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2 Erster Teil: Countdown

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Einige Anfragen hatte ich schon bekommen. Grundsätzlich würde ich mich nicht als alten Hasen bezeichnen, was die Nutzung sozialer Netzwerke angeht, aber ganz unerfahren bin ich nicht. Ich nutze WhatsApp und Instagram. Das ursprüngliche Facebook nicht, weil ich keinen Sinn darin sehe, meinen sogenannten „Freunden“ mitzuteilen, wann ich scheißen gehe und wie das aussieht, was dabei rauskommt. 99 Prozent aller „News“ auf Facebook haben exakt diesen Mitteilungswert.

Meinen Instagram–Account habe ich vor zwei Jahren eingerichtet, nachdem ich ein Buch für meine jüngere Tochter geschrieben hatte. Ziel war, Kontakt aufzunehmen, zu anderen Autoren und potenziellen Lesern, um das Buch zu promoten. Insta -, respektive Bookstagram sind auch nicht die ganz große Welle, aber immerhin eine Möglichkeit, überhaupt in Berührung zu kommen, ohne sich allzu viel bewegen zu müssen.

Früher hat man sich getroffen in Cafés, in Kneipen, beim alten Leo in der Pizzeria („hatte geschmecke – fumfefuffzisch!“ D-Mark, natürlich. „Golla Biere? Einse achtzisch!“). Das macht man heute nicht mehr. Das habe ich begriffen. Man trifft sich im Chatroom zum Video-Sit-In bei Insta oder WhatsApp. Oder zum virtuellen Smalltalk. Wenn man, als Schüler/in ein Problem hat, zum Beispiel mit den Hausaufgaben, dann läuft man nicht umständlich zu Freundinnen, die drei Häuser weiter wohnen. Auch das habe ich von meiner Tochter gelernt. Man stellt eine Anfrage in den Klassenchat und wartet, bis eine der zwanzig anderen Nasen die richtige Antwort postet. Oder, man schreibt direkt eine WhatsApp an eine, von der man annimmt, sie habe eine Lösung.

Manchmal muss ich breit grinsen, wenn ich sehe, wie routiniert die Dreizehnjährigen mittlerweile mit diesen Möglichkeiten umgehen und wie, vergleichsweise unbeholfen, wir durch unsere Schulzeit getölpelt sind.

Ich glaube sogar, dass ein großer Teil der Diskussion um Internet- und Handysucht sich aus dem Gefühl der Älteren speist, von dieser Generation in punkto Internetkompetenz gnadenlos abgehängt zu werden. Die Dinge passieren heutzutage in einer Geschwindigkeit, dass du out bist, wenn du eine Woche zu lange im Urlaub an einem Ort ohne W-Lan warst. Passende Übertragungsrate vorausgesetzt. Da wird die Atari- und C 64- Generation gerade auf der G4- Spur überholt. Demnächst auf G5. Das neue S 10 oder I-Fon locker in der Gesäßtasche, Blinker links, Vollgas. Wir Alten sind wie die Gebrüder Wright, die noch mit ihrem Doppeldecker über den Strand stolpern, während die Kids mit Mach 3 und viel Getöse im Kampfjet an uns vorbeidonnern. Wir haben dagegen keine Chance und das wissen wir. Irgendwann werden wir aussortiert, aber doch bitte nicht bei vollem Bewusstsein. Deswegen, und um unsere Kinder noch ein bisschen bei uns zu behalten, zetteln wir eine völlig überzogene, teilweise hysterische Diskussion um Chancen und Gefahren der neuen Medien an. Nicht, dass es nicht Auswüchse und Gefahren gäbe. Einen Teil ihrer Vehemenz verdankt diese Diskussion aber dem Gefühl der Ü50, nicht mithalten zu können. Und das ist vollkommen richtig. Das können wir nicht. Wir sind 20. Jahrhundert, oder, wie meine Kurze neulich meinte, bemerken zu müssen: „Steinzeit, Faddi! Das ist Steinzeit!“

Ich fühle mich keineswegs so ausgestorben, wie sie es mir, in ihrem Bedürfnis nach Abgrenzung einreden wollte. Ein wenig zurückgeblieben, leicht geistig behindert, aber lebensfähig. Ich bin kein Idiot. Ich komme klar – dachte ich zumindest. So weit, so….hmmm?!

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