich quer durch die Stadt und weiter hinaus über ganz Manhattan zog. Wer Rang und Namen hatte, wohnte am südlichen Teil des Broadway, nahe der Trinity Church und der Wallstreet. Kaufleute und Reeder der alten angelsächsischen und niederländischen Familien und auch die neu hinzugezogenen Politiker bildeten die Elite der Stadt. Sie waren damit beschäftigt, den Handel New Yorks wieder aufzubauen und sorgten für ein reges Treiben in der Stadt. Die Straßen waren voller Leben: Kutschen, Karren, Pferde und Fußgänger bevölkerten die gepflasterten Straßen und kämpften sich durch den Verkehr. Im Hafen von New York, der nahezu die ganze Stadt umgab, legten die ersten Handelsschiffe an und versorgten die Stadt mit Waren aus den anderen Staaten oder aus der Karibik.

In New York lebte bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert eine größere Anzahl deutscher Einwanderer. Seit 1748 gab es eine deutsch-lutherische Kirche und bald darauf auch die German Reformed Church of New York. Im Alltag dieser Zeit fielen die Deutschen als Gruppe allerdings kaum auf. Sie waren zum großen Teil in die Gesellschaft integriert, denn die frühen Immigranten waren zumeist Kaufleute, die zur Oberschicht oder zum gehobenen Mittelstand gehörten. Erst viel später, mit dem starken Zustrom an deutschen Einwanderern in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand an der New Yorker Lower East Side, dort wo heute China Town und Little Italy liegen, ein deutsch-amerikanischer Stadtteil: Little Germany.

Bereits während des Unabhängigkeitskrieges war unter den Gründervätern eine Diskussion darüber entfacht, wie sich der amerikanische Staat wirtschaftlich orientieren sollte. 90 Prozent der Bevölkerung lebten zu diesem Zeitpunkt noch von der Landwirtschaft. Alexander Hamilton aber, der erste Finanzminister der USA und ein treuer Gefolgsmann des ersten Präsidenten George Washington, hatte weitsichtigere Pläne. Für ihn lag die Zukunft der USA nicht in der Landwirtschaft, sondern vielmehr in den Geschäften der Banken. Steuern betrachtete Hamilton nicht als einen Gewinn des Staates, er wollte sie sofort re-investieren, um den Staat voranzubringen. In seiner Vision der wirtschaftlichen Zukunft der jungen amerikanischen Republik unterschied sich Alexander Hamilton nur allzu deutlich von seinem politischen Gegner Thomas Jefferson, der später zum dritten Präsidenten der USA gewählt wurde. Jefferson war der Kopf der politischen Opposition und befürwortete eine agrarische Ausrichtung der Vereinigten Staaten, die sich einmal über den ganzen Kontinent erstrecken sollten. Seine Vorstellung des amerikanischen Bürgers war die des common man, eines gewöhnlichen Farmers, der mit seiner Hände Arbeit sein Land bewirtschaftete und die Gemeinschaft voranbrachte.

Zwischen beiden Politikern und ihren Anhängern kam es zu einer Debatte um den zukünftigen Sitz der Regierung. Im Compromise of 1790 einigten sich Hamilton und Jefferson – und somit beide politischen Lager – auf eine neue Hauptstadt. In der bisherigen Hauptstadt New York sollten Kultur und Handel bleiben, ansonsten wurde die Stadt, wie spätere Historiker urteilten, „förmlich von der Last der Politik befreit“. Auf Drängen der Südstaaten und deren Angst vor einem Verlust ihrer landwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftsform schlug Thomas Jefferson vor, die neue Hauptstadt weiter südlich am Potomac River zu gründen. Sie erhielt den Namen des ersten Präsidenten Washington und befand sich geographisch zwischen beiden Lagern. In der Zeit, bis die Regierungsgebäude in Washington fertig gestellt sein würden, sollte Philadelphia als Hauptstadt fungieren.

Damit änderte sich das Gesicht New Yorks gewaltig. Die Stadt war fortan nicht mehr eine Hauptstadt nach europäischem Vorbild, also Sitz der Regierung und wirtschaftliches Zentrum in einem. Der wirtschaftliche Aspekt der Stadt trat immer weiter in den Vordergrund. Dies beschleunigte ihre Entwicklung zu einer globalen Wirtschaftsmetropole und zum Knotenpunkt zwischen der Alten und der Neuen Welt. Selbst für Astor, der gerade aus London, dem wirtschaftlichen Zentrum eines riesigen Imperiums, kam, war das geschäftliche Treiben sowie die Aufbruchstimmung in New York überwältigend. New York blieb bis heute, ganz dem Wunsche Alexander Hamiltons entsprechend, das Zentrum der amerikanischen Wirtschaft und auch die kulturelle und intellektuelle Hauptstadt der USA.

John Jacob Astor

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