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Das Erbe des Kaiserreichs

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Das napoleonische Kaiserreich hat den eroberten Ländern nicht nur Kanonen und Blutvergießen gebracht. In einem großen Teil von Europa wurde es mit neuen Einrichtungen, mit dem Ende des Feudalismus und der Einführung moderner Regierungs- und Justizsysteme verbunden. Der Napoleon der volkstümlichen Legenden stürzte Throne um und setzte Könige praktisch nach seinem Gutdünken ein. Mit einem Federstrich hat der das Heilige Römische Reich zum Vergessen verurteilt und mit ihm 1000 Jahre Geschichte. Viele haben in ihm einen Befreier gesehen, dessen Name während eines großen Teils des 19. Jahrhunderts Bilder der Moderne und des Nationalstolzes wachrief. Auch diese Erinnerung ist lebendig geblieben. Die drei ersten Säle des Museums des Risorgimento in Mailand sind Arcole, Marengo und dem Italienfeldzug gewidmet. In Ljubljana in Slowenien, wo die Erinnerung an Napoleon in der Volkskunst und in den Volksliedern überlebt, wurde 1929 anlässlich der Feier zum 120. Jahrestag der Schaffung der Illyrischen Provinzen ein Denkmal zu seinen Ehren errichtet. Auch heute noch lässt die polnische Nationalhymne die Mazurka von Jan Henryk Dąbrowski anklingen und besingt den Ruhm der polnischen Legionen Napoleons, die im Namen seines Großherzogtums Warschau gekämpft hatten. Schweden hat sogar Jean Baptiste Bernadotte, einen Marschall Napoleons, auf seinen Thron gesetzt. Überall hatte man den Eindruck gehabt, eine Welt entstehen zu sehen, oder, um die denkwürdige Formulierung des deutschen Historikers Thomas Nipperdey aufzugreifen: „Am Anfang war Napoleon.“

Sein Andenken wurde natürlich nicht überall hochgehalten. In manchen europäischen Staaten wie in Russland, Preußen oder Spanien hat Napoleon seinen größten Beitrag geleistet, ohne es zu wollen, indem er die Entstehung einer nationalen Identität aus dem Widerstand gegen sein Regime heraus gefördert hat. Die entscheidende Wende insbesondere für die Norddeutschen war die „Völkerschlacht von Leipzig“, die sie dann oft – unter Mithilfe der Fantasie – als den Moment hinstellten, in dem sich das deutsche Volk zur Nation vereint hat, um den fremden Eindringling von seinem Boden zu vertreiben. Eine der ersten nach 1815 gegründeten Organisationen, die den kulturellen Nationalismus fördern sollte, die Burschenschaft, hat sich endlos an der Erinnerung und am Mythos von Leipzig berauscht. Andere Siege über Napoleon konnten in die militärischen Legenden der Krieg führenden Länder integriert werden: Borodino für die Russen und für die Briten Waterloo und – zur See – Trafalgar. Der Einmarsch in Spanien war der Auslöser einer antifranzösischen Reaktion, die bis nach Kuba und in das spanische Zentralamerika gedrungen ist. Aber keine Schlacht ist so sehr wie Leipzig zum Gründungsmythos einer Nation geworden. Diese Schlacht inspirierte dann mehrere Generationen und stützte das neue Reich nach 1871 ab. Das Schlachtfeld wurde zu einer Pilgerstätte für die preußischen Generäle und anlässlich des 100. Jahrestages 1913 durch die Einweihung eines Denkmals gefeiert, das unverhohlen militärisch war, des Völkerschlachtdenkmals im Südosten der sächsischen Stadt. Für die Anhänger des kulturellen Nationalismus im Deutschland des 19. Jahrhunderts war es eine Pflicht, die Erinnerung an diese Schlacht zu pflegen. Hier sind – wie auch in zahlreichen anderen Regionen Europas – die napoleonischen Kriege tatsächlich zu einem „Erinnerungsort“ geworden.

Genauso prägend war das Erbe Napoleons in den spanischen Kolonien in Südamerika, sei es über Militärs und politische Verantwortliche wie Francisco de Miranda und Simón Bolívar oder über Einrichtungen wie den Code Napoléon. Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Code Napoléon in Haiti und in der Dominikanischen Republik eingeführt, wo er heute noch in Kraft ist. Bolivien und Chile haben weite Teile daraus übernommen und der chilenische Code wird später den von Ecuador und Kolumbien sowie dann von Uruguay und Argentinien anregen. Der Einfluss von Napoleon ist selbst in den USA spürbar geworden: Sieben Staaten besitzen Städte mit dem Namen „Napoleon“ und zwei andere heißen „Bonaparte“. Nach Waterloo hatte Napoleon 1815 zunächst beabsichtigt, nach Übersee zu flüchten, und eine gewisse Anzahl seiner Offiziere und Soldaten, die ihren Lebensunterhalt in Frankreich verloren hatten, ging tatsächlich auf dem amerikanischen Kontinent auf die Suche nach neuen Abenteuern.

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