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Sitten und
Gebräuche rund
ums Essen und Trinken 1. Tagesablauf und Mahlzeiten

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In römischer Zeit richtete sich der Tagesablauf nach dem Stand der Sonne. Der lichte Tag – von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang – und die Nacht waren in zwölf gleich lange Stunden eingeteilt, die je nach Jahreszeit und geographischer Breite unterschiedlich lang waren.

Den typischen Tagesablauf in der Hauptstadt Rom beschreibt der Dichter Martial in einem seiner Epigramme:

„Die erste und die zweite Stunde strapazieren die zum Morgengruß erscheinenden Klienten,

die dritte beschäftigt die heiseren Anwälte,

bis zum Ende der fünften Stunde entfaltet Rom allerlei Geschäftigkeit,

die sechste bedeutet Siesta für die Müden, in der siebten ist diese zu Ende,

bis in die neunte hinein reicht die achte Stunde für salbölglänzende Ringkämpfe,

die neunte verlangt, die aufeinandergelegten Polster einzudrücken.“1

Die erste Mahlzeit des Tages war das Frühstück (ientaculum), das bei Tagesanbruch eingenommen wurde. Es war eine vergleichsweise einfache Mahlzeit, die meist nur aus Brot und Käse, Honig, Obst und Nüssen bestand.2 Wer zu Hause keine Zeit zum Frühstücken hatte, wie zum Beispiel Knaben, die zur Schule mussten, konnte sich unterwegs beim Bäcker etwas Leckeres holen.3 Stimulierende Getränke wie Kaffee und Tee, ohne die für uns ein Frühstück schwer vorstellbar ist, gab es in der Römerzeit nicht. Sie wurden durch stark mit Wasser verdünnten Wein ersetzt oder man trank einfach nur Wasser. Der Vormittag war den Geschäften beziehungsweise der Arbeit gewidmet. In den Städten begann der Tag der Angehörigen der Oberschicht mit dem Empfang ihrer Klienten, die, angetan mit der Toga, zur morgendlichen Begüßung ihres Patrons antraten und, wenn sie Glück hatten, mit einer sportula, einem „Körbchen“ mit Lebensmitteln, oder einem Geldgeschenk bedacht wurden:


Die Beschaffung des Pausenbrotes? Fresko aus dem Haus des Bäckers in Pompeii. Neapel, Archäologisches Nationalmuseum.

„Fällt es dir leicht, auf deinen Schlaf am Morgen zu verzichten, dann kommt oft die sportula zu dir, und deine Toga wird verschlissen dabei“,

kommentiert Martial diese Gepflogenheit.4 Aufgabe des Patrons war es, außer der Gewährung materieller Zuwendungen und vielleicht einer Einladung zum Abendessen, seine Klienten bei Rechtsgeschäften zu beraten und sie im Fall eines Prozesses vor Gericht zu vertreten. Im Gegenzug dazu wurde von den Klienten erwartet, dass sie dem Patron bei Wahlen ihre Stimme gaben, ihn auf seinem Gang zum Sitzungssaal des Senats und zu Prozessen, aber auch bei Besuchen in der Therme begleiteten und ihm heftig zujubelten, sollte er sich einmal als Dichter versuchen. Je mehr Klienten bei der morgendlichen Begrüßung antraten und je größer die Menge war, die den hohen Herrn auf das Forum begleitete, desto größer war sein Ansehen.

Waren die vormittäglichen Geschäfte erledigt, nahm man um die 6. Tagesstunde (~12.00 Uhr) das Mittagessen (prandium) zu sich.5 Das war meist nur ein schneller kalter Imbiss. War man zu Hause, gab es Brot, Käse, Eier, Gemüse, Oliven, Nüsse und Obst und etwaige Reste des Nachtmahls vom Vortag. Asketen wie Seneca begnügten sich mit trockenem Brot.6 Das bevorzugte Getränk war mulsum, mit Honig gesüßter Wein. Wer in der Stadt unterwegs war, konnte sich in einer der zahlreichen kleinen Gaststätten stärken. Und wie es im sonnigen Süden noch heute üblich ist, folgte auf das Mittagessen eine ein- bis zweistündige Siesta, während der Schulen und Geschäfte geschlossen waren. Erstaunlich ist, dass selbst den Soldaten im Feld eine Mittagspause zugestanden wurde, was jedoch fatale Folgen haben konnte, wenn der Feind sich nicht daran hielt und die Stadtmauern beziehungsweise Belagerungswerke während der Siesta der Verteidiger angriff, wie Caesar in seinem Buch über den Bürgerkrieg zweimal etwas angewidert berichtet, da es seine Soldaten waren, die auf den Mittagsschlaf nicht verzichten wollten.7 Es ist wohl anzunehmen, dass auch Sklaven eine Mittagspause halten konnten.

Nach der Siesta begab man sich ins Bad, wo man sich entspannte, sportlich betätigte, Freunde und Geschäftspartner traf oder versuchte, eine Einladung zum Abendessen zu erschnorren, ein Unterfangen, das nicht immer von Erfolg gekrönt war, wie Martial leidvoll feststellen musste:

„Du lädst nur jemanden ein, mit dem du badest, Cotta,

und nur die Thermen liefern dir einen Gast.

Ich wundere mich, Cotta, warum du mich niemals zu dir gebeten hattest:

Jetzt weiß ich’s: Nackt hab ich dir nicht gefallen.“8

Die eigentliche Hauptmahlzeit war das Abendessen (cena), das um die 9./10. Tagstunde (je nach Jahreszeit 14.00 bis 16.00 Uhr) begann und zu Hause im Kreis der Familie eingenommen wurde. Dauer und Umfang der cena waren von der gesellschaftlichen Stellung und diversen individuellen Vorlieben abhängig. Natürlich wurde die Gestaltung der cena auch davon beeinflusst, ob Gäste geladen waren oder ob das Essen nur im engsten Familienkreis eingenommen wurde. Üblicherweise bestand die cena aus drei Gängen: Vorspeise (gustatio), Hauptspeisen (mensa prima oder cena prima) und Nachtisch (mensa secunda). Martial listet in einem seiner Epigramme die Speisen auf, die er seinen Gästen bei einem „bescheidenen Mahl“ zu servieren gedenkt: Vorspeisen: Malven, Lattich, Schnittlauch, Minze, geschnittene Eier auf Fisch, Saueuter in Thunfisch-Sauce; Hauptspeisen: Zicklein, Bohnen, Kohl, Hühnchen, Schinken; Nachtisch: Äpfel.9 Das Abendessen konnte sich bis in die Nacht hinein ausdehnen und ging manchmal mehr oder weniger nahtlos in ein Trinkgelage über.

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