Читать книгу Brillant ist nur der Tod - Gerhard Nattler - Страница 14

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Kapitel 8

»Die Fischer habe ich überzeugen können«, berichtete Giulio seinem Onkel. »Sie haben mir garantiert, dass vier Kähne auf Abruf innerhalb von drei Tagen bereitstehen können. So einig wie der Kartengeber geglaubt hatte, war sich die Gruppe der Fischer wohl doch nicht. Wie heißt es nach alter römischer Weisheit? Geld stinkt nicht! Das war immer schon so und es bleibt auch so.«

»Jetzt brauchen wir nur noch auf den Geburtstagsgruß zu warten. Ich hoffe, der Junge im Senegal macht seine Arbeit gut. Mustafa lobt diesen Abdel ja über den grünen Klee und der wiederum empfiehlt diesen Kunta oder wie der Junge dort unten heißt.«

»Apropos Mustafa!«, fiel Giulio ein. »Hatte der nicht noch ein kleines Nebengeschäft? Hast du etwas in dieser Angelegenheit von ihm gehört? Bei mir hat er sich nicht gemeldet.«

Don Antonio zog sein Telefonino aus der Tasche, blätterte in seinen Kontakten und drückte auf eine Telefonnummer.

»Pronto?«

»Hallo mein Freund, Antonio hier, was ist los mit dir. Alles gesund? Ich frage mich, was ist mit deinen Kleinigkeiten, die wir auf unserem Transport mit ans Mittelmeer nehmen sollen? Steht alles bereit? Wir sind startklar.«

»Frag’ mich nicht danach!« Pause. Tiefes Durchatmen am anderen Ende der Leitung. »Antonio, stell dir vor, es ist alles weg. Alles beschlagnahmt. Weiß der Teufel, wie das aufgefallen ist. Jemand muss uns verraten haben. Unsere Leute kamen in eine Straßensperre und unsere Wagen wurden gezielt durchsucht. Die Leute wussten sogar ziemlich genau, in welchem Erdnusssack der Beutel versteckt war. Wenn ich erfahre, wer mir das angetan hat … Rache ist gar kein Ausdruck!«

»Wem du das zu verdanken hast, willst du wissen? Du kannst dir bei mir die Adresse der Dame abholen. Sie wohnt in Mailand. Unweit des Schlosses. Du kannst sie gleich an Ort und Stelle in dem alten Verlies foltern! Wenn sie es denn nicht gleich mit dir macht. Die Vorrichtungen sind sogar noch vorhanden. Aber ich rate dir noch einmal dringend: nimm dich vor der Dame in Acht! Sie hat schon einmal vor ein paar Jahren in Mailand und Turin aufgeräumt. Die Polizei sucht heute noch die Täter, obwohl alle Insider wissen, wer die Leute umgebracht hat. Ich sage nur: Wildwestmanier!«

»Kennst du sie näher?«

»Keiner kennt sie näher. Sie hält sich immer im Hintergrund. Ich habe mal zwei meiner Leute auf sie angesetzt, weil sie in Rom überall ihre Beziehungen spielen lässt. Ich bekomme nämlich weder in Mailand noch in Turin ein Bein an die Erde. Wenn du sie siehst… sie ist eine tolle Frau, alles, was recht ist. Sie muss so um die sechzig sein, sieht gut aus, könnte noch für ein Model herhalten. Sehr gepflegt und gnadenlos, wenn ihr jemand die Geschäfte streitig macht. Die beiden Leute, die mir Informationen über sie geliefert haben, liegen wahrscheinlich im Verlies des Castello Sforzesco. Wenn sie herausbekommt, dass du ihr in die Quere gekommen bist oder auch nur willst, gnade dir Gott!«

»Scheiße!!« war Mustafa Barukas einziger Kommentar. Er hatte aufgelegt.

Don Antonio lag ein Grinsen im Gesicht.

*****

»Buongiorno Signore Tedone, mein Name ist Abdel Ngibuda«, stellte er sich vor. »Ich komme im Auftrag von Signore Mustafa Baruka. Hier ist meine Legitimation.« Der Satz klang, als hätte er diesen auswendig gelernt und vorher einige Male geübt. Er übergab einen Umschlag. Don Antonio erkannte das Siegel und bat den Mann herein. Im Arbeitszimmer brach er das Siegel und las:

»Hallo lieber Freund Antonio,

leider muss ich für einige Tage verreisen. Du weißt schon. Als ich gestern Morgen in mein Büro kam, lag dort eine Bibel auf meinem Schreibtisch. Ich kann mir denken, wer sie dorthin gelegt hat. Und ich kann mir auch denken, warum. Mein Muriden-Bruder Abdel hat eine Nachricht für dich. Du kannst ihm vertrauen.

Gruß Mustafa«

»Setzen Sie sich bitte. Darf ich etwas zu trinken anbieten? Kaffee? Tee? Wasser …? Oscar, bitte ein Glas Wasser für unseren Gast«, orderte er, ohne die Antwort abzuwarten. Während Antonio den Brief schredderte, schaute Abdel sich derweil still und vorsichtig in dem Arbeitszimmer um.

»Nun?«, forderte ihn Antonio auf, nachdem Abdel das Glas fast leer getrunken hatte.

»Mein Kalif schickt mich, euch um Hilfe zu bitten«, begann er vorsichtig und recht leise. Er machte einen eher unsicheren Eindruck. Er hatte bisher noch niemals mit einem »Hohen Herrn« zu tun gehabt. Erst als sich Don Antonio die Hand wie ein Hörrohr ans Ohr hielt, räusperte er sich und redete lauter. Er machte hinter jedem Satz eine Pause. »Er hält sich im Augenblick in Acqui Terme auf. Er hat sich vor drei Tagen dorthin zurückgezogen. Er hat dort in den Bergen ein kleines Wochenendhaus. Es liegt mitten in einem Weinberg. Von außen gar nicht sichtbar.« Er schluckte zweimal. »Er braucht Waffen zu seiner Verteidigung im Notfall. Eine Pistole und ein Gewehr, wenn es möglich wäre. Ich glaube, er hat Angst. Und eine neue Telefonkarte braucht er auch. Er befürchtet, sein Telefon wird geortet.« Nachdem er alles vorgetragen hatte, als hätte er ein Gedicht aufgesagt, trank er den Rest des Wassers und wurde entspannter. Er schien Vertrauen zu gewinnen, dass man ihm hier nicht den Kopf abriss. »Ach, und dann hat er noch ein größeres Problem. Er hat noch Ware, die auf dem Weg ist. Sie wird in den Senegal geliefert zu Kunta.«

Don Antonio schenkte persönlich nach und forderte ihn auf, noch einen Schluck zu nehmen. Er gab sogar etwas Eis ins Glas. Nach kurzem Überlegen nahm Antonio das Gespräch wieder auf:

»Wer ist dieser Kunta zum Teufel? Den Namen höre ich jetzt zum zweiten Mal.«

»Ein gemeinsamer Freund. Zuverlässig.« Er wusste, worauf es ankam.

»Wissen Sie, wo Barukas Haus gelegen ist? Haben Sie eine Adresse oder eine Skizze?«

Abdel war komplett überrascht, wie freundlich er angesprochen wurde. Das Wort »Sie« hatte er im Zusammenhang mit seinem Namen noch nie vernommen.

»Ich habe den Kalifen dorthin gebracht. Ich weiß wo es ist und ich finde es auch wieder.«

Don Antonio griff zum Telefonino. »Luca? Ich brauche dich hier. Avanti!« Er wandte sich an seinen Gast: Sie sprechen ausgezeichnet Italienisch. Sind Sie hier geboren, oder wie lange sind Sie hier?«

»Ich bin schon fünf Jahre in Italien, war früher in Rimini, jetzt habe ich einen eigenen Stand hier an der Promenade. Den hat mir der Kalif besorgt, aber immer nur im Sommer. Die andere Zeit des Jahres bin ich zuhause im Senegal und helfe dort bei der Verarbeitung der Erdnüsse in der Fabrik des Kalifen, die er dort mit seinem Bruder betreibt.« Er wurde langsam lockerer und erzählte in flüssigem Italienisch seine Lebensgeschichte. Die beiden fingen an, sich sympathisch zu finden. Sie hatten es sich inzwischen auf der Terrasse gemütlich gemacht, als Luca erschien.

Nach kurzer Vorstellung und dem Empfang des obligatorischen Glases Wasser fragte er: »Was gibt’s, Don Antonio? Wo kann ich helfen?« Er schaute auf Abdel, der ihn von oben bis unten musterte. »Gibt es irgendwelche Probleme?«

»Du kennst Mustafa, den Kalifen? Sicher!«

Don Antonio erzählte die ganze Geschichte. Ein paar Einzelheiten steuerte Abdel auch noch bei, was die anderen erstaunte. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass der junge Mann so tief in der Materie stand.

»Eigentlich eine lustige Geschichte, wenn die Sache nicht so gefährlich wäre. Ich meine die Aktion mit der Bibel. Man weiß nicht, was sie mit der Aktion bezwecken möchte. Ist es eine Warnung? Oder schon eine Vorbereitung? Oder will sie ihn gar zum Christen bekehren …?«

»… oder hat sie die Seite aufgeschlagen mit dem siebten Gebot: Du sollst nicht stehlen!?«, vollendete Luca den Satz. Ein fast homerisches Gelächter war das Resultat dieser Vermutung.

Als dann schließlich wieder Ruhe eingekehrt war, stellte Luca vorsichtig fest:

»Ich gehe mal davon aus, Sie wollen die erbetenen Verteidigungsmittel beibringen. Soll ich auch Leute abstellen?« Er hatte immer noch ein Grinsen im Gesicht.

»Fahre hin und entscheide die Lage vor Ort. Wie lange fährt man? Weißt du das?«

»Anderthalb Stunden«, erwiderte Abdel.

In diesem Augenblick bekam er eine Nachricht über WhatsApp. Er bot seinem Gastgeber das Handy an, damit dieser die Nachricht persönlich lesen konnte.

»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«

Brillant ist nur der Tod

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