Читать книгу Handbuch Bibeldidaktik - Группа авторов - Страница 43

Die Bedeutung der Zeitgeschichte für das Verstehen des Neuen Testaments

Оглавление

Das Neue Testament ist fest in seinem historischen Kontext verankert – die ntl. Schriften sind an historische Ereignisse rückgebunden und können daher nur unter Einbezug der geographischen, politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Situation ihrer Zeit interpretiert und verstanden werden.[1] Die aktuelle Diskussion in den historischen Kulturwissenschaften beschäftigt sich mit der Frage nach der Relation zwischen den in antiken Texten gezeichneten und konstruierten Wirklichkeiten einerseits und den historischen Personen, Orten, materialen Zeugnissen und Ereignissen, auf die sie Bezug nehmen, andererseits. Obgleich Quellen verschiedener Art die „Faktizität“ der Geschichtserzählungen untermauern, bleibt die vergangene Wirklichkeit allein in Form selektiver und perspektivischer Darstellung und wertevermittelnder Deutung greifbar, die für die Rezipienten relevante Sinnzusammenhänge herstellt.[2] Dies ist selbst für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe keine selbstverständliche Einsicht.

Um diese Sinnzusammenhänge einordnen zu können, ist ein möglichst umfangreiches Wissen über den antiken Kontext hilfreich, denn in einem großen Teil der atl. und frühjüdischen Schriften kommt der Deutung des zeitgenössischen politischen und sozialen Kontexts eine große Rolle zu. In den prophetischen und apokalyptischen Schriften des ATs und des frühen Judentums wurden die Ereignisse der Gegenwart kritisiert und unter theologischem Interesse reflektiert. Dadurch entstanden Erklärungsmodelle für die aktuellen politischen und historischen Gegebenheiten.[3] Diese literarischen Traditionen spiegeln sich in den ntl. Texten, deren politische und sozialkritische Botschaft sowie deren historische Referenzialität nur durch Kenntnis der historischen Situation zu entschlüsseln ist.

Es ist der „Third Quest for the historical Jesus“ im Rahmen der Leben-Jesu-Forschung zu verdanken, dass die Rückfrage nach dem historischen Jesus |39|verstärkt den historischen Kontext einbezog. Der aktuelle fachwissenschaftliche Diskurs nimmt ausgehend vom „rhetorical criticism“ die sprachliche Bezugnahme auf die historische Realität in den ntl. Texten in den Blick: Die Rezeption ideologischer Konzepte und Machtstrukturen sowie der Sprache des Imperiums werden eruiert und zu den in den ntl. Texten sich spiegelnden Ansätzen eines subversiven Widerstands gegen die Besatzungsmacht in Beziehung gesetzt.[4]

Handbuch Bibeldidaktik

Подняться наверх