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Kapitel 5 Hinterhalt auf LUNA-PRIME

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Etliche Stunden zuvor waren Mora-Lisa, ihr Bruder sowie ihr Cousin am Samstagvormittag mit einem von Moras Explorer-Beibooten zu ihrem Übungsflug aufgebrochen. Als Alex-Max nach dem gelungenen Start gerade die Steuerung der MHORA-X2-S1 von seinem Cousin Alec-Robert MacLeod übernahm, hatte Lisa ihrem Bruder leise zugeflüstert: „Meinst du nicht, wir hätten Mutter besser um Erlaubnis bitten sollen, ehe wir uns ungefragt eins ihrer Shuttles ausborgen?“

„Nöh, eigentlich nicht, du Angsthase. Denn wir stehen ja unter Aufsicht ihrer beiden Chefpiloten Rando und Mary. Außerdem ist dieses Shuttle Eigentum der JDEF, und wir waren uns doch einig, unsere Eltern nach ihrer langen ANDROMEDA-Reise mal so richtig ausschlafen zu lassen. Zweitens befinden wir uns ganz offiziell auf einem genehmigten Trainingsflug, den unser Fluglehrer Oberst Ackermann für heute Vormittag extra für uns angesetzt hat.

Mach dir also keine Gedanken, wir sind am Nachmittag wieder pünktlich zuhause – darauf werden allein schon unsere drei Aufpasser achtgeben. Darüber hinaus bin ich auf diesem Flug als Übungskommandant eingeteilt worden. Deswegen setzt du dich gleich mal mit Bobby an die Navigations- und Funkkonsole. Ihr müsst nämlich auf unseren Kurs und die routinemäßigen Funkmeldungen an die terranische Flugkontrolle achten“, hatte Alex-Max prompt erwidert, während die drei Seniorpiloten verhalten vor sich hinlächelnd weitere Einträge in ihre Bewertungskladden schrieben.

„So Leute, aufgepasst – jetzt leitet ihr die Mondumrundung ein. Und wenn ihr die anständig hinbekommt, hängen wir vielleicht noch eine zweite Runde dran“, hatte Oberst Ackermann nach einer Weile gesagt, bevor er mit einem Blick auf den Bordchronometer noch hinzufügte:

„Wir liegen ein bisschen vor unserem Zeitplan – wenn ihr also Interesse habt, könnten wir noch kurz auf der Mondrückseite auf dem Landefeld von LUNA-PRIME runtergehen und eine Stippvisite im sogenannten Friedhof der Raumschiffe10 machen. Ein paar der alten phaetonischen Raumer lagern ja schließlich immer noch dort. Und wenn wir schon mal hier sind ...“

„Wow – das ist ‘ne super Idee, Oberst Ackermann. Vor allem, weil ich gerne mal als beinah Erwachsene den Ort sehen würde, an dem unsere Eltern seinerzeit die abgestürzte MINOKA unserer mandoranischen Freundin Amal entdeckten“, unterbrach Mora-Lisa begeistert die Rede von Konrad Ackermann – ehe sie mit einem scheuen Blick auf ihre beiden Kameraden noch hinzufügte: „Sorry Oberst, ich wollte Sie nicht unterbrechen, das war ungehörig, ich bitte um Entschuldigung.“

„Ist schon in Ordnung, Fähnrich Lisa. Also, ziehen wir’s durch. Alec-Robert, du nimmst jetzt bitte Kontakt zur Besatzung von LUNA-PRIME auf – schließlich sollten die so langsam mal wissen, wer sich da vor ihrer Haustür herumtreibt. Und Oberstleutnant Mary Starke holt bitte inzwischen die nötige Genehmigung für unsere Visite bei unserem Raumkommando ein.“

„Aber das Landemanöver nachher möchte bitte ich zusammen mit Bobby fliegen – schließlich hab‘ ich uns ja einwandfrei bis hierher navigiert“, lies sich jetzt Mora-Lisa vernehmen, als ihr Bruder lächelnd antwortete:

„Geht klar, Schwesterherz. Dafür übernehme ich mit ihm dann aber später die Landung auf unserer Einsatzbasis in Fürstenfeldbruck. Und auf dem Rückweg nachhause darf sich unser Cousin in den Sessel des Chefpiloten setzen. Du weißt ja, Lisa – jede Kommandanten-Flugstunde zählt.“

„Merkwürdig, ich bekomme keine Verbindung zur Station, obwohl wir beinahe in deren Normalfunkreichweite sind. Augenblick – ich erhöhe grad nochmal die Sendeleistung und versuch‘s danach per Hyperfunk“, meldete sich Alec-Robert wenige Minuten später vom Platz des Bordfunkers.

Nach einigen weiteren Minuten gespannten Lauschens, meinte er kurz darauf: „Bordfunker an Kommandant: LUNA-PRIME antwortet nicht. Ich habe grad nochmal meine Funkanlage gecheckt – daran kann es nicht liegen, denn bei uns ist sende- und empfangsseitig alles auf grün.“

„Ich verfolge bereits seit dem Abflug die Nachrichtensendungen auf unserer Flottenwelle – und falls ich mich nicht verhört habe, war da vorhin beiläufig von einer Störung der Hyperfunkanlage auf LUNA-PRIME die Rede. Tut mir leid, ich hatte das fast vergessen. Doch schlage ich vor, wir landen trotzdem. Vielleicht braucht die Stationscrew ja noch ein paar helfende Hände bei der Reparatur,“ warf jetzt Rando Starke beiläufig ein.

„Okay – einverstanden Rando. Schauen wir mal nach, was dort unten los ist, ehe wir unsere Flugkontrolle auf TERRA wegen eines Kinkerlitzchens verrückt machen. Trainingsleiter an alle – fertigmachen zur Landung.“

Nachdem Mora-Lisa das Shuttle der MHORA-X2 problemlos auf dem erst vor kurzem neu angelegten Landefeld vor der Station aufgesetzt hatte, meinte Oberst Ackermann:

„Das war ‘ne blitzsaubere Landung, Fähnrich Lisa, alle Achtung. So, und jetzt in die Anzüge. Mary, du bleibst bitte an Bord und versuchst die Stationsbesatzung weiterhin per Normalfunk zu erreichen.“

„Alles klar, Boss. Aber wenn ihr Hilfe braucht, schalte ich unser Shuttle auf Startblockade und komme euch hinterher. Bis dahin bleiben wir über unsere Kommunikatoren in Verbindung, sobald ihr draußen im Staub unseres Erdtrabanten herumstiefelt.“

„Verstanden Mary – und beim geringsten Anzeichen von Gefahr, alarmierst du unsere Leitstelle auf TERRA“, gab Konrad Ackermann vorsorglich zurück, während er und seine vier Begleiter zügig in ihre Raumanzüge schlüpften.

„Unsere JDEF-Ingenieure haben diese Anlage ja toll restauriert. Sieh dir nur mal das ultramoderne Gebäude aus Beton und Panzerplastscheiben an. Auch scheinen die Antennen auf dem Dach völlig in Ordnung zu sein – daran kann die Funkstörung also schon mal nicht liegen“, meinte Conny Ackermann an die Adresse von Rando Starke, als er sich mit den drei Kadetten dem Eingangsschott der Anlage näherte.

„Ist euch übrigens aufgefallen, dass wir uns untereinander anscheinend nur noch dann einwandfrei verständigen können, wenn wir uns dicht beieinander befinden? Auf Abstand wird euer Signal schon nach wenigen Metern so schwach, dass ich euch kaum noch verstehen kann.“

„Oberst Ackermann – hier stimmt etwas ganz und gar nicht“, rief in diesem Moment Alex-Max krächzend über sein Helmfunkgerät. „Lisa, Alec und ich können nämlich auch auf telepathischem Weg keinen Mucks von der Stationscrew erfassen. Mary, setz bitte sofort einen Notruf nach TERRA ab. Oberstleutnant Starke, hörst du mich?“

Doch alles was das von Bord gegangene Außenkommando auf diese Frage hin vernehmen konnte, war das Rauschen in ihren Helmempfängern, das urplötzlich durch ein schrilles Pfeifen überlagert wurde.

„Aktiver Störsender, verdammt! Das Signal kommt anscheinend aus dem Tiefgeschoß dieser Anlage. Möglicherweise von einem Kugelraumer der dort noch lagernden Prototypen der ODIN-Klasse. Könnte ‘ne Fehlfunktion sein, oder was meint ihr?“, brüllte Rando Starke prompt in sein Helmmikrofon.“

„Scheißdreck, was ist da drinnen bloß los? Zieht eure Strahler und schaltet sie auf Schockbeschuss – wir gehen jetzt da rein und schauen nach. Blöd nur, dass wir weder einen unserer Kampfrobots noch unsere Schutzschirmprojektoren mitgenommen haben. Aber wer denkt schon dran, dass wir hier tatsächlich einen K-100 oder gar Schirmfelder brauchen würden.

Bleibt alle eng beieinander und beobachtet eure Messinstrumente – könnte ja sein, dass die Lebenserhaltung in der Station ausgefallen ist. Also haltet sicherheitshalber auch drinnen eure Anzüge vorerst geschlossen“, befahl Oberst Ackermann unverzüglich, bevor er den Zugangscode in die Schalttafel des Haupteingangsschotts eintippte.

Als das mächtige Schleusenschott aus Makronit auffuhr und sich hinter den Besuchern gleich wieder schloss, meine Rando Starke trocken: „Zumindest funktioniert die Energieversorgung noch, auch wenn hier drinnen nur die Notbeleuchtung brennt. Gehen wir in die Zentrale und suchen nach unseren Leuten. Zumindest steht dort ja auch der Zentralrechner dieser Station, aus dem wir das hier Vorgefallene herausquetschen können.“

„Atemsauerstoff ist auf null, nur die künstliche Gravitation ist in Funktion. Und noch immer kein klarer menschlicher Gedanke, den wir drei orten könnten. Nur ein unidentifizierbares Gegrummel, das anscheinend von einer Stelle kommt, die viele hundert Meter unter uns liegt“, meldete Mora-Lisa, als die Gruppe sich langsam in Richtung der Stationszentrale fortbewegte.

„Von wegen, die Elektrik funktioniert. Die hier tut es jedenfalls nicht“, meinte Alec-Robert MacLeod, als er sich auch schon daranmachte das innere Schleusenschott zur Zentrale der Station per Handrad zu öffnen.

„Vorsicht, Bobby. Die Zentrale hat eine autarke Lebensversorgung. Nicht dass dir beim Öffnen das gesamte Schott wegen der entweichenden Atmosphäre an deinen attraktiven Schädel kracht“, rief Lisa ihrem Cousin zu, als der auch schon entgegnete:

„Bin ja nicht blöd, Cousinchen. Wie du siehst, guck ich schon seit der ersten Umdrehung auf mein Armbandinstrument – aber bis jetzt ist da atmosphärenmäßig rein gar nichts anzumessen.“

Als die Besucher wenige Minuten danach in die Zentrale der Mondstation einbrachen, reagierte Mora-Lisa in Anbetracht des völlig bizarren Bildes als Erste völlig geschockt. Denn vor den Kontrollkonsolen sah sie nur sechs zusammengesunkene Menschen, die blicklos auf ihre blinden Monitore starrten.

„Oh mein Gott, oh mein Gott – diese Frauen und Männer sind alle erstickt. Aber warum zum Teufel konnte so etwas passieren?“, krächzte sie leise vor sich hin – und als sie bemerkte, dass ihre Mitstreiter sie nicht verstanden hatten, wiederholte sie ihre Worte noch einmal so laut sie nur konnte.

„Ist vielleicht ein technisches Problem, auch wenn ich mir das bei dieser neuen Anlage kaum vorstellen kann – ich schau mich mal im Ruheraum der außer Dienst befindlichen Crew um. Versucht ihr inzwischen den Hyperfunksender in Gang zu bringen und Verbindung zu meiner Frau zu bekommen. Aber setzt zuerst einen Notruf an unser Flottenkommando ab“, brüllte jetzt Oberst Rando Starke umgehend, während er sich mit gezogener Waffe eilig in den Nachbarraum begab.

Als er nach wenigen Sekunden wieder zurückgerannt kam, stand dem erfahrenen Chefpiloten der MHORA-X2 das blanke Entsetzen in sein durch das transparente Helmvisier sichtbare Gesicht geschrieben. Nahezu gleichzeitig hörte das Pfeifen auf und der Nahbereichsfunk untereinander funktionierte plötzlich ebenfalls wieder.

„Die anderen Besatzungsmitglieder in dem Ruheraum nebenan sind genauso tot, wie die diensthabende Schicht hier drinnen“, raunte Rando geschockt, als er seine vier Begleiter wieder erreichte.

„Seid mal alle still – ich höre da etwas über mein Außenmikrofon. Dieses Surren – Leute, das ist der Turbolift, der diese Etage mit dem Kellergewölbe verbindet, wo noch einige der antiken Schiffe lagern. Ich glaube, da kommt irgendwer gerade zu uns hoch. Wahrscheinlich sind das diejenigen, die für den Schlamassel hier oben verantwortlich sind.

Geht hinter den Konsolen in Deckung, ich kann die Gedanken der Eindringlinge im Lift noch immer nur bruchstückhaft erfassen. Aber das sind Terraner – und die haben anscheinend die ganze Sauerei hier angerichtet“, flüsterte Alex-Max jetzt leise in sein Helmmikro, während er seinen Strahler auf die riesige Aufzugstür richtete und auf Energiebeschuss umschaltete.

Als die Tür der Liftkabine auffuhr, rollten sich eine ganze Reihe von Gestalten in klobigen Druckanzügen in den Raum, die das JDEF-Team sofort und ziemlich rücksichtslos mit uralten Gewehr- und Blendgranaten beharkten, was sogleich die Inneneinrichtung der Zentrale in gefährlich umherschwirrende Splitter verwandelte.

„Na ihr Menschheitsverräter, wie gefällt euch das? Ergebt euch, ehe wir euch noch Löcher in eure schicken Raumanzüge pusten. Eure Schutzschirmprojektoren habt ihr auf diesem Ausflug ja bedauerlicherweise an Bord eures Minischiffchens gelassen, ha, ha, ha. Also werft eure Strahler weg und nehmt die Hände hoch. Auf ein paar mehr oder weniger von euch JDEF-Idioten kommt es uns nämlich nicht an.

Mit euren supermodernen Desintegratoren könnt ihr gegen uns nämlich rein gar nichts ausrichten, denn wir tragen funktionierende Schutzschirme. Na, wie findet ihr das?“, brüllte der zuvorderst in Deckung der technischen Anlagen heranrobbende Mann, während zugleich weitere Angreifer aus den umliegenden Gängen über die offene Eingangsschleuse im Rücken des JDEF-Teams hereingeschneit kamen.

„Der Mistkerl hat leider recht, wir sitzen in der Falle. Die sind trotz ihrer altertümlichen Waffen in der Überzahl – also legt die Strahler weg“, befahl Oberst Ackermann noch im selben Moment. Als er sich danach erhob und umblickte, bemerkte er sofort, dass seine Kadettin Mora-Lisa nicht mehr unter seinen Leuten weilte.

„Na, wen haben wir denn da? Oho, gleich zwei Oberste der JDEF plus zwei ihrer Schäfchen. Habt wohl eine kleine Exkursion zum MOND gemacht, nur habt ihr euch dafür leider einen saublöden Tag ausgesucht“, grinste der Sprecher der Gruppe die mit hoch erhobenen Händen dastehenden JDEF-Offiziere jetzt hämisch an, ehe er noch hinzufügte:

„Jerome, du kannst jetzt die lebenserhaltenden Systeme wieder einschalten – wollen doch mal sehen, wer sich unter diesen schicken Anzügen verbirgt.“

„Verstanden, Baron. In fünf Minuten können alle ihre Helme ablegen“, erwiderte der Angesprochene prompt. „Nur, was machen wir mit denen? Wär’s nicht besser diese hochnäsigen JDEF-Schweine sofort umzulegen?“

„Nein, Dr. Jackson – das machen wir nicht. Schnapp dir stattdessen erstmal ihre Waffen. Wenn ich nämlich richtig liege, sind die vier hier allesamt ausgebildete Piloten – und die könnten für unser Vorhaben noch ausgesprochen nützlich sein. Deine sogenannten Expertenfreunde aus Nevada haben sich in der Beziehung ja bisher als Nieten erwiesen, denn sonst hätten wir ja schon gestern Nacht mit einer dieser Kugeln dort unten nach CERES starten können.

Darüber hinaus ist es immer prima, ein paar Geiseln in petto zu haben. Denn alleine der Dienstgrad dieser beiden sagt mir, dass es sich bei ihnen um wichtige Leute handelt, die wir nötigenfalls auch sehr gut als Schutzschilde verwenden können. Umbringen kannst du diese Verräter an unserer Menschheit später immer noch, jedoch erst, wenn wir sie nicht mehr brauchen.“

„Die Strahler werden Ihnen nichts nützen, denn die sind auf uns geprägt. Das bedeutet, sie können nur vom Eigentümer der Waffe abgefeuert werden. Aber wer verdammt nochmal sind Sie und was haben Sie und ihre Leute auf CERES vor? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir sie dorthin fliegen werden, damit sie das Hochsicherheitsgefängnis stürmen können“, schnauzte Konrad Ackermann den Anführer der Eindringlinge jetzt wütend an.

„Verehrter Oberst, genau das werden Sie für uns tun. Und nur wenn Sie meinen Anweisungen Folge leisten, dürfen Sie und Ihre Begleiter eventuell noch für eine Weile weiterleben. Wir von der TERRA-First-Nation Bewegung sind allesamt terranische Patrioten – damit meine ich, wir sind richtige Terraner, die es einfach satthaben, sich noch länger von einer mit Aliens verseuchten Weltregierung bevormunden zu lassen.

Ferner haben wir von der TFN bereits sehr viel mehr national gesinnte Frauen und Männer in unseren Reihen, als ihr das wahrscheinlich im Augenblick ahnt. Unsere Kameraden auf TERRA sind nämlich schon seit vielen Monaten erfolgreich dabei, heimlich in eure Regierungsbehörden bis hinauf in die USNO einzusickern.

Nur die JDEF haben wir aufgrund der in den letzten Jahren eingeführten Sicherheitsprotokolle bislang leider noch nicht infiltrieren können, weshalb wir in Unehren gefeuerte ehemalige JDEF-Angehörige für unsere Organisation rekrutieren mussten. Und davon gibt es viel mehr, als Sie vielleicht vermuten.

Nur scheinen deren Kenntnisse zum Betrieb der neuen Kugelschiffe nicht ganz auf dem letzten Stand zu sein. Aber dafür haben wir ja jetzt euch. Wäre also besser, ihr haltet bis auf Weiteres eure frechen Schnauzen und befolgt unsere Befehle. Und zwar, ohne Probleme zu machen – dann lebt ihr nämlich länger“, lachte der als Baron titulierte Anführer seine Gefangenen jetzt gehässig aus.

„Fesselt diese Figuren und bringt sie in unsere neue TERRA-ONE runter“, wies er seine Kumpane gleich darauf an, ehe er noch in Richtung der Shuttlepiloten hinzufügte:

„Ach übrigens – mit dem Eingreifen eures vor der Anlage geparkten Beiboots könnt ihr leider nicht mehr rechnen. Mein wissenschaftlicher Berater Dr. Jackson hat es nämlich vorhin geschafft, dieses mickrige Schiffchen mit den Geschützen dieser Station mit nur einem Schuss außer Gefecht zu setzen. Ich kann nur hoffen, dass ihr dort nicht noch eine Wachmannschaft zurückgelassen hattet – denn die dürfte unseren unerwarteten Angriff nur schwerlich überstanden haben, ha, ha, ha.“

„Da war niemand mehr drinnen – wir waren lediglich auf einem unbewaffneten Trainingsflug und wollten hier auf LUNA-PRIME nur eine kurze Rast einlegen“, knurrte Konrad Ackermann den wortführenden Vigilanten sogleich mit starrer Miene an, wobei er zugleich seinen erbleichten ehemaligen Luftwaffenkameraden Rando Starke mit einem mahnenden Blick zum Schweigen brachte.

„Schade – denn nur ein toter JDEF-Krieger ist ein guter Krieger, Herr Oberst – meinen Sie nicht?“, erwiderte der Baron prompt mit einem höhnischen Grinsen. „Und jetzt ab nach unten. Geredet wird nur noch, wenn ihr was gefragt werdet. Los, dort geht’s zum Lift – wir haben es nämlich nach dieser Schießerei ein kleines bisschen eilig.“

„Man trifft sich immer zweimal im Leben, du Schwein“, knurrte Rando Starke den angeblichen Baron, trotz des soeben ausgesprochenen Redeverbots in diesem Moment mit überschäumender Wut an, was ihm sogleich einen Fausthieb in sein inzwischen nicht mehr von seinem Raumhelm geschütztes Gesicht einbrachte.

„Hör auf, Rando. Das bringt doch nichts. Gehen wir erstmal mit diesen Verbrechern mit und sehen uns an, was sie genau von uns wollen. Selbst mit einem 100-Meter-Raumer der ODIN-Klasse, werden sie auf dem Flug nach CERES nicht lange unentdeckt bleiben.“

„Ist ja süß, nur wissen wir auch über die Tarnprojektoren solcher Kugelschiffe Bescheid. Schließlich hat mein Freund Jerome lange genug auf der Werft dieser hinterhältigen lemurischen Zicke Anuk in Nevada gearbeitet, ehe er von ihr wegen seines Hangs zu Alkohol und Glücksspiel rausgeschmissen wurde.

So – und jetzt reicht es mir langsam wirklich. Eure Drohungen beeindrucken uns nämlich nicht im Geringsten. Außerdem hält mein sehr engagierter Bordmediziner auf unserer TERRA-ONE nachher noch eine kleine Überraschung für euch dämliche Senioroffiziere bereit. Wir wollen doch nicht, dass sich eure jungen Kameraden weigern, uns als Piloten zu Diensten zu sein.“

***

Noch ehe die Überwältigung ihrer Kameraden über die Bühne ging, hatte sich die junge Mora-Lisa Kranz geistesgegenwärtig per Teleportation auf die MHORA-X2-S1 abgesetzt. Dies vor allem deshalb, weil sie die gehässigen Gedanken der auf dem Weg in die Zentrale befindlichen Eindringlinge, trotz der Kürze der Zeit, noch vor deren Ankunft hatte erfassen können.

Als sie im Inneren des Shuttles rematerialisierte, fand sie dort die mit allerlei Werkzeug an der Funkanlage herumhantierende 2. Pilotin ihrer Mutter vor, die genauso, wie sie selbst, inzwischen in ihrem Raumanzug steckte.

„Um Gottes Willen, was ist denn hier passiert, Mary?“, fragte sie entsetzt, während sie die teilweise zerstörte Inneneinrichtung des Shuttles betrachtete, die ihre Freundin Mary gerade notdürftig instand zu setzen versuchte.

„Eins der Stationsgeschütze ist urplötzlich aus dem Boden gefahren und hat völlig grundlos auf unser Raumboot gefeuert – deshalb sieht’s hier so aus. Bloß gut, dass du noch deinen Anzug trägst – der Sauerstoffgehalt hier drinnen fällt nämlich schon seit Minuten kontinuierlich. Wahrscheinlich, weil unsere schöne S1 bei dem kurzen Beschuss ein Leck davongetragen hat.“

„Alles klar – ich helf dir beim Abdichten. Hast du bereits den Notruf an das Raumkommando absetzen können, um den ich dich per Funk gebeten hatte?“

„Nein, verdammt! Erstens hab‘ ich deine Nachricht nicht gehört, weil zu dem Zeitpunkt noch die Funkanlage verrückt gespielt hat – und jetzt können wir den Notruf komplett vergessen, weil – neben unseren Triebwerken – auch die Antennen unserer Hyperfunkanlage beim Angriff auf unsere S1 zerstört worden sind.

Doch möchte ich jetzt gerne mal wissen, warum nur du es aus der Station herausgeschafft hast. Dass dort drinnen irgendwelche Eindringlinge zugange sind, ist mir schon klar, seit man auf mich geschossen hat. Und die haben unsere Leute überwältigt, denn die hätten ja niemals auf uns gefeuert.“

„Es ist noch viel schlimmer, Mary. Die Besatzung von LUNA-PRIME ist nämlich samt und sonders von diesen Schweinen umgebracht worden. Sind übrigens viel mehr, als ich ursprünglich angenommen hatte.

Und die von mir georteten 24 schwerbewaffneten und äußerst skrupellosen Verbrecher beiderlei Geschlechts waren und sind in der Überzahl. Deswegen sind mein Bruder und mein Cousin absichtlich zurückgeblieben, weil wir nur so herauskriegen können, was die Mistkerle der sogenannten TERRA-First-Nation Bewegung sonst noch an widerlichen Taten vorhaben.“

„Heißt also, dass du nach wie vor mit deinem Bruder und deinem Cousin Alec auf telepathischen Weg in Verbindung stehst, richtig?“

„Stimmt – und momentan weiß ich bereits, dass der Anführer der TERRA-First-Strolche, ein gewisser Baron Bela von Esterhazy, und sein hinterhältiger amerikanischer Kumpan Dr. Jerome Jackson in diesem Moment dabei sind, einen Kugelraumer-Prototypen aus dem Arsenal der alten Lemurer zu klauen, mit dem sie ihre auf CERES eingekerkerten Gesinnungsgenossen gewaltsam zu befreien gedenken.

Wofür sie jedoch die Hilfe erfahrener Raumpiloten benötigen. Diese Dreckskerle haben für diesen Zweck zwar einige in Ungnade gefallene JDEF-Angehörige anheuern können, aber die sind – wie ich gerade dem Gespräch ihres Anführers mit deinem Mann und Oberst Ackermann entnehme – bei Weitem nicht qualifiziert genug, um einen Kugelraumer der ODIN-Klasse zu fliegen.“

„Den Start dieses Schiffes müssen wir in jedem Fall verhindern, Lisa. Oder sollen wir hier herumsitzen und auf unsere Rettung warten? Du und deine Verwandten müssten doch in der Lage sein, das sich abzeichnende Fiasko zu unterbinden.“

„Im Prinzip wäre das zwar möglich – aber mein lieber Bruder hat sich nun mal in den Kopf gesetzt, die gesamte Organisation dieser nationalistischen Verbrecher auffliegen zu lassen. Und dafür muss er länger in deren tiefsten Gedanken graben können. Denn es scheint so zu sein, als ob einer ganzen Reihe von deren Sympathisanten auf TERRA bereits unbemerkt die Infiltration in terranische Regierungsbehörden gelungen wäre.

Und da ich nach wie vor auch die Gedanken dieses Barons und dieses Doktors überwache, glaube ich, dass sie in dieser Beziehung nicht gelogen haben. Deswegen sind diese Informationen so unglaublich wertvoll und lohnen daher auch das Risiko, dass unser Team dort drinnen gerade eingeht.“

„Soweit kapiert, Lisa – doch wir zwei sitzen hier auf der Rückseite des MONDS fest und uns geht langsam die Atemluft aus. Was schlägst du also vor, was wir tun sollen, wenn gleich ein Kugelraumer an uns vorbeirauscht.

Du weißt ja sicher, dass dieser altlemurische Kugelraumer mit unseren Piloten am Steuer per Nullfeldsprung11 problemlos direkt in den lunaren Orbit springen und anschließen verduften kann, ohne dass wir das mit unserem weidwund geschossenen Shuttle unterbinden können.

Und wie zum Teufel stellst du dir das telepathische Verbindunghalten zu deinem Bruder und Alec vor, wenn sich der erbeutete Raumer demnächst mit Höchstgeschwindigkeit und noch dazu im Stealth-Modus12 von hier entfernt? Die sind dann doch in Nullkommanix außer Reichweite.“

„Keine Sorge, Marianne. Maxi, Alec und ich haben darüber bereits eingehend auf telepathischem Wege nachgedacht. Und ich erzähl‘ dir auch gleich, wie wir das anzustellen gedenken. Doch jetzt ziehen wir uns zuerst mal in die gehärtete Zentralekapsel unserer S1 zurück und aktivieren den Verschlusszustand und anschließend die Notversorgung, damit wir genügend Zeit gewinnen.

Parallel zu meiner Verbindung mit Maxi und Bobby espere ich nämlich bereits die ganze Zeit nach meiner Mutter. Ich wette nämlich, dass sie und mein Daddy schon in Kürze mit ihrem Explorer hier auftauchen werden. Vor allem, weil ich annehme, dass unser Flugkontrollzentrum schon längst mit Suchschiffen nach unserem Verbleib fahndet.

Immerhin sind wir, was unsere Graduierungsfeier zum Junioroffizier der JDEF angeht, inzwischen seit gut einer halben Stunde überfällig. Und ab sofort stellen wir uns tot – also verschwinden wir jetzt schnellstens in den abgeschirmten Kommandoraum dieses Wracks und schalten die Tarnung ein. Ich hoffe nur, dass unsere abgeschirmte Stromversorgung noch bis zum Eintreffen meiner Mom durchhält.“

„Dafür garantiere ich, Lisa. Das Einzige, was hier momentan nicht mehr funktioniert, sind unsere Triebwerke, die Waffen und unser Funk. Sag mir also bitte, wenn du den Start dieses gekaperten Schiffs spürst. Unsere Ortungsanlage arbeitet nämlich ebenfalls nicht mehr so präzise, wie sie das noch vor der Zwischenlandung auf diesem gottverdammten Landefeld getan hat“, sagte Marianne Starke, als sie mit Mora-Lisas Hilfe kurz darauf die Shuttlezentrale abriegelte.

„Und solange wir auf den Explorer meiner Mom warten, setze ich mich schon mal an mein Tablet und fertige ‘ne erste Liste all der Namen dieser nationalistisch verbohrten Idioten an, die mir Alex-Max und mein Cousin Bobby bis dato auf telepathischem Weg bislang schon durchgegeben haben.

Schade nur, dass wir die nicht sofort an unsere JTSA13-Zentrale in Rom übermitteln können. Denn wenn es stimmt, haben Karl Schwarz und seine Agenten von der Terranischen Abwehr demnächst einige offensichtliche Versäumnisse zu korrigieren.“

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