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6 BEZIEHUNG ALS GRUNDLAGE FÜR EINE GUTE POTENZIALENTFALTUNG

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In einer eigenen Studie (Pfiffner & Walter-Laager 2009) untersuchten wir 95 Kindergartenkinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren sowie ihre Pädagoginnen. Fokussiert wurden dabei die sozialen Beziehungen und ihre Auswirkungen auf die Motivation, das Fähigkeitsselbstkonzept und die Leistung.

In den Interviews zeigten sich viele facettenreiche Aspekte in den Bereichen »Vertrauen«, »Unterstützung durch die Lehrperson« und »Zugänglichkeit der Lehrperson«. 66 der 95 getesteten Kinder (= 69,5 %) schätzten die Beziehung zu ihrer Pädagogin in allen Belangen als gut bis sehr gut ein. Sie sind sich beispielsweise sicher, dass sie von ihrer Pädagogin gemocht werden und dass diese für sie sorge. Zudem vertrauen diese Kinder ihren Pädagoginnen voll und ganz. Nur vereinzelt berichten Kinder, dass sie Angst vor ihrer Pädagogin hätten oder dass diese lange wütend auf sie sei. Außerdem stimmen praktisch ausnahmslos alle Kinder der Aussage zu, dass es schön sei, wenn ihre Pädagogin mit ihnen zusammen sei. In der Tendenz können die Kinder einschätzen, was ihre Pädagogin verärgert, und die meisten Kindergartenkinder sind sich sehr sicher, dass sie von ihr nicht ausgelacht werden. Bei diesen beiden Fragen nützten die Kinder das gesamte Antwortspektrum aus; die Antworten haben also deutlich gestreut.

Bei den Kindern zeigt sich die Ausgestaltung der sozialen Beziehung zu den Pädagoginnen nicht in Form eines Rückgangs in der Motivation. Auch wenn sich Kinder weniger unterstützt oder gemocht fühlen, bringen sie sich im Alltag ein, dies auch mit dem Ziel, dass die Pädagogin sie positiv wahrnimmt. Die Kinder wünschen sich aber, als Menschen akzeptiert zu werden, und brauchen sicherheitsgebende Strukturen. Sie machen dies immer wieder an Unterstützungsleistungen fest. Stellvertretend folgen die Aussagen von sechs Jungen einer Fokusgruppe, die deutlich äußerten, dass ihnen ihre Pädagogin wenig helfe.

Interviewerin: »Hilft Euch Frau Meier[4], wenn ihr sie braucht?«
Junge 2: »Sie hilft den Mädchen. Uns sagt sie immer ›Tschüss‹.«
Interviewerin: »Also, könnt ihr es schon? Was heißt denn ›Tschüss‹?«
Junge 2: »Wenn ich etwas frage oder so, sagt sie einfach ›Tschüss‹, sodass ich selber überlegen muss.«
Junge 4: »Ja. Und bei mir ist es genau gleich. Bei den Mädchen sagt sie es nie«.
Interviewerin: »Sicher? Hilft Frau Meier dort mehr?«
Junge 2: »Ja!«
Interviewer: »Was denkst du, weshalb ist das so?«
Junge 4: »Weil sie keine Jungs sind.«
Junge 2: »Weil die Mädchen nicht drauskommen. […].«
Junge 4: »Und wir gehen dann und fragen nochmals nach.«
Interviewer: »Und dann? Hilft sie euch beim zweiten Mal?«
Junge 3: »Nein. Dann sagt sie auch wieder ›Tschüss‹.«
Junge 4: »Nein, manchmal hilft sie.«
Junge 3: »Ja, aber nur manchmal, sonst sagt sie immer ›Tschüss‹.
Dann bin ich auch ›Tschüss‹.«
(Fokusinterview Jungen 300/301; Position: 116–142)

Möglicherweise versucht die Pädagogin, diese Jungen selbst den Weg des Entdeckens gehen zu lassen. Die Jungen können das Verhalten ihrer Pädagogin aber nicht einordnen und fühlen sich von ihr nicht gut begleitet.

Generalisierend lässt sich festhalten, dass die Kinder es schätzen, wenn sie

•etwas über ihre Pädagogin wissen. Dies kann beispielsweise sein, ob sie ein Haustier hat oder wohin sie in die Ferien verreist.

•sich von ihr unterstützt fühlen und Hilfe erhalten. Unterstützung und Hilfe erfahren die Kinder in mannigfaltiger Art und Weise. So zum Beispiel, wenn die Pädagogin ihnen beim Lösen von schwierigen Problemen Anregungen gibt, wenn sie beim Spielen ab und an vorbeischaut und sich auf das Spiel einlässt oder wenn sie bei Streit die Kinder nicht allein lässt.

•gerecht ist. Kinder nehmen es wahr, wenn die Pädagogin parteiisch ist, wenn sie beispielsweise jemanden bevorteilt, und fühlen sich dadurch zurückgestoßen.

•ihr Verhalten klar einschätzen können. Demgegenüber mögen es Kinder nicht, wenn sie von der Pädagogin getadelt werden und sie für sie nicht gut »lesbar« ist. Ein Teil der Kinder vertraut deshalb ihrer Pädagogin nicht.

Bei der Befragung der Pädagoginnen mit den durchgängig positiven sozialen Beziehungen zeigte sich, dass alle die Kinder be(ob)achten und ihre Beobachtungen dokumentierten. Sie verfügten über unterschiedliche Systeme, aber betonten, dass sie nur auf diesem Wege alle Kinder auch wahrnehmen können, da sonst immer wieder Kinder auch unbemerkt blieben. Hier scheint ein zentraler Punkt zu liegen: Die Kinder benötigen im Elementarbereich die persönliche Zuwendung und diese muss auf dem einen oder anderen Weg gesichert werden.

Beziehungen in der Kindheit

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