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Vorwort

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Habent sua fata libelli. Auch Bücher haben ihre Schicksale. Oder ihre Geschichte. Und dieses Buch hat eine lange. Denn die Auseinandersetzung mit dem Problem des Schlechten begann für mich in der Zeit meiner Philosophie-Studien an der Universität von Comillas, nahm ihren Fortgang während des Studiums der Theologie und mündete schließlich in mein Bemühen, die großen Themen des Glaubens im Rahmen der Gegenwartskultur neu zu bedenken. Eine Reihe kleinerer Arbeiten ließ diese Auseinandersetzung mit dem Thema dann beständig werden. Und am Ende kam der Augenblick, um die Synthese zu wagen, die das Grundlegende gewissermaßen umfassend einbeziehen konnte. Das Schicksal erfüllte sich, und es entstand ein Buch.

Diese lange Vorgeschichte mag die Absicht und hoffentlich auch die Besonderheiten erklären. Die philosophische Auseinandersetzung hat ihren erkennbaren Reflex mit dem Beharren auf der „Ponerologie“ gefunden, die als ein (wenn auch nicht völliger) Neologismus eingeführt wurde, um so die Notwendigkeit deutlich zu machen, bei dem allgemeinen – schlichten, gemeinsamen und überaus menschlichen – Charakter des Problems einen ausdrücklichen und kritischen Anhaltspunkt zu schaffen. Die theologische Auseinandersetzung, die bald in der Idee Gottes als „Anti-Malus“ ihr Thema fand, wurde sichtbar in dem Bemühen, die Stimmigkeit eines Gottes zu erhalten, der bei seiner Schöpfung aus Liebe auf keinerlei Art und Weise ein Komplize des Bösen sein konnte.

Die Verbindung beider Anliegen findet ihren Platz in der Aufdeckung eines ärgerlichen kulturellen Missverständnisses, nämlich mit dem kritischen Instrumentarium der neuen Gegebenheiten ein Problem anzugehen, das noch stets gemäß den Begriffen und den Voraussetzungen der vorherigen Situation behandelt worden ist. Denn aus echten Schwierigkeiten entstandene und sogar besorgte Fragen der kritischen Kultur der Moderne fanden eine Antwort – zur Verteidigung oder zum Angriff – lediglich mit eindeutig vormodernen begrifflichen Instrumenten.

Die Problematik des Übels in einer kritischen Kohärenz mit unserer säkularen Kultur anzugehen ist folglich die Absicht des Buches und könnte sogar dessen Titel geliefert haben. Wenn diese Absicht nun in irgendeiner Weise erreicht würde, so wären die Vorteile daraus schon von einigem Gewicht. Vor allem, weil die Inkohärenz zutage käme, in die sich sowohl die philosophische wie auch die theologische Betrachtungsweise in einer Kultur hineinbegibt, welche einhellig die Autonomie der Welt vertritt.

Die philosophische Betrachtungsweise, weil sie sich einerseits zur eifersüchtigen Hüterin dieser Autonomie erklärt, sodass sie, angesichts der Unglücke in der Natur oder der Verbrechen in der Gesellschaft, an Naturgesetze bzw. an seelische, moralische oder politische Verirrungen denkt, und zugleich jeglichen Einfluss von Engeln oder Dämonen ausschließt. Doch andererseits argumentiert sie weiterhin auf vormodernen Grundlagen, wenn sie an einen „Gott“ denkt, der ständig in das Weltgeschehen eingreifen müsste, um die darin vorkommenden Übel zu verhindern und sie nicht erst zu erlauben, oder der, womöglich, ein unmögliches mythisches Paradies geschaffen haben sollte, statt einer wirklichen Welt.

Die theologische Betrachtungsweise, weil es ebenfalls – oder eindeutiger noch – keinen Sinn hat, den Glauben an einen „Gott“ beizubehalten, der einerseits zwar als grenzenlose, uneingeschränkte Liebe verkündigt wird, andererseits aber, obgleich es ihm möglich wäre, nicht auch sämtliches Übel in der Welt beseitigen will bzw. diese nicht schon als ein Paradies, ohne jedes mögliche Schlechte, erschaffen haben wollte.

Ein offenkundiger Widerspruch auf beiden Seiten, der neuerlich die beharrliche „Arbeit am Begriff“ erfordert, sowohl angesichts der kulturellen Inkonsequenzen bei gewissen Einwänden, als auch angesichts terminologischer Mehrdeutigkeiten, rhetorischer Kunstgriffe oder schlicht erbaulicher Ermahnungen bei gewissen Apologien.

Mit einigem Nachdruck hebe ich diese historisch bedingte Unverträglichkeit und die begriffliche Inkohärenz hervor; denn ich meine, sie ernst zu nehmen bedeutet nicht allein eine kulturelle Notwendigkeit, sondern würde auch einen entscheidenden Fortschritt für die Menschen erbringen. Unter solchen Umständen gestattet die historische Sicht, dass wir uns darüber klar werden, wie es bei einem Problem, das uns wohl alle in gleicher Weise angeht, eine menschlich unverantwortliche Absurdität bedeutet, wenn es bei einer polemischen Haltung bleibt, die Gegensätze und Intoleranz begünstigt, statt zu gemeinsamer Arbeit und solidarischem Zusammenwirken zu veranlassen.

Soweit unsere Absichten; die größere oder geringere Richtigkeit im Ergebnis bleibt dem kritischen Urteil und dem Dialog überlassen, den ich mir als einen herzlichen erhoffe. Mir bleibt jetzt nur, allen Bekannten und Freunden meinen Dank zu sagen, die das Manuskript mitgelesen und es durch ihre freundlichen Bemerkungen noch verbessert haben. Zuerst Ferdinando Sudati, der unermüdlich Setzfehler aufgespürt und auch zutreffende Bemerkungen gemacht hat. Zugleich danke ich: María Pilar Wirtz, Engracia Vidal, Feli Alonso Curiel, Xulio Lois, Pedro Fernández Castelao, Ramón Cao, Victorino Pérez Prieto, José Boado, Francesco Marini, Manuel Santos, Afonso M. L. Soares, J. A. Sucasas, Jorge Álvarez.

Andrés Torres Queiruga

Das Neubedenken allen Übels

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