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Tödliche Schüsse, Mord und Raub an der Demarkationslinie

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Die sowjetischen Grenzstreifen, die zunächst allein und später zusammen mit der ostzonalen Grenzpolizei die Grenze zu überwachen hatten, machten, wenn Grenzgänger sich der Festnahme oder Kontrolle durch die Flucht entziehen wollten, meistens rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch. In nicht wenigen Fällen führte das zu tödlichen Verletzungen der Getroffenen. Oftmals wurden die Erschossenen von den Russen direkt am Tatort verscharrt und erst später exhumiert und auf dem Friedhof des Grenzortes beigesetzt. Über einige solcher Todesfälle finden sich Angaben im Sterbebuch der Stadt Ellrich. Danach wurden:

• am 11. November 1945 der 61-jährige Revierförster gegen 18.00 Uhr am Braunsteinhaus erschossen;

• am 16. November 1945 ein 34-jähriger Kinobesitzer aus Aschersleben beim versuchten Grenzübertritt in der Gemarkung Mauderode erschossen;

• am 6. Dezember 1945 ein 24-jähriger Student aus Ellrich am Burgberg tot aufgefunden; der genaue Todestag ist nicht bekannt; nach Angaben eines Ellricher Bürgers soll der junge Mann sich der Festnahme durch sowjetische Soldaten widersetzt haben und wurde von diesen nach heftigem Wortwechsel gegen 21.00 Uhr in der Nähe seines Elternhauses (später „Haus Süd“) erschossen und an gleicher Stelle verscharrt. Er soll erst später exhumiert und auf dem Friedhof von Ellrich beigesetzt worden sein;

• am 18. Januar 1946 eine 32-jährige Frau polnischer Herkunft auf der Straße von Ellrich nach Gudersleben von russischen Soldaten erschossen;

• am 31. Oktober 1949 verstarb der 20-jährige Ellricher Bürger Gerhard D. auf der Flucht stadteinwärts durch einen diagonalen Brustdurchschuss aus der Waffe eines deutschen Grenzpolizisten.

Das Sterbebuch des Standesamtes Mackenrode enthält die Einträge, dass

• am 26. Mai 1946 in der Mackenröder Flur, am Mittelberg eine ca. 20-jährige Frau und ein ca. 25-jähriger Mann sowie im Steinbruch ein ca. 60-jähriger Mann tot aufgefunden wurden;

am 9. Oktober 1946 der Werkzeugschlosser Rudolf H. aus Ilbershausen (Ldk. Lauterbach), geb. 1904 beim Überqueren der Demarkationslinie erschossen wurde.

Den Eintragungen im Sterbebuch des Standesamtes Liebenrode, das auch für andere Orte zuständig war, ist zu entnehmen, dass

• am 9. Oktober 1945 an der Straße Klettenberg-Tettenborn der Prokurist Otto L. aus Nordhausen, geb. 1915, tot aufgefunden und auf Anordnung der russischen Besatzung am 10. Oktober 1945 beerdigt wurde;

• am 9. Oktober 1945 der Kraftfahrer Hugo H. aus Nordhausen, geb. 1905, an gleicher Stelle tot aufgefunden und am 10. Oktober 1945 beerdigt wurde;

• am 5. August 1948 der Konditor Hans K. aus Thierbach, geb. 1921, in Meineweh/​Weißenfels, in der Feldmark Branderode am Junkernholzweg, beim Grenzübergang erschossen aufgefunden wurde.

Die Ortschronik von Pützlingen erhält die Angabe, dass am 15. Januar 1947 der Schwiegersohn des dortigen Kantors beim Versuch, die Grenze zu überschreiten, zwischen Limlingerode und Schiedungen von Volkspolizei erschossen wurde. Der Grenzgänger wollte sein Kind, welches bei seinen Eltern in der britischen Zone weilte, nach Hause holen.

Das Sterbebuch der Gemeinde Walkenried enthält eine Reihe von Todesfällen im Bereich der innerdeutschen Grenze, die jedoch nicht eindeutig mit russischen Grenzstreifen in Zusammenhang zu bringen sind. Manch einer der tausenden Grenzgänger wurde beim Überqueren der Grenze überfallen, ausgeraubt und sogar getötet. So sind dem Sterbebuch von Walkenried die folgenden Einträge zu entnehmen:

• am 5. November 1946 wurde unweit der Zonengrenze nach Ellrich die Leiche eines erdrosselten Mannes gefunden. Erst am 7. Mai 1947 wurde die Leiche als die eines zwanzigjährigen Studenten aus Leipzig identifiziert;

• am 11. Dezember 1946 wurde nahe der Zonengrenze der 21-jährige Drucker G. Z. aus dem Raum Glauchau tot aufgefunden. Todesursache: Mord durch Schädelzertrümmerung!

• am gleichen Tag wurde mit ebenfalls eingeschlagenem Schädel die Leiche der 25-jährigen Näherin C. S. aus Mühlhausen in der Nähe der Zonengrenze aufgefunden;

• unter dem gleichen Datum findet sich der Eintrag, dass am 9. Dezember 1946 in einer Feldscheune der Domäne Wiedigshof die durch einen Schuss getötete 45-jährige Oberpostsekretärin M. N. aus Erfurt aufgefunden wurde;

• am 16. Dezember 1946 wurde eine 69-jährige Frau aus Gera unweit der Ellricher Straße in der Feldmark tot aufgefunden. Todesursache: Erfrieren und Herzschlag;

• am 24. Januar 1947 wurde eine durch Erwürgen getötete Frau in der Nähe des Kahlen Kopfes aufgefunden. Diese konnte am 26. April 1947 als die 26-jährige E. W. aus Bad Gandersheim identifiziert werden;

• am 1. Februar 1947 fand man die Leiche des ermordeten 76-jährigen Werkmeisters K. aus Moritzburg bei Dresden im Walkenrieder Holz;

• am 13. März 1947 fand man im Bereich des Kahlen Kopfes einen ermordeten Mann;

• am 24. April 1947 wurde im Tunnel zwischen Ellrich und Walkenried die Leiche eines Kindes gefunden;

• am 22. Juni 1947 wurde der 28-jährige Maurer B. aus Holzminden am Kahlen Kopf durch Kopfschuss getötet;

• in der Nacht vom 27. zum 28. April 1949 stürzte der 21-jährige Lokomotivheizer D. B. aus Berlin-Mariendorf im Gipsbruch der Firma Rode tödlich ab;

• am 22. Juni 1950 wurde der 25-jährige Kühlerbauer H. H. aus Nordhausen in der Wiedigshofer Flur erschossen aufgefunden.

Das Sterbebuch von Tettenborn enthält die Angabe, dass

• am 30. Mai 1947 der 14-jährige Schüler Heinz R. durch einen Brustschuss zu Tode gekommen ist.

Den rücksichtslosen Gebrauch der Schusswaffe durch sowjetische Grenzposten belegt auch der folgende tragische Erlebnisbericht.

Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990

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