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Kapitel 8

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Ich war immer noch nicht ganz fertig, als Margret mich daran erinnerte, dass es Zeit war, etwas zu essen. Ich hatte mich so auf meine Aufgabe konzentriert, dass ich die Zeit ganz vergessen hatte, nur merkte ich langsam, wie die Sonne immer höher gestiegen war und jetzt vom Himmel brannte.

Ich betrat das Haupthaus und machte mir in der Küche ein Sandwich. „Ist es bei euch im Sommer eigentlich immer so heiß?“, fragte ich.

„Die Sommer sind schon recht warm, aber dieser ist echt eine Ausnahme“, sagte James. „Wie kommst du voran? Brauchst du Hilfe? Es tut mir echt leid um den Zustand des Schuppens. Das ist so eine doofe Angewohnheit geworden, einfach alles dort reinzustellen. So nach dem Motto: Aus dem Auge aus dem Sinn.“ Ich musste ein wenig lächeln. Ja, das kannte ich durchaus.

„Es geht schon“, sagte ich. James musste auch ein wenig lächeln. „Ja, ich glaube, keiner räumt gerne auf. Wir freuen uns hier über jede Hilfe, denn wir selbst können das nicht mehr machen. So kleine handwerkliche Sachen gehen noch, aber so ein komplettes Aufräumen leider nicht mehr.“ Ich nickte verständnisvoll.

Nach der Pause machte sich James auf, um zu schauen, wie Henry auf den Feldern vorankam und ich machte mich weiter – wieder hochmotiviert – an die Arbeit. Doch diese Motivation hielt nicht lange an und schon bald hatte ich keine Lust mehr, mich durch dieses Gerümpel zu kämpfen und alles zu sortieren.

„Hey, das sieht ja schon super aus“, lobte mich Margret. Ich habe diesen Schuppen schon lange nicht mehr leer gesehen. Ich lächelte ihr dankbar zu. „Die Räder könntet ihr vielleicht noch verwenden, man müsste vielleicht nur die Reifen reparieren“, bemerkte sie.

„Ja, das ist keine schlechte Idee.“

„Du musst heute nicht fertig werden, das reicht auch noch morgen oder übermorgen. Wenn du vielleicht noch die Ställe saubermachen und bei den Hühnern vorbeischauen könntest, dann hast du dir den Feierabend verdient.“

Ich freute mich innerlich. So machte das Arbeiten doch wieder Spaß!

Das Ausmisten der Ställe ging dann doch recht flott und ich freute mich über meinen Feierabend am frühen Nachmittag.

„So läuft das übrigens bei uns immer“, klärte Margret mich auf. „Wir lassen unsere Wwofer nie den ganzen Tag arbeiten, sondern immer nur von morgens bis in den frühen Nachmittag. Ihr sollt ja auch noch ein bisschen Freizeit haben.“

„Aber was ist mit Henry?“, fragte ich. „Er arbeitet doch den ganzen Tag draußen“, fragte ich. „Ja, das stimmt. Allerdings haben wir mit ihm ausgemacht, dass er Urlaub bekommt, sobald die Erntesaison vorbei ist. Und er war einverstanden. Momentan ist hier Hochsaison und zum Glück bekommen wir bald von Hilfe von Julius.“

„Julius?“, fragte ich, weil er Name trotz der englischen Aussprache doch sehr Deutsch klang.

„Ja. Er kommt auch aus Deutschland. Ein Landsmann von dir also“, sagte sie mit einem Lächeln. Da ich den Rest des Tages frei hatte, wusste ich noch nicht, was ich mit meiner freien Zeit anfangen sollte, doch James erklärte sich bereit, zu schauen, ob er auf die Schnelle ein Fahrrad fahrbereit machen könnte.

Ich wusste zwar nicht, woher, aber offensichtlich hatte er noch einen Schlauch und einen Mantel in petto und konnte eines der Räder neu bereifen. Dann machte ich mich auf, um ein wenig die Gegend zu erkunden.

Durch die Abgelegenheit konnte ich nahezu ungestört durch die Landschaft fahren. Nur hin und wieder kam mir ein Jeep von den anderen Farmen aus dem näheren Umkreis entgegen. Ich hielt an, als ich an einer Pferdekoppel vorbeikam. Pferde hatten mich schon fasziniert seit ich klein war und ich hatte sogar mehrere Jahre Reiterfahrung. Bei diesem Anblick der Tiere kam ein wenig Sehnsucht in mir auf. Auf der Koppel standen zwei Schimmel, ein Fuchs und ein Rappe – wirklich schöne Tiere. Ich suchte mir eine Stelle abseits der Straße, legte mein Rad ins Gras, setzte mich daneben und verbrachte die Zeit damit, diese Tiere zu betrachten. Das Ganze hatte für mich fast schon etwas Meditatives.

Hello? Everythings‘s alright? Are you okay“, hörte ich auf einmal eine Stimme über mir und ich schreckte hoch.

Yes, everything is fine. What‘s going on?“, fragte ich verwundert.

„Sie lagen da so im Gras und haben sich nicht bewegt“, sagte die Stimme auf Englisch und erst jetzt merkte ich, dass sie einem jungen Mann gehörte. Ich setzte mich auf.

„Oh, Entschuldigung. Ich muss wohl eingeschlafen sein“, erklärte ich und irgendwie war mir die Situation leicht peinlich. Jetzt lachte der junge Mann.

„Okay, dann ist ja alles gut“, sagte er. „Ich bin übrigens Andrew. Aber alle nennen mich Andy.“

„Annie“, stellte ich mich vor. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“

„Die Freude ist ganz meinerseits“, antwortete Andy. „Sind Sie neu hier? Ich habe Sie vorher noch nie gesehen.“

„Ich bin seit kurzem auf der Farm von Margret und James...“, ich überlegte, wie ihr Nachname war, aber mir fiel ein, dass ich noch nie danach gefragt hatte. Doch Andy schien – seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen – zu wissen, wen ich meinte.

„Ich arbeite auf Rosebrook“, erklärte er.

„Aha“, machte ich und versuchte damit, ihm den Eindruck zu vermitteln, als wüsste ich, wovon er sprach.

„Das ist die Farm dahinten. Wir züchten Pferde und das da sind unsere.“ Mist, das mit dem intelligent gucken hatte wohl nicht ganz so gut funktioniert.

„Wie spät ist es eigentlich?“, fragte ich abrupt.

„Gleich halb vier. Wieso?“

„Ach, Mist. Ich bin wirklich voll eingeschlafen“, ärgerte ich mich.

„Aber das ist doch nicht schlimm. Sonst hätten wir uns nicht kennengelernt“, meinte Andy mit einem Lächeln.

„Na ja, auf jeden Fall muss ich los“, behauptete ich, auch wenn das nicht ganz so stimmte, stand auf und nahm mein Fahrrad, das zum Glück noch an Ort und Stelle lag.

„Vielleicht sehen wir uns ja bald mal wieder. Du weißt ja jetzt, wo du mich finden kannst.“ Flirtete Andy etwa mit mir?

„Ja, vielleicht“, sagte ich vage. „Also bis dann.“ Ich stieg aufs Fahrrad und drehte mich nur noch einmal so um, dass er es hoffentlich nicht merkte.

„Und? Was hast du heute Nachmittag gemacht?“, fragte mich Margret beim Abendessen, als wir alle zusammensaßen. Ich erzählte davon, dass ich Andy kennengelernt von Rosebrook kennengelernt hatte.

„Ach ja, der Andy“, sagte Margret. „Der ist auch ein Wwofer. Gibt viele hier in der Gegend. Der müsste glaube ich auch so in deinem Alter sein.“

„Und auf Rosebrook gibt es viele Pferde?“, fragte ich.

Margret lächelte, denn offensichtlich hatte sie erkannt, dass ich die Tiere mochte. „Oh ja, deswegen gibt es dort immer besonders viele junge Frauen, Andy ist da schon eine Ausnahme....und er ist ein echt guter Kerl.“

„Ich glaube, das kommt bei Frauen immer gut an, wenn ein Mann gut mit Pferden umgehen kann“, meinte James.

„Kannst du reiten?“, fragte Margret. „Ja“, antwortete ich. „Gut, dann kannst du bestimmt mal eines der Pferde dort ausleihen. Ich kann auch gerne für dich fragen. Wir kennen uns hier in der Nachbarschaft alle ziemlich gut.“

„Das wäre wunderbar“, sagte ich glücklich.

Die falsche Ecke der Heide

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