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1.2 Drei Welten – eine Wirklichkeit

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Viele Menschen glauben, unser Leben funktioniere nach einer einzigen Gesetzmäßigkeit, der Ursache-Wirkungs-Kausalität. Wir kennen sie aus unserem alltäglichen Handeln oder aus technischen Abläufen. Doch damit verlieren wir große und wichtige Lebensbereiche aus dem Blick, all das, was mit Wachstum, Entwicklung und Selbstverwirklichung zusammenhängt und auch die paradoxe Logik des zwischenmenschlichen Geschehens. Was nicht wahrgenommen wird, lässt sich schlecht kultivieren.

Tatsächlich spricht viel dafür, dass unsere Wirklichkeit nicht aus einem Stoff gemacht ist und nach einem einzigen Prinzip funktioniert, sondern aus drei eigengesetzlichen Lebensbereichen besteht, die ganz unterschiedliche Strategien erfordern, um ihnen gerecht zu werden. Wir haben es hier jeweils mit anderen Zeitdimensionen und Energien, vor allem aber mit unterschiedlichen Kausalitäten zu tun, die bestimmen, wie etwas geschieht. Die uns vertraute Ursache-Wirkungs-Kausalität konstituiert den Lebensbereich Handeln, die Zielkausalität prägt den Lebensbereich Erkennen und Identität und die paradoxe oder systemische Kausalität ist das Wirkungs-Prinzip, nach der das Beziehungsgeschehen funktioniert, eine Kausalität über die wir im Abendland wenig wissen.1

Diese unterschiedlichen Kausalitäten erfordern, dass wir uns immer wieder neu und anders auf Situationen einstellen und mit ihnen umgehen müssen, je nachdem welche Kausalität wirksam und zu nutzen ist. Wir müssen ständig entscheiden, welche von unseren Lebenserfahrungen, welche unserer Fähigkeiten und Fertigkeiten und welche Vorgehensweisen jetzt gefordert sind. Das ist so, als ob wir gleichzeitig ein Spiel mit drei unterschiedlichen Spielregeln spielen müssten.

Das Zusammenwirken dieser drei unterschiedlichen Kausalitäten und den ihnen entsprechenden Energien, Zeitdimensionen und Lebensthemen machen das menschliche Dasein reich und vielgestaltig, aber auch anspruchsvoll und schwierig. Und wir wären heillos überfordert, wenn unsere Psyche sich nicht zweckmäßig auf diese verschiedenartigen Lebensbedingungen hin organisiert hätte. Vereinfacht gesagt: wir haben in unserer Psyche drei Abteilungen, die sich auf je eines der drei Lebensthemen spezialisiert haben und sich automatisch auf bereichsspezifische Signale hin einschalten. Doch genauer genommen sind es verschiedenartige Prozesse, denen unsere Psyche entsprechen muss, Prozesse die sich auf unterschiedliche Weise aus den Elementen Fühlen, Denken und Handeln zusammensetzen.

Frühe Spezialisierungen auf einen dieser drei Prozesse führen zu den unterschiedlichen Persönlichkeitstypen. Diese zeigen sich dann als Spezialisten für die eine oder andere Lebenskompetenz. Der ‚Beziehungstyp‛ hat sich schon in seiner Kindheit auf das Beziehungsthema spezialisiert und hat dafür eine besondere Affinität und Begabung entwickelt. Vergleichbares gilt für den ‚Sachtyp‛ und das Denken und für den ‚Handlungstyp‛ und das Handeln. Entsprechend den drei eigengesetzlichen Lebensbereichen haben wir es mit drei Grundstrukturen der Persönlichkeitstypen zu tun.

Diese Grundkompetenzen reichen freilich für das spätere Leben nicht aus; zudem haben sie kompensatorische Züge, mussten Mangelsituationen ausgleichen. Es geht also nicht nur um die Frage, um welchen Persönlichkeitstyp handelt es sich, sondern wie weit hat er die mit seiner Entstehung verbundenen Einschränkungen und Fixierungen überwunden und die zwei anderen Lebenskompetenzen erworben?

Die Persönlichkeitstypen werden hier also nicht isoliert, d.h. ausschließlich psychologisch gesehen und beschrieben, sondern als Spiegelbilder der menschlichen Wirklichkeit. Sie sind mit unterschiedlichen Schwerpunkten Abbilder der objektiven Lebenswirklichkeit und entsprechend auf sie hin organisiert und spezialisiert. Die Vorstellung, der Mensch stehe dem Leben und der Welt als unbeschriebenes Blatt gegenüber, muss wohl aufgegeben werden. Er ist in viel höherem Maße Teil dieses Lebens und dieser Welt, als man bisher vermutet hat. Das ermöglicht ihm auch, auf seine Intuition und unbewusste Kreativität zu vertrauen.

Befasst man sich mit diesen grundlegenden Zusammenhängen, so erfährt man etwas von der Schönheit des Einfachen und Zweckmäßigen, die unsere Wirklichkeit ausmacht. Und man entdeckt, dass wir schon immer ein unbewusstes Wissen über diese Zusammenhänge haben, dass wir Stimmigkeit und Sinn empfinden, wenn wir uns in Übereinstimmung mit diesen Wirklichkeitsgesetzen befinden und uns unbehaglich und irritiert fühlen, wenn wir sie verfehlen. Oder dass wir, wenn wir selbst davon nicht betroffen sind, spontan und mit einer gewissen Schadenfreude lachen, wenn wir beobachten, wie sich jemand ‚daneben‛ benimmt, Handlungsanforderungen mit bloßem Denken begegnet, mit Gefühlsangelegenheiten hartnäckig handelnd oder mit Erkenntnissituationen ausschließlich emotional umgeht. Auch die Wirkung von Witz und Humor beruhen darauf, dass überraschend die Lebensbereiche und ihre Bedingungen gewechselt werden.

Die Faszination, die von Typologien ausgeht, liegt vor allem darin, dass wir uns in ihnen wieder erkennen, unsere Art, wie wir uns verhalten, was uns wertvoll und wichtig ist und was wir verabscheuen. Wir sehen deutlich unsere Stärken und Schwächen, und es wird uns bewusst, wie wir unser Leben gestalten. Haben wir die anderen bisher eher an den eigenen Maßstäben gemessen, von unseren Erfahrungen auf sie geschlossen, so können wir nun mit Hilfe dieses typologischen Wissens deutlich ihre Eigen- und Wesensart sehen. Es ist so, als ob man nun ihre Sprache kennt und versteht, in der sie sich ausdrücken.

Man kann darauf mit Erstaunen reagieren oder verärgert, denn schließlich fragt man sich, wo bleibt das Individuelle, das Einmalige, wenn so vieles typspezifisch ist? Und das gilt nicht nur für die einzelnen Persönlichkeiten, sondern auch für die Art, wie sie ihr Leben gestalten. Das zeigt sich bei den persönlichkeitstypischen Spielen und Skripts oder wenn man Märchen oder Dramen analysiert, wie sich sowohl in der Form als im Inhalt das Typspezifische ausdrückt. Auch bei der therapeutischen Arbeit mit Menschen fällt auf, wie sich sowohl die Probleme als auch die Lösungswege des jeweiligen Persönlichkeitstyps ähnlich sind.

Die drei Persönlichkeitstypen und ihre Lebensstrategien

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