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Kapitel 4

Die geheimnisvolle Formel

Mai 2009

Geschafft. Angemeldet. Ich bin drin. Ich bin nun offizielles Mitglied einer Online-Partnerbörse und dort im Katalog der suchenden Singles zu finden. Tagelang hatte ich recherchiert und Erfahrungsberichte gelesen. Ich entschied mich für einen großen Anbieter, der bereits seit Jahren erfolgreich am Markt ist und damit wirbt, mit einer wissenschaftlichen Methode zu arbeiten. Damit hatten sie mich. Wie du weißt, bin ich durch YPS seit meiner Kindheit ein Forscher und Freund der Wissenschaft. Und wenn jemand eine Formel für die Liebe gefunden hat, will ich davon profitieren. Doch das Gegenteil passierte: Es war ein einziger Reinfall. Die Frauen, die ich dort vermittelt bekam, passten zu 100 Prozent nicht in mein Leben. Spannend waren die Begegnungen trotzdem. Und verrückt. Extrem verrückt. Doch der Reihe nach.

Zuerst die Anmeldung: Es ist beinahe Mitternacht, und ich sitze vor der Internetseite der Partnerbörse. „Ich bin ein Mann und suche eine Frau“, ist meine erste Angabe auf dem Weg zur neuen Liebe. Dann folgt der wissenschaftliche Fragebogen. Spontan und ehrlich soll ich antworten, dann würde es klappen. Dann würden sie mir genau die Frauen vorschlagen, mit denen ich glücklich werde, so das Versprechen. Oha! Ich bin gespannt. Dann geht es los. Zu meiner Überraschung eher mit banalen Fragen: Ob ich künftig lieber auf dem Land oder in der Stadt leben möchte, meine Beweggründe der Partnersuche und welche Eigenschaften ich an einer Frau attraktiv finde. Klingt wenig wissenschaftlich.

Danach eine Wasserstandsmeldung: 15 Prozent geschafft. Weiter geht‘s mit Fragen über mich und meine Charakter-Eigenschaften. Bei welcher Raumtemperatur ich mich wohl fühle, warm oder kalt, und ob ich bei offenem Fenster schlafe. Auffallend dabei: Nach der Temperatur meines Duschwassers fragt niemand. Absicht oder ein Fehler? Könnte die Formel genau an dieser Stelle noch optimiert werden?

Dafür aber: Wie würde ich mich mit einer Partnerin in einer Zweizimmerwohnung einrichten?

A: Auf jeden Fall ein gemeinsames Schlafzimmer

B: Jeder sollte sein eigenes Zimmer haben.

Hallo? Geht’s noch? Will ich eine WG gründen ? Wer denkt sich solche Fragen aus? Doch kurz darauf wird mir klar, dass auch das im Nachhinein Sinn ergibt: Denn, wenn ich zuvor angegeben hätte, dass ich mich bei 18 Grad in meiner Wohnung am wohlsten fühle und auch im Winter nackt bei offenem Fenster schlafe, wäre Antwort B in der Tat eine gute Alternative gewesen. Zumindest für die Frau.

Dann wieder Wasserstandsmeldung: 42 Prozent geschafft. Jetzt fragen sie, was mich an meiner zukünftigen Partnerin stören würde.

A: ein dominanter Schwiegervater

B: eine überfürsorgliche Schwiegermutter

C: allzu großer Einfluss alter Freunde

D: schlechte Stimmung

E: ausgeflippte Typen im Bekanntenkreis.

Meine Antwort: Alles!

Allerdings darf ich nur eine Möglichkeit ankreuzen. Und ja, du hast recht: Spätestens jetzt hätte ich merken müssen, dass es eine äußerst fragwürdige Methode ist. Von wegen Wissenschaft. Von wegen geheimnisvolle Formel. Doch Liebe macht bekanntlich blind und - wie ich nun weiß - bereits die Aussicht auf Liebe lässt erblinden.

Weiter geht es mit tiefenpsychologischen Finessen. Sie zeigen mir zwar keine Tintenkleckse, die ich deuten soll, dafür aber Bilderpaare. Ich soll mich für das Bild entscheiden, das mir am meisten zusagt. Es kommen: eckige und runde Formen, gezackte und kreisförmige, Pfeile und Wellenlinien, Kreise und Quadrate, Punkte und Striche. Da ich selbst eher der runde Typ bin, entscheide ich mich jedes Mal für die runden Dinger. Nicht, dass die mir am Ende noch eine dürre, kantige Frau mit spitzer Nase und schmalen Lippen raussuchen, so meine Überlegungen.

Nach einer weiteren Wasserstandsmeldung, immerhin hatte ich nun die Hälfte geschafft, ging es zu meinen Gewohnheiten. Danach verschiedene Szenarien wie „Stell dir vor, du bist auf einer Bananenschale ausgerutscht. Was könnte deine erste Reaktion sein?“ Ich lese die Antwortmöglichkeiten. Meine Reaktion im wahren Leben, nämlich lauthals fluchen, die Schale in hohem Bogen wegschleudern, aufstehen, weiterfluchen, den Übeltäter wüst beschimpfen und noch mehr fluchen, ist jedoch nicht dabei. Ich entscheide mich für „Ich stehe auf, trage die Bananenschale zum nächsten Abfallkorb, damit anderen nicht dasselbe passiert“.

Danach Fragen nach meinen größten Wünschen. Auch hier ist nichts Passendes dabei. Zum Schluss wollen sie wissen, nach welcher Devise ich am ehesten leben will. Ich habe die Auswahl zwischen:

A: leben und leben lassen

B: erst die Arbeit, dann das Vergnügen

C: liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Ich entscheide mich für C und bin damit am Ende. Die Auswertung beginnt. Ich warte und öffne mir erst einmal ein Bier. Die Spannung steigt. Dann das Ergebnis: Anhand meiner Antworten werden nun den suchenden Damen Punkte verliehen. Diese liegen zwischen 60 und 140. Je höher, desto passender für mich. Aha. So einfach ist das also. Im Nachhinein muss ich sagen: alles Lug und Trug, alles Marketing. Die Formel hat bei mir definitiv nicht funktioniert. Kein Wunder bei den Fragen.

Da hätte sich meine Oma einen besseren Partnertest ausgedacht. Mögen Sie Eierlikör? Ja. Nein. Fertig.

Noch ahne ich nicht, was auf mich zukommt. Im Gegenteil: Ich freue mich auf eine abenteuerliche Reise und träume von der neuen Liebe. Jetzt bin ich von meinem ersten Date nur noch einen Klick entfernt. Schritt eins ist also getan. Schritt zwei: Zahlemann und Söhne.

Danach steht mir alles zur Verfügung: Es öffnet sich ein Portal mit Frauen, die super zu mir passen sollen. Ich bin begeistert. Es kann losgehen. Doch vorher noch ein weiterer Punkt: Ich muss mein Profil vervollständigen. Die Damen sollen schließlich genau wissen, wer ich bin, was ich will und warum sie mich unbedingt kennenlernen müssen. Dazu ein Foto. Bloß welches?

Ich entscheide mich für ein aktuelles. Alles andere bringt nichts. Kommt ja doch raus. Dazu habe ich ein ehrliches, ungeschöntes Profil geschrieben. Am Ende noch ein paar Fragen, deren Antworten für alle sichtbar sind. Am schwierigsten: An welchem Ort ich mich am wohlsten fühle? Ich denke nach. Meine Antwort: ein frisch bezogenes, duftiges Bett. Meine Lieblingskneipe erwähne ich lieber nicht.

Ein Hamster gegen Einsamkeit

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