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Kapitel 9

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Die nächsten paar Tage liefen alle immer ziemlich ähnlich ab: aufstehen, die Tiere versorgen, sie dann auf die Weide bringen und dann das erledigen, was eben gerade so anfiel. Mal war das Unkraut jäten, mal Zäune ausbessern, mal im Gemüsebeet arbeiten, es wurde irgendwie nie langweilig.

Eines Tages, als ich gerade dabei war, die Sträucher zu wässern, weil es seit ein paar Tagen nicht geregnet hatte, kam Andy auf den Hof geradelt.

„Hey, Annie“, begrüßte er mich. „Wie geht‘s? Lange nicht mehr gesehen.“

„Hi“, sagte ich und ich war insgeheim überrascht, dass er sich meinen Namen gemerkt hatte. „Mir geht‘s ganz gut und dir?“

„Alles bestens“, antwortete er.

„Was treibt dich denn hierher?“

„Nur n paar Eier abholen. Wir holen die immer von euch. Das sind einfach die besten“, sagte er schmunzelnd.

„Da kann ich dir nur zustimmen.“

„Margret ist glaube ich drinnen“, sagte ich.

„Danke. Ich werde mal schauen. Also, wir sehen uns.“

Ich wässerte noch weiter die Blumen, als mich Margret wenige Minuten später ins Haus rief.

„Annie“, begrüßte sie mich. „Was hältst du davon, heute Nachmittag auf Rosebrook zu reiten?“

„Das wäre super“, freute ich mich.

„Super, dann wäre das abgemacht“, sagte Andy. „Du kannst einfach kommen, wenn du hier fertig bist.“

„Okay“, sagte ich. „Bis später dann“, verabschiedete sich Andy und ich sah durch das Fenster, wie er sich auf sein Rad schwang und losfuhr.

„Das ist wirklich so cool!“, freute ich mich noch einmal und Margret lächelte. Sofort wurde mir aber etwas bewusst: „Ich habe gar keine Reitsachen dabei“, gab ich zu bedenken. „Ich denke, das Problem lässt sich lösen. Ich glaube, ich habe da noch ein paar Sachen, die dir passen müssten.“

Mit der Aussicht am Nachmittag reiten zu können, erledigte ich meine Arbeit in Windeseile, mistete die Boxen aus, machte mir schnell etwas zu essen, zog mich um und machte mich dann auf den Weg. „Und fall nicht vom Pferd!“, rief mir Margret zu, als ich schon halb durch die Tür verschwunden war.

„Hi. Das ging ja schnell“, begrüßte mich Andy, als ich auf den Hof fuhr. Margret hatte mir noch beschrieben, wie ich von der Straße aus am besten zu der Farm kommen würde.

„Wenn ich die Möglichkeit habe zu reiten...“, sagte ich, ohne den Satz zu beenden.

„Ich hatte gedacht, wir reiten aus“, erklärte er. „Also zuerst gehen wir noch kurz auf den Platz, damit ich sehe, was du kannst, aber wenn alles gut läuft, sollte nichts dagegensprechen, warum wir nicht rausgehen sollten. Außerdem bekommst du Foxy. Die ist ganz lieb.“

„Und den Eigentümern ist das recht?“, fragte ich mit leichtem Bedenken. „Klar. Außerdem kennen die Margret und James schon ewig.“ „Gut“, sagte ich, auch wenn ich nicht so ganz überzeugt war.

Die Fuchsstute – daher der Name Foxy – war wirklich ganz brav und Andy war überzeugt davon, dass wir ohne Probleme ins Gelände gehen könnten. Er selbst nahm einen Rappen namens Panther. „Bekommen hier alle Pferde ihre Namen nach dem Aussehen?“, fragte ich ein wenig keck. „Nicht alle, aber manche. Wenn mal wieder keiner eine Idee hat“, sagte Andy mit einem Augenzwinkern. „Wie bist du eigentlich hierhergekommen?“, fragte ich. „Standardfrage, hm?“, fragte er zurück, ohne diesen gewitzten Ausdruck in seinen Augen zu verlieren. Ich spürte, wie ich ein wenig rot wurde und Andys Grinsen wurde breiter. „Es wird dich überraschen, dass ich Kanadier bin und deswegen auf einer Farm im eigenen Land arbeite, allerdings komme ich von der Ostküste und hatte das Gefühl, ich kenne das eigene Land nicht, in dem ich lebe. Und deswegen habe ich beschlossen, durch das Land zu ziehen und zu arbeiten.“

„Und dann?“, fragte ich weiter. „Davon kann man doch nicht leben, oder?“

„Nein, das kann man auch nicht. Deswegen bin ich in Rosebrook mittlerweile fest angestellt. Und um ehrlich zu sein, will ich hier auch gar nicht mehr weg.“ Das war nur zu gut verständlich. Auch wenn ich selbst noch gar nicht so lange hier war, hatte ich jetzt schon Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass das hier nicht von Dauer war.

„Wann hast du reiten gelernt?“, fragte er, um das Thema zu wechseln.

„Als ich ungefähr sechs war“, sagte ich. „Ich habe Pferde schon immer geliebt.“

„Ja, das sind echt tolle Tiere. So groß und doch so sanft.“ Ich musste ein wenig über diese Philosophie grinsen, aber er hatte doch irgendwie recht.

Wir ritten eine Weile im Schritt, dann trabten wir ein wenig und später fragte Andy, ob ich mutig genug für einen kleinen Galopp war. Ich genoss es, einfach nur das regelmäßige Hufgetrappel zu hören und einfach mal an nichts zu denken.

„Was machst du eigentlich?“, fragte Andy nach einer Weile, als wir wieder gemütlich im Schritt nebeneinander herritten.

„Ich...“, setzte ich an. „...bin gerade mit der Schule fertig geworden.“ Wieder eine Pause.

„Und weiter?“, fragte er, als ich weiter nichts sagte.

„Weiter....weiß ich auch nicht“, gestand ich und erzählte in ein paar Sätzen, wie ich hier gelandet war.

„Tja, gar nicht so einfach…ich meine, das mit den Entscheidungen, oder?“

Ich nickte stumm. „Ich glaube, man kann keine falschen Entscheidungen treffen“, sagte er dann weiter. „Denn selbst wenn man eine vermeintlich falsche Entscheidung trifft, hat man doch etwas draus gelernt.“ Ich war ein wenig überrascht über diese Worte, aber insgeheim wusste ich, dass Andy recht hatte.

„Danke für den Ausritt. Das war echt super schön.“

„Gerne doch. Wenn du möchtest, können wir das auch ruhig öfter machen“, schlug er vor.

„Ja, warum nicht?“

„Ich geb dir meine Nummer, dann können wir das spontan ausmachen.“

„Oh Mist! Ich habe mein Handy gerade nicht dabei“, bemerkte ich.

„Kein Problem, dann kannst du mir einfach deine geben.“ Er zückte sein Handy und ich speicherte meine Nummer ein.

„Okay, dann also bis bald“, verabschiedete ich mich.

„Bis bald“, erwiderte er.

„Na, wie war‘s?“, fragte mich Margret später beim Essen.

„Echt wunderbar“, strahlte ich. „Ja, das sieht man dir durchaus an.“

„Das ist schon ein Weilchen her, dass ich das letzte Mal auf einem Pferd gesessen habe. Also eigentlich nur ein paar Wochen, aber es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit.“

„Das ist doch schön, dass es dir gefallen hat. Übrigens…“, sie schaute in die Runde, „morgen kommt Julius, der neue Wwofer.“

„Echt, morgen schon?“, staunte Henry.

„Ja, so schnell vergeht die Zeit“, bemerkte James.

„Es wäre schön, wenn ihr nett zu ihm seid, aber ich glaube, das bekommt ihr hin“, bemerkte Margret.

„Ich glaube schon“, lachte Henry.

Die falsche Ecke der Heide

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