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Kapitel 10

Der dumpfe Furor

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Bis heute konnte in der historischen Forschung nicht eindeutig geklärt werden, wann Hitlers Feindschaft gegen die Juden angefangen hatte und auf Grund welcher Einwirkungen. Es gibt wie in der Rechtsprechung zwar eine erdrückende Beweislast, aber den endgültigen und schlüssigen Beweis gibt es nicht. Man weiß nur, wann der Antisemit fertig dastand. Weder wurde er es in seiner Wiener Zeit unter dem Einfluss des jüdischen Lebens in der österreichischen Hauptstadt – Wien zählte zu Beginn des 20. Jahrhunderts 150.000 Juden – noch war es das Ergebnis seiner Kriegserlebnisse, getragen von der diffamierenden und zunehmend grassierenden Vorstellung, dass das deutsche Kaiserreich den Krieg nur deshalb verloren habe, weil die Juden das Volk erst von innen vergiftet und dann verraten hätten. Sicher ist, dass Hitler, der spätere Spitzenfunktionär der NSDAP, bis 1918 noch kein ideologischer Antisemit und Rassist war. Was er allerdings tat, war unreflektiert die herrschenden Stammtischparolen der rechten Presse und deutschnationalen Politiker nachzuplappern. Das die öffentliche Meinung dominierende Militär hatte dieses Denken zusätzlich durch die vom ihm propagierte „Dolchstoßlegende“ unterfüttert. Diese wurde vor der drohenden Niederlage in die Welt gesetzt, um die Schuld von den Verantwortlichen abzuwälzen. Darin war die Rede von einem an der Front unbesiegten Heer, dem die Heimat durch Friedensinitiativen, linke politische Agitation, Streiks und Sabotagen in den Rücken gefallen sei.

Hitler sah in München zuerst die Flugblätter deutschvölkischer Herausgeber, die die Kriegsniederlage den Juden anlasteten, da sie sich durch Geldgier, Kriegswucher, Klüngelwirtschaft und ihrer Drückebergerei vor der Front an den deutschen Soldaten und der Bevölkerung schadlos gehalten hätten.40 In diesen Pamphleten war natürlich keine Rede von den in Serie geleisteten diplomatischen Missgeschicken des deutschen Kaisers Wilhelm II, seinem unglückseligen Flottenwettrüsten mit Großbritannien und seinem von den führenden militärischen Köpfen unterstützten Hurrapatriotismus im Sinne eines „Deutschland, Deutschland über alles“. Für besonderen Zündstoff sorgten bei der durch Kriegswinter, Hungersnot41 und Verarmung zermürbten Bevölkerung Parolen von den jüdischen Kriegsgewinnlern, die durch die Kriegswirtschaft Milliarden verdient hätten.

Zudem hätten sie die Revolution, die in Wahrheit von den Matrosen in Kiel im November 1918 ausgegangen war und sich dann in rasender Geschwindigkeit in das übrige Land gefressen hatte, inszeniert, um von den eigentlichen Ursachen abzulenken.

Die deutsche Ideologie war nie frei von einem Fundamentalismus gewesen, der von einer tiefen Sehnsucht nach nationaler Identität geprägt war und sich dabei gleichzeitig fremden Ideen und Lebensformen widersetzte. Die Idealisierung ländlicher Idyllen und eines reinen natürlichen Lebens fernab der zerstörerischen Zivilisation war ein Topos, der bereits in der deutschen Romantik Bedeutung erlangt hatte. Von Anbeginn an hatte der deutsche Nationalismus auch eine Phobie gegen Juden genährt. Dass ökonomische und politische Tatbestände, die jeweils die alten Eliten und deren Pfründe bedrohten, so einfach und unhinterfragt mit judenfeindlichen Erklärungen bemäntelt werden konnten, verstärkte deren Einfluss.

Am 21. Februar 1919 war der sozialistische bayrische Ministerpräsident Kurt Eisner einem Attentat zum Opfer gefallen. Die Bluttat wurde von einem antisemitischen rechten Fanatiker, Anton Graf von Arco auf Valley, begangen und löste eine Gewaltwelle von links und rechts aus. Die legal nach dem Mord an Eisner gewählte Regierung unter dem Sozialdemokraten Johannes Hoffmann konnte sich nicht lange halten. Sie sah sich durch einen linken Revolutionsrat bedroht, der eine Zusammenarbeit mit der verachteten Berliner Regierung „Ebert–Scheidemann–Noske–Erzberger“ ablehnte und schließlich die Macht für sich beanspruchte. Kurz darauf, am 7. April 1919, wurde die „Bayerische Räterepublik“ ausgerufen und Hoffmann floh mitsamt seinem Kabinett nach Bamberg. Von dort aus ersuchte er nun Gustav Noske, seines Zeichens Reichswehrminister, bewaffnete Truppen nach München zu schicken. Noske, der später den bezeichnenden Namen „Blutnoske“ erhielt, war entschlossen, diesen „Karneval des Wahnsinns“42 mit aller ihm zu Gebote stehenden Rücksichtslosigkeit zu beenden. Dies gelang ihm schließlich auf brutale Weise mit Hilfe von Freikorpseinheiten und Verbänden der Reichswehr. Einen Monat nach dem Münchner Blutbad regierte dort das Militär, ehe Hoffmann im August 191943 in sein Amt zurückkehrte. Er sollte es allerdings nur noch bis zu seinem Rücktritt im März 1920 innehaben. Gegen die extreme Linke waren gleichzeitig die reaktionären Kräfte des Adels gewachsen. Nun waren es die Konterrevolutionäre aus der rechten Ecke, die von Kahrs, die von Lossows und die aus dem Geschlecht derer von Knilling, die sich zusammenrotteten und im März 1920 die Regierungsgewalt in Bayern übernahmen. Im Kreis um ihren national-konservativen Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr schwangen sie große Reden: „Es heißt für uns nicht: Los von Berlin! Wir sind keine Separatisten. Es heißt für uns: Auf nach Berlin! Wir sind seit zwei Monaten von Berlin in einer unerhörten Weise belogen worden. Das ist auch nicht anders zu erwarten von dieser Judenregierung, an deren Spitze ein Matratzeningenieur steht. Ich habe seinerzeit gesagt: In Berlin ist alles verebert und versaut, und ich halte das auch heute noch aufrecht.“44 Der Autor dieser Worte, Freiherr von und zu Aufseß, benutzte ausnahmsweise einmal nicht den despektierlichen Begriff des Sattlergesellen – Ebert war gelernter Sattler – sondern versuchte sich in der Herabwürdigung des Reichspräsidenten Ebert mit dem Begriff des „Matratzeningenieurs“ noch zu steigern. Im „Freistaat Bayern“ blickte man voller Verachtung auf die Berliner Reichsregierung.

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