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9. Das Dorf der Heilerinnen

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„Es will gut überlegt sein, an welchem Ort man einen Cridienbaum oder gar einen ganzen Wald von ihnen pflanzt. Die Bäume wachsen schnell und können nicht gefällt werden. Auch Feuer kann ihnen nichts anhaben. Wanderer sollten sie meiden, denn der Weg durch den Wald ist trügerisch und groß ist die Zahl derer, die aus dem Schlaf der Cridien nie mehr erwacht sind.“

Nuadas Erinnerungen

Festgehalten von Màdo

Vierhundert Winter nach Armor

Manù schnappte nach Luft, der Rucksack bohrte sich schmerzhaft in ihre Wirbelsäule. Feuchte Kälte kroch ihr in die Glieder. Sie wandte den Kopf zur Seite und stellte fest, dass sie im Schnee lag.

„Du siehst aus wie ein Käfer auf dem Rücken“, hörte sie Luc sagen und sah auf. Er stand über ihr und grinste sie an.

„Hilf mir hoch“, bat Manù und Luc reichte ihr die Hand. Als sie stand, schlug sie den Schnee von ihrer Kleidung und steckte das Reiseamulett in ihre Jeans. Sie schnallte den Rucksack los, zog ihre Winterjacke heraus und sah sich um. „Wo sind Jo und Motz?“

Luc schaute besorgt um sich, während er in seine Jacke schlüpfte. „Hier sind sie nicht, ich habe schon mehrmals nach ihnen gerufen. Ich habe gespürt, dass Jo die Kette losgelassen hat, kurz bevor wir gelandet sind. Vielleicht sind Motz und sie an einer anderen Stelle angekommen.“

Manù nickte. Das würde sie angesichts ihrer Unerfahrenheit, mit Amuletten und Reisesprüchen zu reisen, nicht wundern. Es war vielmehr erstaunlich, dass der Zauber überhaupt gewirkt hatte. Allerdings mussten sie noch herausfinden, ob er sie wirklich nach Thuroth geführt hatte.

Sie befanden sich in einem Wald aus Bäumen mit dicken silbrigen Stämmen, die weit über ihnen in ausladenden Baumkronen endeten, die trotz des Winters mit grauem Laub gefüllt waren und aus denen das Zischen und Schnattern von Tieren zu ihnen hinunterdrang. Silbrige Fäden hingen wie Lametta von den verschlungenen Ästen hinab, die zerfurchte Rinde war mit Moosen und Flechten überzogen. Manù strich mit den Fingern darüber. Kleine Partikel der Rinde blieben an ihren Handflächen haften und ließen sie schimmern.

Luc beugte sich zu ihr. „Was sind das für Bäume?“

„Cridíen“, erwiderte sie leise und schüttelte verwundert den Kopf. Es gab sie wirklich! Wie oft hatte sie von ihnen gelesen und sich gefragt, ob sie sie jemals zu Gesicht bekäme. Es dämmerte und das Licht unter den Baumkronen begann zu schwinden.

„Wir müssen den Wald verlassen, Luc“, drängte sie, ergriff ihren Rucksack und stapfte los.

Nach etwa einhundert Schritten traten sie auf einen breiten Strand, der ein Gewässer säumte, dessen gegenüberliegendes Ufer nicht zu sehen war. Das Wasser plätscherte sanft an Land und Manù schloss daraus, dass es sich um einen See handelte. Durch die tanzenden Schneeflocken konnte sie zwei Frauen in langen Kleidern erkennen, die sich auf einem weit in den See ragenden Steg befanden, und zog Luc hinter einen Baumstamm. Einige Ruderboote waren am Steg vertäut, die leicht hin und her schaukelten. Weiter vom Ufer entfernt schienen große Zwei- und Dreimaster mit ihren mächtigen Segeln über den See zu schweben. Die Frauen verließen den Steg, überquerten den Strand und verschwanden zwischen den Bäumen.

„Ob sie uns bemerkt haben?“, fragte Luc flüsternd.

Manù zuckte mit den Achseln, schritt vorsichtig erneut auf den Strand hinaus und drehte sich um. In einiger Entfernung hinter dem Wald erhob sich ein mächtiges Gebirge, dessen Gipfel sich in den dunklen Wolken verloren. Ein majestätischer Berg stieß Rauch in die eisige Luft. See, Wald und Berge waren in die unterschiedlichsten Grautöne getaucht. Ein Schrei aus der Luft ließ ihren Kopf nach oben schnellen. Ein Wesen mit breiten Schwingen schwebte in großer Höhe auf das Gebirge zu.

„Sieht aus wie eine Riesenfledermaus.“ Luc schüttelte den Kopf. „Komm, lass uns den Frauen folgen“, schlug er vor und marschierte los. Manù schulterte ihren Rucksack und folgte ihm. Sie konnte kaum Schritt halten.

„Luc, warte!“, keuchte sie und schloss zu ihm auf, als er sich umdrehte.

„Was ist denn?“ Seine Stimme klang ungeduldig.

„Wir müssen vorsichtig sein. Lass uns im Schutz der Bäume bleiben, bis wir uns einen Überblick verschafft haben und wissen, mit wem wir es zu tun haben.“

Auch wenn ihr der Gedanke, im Wald zu bleiben, unangenehm war, hielt sie dies für besser, als den Frauen offen zu folgen. Sie zogen sich wieder zwischen die Bäume zurück und behielten den Pfad im Auge, der vom Steg aus quer durch den Wald führte und auf dem in der Ferne die Silhouetten der beiden Frauen zu erkennen waren.

Manùs Füße versanken knöcheltief im Schnee und bald drang Nässe in ihre Wanderschuhe. Wie trostlos es hier ist, dachte sie und warf den Bäumen einen unruhigen Blick zu. Sie wusste, wozu sie fähig waren. Eine plötzliche Welle der Mutlosigkeit ergriff sie und es kamen ihr Zweifel an der Durchführbarkeit ihres Vorhabens. Sie konnten Jo nicht retten, wie hatten sie glauben können, dazu in der Lage zu sein? Es war unmöglich, unmöglich.

„Unmöglich“, sagte sie laut und ließ sich in den Schnee sinken.

Luc blieb stehen. „Was ist los?“

Dann berührte er sie plötzlich am Arm und zeigte auf das Gras, das vor ihnen aus dem Schnee lugte. Es war ein einzelner hellgrüner Grashalm, der sich zwischen seinen grauen Kollegen im Wind hin und her bewegte. Manù berührte ihn sanft.

„Vielleicht war die gesamte Insel einmal farbig“, murmelte sie nachdenklich. Sie sah sich suchend um, fand aber nichts als dämmriges Grau.

„Die haben wohl ein mächtiges Problem hier“, meinte Luc und rieb sich die Augen. „Ich bin auf einmal so müde.“

Manù erstarrte. „Es sind die Bäume, Luc. Sie haben ... besondere Kräfte. Wir müssen den Wald sofort verlassen.“

Sie richteten sich auf und stapften durch den Schnee in die Richtung, in der Manù den Pfad wähnte. Langsam und schwerfällig setzten sie einen Fuß vor den anderen und stützten sich an den Stämmen ab. Bleierne Müdigkeit machte Manù jede Bewegung zur Qual und sie spürte, dass ihre Kräfte sie verließen. Wo war der Pfad? Dunkelheit breitete sich unter den Baumkronen aus, sie sah nicht weiter als bis zum nächsten Stamm. Es machte keinen Sinn weiterzugehen, sie konnte den Pfad nicht finden. Sie wandte sich um.

„Luc, wir ...“ Doch Luc war nicht hinter ihr. Sie stutzte. „Luc, wo bist du?“

Keine Antwort.

Du wusstest, wozu diese Bäume fähig sind, mahnte eine Stimme in ihrem Inneren.

Manù seufzte. Sie musste ein Licht riskieren, sonst würde sie Luc niemals finden. Sie zog die Taschenlampe aus dem Rucksack und leuchtete um sich. Die silbrige Rinde der Stämme strahlte golden im Lichtstrahl und warf das Licht vielfach zurück. Jetzt würden sie nicht mehr unentdeckt bleiben, doch das war nicht wichtig. Sie musste Luc finden. Seinen Namen rufend, stolperte sie vorwärts. Wieso war ihr nicht aufgefallen, dass er nicht mehr bei ihr war? Warum hatte sie nicht besser auf ihn geachtet? Verzweifelt lehnte sie sich an einen Baumstamm und atmete tief durch. Erinnere dich, Manù. Wie lauten die Worte, die die Bäume besänftigen können? Sie fielen ihr nicht ein, es war schon so lange her, dass sie sie gelesen hatte, und niemals hatte sie erwartet, sie eines Tages benutzen zu müssen. Sie war so müde. Langsam rutschte sie an dem Stamm hinunter auf den Boden. Die Taschenlampe fiel ihr aus der Hand, blieb im Schnee stecken und strahlte in die Baumkronen. Was machte sie hier? Warum war sie hierhergekommen? Sie konnte sich nicht erinnern.

„Manù!“

Sie riss die Augen auf. Ein Mann kam auf sie zugekrochen. Er kam ihr bekannt vor. Die Augen fielen ihr wieder zu. „Ich bin über eine Wurzel gestolpert“, hörte sie ihn sagen. Warum ließ er sie nicht in Ruhe? „Manù, du kannst jetzt nicht schlafen. Komm schon, wir müssen hier raus.“ Er griff ihren Arm und schüttelte sie.

Sie zog ihren Arm weg. „Lass mich!“

„Nein, verdammt noch mal. Wir werden erfrieren, wenn wir hierbleiben. Komm schon. Ich dachte, du hast besondere Kräfte, die uns helfen können.“ Sie hörte seine Worte wie durch Watte. Dann spürte sie, wie ihr der Mann mehrfach ins Gesicht schlug und sie anbrüllte. Zornig öffnete sie die Augen. Endlich erkannte sie Luc und erfasste die Situation, in der sie sich befanden. Angestrengt versuchte sie, sich auf die Worte zur Besänftigung der Bäume zu konzentrieren, als ein plötzliches Knurren sie erstarren ließ. Sie hob den Kopf und sah am Rande des Lichtstrahls zwei riesige schwarze Hunde zwischen den Baumstämmen stehen, die Luc und sie regungslos musterten. Ein Mann trat in das Licht. Er war in einen langen Ledermantel mit Kapuze gehüllt, sein Gesicht lag im Schatten.

„Ihr kommt mit uns.“ Seine Stimme klang voll und tief. Er drehte sich um und obwohl er ein Bein nachzog, bewegte er sich schnell und behände. Die Hunde folgten ihm.

Manùs Herz setzte einen Schlag aus und ihre Knie zitterten. Sie kannte diese Sprache. Verwundert starrte sie dem Mann hinterher, während Luc sich zu ihr beugte. „Die Sprache ähnelt dem Französischen, aber ich habe sie nicht verstanden“, flüsterte er.

„Wir sind zu müde, wir können nicht mit euch kommen“, rief Manù dem Mann hinterher. Sie benutzte seine Sprache und spürte, wie Luc ihr einen verblüfften Blick zuwarf.

Der Mann drehte sich um und machte dem kleineren der Hunde ein Zeichen, worauf dieser sich Manù näherte. „Siehst du das kleine Fläschchen, das an dem Band um ihren Hals hängt?“, rief er. Manù nickte. „Trinkt einen Schluck daraus. Dann werdet ihr in der Lage sein, uns zu folgen. Und löscht den Zauberfunken.“ Die Hündin stupste die Taschenlampe an.

Manù griff nach der Flasche. „Aber wie sollen wir euch dann folgen? Es ist doch stockdunkel.“

Der Mann seufzte ungeduldig. „Halt dich am Halsband der Hündin fest und nimm deinen Begleiter an die Hand.“

Nachdem sie aus dem Fläschchen getrunken hatten, fühlte Manù ihre Kräfte zurückkehren. Sie machte die Taschenlampe aus und steckte sie in ihre Jacke. Dann sagte sie Luc, was zu tun war, ergriff das Halsband der Hündin und Lucs Hand und stolperte hinter dem Mann her. Mehr als einmal stürzte sie, da sie aus dem Schnee ragende Wurzeln und Gestrüpp in der Finsternis nicht sah.

Der Mann stöhnte leise. „Könnt ihr nicht achtgeben? Wir müssen uns beeilen.“

Manù schluckte ihren Ärger hinunter und hörte Luc hinter sich leise fluchen. Der Mann schien ebenso wie die Hunde in der Dunkelheit ausgezeichnet sehen zu können. Da fiel es nicht schwer, den Weg zu finden. Warum mussten sie sich überhaupt beeilen? Sie hätte gerne danach gefragt, doch dies war nicht der richtige Moment. Sie musste sich darauf konzentrieren, nicht zu stürzen. Angst empfand sie nicht, obwohl der Mann und die Hunde alles andere als einen freundlichen Eindruck machten. Wenn sie ihnen etwas antun wollten, hätten sie längst Gelegenheit dazu gehabt.

Es schien ihr, dass sie etwa eine Viertelstunde unterwegs waren, als sie durch die Bäume hindurch Licht sah. Es strahlte aus kleinen steinernen Säulen auf einen Platz, der auf der dem Wald gegenüberliegenden Seite von niedrigen Häusern flankiert wurde, zwischen denen sich enge beleuchtete Gassen den Hügel hinaufzogen. Aus den Schornsteinen stieg Rauch in die Winternacht auf und verbreitete einen würzigen Duft, der Manù an Zimt erinnerte. Bei dem Gedanken an ein warmes Kaminfeuer seufzte sie leise. An der linken Seite des Platzes befand sich ein Gebäude mit zwei Stockwerken und hell erleuchteten Fenstern, aus dem eine Handvoll Frauen mit langen Kleidern und Umhängen trat und in den Gassen verschwand. Kinder machten in der Mitte des Platzes eine Schneeballschlacht. Ihr Lachen drang zu Manù wie auch das entfernte Wiehern von Pferden, die wohl zu den Pferdefuhrwerken und Kutschen gehörten, die um den Platz herum standen.

Luc beugte sich zu ihr. „Das sieht doch gar nicht so schlecht aus. Es wird auch Zeit, dass wir ins Warme kommen. Vielleicht sind Jo und Motz auch dort.“ Seine Stimme klang zuversichtlich.

Doch der Mann und die Hunde leiteten sie nicht ins Dorf, sondern blieben im Wald und führten sie zu einer Felswand, die sich drohend über ihnen in die Dunkelheit erhob. Ob diese Felsen zu dem Gebirge gehörten, das sie vom Strand aus gesehen hatten? Manù konnte vor Kälte ihre Beine kaum noch spüren. Luc schien es genauso zu gehen, denn sie hatten sich auf den letzten Metern mehrfach gegenseitig stützen müssen.

Der Mann und der größere der Hunde schauten sich sorgfältig um und gingen dann vorsichtig durch das Buschwerk am Fuße der Felswand. Als Manù und Luc zögerten, stupste die Hündin sie an und schob sie weiter. Eine schmale Öffnung im Fels tauchte vor ihnen auf und sie stolperten hindurch in einen engen Gang, der weiter in den Fels hineinführte und durch an der Wand befestigte Fackeln beleuchtet wurde. Manù blinzelte, bis sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Türstöcke aus Holz stützten die Decke. Bald verzweigte sich der Gang in drei kleinere Korridore. Sie hielten sich links und der Tunnel verbreiterte sich bald darauf beträchtlich und führte in eine große Höhle. Die zerfurchten Felswände schimmerten im Schein der Fackeln in zahllosen Grautönen, die sich wie Adern durch das Gestein zogen. In der hinteren Ecke der Höhle lagen neben zwei großen Schläuchen verschiedene Werkzeuge auf dem Boden. Manù erkannte Spitzhacken und Schaufeln. Daneben befanden sich hölzerne Karren, auf denen Glasgefäße aufgereiht standen, in denen graues Pulver lagerte.

„Das ist ein Stollen“, flüsterte Luc. Er ließ seine Hand über die Wand gleiten, rieb die Finger aneinander und roch an ihnen. „Aber mir ist nicht klar, was hier abgebaut wird.“

Der Mann blieb stehen. „Ihr wartet hier.“ Er drehte sich um und verschwand in dem Gang, durch den sie gekommen waren, während die Hunde sich setzten und sie aus ihren eisgrauen Augen anstarrten. Manù fiel auf, dass dem Rüden der rechte Vorderlauf fehlte.

Luc warf Manù einen ratlosen Blick zu. „Wir sollen warten“, beantwortete Manù seine unausgesprochene Frage.

„Worauf denn? Was ist das überhaupt für eine Sprache? Sie klingt ein wenig wie der Reisespruch.“

Manù nickte. „Das ist die Alte Sprache.“

„Und wieso kennst du sie?“

Manù zögerte. „Ich habe sie aus einem Buch meines Großvaters gelernt.“

Luc hob an, etwas zu sagen, doch Manù wandte sich ab. Sie spürte auf einmal, wie erschöpft sie war, nahm den Rucksack ab, ließ sich auf den sandigen Boden sinken und zog die nassen Schuhe und Socken aus. Mit dem Rücken lehnte sie sich an die harte Felswand und schloss die Augen. Das Gestein war angenehm warm. Manù empfand keinerlei Furcht und schlief bald ein. Sie erwachte, als Luc an ihrem Arm zog.

„Was ist los?“, fragte sie verschlafen.

„Die Hunde sind weg.“ Manù war sofort hellwach. „Komm.“

Doch in diesem Moment vernahm sie Schritte, die sich näherten, und kurz darauf betrat der Mann mit einer Frau die Höhle. Sie war von kleiner und kräftiger Statur, trug ihr Haar hochgesteckt und war in ein graues Wollkleid mit Schürze und Umhang gekleidet. Ihre Füße steckten in hohen Fellstiefeln. Sie mochte an die fünfzig Jahre alt sein. Ihre Haut war glatt bis auf zwei tiefe Falten, die sich in die Stirn gegraben hatten. Mit ihren blassen Augen musterte sie Manù und Luc neugierig und strahlte dabei keinerlei Feindseligkeit aus. Manù richtete sich auf und sah die Frau erwartungsvoll an.

„Ich bin Siana und leite das Haus der Kranken hier im Dorf der Heilerinnen. Ich habe euch vom Steg aus gesehen und Artan und die Hunde zu euch geschickt. Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“ Ihre Stimme war ruhig und bedächtig. Auch Siana sprach die Alte Sprache.

„Ich bin Manù und dies ist mein Begleiter Luc. Sind wir hier auf Thuroth?”

Siana schaute belustigt. „Ihr wisst nicht, wo ihr seid?“ Sie lachte kurz auf. „Ja, ihr seid auf Thuroth.“

Manù warf Luc einen erleichterten Blick zu und übersetzte, was Siana gesagt hatte. Als sie die Augen wieder auf Siana richtete, fiel ihr deren erstaunter Gesichtsausdruck auf, und sie fragte sich, was diese Reaktion ausgelöst haben mochte.

„Du sprichst das Französische?“

Jetzt war es an Manù, fassungslos zu gucken. Woher kannte diese Frau die französische Sprache?

Sianas Augen strahlten. „Mein Mann war vor vielen Jahren mit unserem Fürsten in eurem Land und hat mich später einmal mitgenommen. Eure Sprache hat uns sehr gefallen, da sie der unseren so ähnlich ist, und so haben wir sie gelernt. Das ist sehr, sehr lange her.“ Sie hielt inne. Ihr Französisch war holperig, doch Manù hatte keine Mühe, ihr zu folgen.

„Wie seid ihr denn damals gereist?“ Luc hatte sich vorgebeugt und sah Siana neugierig an.

Siana stutzte. „Wie alle Magier, mit dem Reiseamulett. So seid ihr doch wohl auch hierhergekommen?“ Manù nickte. „Wieso sprichst du als Magier nicht die Alte Sprache?“

Luc schaute die Heilerin überrascht an. „Er ist kein Magier“, mischte sich Manù ein.

Die Heilerin schaute verunsichert. „Aber nur ein Magier kann den Reisezauber bewirken.“

„Ich verstehe nicht“, sagte Manù. Sie spürte Lucs durchdringenden Blick auf sich ruhen.

„Du bist eine Frau und es gibt keine weiblichen Magier“, sagte Siana, als spräche sie etwas Selbstverständliches aus. „Wer war noch bei euch?“

Manù schluckte. Nur ein Magier konnte den Reisezauber wirken. Sianas Worte hallten in ihrem Kopf wider. Hatte das langjährige Studium der Bücher über Magie und Zauberei doch zu etwas geführt? Stolz und Freude erfüllten sie und vor Aufregung schlug ihr das Herz bis zum Hals. Siana musterte sie mit zusammengekniffenen Augen, sie schien auf eine Antwort zu warten und Manù überlegte, ob sie der Heilerin trauen und ihr von Jo und Motz erzählen konnte. Es sprach vieles dafür. Ohne Sianas Hilfe würden sie den Stollen sicher nicht verlassen können. Zudem war es möglich, dass sie von Siana Mexx' Aufenthaltsort erfuhren. Sie wechselte einen kurzen Blick mit Luc, der ihr zunickte.

„Wir sind gekommen, um ein Leben zu retten.“

Sie holte tief Luft und begann, von Jo zu erzählen.

Die verborgenen Inseln

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