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1.5 Berufliche Anforderungen im berufsbiografischen Verlauf

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Die beruflichen Anforderungen sind den neu in den Beruf einsteigenden Lehrpersonen aufgrund ihrer Praxiserfahrungen im Kern vertraut. Sie fokussieren auf Anforderungen an ihre Person als Lehrperson, an die Vermittlung von Fach- und Sachinhalten, an die Anerkennung der Schüler/-innen als Lernende und an die Kooperation im Rahmen der Institution. Im Verlauf der Ausbildung mit integrierten Praktika erwerben sich angehende Lehrpersonen zunehmend Kompetenzen und verändern ihren Blick auf die beruflichen Anforderungen (Keller-Schneider 2016a). Im Rahmen der Ausbildung zeigen sich unterschiedliche Entwicklungsverläufe, die mit Veränderungen des allgemeinen beruflichen Selbstkonzepts und der Überzeugungen sowie der motivationalen Orientierungen einhergehen (Keller-Schneider 2018b). Sinkendes Kompetenzerleben führt zu zunehmender Misserfolgsorientierung und abnehmender Erfolgsorientierung.

Im Übergang in die eigenverantwortliche Berufsarbeit wird der Verantwortungsrahmen erweitert, die Anforderungen erhalten neue Komplexitäten und erweiterte zeitliche Dimensionen. Abbildung 9 stellt diese Anforderungen in eine Kontinuität der beruflichen Entwicklung entlang der vier Hauptbereiche der Berufsanforderungen, die sich als Entwicklungslinien durch die Berufsbiografie hindurchziehen (Hericks, Keller-Schneider & Bonnet i.V.). Professionalisierung geht nach Abschluss des Berufseinstiegs weiter, wie aus den berufsphasenspezifischen Differenzierungen hervorgeht.

In diese Aufgabenfelder haben sich berufseinsteigende Lehrpersonen im Rahmen ihrer Ausbildung eingearbeitet und sich mit dem Kern dieser Anforderungen auseinandergesetzt. Ihre Rolle als Lehrperson erkundend haben sie sich mit einer sachangemessenen Vermittlung und mit einer auf eine Kohärenz ihrer Handlungen ausgerichteten Klassenführung auseinandergesetzt sowie sich in unterschiedliche Kollegien und Teams eingearbeitet.

Im Kontext der sprunghaft ansteigenden Komplexität der beruflichen Anforderungen und der Dynamik ihres Zusammenwirkens in der Berufseinstiegsphase verändern sich die Anforderungen und kristallisieren sich neu als berufsphasenspezifische Entwicklungsaufgaben. Im zeitlich erweiterten Verantwortungsrahmen für das Lernen und die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler wird deutlich, dass bezüglich Unterrichten eine Fokussierung auf den Unterrichtsgegenstand und seine didaktischen und methodischen Aufbereitung nicht mehr genügt; ein Adressatenbezug wird zwingend, um das Lernen der Schüler/-innen sowie das Erzielen einer Unterrichtseffizienz in einem störungsarmen Kontext zu erreichen (Keller-Schneider 2016b, 2018a). In der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit wird die Berufsrolle gefestigt, ein Adressatenbezug in der Vermittlung sowie eine die Bedürfnisse des Gegenübers anerkennende Klassenführung aufgebaut, und eine mitgestaltende Kooperation im schulischen Kontext übernommen (Keller-Schneider 2010a).

Im Zuge der weiteren Professionalisierung als erfahrene Lehrperson wird der Blick erneut erweitert; es stellen sich die Herausforderungen, veränderungsbereit sich mit den sich wandelnden beruflichen Anforderungen auseinanderzusetzen, eine zunehmende Ausrichtung auf spezifische Bedürfnisse und Möglichkeiten der Lernenden zu entwickeln, die sich in einer differenzierenden Klassenführung spiegeln, bei zunehmender Mitverantwortung für die Institution Schule und ihre Weiterentwicklung (vgl. Abb. 5 und 9).

Abbildung 9: Professionsspezifische Anforderungsbereiche mit berufsphasenspezifischen Konkretisierungen der zu bewältigenden Anforderungen

Aufgrund gelöster Entwicklungsaufgaben eröffnen sich neue Perspektiven auf die beruflichen Anforderungen und ermöglichen eine erneute Konsolidierung im Professionalisierungsprozess. Berufsanforderungen werden mit erweiterter Kompetenz und verdichtetem Wissen auf beruflich höherer Stufe erfolgreich bewältigt.

Dazu berichten zwei Lehrpersonen am Ende ihrer Berufseinstiegsphase:

«Ja, nun habe ich es geschafft! Eigentlich weiss ich nicht, was es ausmacht, dass ich jetzt davon überzeugt bin, im Beruf angekommen zu sein. Ich verfüge über ein Repertoire, das mir ermöglicht, situativ auf die Schüler und Schülerinnen einzugehen und parallel dazu die Klasse im Auge zu behalten. Ebenso gelingt es mir, die Arbeiten und Entwicklungen in der Schule mitzugestalten und auch mal Stellung zu nehmen. Ich brauchte lange, bis ich mich für einen Unterrichtsablauf entscheiden konnte, und vergass dann im entsprechenden Moment doch, was ich mir wie überlegt hatte. Etwas erstaunt bin ich schon, dass es mir jetzt leicht fällt, auch im Moment selber mein Vorhaben umzustellen, ohne den Faden zu verlieren. Diese Entscheidungen laufen irgendwie; erklären könnte ich das nicht ...» (Irene Ziegler, Abschlusssitzung der Supervision, vgl. Keller-Schneider 2010a)

«Nun geht es mir gut, ich bin im Beruf und am Schulort angekommen. Ich fühle mich sicher und den Anforderungen gewachsen, auch wenn es anstrengend ist und ich noch Vieles verbessern will!» (Lara Tanner, in Keller-Schneider 2012b)

Professionalisierung geht auch nach der Berufseinstiegszeit weiter (vgl. Hericks, Keller-Schneider & Bonnet i.V., Keller-Schneider & Hericks 2017). Lehrpersonen sind ein Berufsleben lang gefordert, sich mit den sich wandelnden Anforderungen an die Schule und den sich verändernden Konstellationen der Beteiligten auseinanderzusetzen.

Impulse zum Berufseinstieg von Lehrpersonen (E-Book)

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