Читать книгу Wallensteins Tod - Фридрих Шиллер, Friedrich von Schiller - Страница 9

Erster Aufzug
Siebenter Auftritt

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Gräfin Terzky zu den Vorigen.

Wallenstein

     Wer ruft Euch? Hier ist kein Geschäft für Weiber.


Gräfin

     Ich komme, meinen Glückwunsch abzulegen.

     – Komm ich zu früh etwa? Ich will nicht hoffen.


Wallenstein

     Gebrauch dein Ansehn, Terzky. Heiß sie gehn.


Gräfin

     Ich gab den Böhmen einen König schon.


Wallenstein

     Er war darnach.


Gräfin. (zu den andern)

     Nun, woran liegt es? Sprecht!


Terzky

     Der Herzog will nicht.


Gräfin

     Will nicht, was er muß?


Illo

     An Euch ist's jetzt. Versucht's, denn ich bin fertig,

     Spricht man von Treue mir und von Gewissen.


Gräfin

     Wie? da noch alles lag in weiter Ferne,

     Der Weg sich noch unendlich vor dir dehnte,

     Da hattest du Entschluß und Mut – und jetzt,

     Da aus dem Traume Wahrheit werden will,

     Da die Vollbringung nahe, der Erfolg

     Versichert ist, da fängst du an, zu zagen?

     Nur in Entwürfen bist du tapfer, feig

     In Taten? Gut! Gib deinen Feinden Recht!

     Da eben ist es, wo sie dich erwarten.

     Den Vorsatz glauben sie dir gern; sei sicher,

     Daß sie's mit Brief und Siegel dir belegen!

     Doch an die Möglichkeit der Tat glaubt keiner,

     Da müßten sie dich fürchten und dich achten.

     Ist's möglich? Da du so weit bist gegangen,

     Da man das Schlimmste weiß, da dir die Tat

     Schon als begangen zugerechnet wird,

     Willst du zurückziehn und die Frucht verlieren?

     Entworfen bloß ist's ein gemeiner Frevel,

     Vollführt ist's ein unsterblich Unternehmen;

     Und wenn es glückt, so ist es auch verziehn,

     Denn aller Ausgang ist ein Gottes Urtel.


Kammerdiener. (tritt herein)

     Der Oberst Piccolomini.


Gräfin. (schnell)

     Soll warten.


Wallenstein

     Ich kann ihn jetzt nicht sehn. Ein andermal.


Kammerdiener

     Nur um zwei Augenblicke bittet er,

     Er hab ein dringendes Geschäft —


Wallenstein

     Wer weiß, was er uns bringt. Ich will doch hören.


Gräfin. (lacht)

     Wohl mag's ihm dringend sein. Du kannst's erwarten.


Wallenstein

     Was ist's.


Gräfin

     Du sollst es nachher wissen.

     Jetzt denke dran, den Wrangel abzufert'gen.


(Kammerdiener geht.)

Wallenstein

     Wenn eine Wahl noch wäre – noch ein milderer

     Ausweg sich fände – jetzt noch will ich ihn

     Erwählen und das Äußerste vermeiden.


Gräfin

     Verlangst du weiter nichts, ein solcher Weg

     Liegt nah vor dir. Schick diesen Wrangel fort.

     Vergiß die alten Hoffnungen, wirf dein

     Vergangnes Leben weg, enschließe dich,

     Ein neues anzufangen. Auch die Tugend

     Hat ihre Helden, wie der Ruhm, das Glück.

     Reis hin nach Wien zum Kaiser stehndes Fußes,

     Nimm eine volle Kasse mit, erklär,

     Du hab'st der Diener Treue nur erproben,

     Den Schweden bloß zum besten haben wollen.


Illo

     Auch damit ist's zu spät. Man weiß zu viel.

     Er würde nur das Haupt zum Todesblocke tragen.


Gräfin

     Das fürcht ich nicht. Gesetzlich ihn zu richten,

     Fehlt's an Beweisen; Willkür meiden sie.

     Man wird den Herzog ruhig lassen ziehn.

     Ich seh, wie alles kommen wird. Der König

     Von Ungarn wird erscheinen, und es wird sich

     Von selbst verstehen, daß der Herzog geht;

     Nicht der Erklärung wird das erst bedürfen.

     Der König wird die Truppen lassen schwören,

     Und alles wird in seiner Ordnung bleiben.

     An einem Morgen ist der Herzog fort.

     Auf seinen Schlössern wird es nun lebendig,

     Dort wird er jagen, baun, Gestüte halten,

     Sich eine Hofstatt gründen, goldne Schlüssel

     Austeilen, gastfrei große Tafel geben,

     Und kurz ein großer König sein – im Kleinen!

     Und weil er klug sich zu bescheiden weiß,

     Nichts wirklich mehr zu gelten, zu bedeuten,

     Läßt man ihn scheinen, was er mag; er wird

     Ein großer Prinz bis an sein Ende scheinen.

     Ei nun! der Herzog ist dann eben auch

     Der neuen Menschen einer, die der Krieg

     Emporgebracht; ein übernächtiges

     Geschöpf der Hofgunst, die mit gleichem Aufwand

     Freiherrn und Fürsten macht.


Wallenstein. (steht auf, heftig bewegt)

     Zeigt einen Weg mir an aus diesem Drang,

     Hilfreiche Mächte! einen solchen zeigt mir,

     Den ich vermag zu gehn – Ich kann mich nicht,

     Wie so ein Wortheld, so ein Tugendschwätzer,

     An meinem Willen wärmen und Gedanken —

     Nicht zu dem Glück, das mir den Rücken kehrt,

     Großtuend sagen: Geh! Ich brauch dich nicht!

     Wenn ich nicht wirke mehr, bin ich vernichtet;

     Nicht Opfer, nicht Gefahren will ich scheun,

     Den letzten Schritt, den äußersten, zu meiden;

     Doch eh' ich sinke in die Nichtigkeit,

     So klein aufhöre, der so groß begonnen,

     Eh' mich die Welt mit jenen Elenden

     Verwechselt, die der Tag erschafft und stürzt,

     Eh' spreche Welt und Nachwelt meinen Namen

     Mit Abscheu aus, und Friedland sei die Losung

     Für jede fluchenswerte Tat.


Gräfin

     Was ist denn hier so wider die Natur?

     Ich kann's nicht finden, sage mir's – oh! laß

     Des Aberglaubens nächtliche Gespenster

     Nicht deines hellen Geistes Meister werden!

     Du bist des Hochverrats verklagt; ob mit

     – Ob ohne Recht, ist jetzo nicht die Frage —

     Du bist verloren, wenn du dich nicht schnell der Macht

     Bedienst, die du besitzest – Ei! wo lebt denn

     Das friedsame Geschöpf, das seines Lebens

     Sich nicht mit allen Lebenskräften wehrt?

     Was ist so kühn, das Notwehr nicht entschuldigt?


Wallenstein

     Einst war mir dieser Ferdinand so huldreich;

     Er liebte mich, er hielt mich wert, ich stand

     Der Nächste seinem Herzen. Welchen Fürsten

     Hat er geehrt wie mich? – Und so zu enden!


Gräfin

     So treu bewahrst du jede kleine Gunst,

     Und für die Kränkung hast du kein Gedächtnis?

     Muß ich dich dran erinnern, wie man dir

     Zu Regenspurg die treuen Dienste lohnte?

     Du hattest jeden Stand im Reich beleidigt;

     Ihn groß zu machen, hattest du den Haß,

     Den Fluch der ganzen Welt auf dich geladen,

     Im ganzen Deutschland lebte dir kein Freund,

     Wei du allein gelebt für deinen Kaiser.

     An ihn bloß hieltest du bei jenem Sturme

     Dich fest, der auf dem Rgenspurger Tag

     Sich gegen dich zusammenzog – da ließ er

     Dich fallen! Ließ dich fallen! Dich dem Bayern,

     Dem Übermütigen, zum Opfer fallen!

     Sag nicht, daß die zurückgegebne Würde

     Das erste, schwere Unrecht ausgesöhnt.

     Nicht wahrlich guter Wille stellte dich,

     Dich stellte das Gesetz der herben Not

     An diesen Platz, den man dir gern verweigert.


Wallenstein

     Nicht ihrem guten Willen, das ist wahr!

     Noch seiner Neigung dank ich dieses Amt.

     Mißbrauch ich's, so mißbrauch ich kein Vertrauen.


Gräfin

     Vertrauen? Neigung? – Man bedurfte deiner!

     Die ungestüme Presserin, die Not,

     Der nicht mit hohlen Namen, Figuranten

     Gedient ist, die die Tat will, nicht das Zeichen,

     Den Größten immer aufsucht und den Besten,

     Ihn an das Ruder stellt, und müßt sie ihn

     Aufgreifen aus dem Pöbel selbst – die setzte dich

     In dieses Amt und schrieb dir die Bestallung.

     Denn lange, bis es nicht mehr kann, behilft

     Sich dies Geschlecht mit feilen Sklavenseelen

     Und mit den Drahtmaschinen seiner Kunst —

     Doch wenn das Äußerste ihm nahe tritt,

     Der hohle Schein es nicht mehr tut, da fällt

     Es in die starken Hände der Natur,

     Des Riesengeistes, der nur sich gehorcht,

     Nichts von Verträgen weiß und nur auf ihre

     Bedingung, nicht auf seine, mit ihm handelt.


Wallenstein

     Wahr ist's! Sie sahn mich immer, wie ich bin,

     Ich hab sie in dem Kaufe nicht betrogen,

     Denn nie hielt ich's der Mühe wert, die kühn

     Umgreifende Gemütsart zu verbergen.


Gräfin

     Vielmehr – du hast dich furchtbar stets gezeigt.

     Nicht du, der stets sich selber treu geblieben,

     Die haben Unrecht, die dich fürchteten

     Und doch die Macht dir in die Hände gaben.

     Denn Recht hat jeder eigene Charakter,

     Der übereinstimmt mit sich selber, es gibt

     Kein andres Unrecht als den Widerspruch.

     Warst du ein andrer, als du vor acht Jahren

     Mit Feuer und Schwert durch Deutschlands Kreise zogst,

     Die Geißel schwangest über alle Länder,

     Hohn sprachest allen Ordnungen des Reichs,

     Der Stärke fürchterliches Recht nur übtest

     Und jede Landeshoheit niedertratst,

     Um deines Sultans Herrschaft auszubreiten?

     Da war es Zeit, den stolzen Willen dir

     Zu brechen, dich zur Ordnung zu verweisen!

     Doch wohl gefiel dem Kaiser, was ihm nützte,

     Und schweigend drückt' er diesen Freveltaten

     Sein kaiserliches Siegel auf. Was damals

     Gerecht war, weil du's für ihn tatst, ist's heute

     Auf einmal schändlich, weil es gegen ihn

     Gerichtet wird?


Wallenstein. (aufstehend)

     Von dieser Seite sah ich's nie – Ja! dem

     Ist wirklich so. Es übte dieser Kaiser

     Durch meinen Arm im Reiche Taten aus,

     Die nach der Ordnung nie geschehen sollten.

     Und selbst den Fürstenmantel, den ich trage,

     Verdank ich Diensten, die Verbrechen sind.


Gräfin

     Gestehe denn, daß zwischen dir und ihm

     Die Rede nicht kann sein von Pflicht und Recht,

     Nur von der Macht und der Gelegenheit!

     Der Augenblick ist da, wo du die Summe

     Der großen Lebensrechnung ziehen sollst,

     Die Zeichen stehen sieghaft über dir,

     Glück winken die Planeten dir herunter

     Und rufen: es ist an der Zeit! Hast du

     Dein Lebenlang umsonst der Sterne Lauf

     Gemessen? – den Quadranten und den Zirkel

     Geführt? – den Zodiak, die Himmelskugel

     Auf diesen Wänden nachgeahmt, um dich herum

     Gestellt in stummen, ahnungsvollen Zeichen

     Die sieben Herrscher des Geschicks,

     Nur um ein eitles Spiel damit zu treiben?

     Führt alle diese Zurüstung zu nichts,

     Und ist kein Mark in dieser hohlen Kunst,

     Daß sie dir selbst nichts gilt, nichts über dich

     Vermag im Augenblick der Entscheidung?


Wallenstein. (ist während dieser letzten Rede mit heftig arbeitendem Gemüt auf und ab gegangen und steht jetzt plötzlich still, die Gräfin unterbrechend)

     Ruft mir den Wrangel, und es sollen gleich

     drei Boten satteln.


Illo

     Nun, gelobt sei Gott!


(Eilt hinaus.)

Wallenstein

     Es ist sein böser Geist und meiner. Ihn

     Straft er durch mich, das Werkzeug seiner Herrschsucht,

     Und ich erwart es, daß der Rache Stahl

     Auch schon für meine Brust geschliffen ist.

     Nicht hoffe, wer des Drachen Zähne sät,

     Erfreuliches zu ernten. Jede Untat

     Trägt ihren eignen Rach-Engel schon,

     Die böse Hoffnung, unter ihrem Herzen.

     Er kann mir nicht mehr traun, – so kann ich auch

     Nicht mehr zurück. Geschehe denn, was muß.

     Recht stets behält das Schicksa, denn das Herz

     In uns ist sein gebietrischer Vollzieher.


(Zu Terzky.)

     Bring mir den Wrangel in mein Kabinett,

     Die Boten will ich selber sprechen. Schickt

     Nach dem Octavio!


(Zur Gräfin, welche eine triumphierende Miene macht.)

     Frohlocke nicht!

     Denn eifersüchtig sind des Schicksals Mächte.

     Voreilig Jauchzen greift in ihre Rechte.

     Den Samen legen wir in ihre Hände,

     Ob Glück, ob Unglück aufgeht, lehrt das Ende.


(Indem er abgeht, fällt der Vorhang.)

Wallensteins Tod

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