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Kapitel 4 Der Tag nach der Landung

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Als das Ehepaar Kranz nach einer geruhsamen Nacht am Samstagmorgen den Frühstücksraum des nahegelegenen Wirtschaftsgebäudes der Einsatzbasis betrat, wurden sie dort schon von Dr. Alec MacLeod und seiner Ehefrau Mora-Sher erwartet.

Sofort rannte Mora Kranz mit ihrem Mann im Schlepptau den mit ihnen verwandten Ebenbildern entgegen und rief:

„Nach unserer Landung gestern Nachmittag dachte ich schon, ihr wärt in eurer medizinischen Fakultät unter Quarantäne gestellt worden, weil ihr an irgendeinem gefährlichen Erreger herumlaboriert. Alex und ich waren schließlich ein wenig enttäuscht, weil ihr bei unserer gestrigen Ankunft nicht zu uns aufs Landefeld rausgekommen seid. Doch jetzt ist ja alles wieder gut. Komm her Großcousinchen und lass dich anschauen – gut siehst du aus.“

Während Mora ihre larojanische Verwandte jetzt fest an sich drückte und Alex seinen schottischen Halbbruder Alec umarmte, erwiderte die Ärztin und ehemalige larojanische Gesundheitsministerin lachend:

„Das tut uns wirklich leid. Jedoch hatten Alec und ich gestern einen Auftrag von höherer Stelle zu erledigen. Deshalb waren wir auch gestern den ganzen Tag über unterwegs. Du weißt ja, dass sich auch die medizinische Fakultät von Noras Akademie in die hiesige Befehlshierarchie einzufügen hat. Aber jetzt sind wir ja hier und freuen uns unbändig, euch zwei endlich gesund und ohne Blessuren wiederzusehen.“

„Soso – ein Auftrag von höherer Stelle, aha. Noch dazu außer Haus. Nein, ich will’s gar nicht wissen und werde auch nicht in deinen Gedanken rumstochern, um was es sich dabei gehandelt hat“, meinte Mora Kranz schmunzelnd, bevor sie noch hinzufügte:

„Übrigens danken wir euch nochmal ganz ausdrücklich, dass ihr unsere Zwillinge während unseres Ausflugs nach ANDROMEDA so exzellent versorgt habt. Wir hatten gestern am späten Abend noch Gelegenheit mit unseren Kids zu reden und sie haben uns gesagt, dass ihr sie als Ersatzeltern mit der nötigen Strenge, aber auch fair und gerecht behandelt habt.

Und die Zeit mit eurem Alec-Robert haben sie ebenfalls sehr genossen. Wo versteckt ihr euren Sohn eigentlich? Wir hatten gehofft, dass ihr ihn heute auch zu uns mitbringen würdet. Wie wir hörten, ist er ja bereits mitten in seinem Medizinstudium, obwohl er dafür doch noch ziemlich jung ist.“

„Ja, das stimmt – zumindest teilweise. Denn mit dem theoretischen Teil seines Medizinstudiums ist er beinahe schon fertig. Auch freuen wir uns sehr darüber, dass unser eifriger Sohn beruflich in unsere Fußstapfen treten will. Übrigens müsst ihr uns nicht für die Betreuung eurer Kids danken, schließlich durften wir ja alle in eurem tollen Appartement in Schwabing wohnen. Das ist Ausgleich genug“, erwiderte die larojanische Fürstin Mora-Sher, während sie sich jetzt an den mit Köstlichkeiten eingedeckten Frühstückstisch des zu dieser morgendlichen Stunde schon gut besuchten Casinos setzte.

„Dass unser Junior in seinen jungen Jahren schon so weit mit seiner Ausbildung fortgeschritten ist, muss euch jedoch nicht wundern. Seine ererbten paranormalen Fähigkeiten und die Hypnoschulungskurse haben ja bereits in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass er seine allgemeine Schulausbildung in Rekordzeit abschließen konnte“, ergänzte jetzt Dr. Alec MacLeod die Worte seiner Frau, bevor er noch hinzufügte:

„Gegenwärtig erleben wir unseren Fünfzehnjährigen ja schon seit vielen Monaten tagtäglich in der von meinem Schatz geleiteten medizinischen Fakultät. Und aus heutiger Sicht wage ich die Prognose, dass er seine akademische Ausbildung ebenfalls schon bald – und damit weit vor der sonst üblichen Zeit abschließen wird.

Wobei er das sicher noch schneller hinbekommen könnte, wenn er sich während seiner Ausbildung zum Mediziner nicht noch zusätzlich die Pilotenausbildung in den Kopf gesetzt hätte.“

„Woran wohl unser Nachwuchs nicht ganz unschuldig ist – aber sei’s drum – ich halte es ebenfalls für eine ausgezeichnete Idee, wenn ein künftiger Bordarzt in der Lage ist, in einer Zwangslage auf dem Pilotensessel seines Schiffes Platz zu nehmen.“

„Deswegen, meine lieben Verwandten, haben wir ja auch keinen Einspruch dagegen erhoben. Und dass ist zudem auch der Grund, warum er und eure Zwillinge heute früh nicht mit uns frühstücken wollten. Nach der Theorie steht gegenwärtig nämlich die Fortsetzung ihres praktischen Flugtrainings ganz oben auf ihrer gemeinsamen Prioritätenliste.

Unsere drei Musketiere absolvieren heute Morgen nämlich zusammen mit Conny Ackermann und euren zwei Chefpiloten Rando und Mary als Beobachter ihren ersten Alleinflug mit einem Shuttle eurer MHORA-X2. Ich schätze mal, dass sie nach ihrer geplanten LUNA-Umrundung gegen Nachmittag wieder hier bei uns landen werden.“

„Typisch Rando und Mary. Die beiden hätten ihre Nochkommandantin ja ruhig mal vorher über diese Absicht informieren können. Wofür schleppen wir denn die ganze Zeit unsere Kommunikatoren mit uns herum?“, polterte Mora Kranz jetzt mit erzürnter Miene los.

„Reg dich nicht auf, geliebte Fürstin – du weißt doch, dass wir beide das an Stelle unserer Kinder ganz genauso gemacht hätten. Zumal die beiden ja erfahrene Piloten an ihrer Seite haben, die im Bedarfsfall korrigierend eingreifen können.

Die drei Juniorpiloten sind bei diesem Kurztrip demnach nicht in Gefahr, meine fürstliche Glucke. Also trink in Ruhe deinen Kaffee, iss noch etwas von Alfons leckerem Kuchen und zeig ihm, dass es dir schmeckt. Schließlich steuert der Wirt dieses Etablissements gerade auf unseren Tisch zu. Er will uns ganz sicher fragen, wie uns seine frugalen Frühstückskreationen gemundet haben,“ meinte Alexander Kranz, während er genüsslich in eine weitere kunstvoll mit Beilagen arrangierte Wurstsemmel biss und den wütenden Blick seiner Frau zu ignorieren versuchte.

„Wie hast du mich grade genannt? Fürstliche Glucke? Meine Güte, ich fass es ja nicht! Das, mein liebreizender Fürstgemahl kriegst du bei der erstbesten Gelegenheit zurück. Darauf kannst du dich verlassen, mein Lieber.

Kannst dir ja inzwischen schon mal überlegen, was ich dir als Strafarbeit aufbrummen soll. Beispielsweise müssen unsere noch nicht ausgepackten Reiseklamotten gewaschen und in den Schränken unseres Appartements verstaut werden.

Ferner sind auch noch etliche ausstehende Einsatzberichte zu schreiben. Das ist doch etwas, was du sonst immer gerne unserem armen Chefandroiden Oskar 1 aufdrückst. Nur diesmal wirst du das gefälligst selber in die Hand nehmen, verehrter Fürst. Bis zum Montag will ich Tip-Top-Reporte zu unserem ANDROMEDA-Einsatz auf meinem Schreibtisch haben“, fauchte Mora ihren Alex noch im selben Moment an.

Als sie gleich darauf in das sichtbar erschüttert aussehende Antlitz ihres Mannes blickte, lächelte die eben noch wütende Mora Kranz ihren Gatten gleich wieder mit einem breiten Grinsen an und sagte:

„Alleine deine geschockte Miene war es mir wert, dich eben mal wieder ein wenig auszuschimpfen. Wenn du jedoch heute Abend ganz brav und lieb zu mir bist, überlege ich mir vielleicht noch, ob ich dir bei den angemahnten Arbeiten helfe.“

„Wie ich sehe, habt ihr zwei euch kein bisschen verändert“, lachte die Ärztin Mora-Sher ihre Großcousine noch im selben Augenblick an. „Aber denk dir nichts, Alex – bei Alec und mir fliegen des Öfteren in ähnlicher Weise die Fetzen. Vor allem, wenn es um die Erziehung Jugendlicher und um medizinische Streitfragen geht.

Doch jetzt sollten wir uns langsam mal wieder wie erwachsene JDEF-Angehörige benehmen und Alfons Richter als hervorragenden Casinochef für sein exzellentes Frühstück loben. Und anschließend werdet ihr in der Einsatzzentrale von Sir Jeffrey Langston und seinen beiden Stellvertretern zu einem ersten Rapport erwartet.“

***

Nachdem die Begrüßung von Susannes Ehemann Alfons und die offizielle Rückmeldung bei den kommandierenden Generalen der JDEF-Einsatzbasis Europa nach einem fast einstündigen Gespräch vorüber war, fieberten die vier Elternteile an diesem Märzsamstag ab 15:00 Uhr im Casino der Einsatzbasis der Landung des von ihren Teenagern geflogenen Shuttles der MHORA-X2 entgegen.

Zuvor hatten sie jedoch noch auf Mora-Shers Verlangen hin gemeinsam die kleine Anna-Mora besucht, die sie nach einem kurzen Spaziergang und einer Stippvisite bei Hans Huber und Susanne Richter mit in die Anflugzentrale genommen hatten.

„Jetzt warten wir schon seit einer geschlagenen Stunde auf unser Shuttle. Bis zum Galadinner heute Abend um 20:00 Uhr sind es ja nur noch vier Stunden und zuvor ist ab 19:00 Uhr die Übergabe der Abschlusszeugnisse der Raumkadetten durch Nora Kirschner geplant. Daher hatte ich eigentlich angenommen, dass unser Nachwuchs sich wenigstens bemühen würde, einigermaßen pünktlich von ihrem LUNA-Trip heimzukehren“, maulte Mora Kranz jetzt ihren Ehemann an, als dieser sich auch bereits erhob.

„Du hast recht, Mora. Irgend etwas stimmt da nicht“, erwiderte der angesprochene Alex Kranz jetzt mit besorgter Miene. „Vielleicht haben unsere neugierigen Teenager und unser ebenso neugieriges Chefpilotenehepaar noch einen Zwischenstopp bei der wieder aufgebauten lemurischen Mondstation auf LUNA9 eingelegt.

Ich geh jetzt lieber mal hoch in die Flugkontrollzentrale. Die dort momentan diensthabenden Controller werden sicherlich wissen, wo sich unsere drei Teenies samt ihrer Begleitmannschaft gegenwärtig herumtreiben.“

„Wenn du Funkverbindung zu unseren Schätzchen hast, kannst du ihnen auch gleich ausrichten, dass meine Cousine und ich ihnen die Ohren langziehen werden, sobald sie nachher mit unserem Shuttle auf dem Fürstenfeldbrucker Landefeld aufsetzen“, fauchte Mora ihrem Mann hinterher, als sich ihre Cousine Moras Hände schnappte und meinte:

„Wird schon nichts Schlimmes passiert sein, Mora. Unsere drei Musketiere haben wahrscheinlich nur die Zeit vergessen, weil sie unbedingt noch die Lagerhallen mit den altlemurischen Raumschiffen besichtigen wollten. Soweit ich weiß, sind dort ja immer noch nicht alle Kugelschiffprototypen der ODIN-Klasse zur Umrüstung nach TERRA zurückgebracht worden – und so eine einmalige Gelegenheit lassen die drei und ihre Begleiter sich doch nicht entgehen.“

***

Als Alex Kranz wenige Minuten später die Anflugzentrale betrat, stieß er vor dem Eingangsschott beinahe mit Brigadegeneral Martin Kern, einem der Stellvertretenden Kommandeure der JDEF-Einsatzbasis Europa zusammen. Auch entging ihm die aufgeregte Unruhe nicht, die gegenwärtig unter den vor ihren Arbeitsplätzen sitzenden Flugcontrollern zu herrschen schien.

„Was ist los, Martin? Ich bin zwar nur ein schwacher Telepath, aber ihr vermisst doch anscheinend eins unserer Schiffe. Grundgütiger – deine Leute fahnden nach unserer MHORA-X2-S1. Das ist das Shuttle, mit dem unsere Kinder heute früh zu einem Trainingsflug in Richtung LUNA aufgebrochen sind.“

„Das stimmt soweit, Alex. Aber wir haben euer Shuttle nach wie vor in der Ortung. Es parkt derzeit auf dem Flugfeld bei der derzeit nur mit einem 12-köpfigen Wachkommando besetzten ehemaligen lemurischen Mondstation, der wir nach deren Ausbau im vergangenen Jahr den Namen LUNA-PRIME verpasst haben.

Dein Chefpilot Rando Starke hat sich die nicht geplante Zwischenlandung auf LUNA-PRIME übrigens beim Anflug auf den guten alten MOND vor über zwei Stunden ganz regulär genehmigen lassen, weil er und Oberst Ackermann ein von euren Juniorpiloten geflogenes Landemanöver auf einem luftleeren Himmelskörper beobachten wollten. Diesem Wunsch wurde seitens der Flugüberwachung auch umgehend zugestimmt.

Der letzte Funkspruch der Shuttlecrew nach ihrer Landung auf LUNA besagte lediglich, dass sie noch rasch zu einer kurzen Kaffeepause in die Station reingehen würden, während Randos Ehefrau Mary an Bord des Shuttles warten sollte – und auch dieses Ansinnen wurde von hier aus genehmigt.

Doch auch dieser Kontakt ist jetzt bereits gut eine halbe Stunde her. Und die Station können wir im Moment leider nicht erreichen – möglicherweise, weil unsere dortigen Leute schon heute Morgen, also noch vor der Landung der S1, Schwierigkeiten mit der Hyperfunkanlage des Shuttles hatten.

Nur reagiert seither weder Oberstleutnant Mary Starke noch die übrige Pilotencrew der MHORA-X2-S1 mit ihren mobilen Funkgeräten auf unsere Hyperfunkanrufe. Und außer den sechs Piloten war ja bei diesem Übungsflug niemand anderes an Bord des Beiboots.“

Genau in diesem Moment rematerialisierten Mora Kranz und ihre larojanische Verwandte an der Hand von Dr. Alec MacLeod in den Räumen der Anflugkontrolle.

„Ich hab‘ euch belauscht“, fuhr Mora Kranz sogleich aus der Haut. „Habt ihr schon irgendwas bezüglich unserer vermissten Kinder und ihrer Begleiter unternommen? Was zum Teufel ist da los, verdammt nochmal?“

„Deswegen bin ich erst vor wenigen Minuten hierher gespurtet, Mora. Ich habe auf dem Weg in die Flugkontrollzentrale bereits General Janis gebeten, dass, er sich unverzüglich mit seiner CHROMA von der Raumstation TERRA-ALPHA aus auf den Weg macht, um auf LUNA nach dem Rechten zu sehen“, erwiderte General Martin Kern umgehend, bevor er noch erklärte:

„Nur wird es bis zum Start seines Ringkreuzers noch etwas dauern, weil er erst noch seine auf der Raumstation befindliche Besatzung einsammeln muss. Ich hoffe jedoch noch immer darauf, dass es für das Ausbleiben der Rückmeldungen eures Shuttles eine einfache Erklärung, wie zum Beispiel eine Störung des Hyperfunkverkehrs durch die immer mal wieder zwischen uns und dem MOND auftauchenden Ionisationswolken gibt.“

„Verstanden, Martin. Aber an eine Funkstörung aufgrund eines Ionensturms glaube ich nicht. Wetten, dass meine Crew schneller als die von Janis mit seinem Riesenpott, Klarheit auf LUNA schaffen kann?“, erwiderte Mora Kranz völlig ruhig, als sie auch schon ihren Kommunikator aus ihrer Bordkombi herauszog und die Besatzung ihrer MHORA-X2 zum sofortigen Alarmstart befahl.

„Und wer bitte soll unser Schiff fliegen? Oder hast du vergessen, dass sich unsere Piloten derzeit auf LUNA befinden?“, fragte Alex Kranz prompt.

„Na wer wohl? Natürlich du – das wirst du doch wohl noch hinkriegen, Nummer 1 – denn noch bist du das doch, oder irre ich mich da? Außerdem habe ich soeben auch Bill Carter in Marsch gesetzt, der dir als zweiter Pilot unseres Explorers zur Hand gehen kann. Und was die Feier heute Abend angeht, ist es mir momentan ziemlich egal, wenn die durch diese Sache verschoben oder ganz abgesagt werden muss. Denn wie ihr ja alle wisst, bin ich ohnehin kein Feierbiest.“

Als die MHORA-X2 knapp 15 Minuten später, zwar ohne Wartung, aber mit voller Kampfbesatzung und brüllenden Triebwerken von ihrem Liegeplatz in Richtung des Erdtrabanten abhob, machte Mora ihrer überraschten Besatzung sofort per Bordrundspruch klar, worum es bei diesem ungeplanten Notfalleinsatz gehen würde.

Und die Tatsache, dass auch Alex Bruder Alec Macleod und ihre Großcousine Mora-Sher auf den Mitflug an Bord ihres Explorers gedrungen hatten, erfüllte die innerlich unruhige Schiffskommandantin zumindest mit ein bisschen mehr an Zuversicht.

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