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Meran, den 15. August

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Octavio Altani hätte zufrieden sein können mit seinen Eisdielen. Das Wetter war wunderbar warm heute am 15. August, dem Feiertag Mariä Himmelfahrt, der in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel. Heute war für die meisten Italiener der Beginn des Urlaubs. Die Sonne gab ihr Bestes. Die Promenade in Meran war gut besucht, um nicht von Überfüllung zu sprechen. Die Einheimischen hatten sich nach dem Kirchgang in St. Nikolaus unter die Touristen gemischt und den ganzen Tag lang strebte alles in die Lokale, Cafés und Eisdielen um sich zu erfrischen, sei es mit einem Glas Prosecco, einem Viertele oder einfach einem Eis im Hörnchen. Jedoch kümmerte es ihn wenig. Er lag eingerollt in einer festen Plastikfolie im Kofferraum seines BMW X5 und war tot.

So dachten jedenfalls die Fahrer.

Wie lange er bewusstlos gewesen war, wusste er nicht. Sein Kopf dröhnte, schien zu platzen. Bei jedem Kanaldeckel hätte er am liebsten laut aufgeschrien, aber mit Rücksicht auf die Unterhaltung der Männer auf den Vordersitzen zog er es vor, die Zähne zusammenzubeißen und ruhig zu bleiben. Er ging davon aus, dass Fahrer und Beifahrer die gleichen Leute waren, die ihm in seiner Apfelplantage mit einem Betonstab eins übergezogen hatten. Seine Sinne arbeiteten fieberhaft. Tatsache war: er war in einer überaus misslichen Lage. Die Chance, hier noch einmal davonzukommen, war gleich null. Allerdings war es nicht das erste Mal, dass er den Tod vor Augen hatte. Das Wichtigste war zunächst, absolute Ruhe zu bewahren und seine Widersacher im Glauben zu lassen, er sei tatsächlich tot.

Octavio versuchte, sich zu erinnern:

Er war gegen drei Uhr am Nachmittag in die Plantage gefahren. Die Zeit wusste er genau. Er hatte ein Telefongespräch geführt. Jemand hatte ihn angerufen, um ihm mitzuteilen, dass der Obstbauer, der die Anbaufläche neben ihm bewirtschaftete, seinen Garten mit Insektengift einsprühen würde. Dieses war im Vinschgau streng verboten. Die Bauern hatten sich darauf geeinigt, abgestimmt und die Verordnung verkündet, dass keiner sprühen durfte, damit das Obst aus dieser Region das Prädikat »Bio« für sich beanspruchen durfte. Der Anruf war anonym gewesen. Das war logisch. Keiner würde es sich mit der Dorfgemeinschaft verderben wollen, weil er solche Nachrichten weitergab. Also hatte er sich schleunigst auf den Weg gemacht. Von einem Sünder war allerdings nichts zu sehen gewesen. Da er nun schon einmal vor Ort war, konnte er auch eben seinen Besitz kontrollieren, um wegen des vorausgesagten Gewitters keine Überraschung zu erleben. Das kam im Vinschgau immer recht heftig nieder, häufig mit dicken Hagelkörnern, wie jeder wusste, der sich hier ein wenig auskannte. Stutzig hätte er werden müssen, als er auf der Grasnarbe zwischen den Fahrspuren des Traktors frische Tritte festgestellt hatte. Zwei Personen. Außerdem war einer der beiden anscheinend auf dem feuchten Untergrund ausgerutscht und hatte sein Messer verloren. Beim Betrachten dieses schweren Messer mit Springklinge fiel ihm ein Emblem am Anfang der Klinge auf. Es handelte sich um ein stilisiertes Stiergehörn. Das Zeichen erinnerte ihn an das Zeichen für das Sternbild Stier. Darunter stand »MADE IN USA«. Er hatte das Messer in seinen Gummistiefel gesteckt und überlegt, während er die Netze kontrolliert hatte, woher er dieses Zeichen kannte. Er meinte auch jetzt, dieses Zeichen schon einmal irgendwo gesehen zu haben.

Ihm fielen die Augen zu.

Brillant ist nur der Tod

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