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3.3.4 Narzissmus – die Sucht nach sich selbst

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Manager sind Führungskräfte, sie müssen führen wollen. Wer führen will, muss sich im Wettbewerb um eine Position gegen Konkurrenten durchsetzen und anschließend bewähren. Je weiter oben man sich auf der Karriereleiter befindet, umso ausgeprägter sind diese Gegebenheiten. Der Aufstieg in den Flaschenhals mit steigenden Anforderungen und dem andauernden Kampf um die Alphatier-Position erfordert bzw. begünstigt Persönlichkeiten mit Eigenschaften und Talenten, die das breit gefächerte Anforderungsprofil eines Managers abdecken. Dieses spannt sich von einer hohen Belastbarkeit, großer Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit über fachliche und soziale Kompetenzen bis zur internen und externen Kommunikationsfähigkeit. Alle Eigenschaften sind Bestandteil der Persönlichkeitsstruktur, die im Berufsleben mit voller Wucht auf andere Menschen treffen. Leider verändert die Position den Menschen schneller als dies umgekehrt der Fall ist. Das Risiko von Managern, aufgrund des enormen Drucks im Laufe ihres Berufslebens eine Persönlichkeitsstörung zu bekommen, ist hoch. Macht verstärkt die Eigenschaften, die sie vorfindet, Werte werden ambivalent. Macht kann zur gefühlten Allmacht verführen, kann Speichellecker und Jasager im Umfeld der Führungskraft fördern und ein überhöhtes Selbstbild erzeugen, das nicht mehr infrage gestellt wird. Das frühere positiv gesehene Dominanzverhalten nimmt dann tyrannische Züge an, letztendlich sieht sich die Führungskraft als Mittelpunkt, um den sich alles zu drehen hat. Die Charakterdegeneration wird irgendwann offensichtlich, manchmal unerträglich, aber auf jeden Fall schädlich für das Unternehmen. Die Psychologie bezeichnet ein derartiges pathologisches Verhalten als Narzisstische Persönlichkeitsstörung, es ist die krankhafte Form eines sonst durchaus gesunden Narzissmus (Luczak 2012, Teutsch 2012).

In der griechischen Mythologie verkörpert Narziss den schönen Sohn des Flussgottes Kephissos und der Nymphe Leiriope, der sich als 16-jähriger Jüngling aus Stolz der Liebe der Bergnymphe Echo entzog. Zur Strafe traf ihn der Fluch, sein eigenes Spiegelbild im Wasser lieben zu müssen. Weder gelang es ihm, dieses zu berühren noch konnte er sich von ihm lösen. Das Spiegelbild entzog sich ihm, wie er sich der Nymphe entzogen hatte. Narziss verwandelte sich aus Gram darüber in eine Blume. Von diesem Jüngling ist der Begriff Narzissmus abgeleitet, der in der Psychologie mehrschichtig verwendet wird: einerseits als notwendige Entwicklungsstufe und damit als normales Verhalten, andererseits als pathologische Form. Im positiven Fall versteht man darunter einen wichtigen Reifungsschritt auf dem Weg zur Ich- und Persönlichkeitsfindung. Die übersteigerte Selbstliebe am eigenen Bild, eine auffällige Selbstbewunderung oder Selbstverliebtheit und ungesunde Eitelkeit zeichnen die negative Seite aus. Eine Grenzziehung ist schwierig, auch hier macht die Dosis das Gift. In der Umgangssprache werden die Schlagworte Profilneurose oder Geltungssucht verwendet, aber auch von übertriebener Selbstsucht ist die Rede, zu der Egoismus und Egozentrik gehören. Der Begriff Narzissmus ist dabei ausschließlich negativ besetzt und wird im alltäglichen Gebrauch in der negativen Bedeutung wesentlich häufiger verwendet als es nach den strengeren diagnostischen Kriterien der Psychologie gerechtfertigt ist.

Fehlender positiver Narzissmus gilt als ebenso schädlich wie übertriebener Narzissmus. Ein starkes Selbstwertgefühl fördert die Karriere, zu wenig hemmt, zu viel kann zerstörerisch wirken.

Merksatz

Narzisstische Personen zeichnen sich durch einen Mangel an Einfühlungsvermögen und Überempfindlichkeit gegen Kritik aus. Andere Menschen behandeln sie, wie sie selbst nicht behandelt werden möchten. Beides versuchen sie durch ein großartiges äußeres Erscheinungsbild zu kompensieren.

Narzisstische Menschen haben ein extremes Bewusstsein dafür, wie wichtig sie sind. Sie fordern und erwarten, von anderen bewundert und gelobt zu werden und können nur in beschränktem Umfang die Perspektiven anderer anerkennen. Niederlagen treffen Narzissten besonders, sie kratzen entsetzlich am riesengroßen Selbstwertgefühl. Die Psychologie spricht in diesem Fall von einer narzisstischen Kränkung. Der Großteil der Manager zählt zu den „normal narzisstischen“ Menschen – sie sind kompetitiv, selbstsicher und erfolgreich, psychisch gesund und mit einem positiven Selbstwert ausgestattet. Problematisch ist das Auftreten der krankhaften Formen, die im Extremfall Führungskräfte mit psychopathischen Zügen hervorbringen. Deren Zerstörungspotenzial, insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich, ist enorm (Babiak und Hare 2007).

Übertriebener Narzissmus ist nur eine von vielen psychischen Auffälligkeiten eines Managers. Die Psychologie kennt eine große Palette von Persönlichkeitsstörungen, apokalyptische Reiter gibt es mehr als nur die drei beschriebenen. Letztlich sind Führungskräfte ein Spiegel der Gesellschaft und besitzen Eigenschaften wie Gier, Neid, Eifersucht oder Risikobereitschaft nicht in viel höherem Maße als der Durchschnitt der Bevölkerung. Jedes Unternehmen versucht, sich durch Personalmaßnahmen, ein gut organisiertes Compliance Management und/oder Risikomanagement vor den negativen Folgen menschlicher Unzulänglichkeit zu schützen.

Für die Definition von psychischen Störungen existieren Expertenhandbücher. Zu diesen Katalogen für psychische Störungen gehört das DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders; 5. Fassung) der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung, welches maßgeblich das in Europa gängige Klassifikationssystem ICD 10 (International Classification of Diseases; 10. Fassung) beeinflusst. Dort wird festgelegt, welche Störung als Krankheit eingestuft wird, für deren Behandlung Kassen bezahlen. Auch in der neuesten US-Ausgabe des ICD 10 wird Burn-out als allein deutsches Phänomen gesehen und als Variante der Depression nicht extra aufgeführt.

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