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|9|Einführung

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Unter dem Hauptaltar der päpstlichen Basilika Sankt Paul vor den Mauern in Rom befindet sich der Sarkophag mit den Gebeinen des Apostels Paulus und in der Sakristei werden die Ketten aufbewahrt, in die er gelegt war, als er in der Nähe seiner endgültigen Ruhestätte enthauptet wurde. So lautet jedenfalls die christliche Überlieferung. Die Pilger bauen auf diese Tradition und besuchen Jahr für Jahr in großen Scharen den Ort, an dem das gewaltsam beendete Leben des Paulus lebendig gehalten wird. Fremdenführer erzählen ihre Geschichten von einem Juden aus Tarsus, der zuerst ein Christenverfolger war, nach seiner Bekehrung jedoch zum energischsten Verbreiter des Christentums wurde. Viele Jahre lang verkündigte er seine Botschaft im heutigen Syrien, in der Türkei und in Griechenland. Schließlich erreichte er auch Rom, wo er im Jahr 67 oder 68 unter der Herrschaft Kaiser Neros getötet wurde.

Das sind in wenigen Worten die Hauptpunkte der Lebensgeschichte des Paulus. Sie gleicht ein wenig einem Abenteuerroman mit einem tragischen Ende. Die Wirklichkeit ist natürlich viel komplexer. Paulus war der Repräsentant einer neuen Religion. Was er predigte, stand dem, was die Griechen und Römer glaubten, diametral entgegen, aber auch in einem gespannten Verhältnis zum Glauben der Juden. Er hatte sich eine fast unmögliche Aufgabe aufgebürdet: die Juden davon zu überzeugen, dass Jesus von Nazareth der verheißene Messias war, und gleichzeitig den Griechen, Römern und anderen Völkern deutlich zu machen, dass sein Gott allmächtig war und dass ihre (Ab-)Götter Ausgeburten eines verderblichen Aberglaubens waren. Paulus wusste, dass seine Botschaft auf Widerstand stoßen würde. Er musste bestehende Denkmuster durchbrechen und einer Welt voller Götter den Monotheismus predigen. Für ihn war das kein Hindernis, sondern im Gegenteil ein Antrieb, schließlich hatte er seinen Glauben, der in einem entlegenen Winkel des Reiches, in |10|Judäa und Galiläa, entstanden war, bis in den Kern des Römischen Reiches hinein kundgetan.

Dieses Buch ist das Ergebnis einer langjährigen Beschäftigung mit Paulus. Als Schüler war ich vor allem von seiner Beharrlichkeit fasziniert: Auch die widrigsten Umstände konnten ihn nicht davon abhalten, weit entlegene Orte zu erreichen. In der Apostelgeschichte las ich über seine Reisen und ich verschlang die Berichte der Abenteurer, die seinen Fußstapfen gefolgt waren und die Orte besucht hatten, in denen er gewesen war. Das Interesse an Paulus und seinen Reisen hatte mein Vater in mir geweckt, der Geschichtslehrer am Bonaventura Lyceum in Leiden war. In seinem Klassenzimmer hing eine Karte des Mittelmeerraumes, auf der diese Reisen eingezeichnet waren. Er konnte wunderbar darüber erzählen. Jetzt hängt diese Karte bei mir zu Hause und immer wieder werfe ich einen Blick darauf.

In den Augen meines Vaters war Paulus der ideale Missionar. Für ihn war der Apostel eine Inspirationsquelle. Häufig zitierte er aus seinen Briefen. Von kritischen Anmerkungen wollte er nichts hören. Ich hoffe, er wird mir verzeihen, dass „mein“ Paulus in vieler Hinsicht nicht dem Idealbild entspricht, das er sich von dem großen Glaubensverbreiter gemacht hatte. Paulus hatte nämlich auch seine unangenehmen Seiten: Er war eigensinnig, ein Besserwisser und ein Quengler, mit Sicherheit kein taktisches Genie. Diese komplexe Person mit ihren guten und schlechten Eigenschaften versuche ich in Paulus: Der letzte Apostel zum Leben zu erwecken.

Auf drei Missionsreisen hat Paulus in einem Zeitraum von 25 Jahren viele Menschen mit der Lehre Jesu Christi in Berührung gebracht. Dazu hat er mehr als 17.000 Kilometer zurückgelegt, zu Fuß, auf einem Wagen oder auf einem Schiff. Sicherlich wird er mit einem durchdachten Reiseplan aufgebrochen sein, um möglichst viele Menschen erreichen zu können. In den letzten 14 Jahren habe ich viele Orte besucht, an denen Paulus sich aufgehalten hat. 1999 reiste ich von Caesarea in Israel nach Rom, eine Überfahrt, die Paulus im Winter 60/61 als Gefangener zurückgelegt hatte (Apg 27–28). Aus dieser Reise ist meine Monografie Paulus’ zeereis naar Rome. Een reconstructie (Paulus’ Seereise nach Rom. Eine Rekonstruktion) hervorgegangen. Dieses Buch war vor allem ein nautischer Kommentar |11|zu einer der bemerkenswertesten Seefahrtsgeschichten aus der Antike. Danach habe ich mich in den Verlauf der Reiserouten des Paulus vertieft und mir die Frage gestellt, warum er bestimmte Städte ansteuerte, andere wiederum nicht. Auf dem Areopag in Athen, dem römischen Forum von Korinth und im Theater von Ephesus stand Paulus mir dann lebendig vor Augen. Dort wurde mir deutlich, weshalb seine Predigten in der einen Stadt Anklang fanden, seine Auftritte in der anderen jedoch in einem Fiasko endeten.

Meine Erkundungsreise beginnt in Tarsus, wo Paulus seine Jugend verbrachte, und endet in Rom. Ich folge ihm auf seiner Reise durch die mediterrane Welt und gebe kurze Darstellungen der Städte, in denen er sich aufhielt. Und jedes Mal stelle ich mir die Frage, inwieweit die Geschichte und die Zusammensetzung der Bevölkerung einer bestimmten Stadt eine Rolle spielten für das, was er auf seinen langen Missionsreisen tat und bleiben ließ. Das, was Paulus dazu in den Briefen sagt und in der Apostelgeschichte zu lesen ist, bringe ich zur Sprache, insofern es für die Form seiner Glaubensverbreitung kennzeichnend ist. Auf diese Weise soll mein Paulus zum Leben kommen.

Paulus: Der letzte Apostel ist die Darstellung meiner persönlichen Gedanken über diesen Apostel. Gleichzeitig habe ich mit großem Gewinn auf die umfangreiche Paulusforschung der letzten Jahrzehnte zurückgegriffen. Die Bücher und Artikel, die ich verwendet habe, sind in der Bibliografie aufgeführt, die im Übrigen nur einen Bruchteil der Literatur zu Paulus umfasst. Den Anmerkungsapparat habe ich bewusst klein gehalten. Der „Durchschnittsleser“ hat wenig davon, wenn zu jeder (Glaubens-)Frage die Erörterung in der modernen Literatur angegeben wird. Das würde nur ablenken. Eine Quellenangabe habe ich lediglich dort eingefügt, wo ich mich ausdrücklich auf die Gedanken anderer Autoren stütze.

In der deutschsprachigen Ausgabe dieses Buches folgt die Schreibweise der (Orts-)Namen aus dem Neuen Testament der „Einheitsübersetzung“ der Bibel, nach der auch wiederholt zitiert wird.

Ich habe dieses Buch allein geschrieben, jedoch mit anderen darüber gesprochen. Zwei Theologen haben mir in besonderer Weise geholfen. Dies Duisterhof hat mich auf Literatur hingewiesen, die mir die Augen für |12|den jüdischen Paulus öffnete – einen Paulus, der seinen Wurzeln sehr viel stärker verhaftet geblieben war, als ich es mir noch während der ersten Ideen zu diesem Buch vorgestellt hatte. Worte reichen nicht aus, um meinen Dank an Ary van den Heuvel zum Ausdruck zu bringen, der das ganze Manuskript gelesen und mich vor manchen Fehltritten bewahrt hat.

Zum Schluss möchte ich Frits van der Meij, Mark Pieters und Rob Zweedijk von dem Verlag Athenaeum – Polak & Van Gennep meinen Dank aussprechen. Sie haben meine Idee, ein Buch über Paulus zu schreiben, begeistert aufgenommen und mich bei der Arbeit tatkräftig unterstützt.

Paulus

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