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4.1 HANDLUNGSTHEORIE

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Um zu verstehen, wie Kinder Handlungen (vom Dankesagen über Händewaschen, Holzsägen und Kuchenbacken bis zum Abschiedswinken) erwerben, braucht es zunächst etwas Theorie darüber, was Handlungen eigentlich sind. Also: Handlungen sind zielgerichtete Bewegungen. Die Bewegungen (die je nachdem mit oder ohne Werkzeuge ausgeführt werden) werden Handlungsmittel genannt. Die Handlungsmittel dienen dem Erreichen bestimmter Handlungsziele. Zum Beispiel kann das Ziel »Durst löschen« durch Trinken erreicht werden – die exakten Trink-Handlungsmittel unterscheiden sich jedoch je nach Getränk, dem Behälter, in dem sich das Getränk befindet, und dem kulturellen Kontext, in dem das Trinken stattfindet. Analog kann das Ziel »schnell an einen anderen Ort (z. B. an einen Spielplatz oder Tierpark) zu gelangen« mit unterschiedlichen Mitteln erreicht werden. Die exakten Handlungsmittel unterscheiden sich dabei nach der eigenen Position und der Distanz zum Ziel: Zum Beispiel kann man mittels schnellen Gehens oder mittels Velofahrens an den Zielort gelangen – je nach Entfernung und Fähigkeiten kommen eventuell auch Autofahren, Motorradfahren oder Zugfahren infrage. Eine derart große Auswahl von Handlungsmitteln zur Zielerreichung ist sehr oft vorhanden.

Bei der Paarung von einem Handlungsmittel und einem Handlungsziel wird in der Handlungstheorie von einer Mittel-Zweck-Relation gesprochen. Einige Mittel-Zweck-Relationen zeichnen sich durch besondere Effizienz aus. Zum Beispiel ist »löffeln« ein wesentlich effizienteres Handlungsmittel, um das Ziel »eine Suppe essen« zu verwirklichen, als »gabeln«. Andere Mittel-Zweck-Relationen sind Konventionen. Zum Beispiel ist es eine Konvention, welche Handlungsmittel (Werkzeuge) Erwachsene zum Verspeisen fester Nahrung verwenden. Die Effizienz von Stäbchen, Messer und Gabel oder Händen unterscheidet sich nicht – vorausgesetzt der Umgang mit den verschiedenen Werkzeugen wird gleichermaßen beherrscht. Ob das eine oder das andere Handlungsmittel gewählt wird, ist lediglich eine kulturspezifische Konvention.

Dieser knappe theoretische Einblick in die Handlungstheorie zeigt, dass Kinder beim Erlernen von Handlungen eine Vielzahl verschiedener Aspekte beachten müssen. Insbesondere kommt es beim Erlernen von Handlungen darauf an, zu erkennen, welches Handlungsziel mit welchen Handlungsmitteln verfolgt und erreicht werden kann. Dies ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Das Beispiel im Kasten soll illustrieren, dass sich selbst eine einfache Handlung, wie das Benutzen eines Regenschirms, bei genauerer Analyse als recht komplexer Vorgang – mit vielen Teilhandlungen, die jeweils Teilziele haben, die einzelne Handlungsmittel erfordern – herausstellt (siehe Kasten).

Das Benutzen eines Regenschirms zerfällt in mindestens drei Einzelhandlungen: Regenschirm nehmen, Regenschirm aufspannen und Regenschirm tragen. Voraussetzungen zum sinnvollen und erfolgreichen Nutzen eines Regenschirms sind: 1.die relevanten motorischen Fähigkeiten, um die Handlungsmittel »Greifen«, »Halten« und »Aufspannen des Regenschirms« ausführen zu können 2.Wissen um die Zweck-Mittel-Relationen der Einzelhandlungen 3.die Fähigkeit, Situationen zu erkennen, in denen die Anwendung dieser Zweck-Mittel-Relation angezeigt ist (weniger abstrakt ausgedrückt: Es muss erkannt werden, dass es regnet) 4.Wissen, dass Regen nass macht und daher das Ziel »Trockenbleiben« besondere Maßnahmen erfordert – sofern das Haus oder einen Unterstand verlassen wird 5.Wissen, dass man unter dem Regenschirm einigermaßen trocken bleibt Foto: FamVeld/iStock
Beziehungen in der Kindheit

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