Читать книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Оноре де'Бальзак, Honoré de Balzac, Balzac - Страница 46

Epilog

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Und was wur­de aus Pau­li­ne? –

Ah! Pau­li­ne? Ja. Bist du manch­mal an ei­nem stil­len Win­ter­abend da­heim ge­blie­ben, am Ka­min hast du dich, wäh­rend du die Strei­fen be­trach­te­test, die das Feu­er auf ei­nem Ei­chen­scheit her­vor­zau­ber­te, schmerz­lich-süß in Erin­ne­rung an Lie­be und Ju­gend ver­lo­ren? Hier zeich­net das Feu­er die ro­ten Fel­der ei­nes Da­me­bretts; dort schim­mert es wie Samt; klei­ne graue Flam­men lau­fen über die hei­ße Glut, hüp­fen und zün­geln spie­le­risch. Da kommt ein un­be­kann­ter Ma­ler, er be­dient sich die­ser Flam­me; mit ein­zig­ar­ti­ger Kunst zeich­net er mit­ten in die­se flam­men­den vio­let­ten und pur­pur­ro­ten Töne eine über­na­tür­li­che Ge­stalt von wun­der­vol­ler Zart­heit, eine flüch­ti­ge Er­schei­nung, die der Zu­fall nie wie­der er­schaf­fen wird: Es ist eine Frau, ihre Haa­re we­hen im Wind, ihr Ant­litz at­met glück­se­li­ge Lei­den­schaft: Feu­er im Feu­er! Sie lä­chelt, sie haucht aus, du wirst sie nie wie­der er­bli­cken! Leb wohl, du Blu­me der Flam­me! Leb wohl, du un­er­war­te­tes, un­voll­en­de­tes Ele­ment; du kamst zu früh oder zu spät, um ein schö­ner Dia­mant zu wer­den.

Aber Pau­li­ne? –

Du hast es nicht ver­stan­den! Ich will noch ein­mal be­gin­nen. Platz! Platz! Sie kommt, sie ist da, die Kö­ni­gin der Il­lu­sio­nen, die Frau, die wie ein Kuß vor­über­geht, die Frau, die, wie ein Blitz zün­dend, vom Him­mel zuckt, das un­ge­schaf­fe­ne We­sen, ganz Geist, ganz Lie­be! Sie ist in einen Flam­men­kör­per ge­schlüpft, oder die Flam­me hat sich für sie einen Au­gen­blick lang be­seelt! Ihre Kon­tu­ren sind so rein, daß du weißt: sie ist vom Him­mel her­nie­der­ge­stie­gen. Strahlt sie nicht wie ein En­gel? Hörst du nicht das Rau­schen ih­rer Flü­gel­schlä­ge? Leich­ter als ein Vo­gel läßt sie sich zu dir nie­der, und von ih­ren furcht­ba­ren Au­gen bist du wie ge­bannt; ihr Atem ist sanft und stark und zieht dei­ne Lip­pen mit ma­gi­scher Ge­walt an sich; sie flieht und reißt dich mit sich em­por; du fühlst die Erde nicht mehr un­ter dir. Du möch­test ein ein­zi­ges Mal mit dei­ner be­ben­den Hand, mit dei­ner ver­zück­ten Hand über die­sen schne­ei­gen Leib strei­chen, in ihre gol­de­nen Haa­re grei­fen, ihre fun­keln­den Au­gen küs­sen. Ein Duft be­rauscht dich, eine be­zau­bern­de Mu­sik um­kost dich! Ein Zit­tern durch­schau­ert dich, du bist ganz Seh­nen, ganz Qual. O na­men­lo­ses Glück! Du hast die Lip­pen die­ser Frau be­rührt; aber mit ei­nem Male weckt dich ein wahn­sin­ni­ger Schmerz. Ha! Ha! du bist mit dem Kopf ge­gen die Bett­kan­te ge­sto­ßen, du hast brau­nes Ma­ha­go­ni, kal­te Ver­gol­dung, ein bron­ze­nes Bild­werk, einen kup­fer­nen Amor um­armt.

Aber Mon­sieur, Pau­li­ne? –

Noch nicht ge­nug? So höre! Ei­nes schö­nen Mor­gens ver­ließ ein jun­ger Mann mit sei­ner hüb­schen jun­gen Frau Tours an Bord der »Vil­le d’An­gers«. Sie stan­den lan­ge Hand in Hand auf dem Deck und be­wun­der­ten über der wei­ten Flä­che der Loi­re eine wei­ße Ge­stalt, die wie aus Was­ser und Son­ne ge­bo­ren oder wie ein lau­ni­sches Ge­bil­de aus Luft und Wol­ken dem Ne­bel ent­stie­gen war. Bald Un­di­ne, bald Syl­phi­de, schweb­te das we­sen­lo­se Ge­schöpf in den Lüf­ten wie ein ver­ge­bens ge­such­tes Wort, das im Ge­dächt­nis da und dort auf­taucht und sich nicht fas­sen läßt; es wan­del­te zwi­schen den In­seln, es lug­te aus den Zwei­gen der ho­hen Pap­peln her­vor; dann wur­de es rie­sen­groß, ließ die tau­send Fal­ten sei­nes Ge­wan­des er­glän­zen oder den Strah­len­kranz, den die Son­ne um sein Ant­litz wob, auf­leuch­ten; es schweb­te über die Dör­fer, über die Hü­gel da­hin und schi­en dem Dampf­schiff ver­weh­ren zu wol­len, am Schloß Ussé vor­über­zu­fah­ren. Man moch­te sie für die »Dame des bel­les Cou­si­nes«1 hal­ten, die ihr Reich ge­gen das Ein­drin­gen der mo­der­nen Zeit schüt­zen woll­te.

Schön, ich ver­ste­he; so­viel von Pau­li­ne. Aber Fœ­do­ra? – Oh! Fœ­do­ra, du wirst ihr be­geg­nen. Sie war ges­tern in den Bouf­fons, heu­te abend geht sie in die Oper, sie ist über­all. Sie ist, wenn du so willst, die Ge­sell­schaft.

Pa­ris, 1830-1831

1 ›Da­me des bel­les Cou­si­nes‹: Ge­stalt aus dem Ro­man ›Le Pe­tit Jehan de Sain­tré‹ (1456) von An­to­i­ne de la Sale (um 1388 - nach 1462), des­sen Ten­denz eine ideo­lo­gi­sche Un­ter­stüt­zung des im 15. Jahr­hun­dert be­droh­ten Rit­ter­tums ist. <<<

Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

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