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Josef Widmer

Wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Schweizer Bildungssystems

1Einleitung

In der Schweiz genießen die Bildung und das hoch differenzierte Bildungssystem mit seinen allgemeinbildenden sowie berufsbezogenen Bildungsgängen einen besonderen Stellenwert. Unser Bildungssystem vermittelt geistige, kulturelle, lebenspraktische und arbeitsmarktbefähigende Kompetenzen und trägt somit viel zur Teilhabe der Schweizer Bevölkerung an Gesellschaft, Wirtschaft und Politik bei. Mangels natürlicher Ressourcen ist es absolut zentral für den Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger und für den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz, dass alle Akteure, sei es in der Schulpraxis, der Verwaltung oder auch der Forschung, ihrer Verantwortung gerecht werden und für die Bildung und für unser erfolgreiches Bildungssystem Sorge tragen.

Herausforderungen wie der technologische und digitale Fortschritt, starke Migrationsbewegungen oder der demografische Wandel stellen das Bildungssystem zunehmend vor Herausforderungen. Um den Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft dennoch gerecht zu werden, muss sich das Bildungssystem fortwährend weiterentwickeln. Damit Reformen aber auch die gewünschte Wirkung erzielen, müssen sie gut überlegt und fundiert geplant sein. Eine besondere Rolle kommt dabei der Forschung zu, denn sie liefert den Bildungsverantwortlichen jene Grundlagen, die für eine evidenzbasierte Steuerung des Bildungssystems unverzichtbar sind. Forschende, die regelmäßig über den Tellerrand ihres Forschungsbereichs hinausschauen, die in der Lage sind, gesamtsystemische Konsequenzen ihrer Forschung zu analysieren und sich dann auch noch in der politischen Hemisphäre sicher bewegen und ihre Forschung praxisnah valorisieren können, sind rar. Es ist mir deshalb eine Ehre, Herrn Prof. Dr. Franz Eberle, der diese Fähigkeiten vereint, anlässlich seiner Emeritierung zu würdigen.

Prof. Dr. Franz Eberle leistete mit seinen Beiträgen sowohl zur gymnasialen Maturität wie auch im Bereich der Berufsbildung wichtige Beiträge zum Erfolg des Schweizer Bildungssystems. Dank seines Mitwirkens in verschiedenen Projekten konnten Erkenntnisse mit weitreichenden Folgen für die Gestaltung einzelner Bildungsangebote, des Bildungssystems, für Lehrmethoden sowie für Bildungsinhalte gewonnen werden. Wie sehr der Bund seine Expertise schätzt, wird allein schon dadurch sichtbar, dass der Bund kompetitiv vergebene Forschungsprojekte unter der Leitung oder Mitarbeit von Prof. Dr. Franz Eberle immer wieder unterstützte. Um die Breite seines Schaffens angemessen zu würdigen, soll nachfolgend sowohl auf seine Forschung im Bereich der allgemeinen Bildungsangebote wie auch im Bereich Berufsbildung eingegangen werden.

2Evaluation der Maturitätsreform 1995 (EVAMAR), Phase II

2.1Wichtige Daten für die politische Steuerung

Im Sommer 2001 lancierten Bund und Kantone eine gesamtschweizerische Evaluation der durch das Reglement / die Verordnung über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAR/MAV) von 1995 eingeleiteten Reform der gymnasialen Maturitätsbildung. Diese Evaluation wurde in zwei Phasen durchgeführt. In der ersten Phase (2002–2005) wurden im Wesentlichen folgende drei Themen bearbeitet: die Passung von Wahlfachangebot und Interessen der Schülerinnen und Schüler sowie die Auswirkungen auf den Ausbildungserfolg, insbesondere die subjektiv wahrgenommene Qualität der Vorbereitung auf ein Hochschulstudium; die Umsetzung der fächerübergreifenden pädagogischen Ziele; und die Bewältigung der Reformen durch die Schulen.

Im Sommer 2005 beschlossen die politischen Behörden von Bund und Kantonen dann den Beginn der zweiten Evaluationsphase (EVAMAR II). In dieser Studie wurden weitere Aspekte der Maturitätsbildung untersucht. Der Fokus lag auf der objektiven Erfassung des Ausbildungsstandes der Schülerinnen und Schüler am Ende des Gymnasiums. Erforscht wurde somit die Qualität der gymnasialen Ausbildung und der Maturität. Durch die kompetente Leitung und die große Expertise von Prof. Dr. Franz Eberle konnten dank EVAMAR II bedeutende Erkenntnisse für Gesellschaft und Wirtschaft gewonnen werden.

Der Schlussbericht zur Phase II der EVAMAR-Studie mit mehreren Empfehlungen für das Gymnasium wurde 2008 publiziert (Eberle et al., 2008). Die bildungspolitischen Folgen sind zahlreich: Gymnasiale Bildungsziele konnten konkretisiert, die basalen Kompetenzen im Rahmenlehrplan berücksichtigt und Möglichkeiten zur Sicherung der Qualität der gymnasialen Bildung und des prüfungsfreien Zugangs zu universitären Hochschulen aufgezeigt werden. Der starke Einfluss von EVAMAR II auf die Bildungssteuerung äußert sich auch in der Tatsache, dass eine Fachgruppe der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) Ende 2008 aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Studie Empfehlungen zuhanden der politischen Behörden erarbeiten konnte. Die EDK und das damalige Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) haben sich ab 2009 mit diesen Empfehlungen auseinandergesetzt und das weitere Vorgehen diskutiert. Zwischen 2010 und 2012 wurde das Thema auch in verschiedenen Gremien diskutiert und in den Medien behandelt.

2.2Konkretisierung der gymnasialen Bildungsziele

Die Ergebnisse der Studie EVAMAR II erbrachten einen wichtigen Beitrag zur Konkretisierung der Ziele der gymnasialen Bildung (Art. 5 MAV). Sie lieferten Hinweise darauf, was universitäre Hochschulen unter dem Konstrukt «Hochschulreife» bzw. «Studierfähigkeit» verstehen. Die Studie EVAMAR II wies jedoch auch auf Lücken der Maturandinnen und Maturanden bei den basalen fachlichen Kompetenzen in der Erstsprache und in der Mathematik hin. Gleichzeitig bestätigte sie, dass genau diese Kompetenzen, die logisches und abstraktes Denken verlangen, entscheidend für die Erfolgschancen an der Universität sind. Diese Erkenntnisse fanden Eingang in die Schweizer Bildungsberichterstattung sowie 2011 und 2015 in die Erklärungen zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen von Bund und Kantonen für den Bildungsraum Schweiz. Darin ist festgehalten, dass – gestützt auf vorliegende Erkenntnisse und Studien – Maßnahmen geprüft werden, welche die Studierfähigkeit der Maturandinnen und Maturanden und damit den prüfungsfreien Hochschulzugang mit gymnasialer Matur sicherstellen.

2.3Berücksichtigung der basalen Kompetenzen im Rahmenlehrplan und weitere Maßnahmen

Die EDK hat im März 2012 eine Untersuchung zu den Konsequenzen aus dem Bericht EVAMAR II in Auftrag gegeben. Das Gesamtprojekt besteht aus vier konkreten Teilprojekten zur gymnasialen Maturität. Der Bund unterstützt dieses Projekt und hat sich an der Finanzierung des ersten Teilprojekts zur Umsetzung der basalen fachlichen Kompetenzen für die allgemeine Studierfähigkeit in Mathematik und Erstsprache beteiligt.

Im Rahmen dieses Teilprojekts hat Prof. Dr. Franz Eberle in einer erweiterten Analyse («Basale fachliche Kompetenzen für allgemeine Studierfähigkeit in Mathematik und Erstsprache: Kurzbericht zuhanden der EDK») aufgezeigt, wie die Kenntnisse und Fähigkeiten in den basalen Kompetenzen der Inhaberinnen und Inhaber einer gymnasialen Maturität verbessert werden können. Unter den vorgeschlagenen Lösungen findet sich die folgende Empfehlung, die bereits ein Jahr später durch die Kantone umgesetzt worden ist: «Die Basalen Fachlichen Studierkompetenzen werden in den Rahmenlehrplan der EDK aufgenommen» (Eberle, Brüggenbrock, Rüede, Weber & Albrecht, 2015).

2.4Langfristige Auswirkungen der Studie EVAMAR II

Auf der Grundlage dieser Studie wurde beschlossen, basale fachliche Kompetenzen für die allgemeine Studierfähigkeit in Erstsprache und Mathematik in den Rahmenlehrplan für die Maturitätsschulen zu integrieren. Weitere Empfehlungen zur langfristigen Sicherung des prüfungsfreien Hochschulzugangs mit gymnasialer Maturität wurden erlassen und werden aktuell in den erwähnten Teilprojekten umgesetzt. So sollen die Unterstützung der Schulen beim gemeinsamen Prüfen sichergestellt, die Optimierung des Übergangs zwischen Gymnasium und Universität vorangetrieben und die Studien- und Laufbahnberatung am Gymnasium verbessert werden.

Die Forschungsergebnisse der zweiten Phase der Evaluation der Maturitätsreform 1995 (EVAMAR II) dienen dem Bund und den verschiedenen Partnern noch heute als Referenz. Die Studie von Prof. Dr. Franz Eberle ist breit anerkannt und wird als ein Grundstein auch für zukünftige Evaluationen zur Qualität der gymnasialen Bildung von großer Bedeutung bleiben.

3Leading House der Berufsbildungsforschung LINCA

3.1Ein neuer Schwerpunktbereich in der Berufsbildungsforschung

Im Sommer 2010 schrieb das SBFI (damals Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT) den Aufbau eines neuen Leading House für Berufsbildungsforschung aus. Bei den «Leading Houses» handelt es sich um ein Förderinstrument im Rahmen der Ressortforschung des Bundes zum Politikbereich Berufsbildung, bei welchem bestehende universitäre Lehrstühle finanziell unterstützt werden, um im Sinne eines Kompetenzzentrums in einem klar umrissenen, für die Berufsbildung relevanten Schwerpunktbereich Forschung zu betreiben und dabei mit anderen universitären Lehrstühlen oder Hochschulen zu kooperieren. Die Förderung der Leading-House-Forschung ist langfristig angelegt.

Bei der Ausschreibung setzte sich Prof. Dr. Franz Eberle mit seinem Antrag für das Leading House «Learning and Instruction for Commercial Apprentices» (LINCA) gegen seine Mitbewerber durch. Mit den drei innovativen Teilprojekten zu den Fragen, welche Unterrichtsmerkmale sich kompetenzförderlich auf Lernende auswirken und über welche professionelle Kompetenz Lehrpersonen verfügen sollten, um den Unterricht in diesem Sinne zu gestalten, betrat das Leading House LINCA Forschungsneuland in der Schweiz. Doch gerade in einem Land, in dem fast zwei Drittel der Bevölkerung durch eine Lehre in den Arbeitsmarkt gelangt und die kaufmännische Lehre zu den beliebtesten Ausbildungen zählt, war und ist entsprechendes, evidenzbasiertes Wissen sehr wichtig, um das Bildungssystem zielführend zu steuern und weiterzuentwickeln. Die Arbeiten im Rahmen des Leading House LINCA konnten unter der strategischen Leitung von Prof. Dr. Franz Eberle im Herbst 2011 aufgenommen werden.

3.2Drei Perspektiven zum Erwerb von Kompetenzen im kaufmännischen Bereich

Die Schweiz braucht gut ausgebildete Fachkräfte, die in der Lage sind, komplexe Arbeiten selbstständig zu erledigen. Eine gute und praxisnahe Ausbildung ist dabei grundlegend. Neben den eigentlichen Lerninhalten spielen aber auch die Lehrpersonen sowie die allgemeine Wahrnehmung des Unterrichts eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund nahmen Prof. Dr. Franz Eberle und sein Team mit Fokus auf den kaufmännischen Bereich das Zusammenspiel zwischen den Kompetenzen der Lernenden und der Lehrpersonen sowie deren Wahrnehmung des Unterrichts unter die Lupe. Sie erkannten, dass genau an dieser Schnittstelle deutlich wird, ob es den Lehrpersonen gelingt, ihre eigenen Kompetenzen und Kenntnisse den Lernenden erfolgreich zu vermitteln.

In Teilprojekt 1 befasste sich das Leading House LINCA mit der Modellierung und Messung der Kompetenz sowie der Entwicklung der Wirtschaftskompetenz von Lernenden während ihrer kaufmännischen Lehre. Zu diesem Zweck wurde auch der computerbasierte Test «simuLINCA» entwickelt. Es konnte gezeigt werden, dass Lernende während ihrer Ausbildung vor allem das domänenverbundene wirtschaftsbürgerliche sowie das kaufmännische Wissen und Können weiterentwickeln. Das wirtschaftsbürgerliche domänenspezifische Wissen und Können, das im Unterricht im Fach «Wirtschaft und Gesellschaft» eher nicht curricular verankert ist, stellt dabei allerdings eine Ausnahme dar.

Guter Unterricht ermöglicht es den Lernenden, Erfolgserlebnisse beim Lernen zu haben, was wiederum motivierend wirkt und ihr Interesse für die Unterrichtsinhalte weiter steigert. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Wahrnehmung der Qualität des Unterrichts subjektiv ist. In Teilprojekt 2 wurde die Unterrichtswahrnehmung von Lernenden und ihren Lehrpersonen im Lernbereich «Wirtschaft und Gesellschaft» deshalb anhand von vier konzeptionell und empirisch trennbaren Basisdimensionen erhoben. Die Forschenden konnten u.a. aufzeigen, dass die Unterrichtsmerkmale der Dimensionen Klassenführung, Strukturiertheit und konstruktive Unterstützung von den Lernenden tendenziell positiver wahrgenommen werden als jene der kognitiven Aktivierung.

Beim Erwerb berufsspezifischer Kenntnisse und der Vermittlung einer positiven Einstellung gegenüber neuen beruflichen Herausforderungen sind schließlich auch die Lehrpersonen und ihre Kompetenzen nicht zu vernachlässigen. Die Modellierung und Erfassung der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen für «Wirtschaft und Gesellschaft» stand im Zentrum des Teilprojekts 3 des Leading House LINCA. Die Untersuchungen brachten beispielsweise zutage, dass für die Ausbildung von Lehrpersonen insbesondere die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens und Könnens gestärkt werden sollte (vgl. Eberle & Holtsch, 2018).

3.3Erkenntnisse für die Steuerung des Schweizer Bildungssystems

Mit seinen drei Pfeilern – Schule, Unternehmen und überbetriebliche Kurse –, die den Lernenden durch gemeinsames Wirken das Werkzeug für ihre spätere Tätigkeit in der Arbeitswelt geben sollen, ist das Berufsbildungssystem der Schweiz hochkomplex. Dies in der Forschung abzubilden, braucht fundierte Systemkenntnisse und wissenschaftliche Kreativität. Prof. Dr. Franz Eberle und seinem Team gelang genau dieser Spagat. Die im Rahmen des Leading House LINCA gewonnenen Forschungsresultate beispielsweise konnten zielgruppenadäquat kommuniziert werden und trugen so zu deren Valorisierung bei. Die neuen Erkenntnisse für die Entwicklung des kaufmännischen Berufes sind dabei vielzählig und liefern wichtige Hinweise für die Praxis und die Steuerung des Bildungssystems. Die bis zum Abschluss des Leading House gewonnenen Erkenntnisse werden aber mit Sicherheit weiter diskutiert und bei der Umsetzung künftiger Reformen, insbesondere im kaufmännischen Bereich, in die Überlegungen einfließen.

4Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz

4.1Einzelprojektforschung mit internationaler Reichweite

Schließlich setzte sich Prof. Dr. Franz Eberle auch mit spezifischen kleineren Forschungsprojekten für die Berufsbildung der Schweiz ein. Für die Durchführung der Projektstudie «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» reichte Prof. Dr. Franz Eberle gemeinsam mit Prof. Dr. Stephan Schumann beim SBFI (damals BBT) einen Förderantrag ein. Das Gesuch stieß auf breites Interesse und erfüllte die hohen wissenschaftlichen Ansprüche. Die Forschungsarbeiten konnten im Frühling 2012 aufgenommen werden.

Bei der Studie «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» handelte es sich um ein Teilprojekt des Verbundprojekts «Kompetenzen in der kaufmännischen Berufsbildung» (Competencies in the Field of Business and Administration, Learning, Instruction, and Transition – CoBALIT) des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Dieses Verbundprojekt wiederum war Teil der BMBF-Forschungsinitiative «Technologie-orientierte Kompetenzmessung in der Berufsbildung» (ASCOT) und verfolgte u.a. das Ziel, ein technologiebasiertes Testinstrumentarien-Set zur Erfassung von kaufmännischer Kompetenz zu entwickeln.

4.2Wirtschaftsbürgerliche Kompetenz

Das Schweizer Forschungsteam um Prof. Dr. Franz Eberle war für die ergänzende Messung von wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz zuständig, deren Erwerb in der Schweiz explizit und in Deutschland zumindest teilweise zu den Bestandteilen einer beruflichen Grundbildung im kaufmännischen Bereich gehört. Im Gegensatz zu Berufsfertigkeit und -fähigkeit beruht die wirtschaftsbürgerliche Kompetenz auf einem allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis und nicht auf der wirtschaftsberuflichen Bildung. Neben einem näheren Beschrieb des Modells wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz und einem entsprechenden Messinstrument lieferte das Teilprojekt deshalb auch eine Analyse des Verhältnisses zwischen wirtschaftsbürgerlicher und kaufmännischer Kompetenz.

Das Teilprojekt kam im Sommer 2016 zum Abschluss. Das entwickelte Instrument zur Erfassung von wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz erwies sich als größtenteils gut, und die getroffenen Modellannahmen zur zweidimensionalen Struktur der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz ließen sich bestätigen. Die deskriptiven Resultate zeigten hingegen, dass seitens Ausbildungspraxis und Politik weiterhin Handlungsbedarf besteht. Zwar schnitten die Schweizer Lernenden beim Test zur Erfassung der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz besser ab als die deutschen Kolleginnen und Kollegen ohne Hochschulreife und zumindest gleich gut wie diese mit Abitur – was darauf hinweist, dass sich in der Schweiz die höhere Gewichtung der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz sowie die Kombination von Allgemein- und Berufsbildung in der kaufmännischen Ausbildung durchaus bewähren. Dennoch ist das allgemeine Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis auch bei Schweizer Lernenden stark lückenhaft, und es besteht weiterhin Spielraum für Verbesserung.

4.3Breite Valorisierung der Forschungsresultate

Die im Rahmen des Projektes «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» gewonnenen Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag zur Berufsbildungsforschung sowie zur Weiterentwicklung der Schweizer Berufsbildung. Valorisierung im Sinne von Nachwuchsförderung und wissenschaftlicher Vernetzung erfolgte durch die Einbindung des Projektes in CoBALIT und ASCOT. Die Praxisverantwortlichen profitierten vom Projekt bereits während der Projektlaufzeit durch den konsequenten Einbezug von beteiligten Lernenden und Branchen. Insbesondere das entwickelte Testinstrument könnte auch in der Zukunft zu Evaluationszwecken und zur Sensibilisierung von Ausbildnerinnen und Ausbildnern in den überbetrieblichen Kursen dienen. Für die Bildungspolitik lieferten schließlich vor allem die deskriptiven Erkenntnisse einen Ansatz für die Weiterentwicklung der Berufsbildung (vgl. Eberle, Schumann, Kaufmann, Jüttler & Ackermann, 2016).

Danksagung

Die Evaluation von MAR95, das Leading House LINCA und die Einzelprojektstudie zur Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen sind nur eine Auswahl von Projekten, die die Politikbereiche des SBFI tangieren und bei denen Prof. Dr. Franz Eberle eine wichtige und ausschlaggebende Rolle wahrgenommen hat. Unter seiner Verantwortung entstand eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien mit Erkenntnissen, die weitreichende Folgen für das Bildungssystem der Schweiz hatten. Neben den Forschungsresultaten, die bereits den Weg in die Praxis gefunden haben, hat Prof. Dr. Franz Eberle aber einige Feststellungen zutage gebracht, deren Valorisierung noch nicht abgeschlossen ist oder deren Nutzen für die Steuerung und Weiterentwicklung des Bildungssystems noch gar nicht abschließend gewürdigt werden kann. Mit Blick auf dieses Potenzial wird mir bewusst, welch umfangreiches Expertenwissen dem Bund, unseren Partnern aus Bildung und Praxis sowie der Forschung hier vorhanden ist, und deshalb hoffe ich, dass wir vom Wissen, der Erfahrung und dem breiten Netzwerk von Prof. Dr. Franz Eberle auch nach seiner Emeritierung noch profitieren können. Ich danke im Namen des SBFI herzlich für seine Leistungen als Forscher und Mensch. Für die Zeit nach der Emeritierung wünsche ich ihm und seiner Familie alles erdenklich Gute.

Literatur

Eberle, F., Brüggenbrock, C., Rüede, C., Weber, C., & Albrecht, U. (2015). Basale fachliche Kompetenzen für allgemeine Studierfähigkeit in Mathematik und Erstsprache. Schlussbericht zuhanden der EDK. Revidierte Fassung vom 12. Januar 2015. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich.

Eberle, F., Gehrer, K., Jaggi, B., Kottonau, J., Oepke, M., & Pflüger, M. (2008). Evaluation der Maturitätsreform 1995 (EVAMAR). Schlussbericht zur Phase II. Zürich: Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik, Universität Zürich.

Eberle, F., & Holtsch, D. (2018). Leading House LINCA. Lehr-Lernprozesse im kaufmännischen Bereich. Valorisierungsbericht. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich. Online: www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/bildung/berufsbildungssteuerung-und-politik/berufsbildungsforschung/leading-houses/lehr-lernprozesse-im-kaufmaennischen-bereich.html [7.8.2018].

Eberle, F., Schumann, S., Kaufmann, E., Jüttler, A., & Ackermann, N. (2016). Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz (WBK). Valorisierungsbericht z.H. des SBFI. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich. Online: www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/bildung/berufsbildungssteuerung-und-politik/berufsbildungsforschung/einzelprojekte/themenbereich-kompetenzentwicklung/modellierung-und-messung-wirtschaftsbuergerlicher-kompetenzen.html [7.8.2018].

SKBF (2006–2018). Bildungsbericht Schweiz. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung.

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