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1.6 Mehrperspektivische Betrachtung von Erfahrungen eröffnen Handlungsmöglichkeiten

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Wie oben ausgeführt, wirken mehrere Komponenten in der Wahrnehmung und Deutung von Anforderungen mit. Bewältigungshandlungen resultieren aus dem Zusammenwirken von Kontextmerkmalen und individuellen Merkmalen, die als Ressourcen zur Bewältigung beitragen. Als Kontextmerkmale sind Berufsphase, Situation, Schultyp, Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten von Bedeutung. Die individuellen Merkmale lassen sich in professionsspezifisches Wissen und Können, Motive und Ziele, Überzeugungen sowie Selbstregulation gliedern, welche die Handlungskompetenz mitbestimmen (Keller-Schneider, 2010a).

Die eigenen Ressourcen in diesen Bereichen zu reflektieren, ermöglicht Erkenntnisse darüber, welche Komponenten auf welche Art und Weise zur Wahrnehmung und Bewältigung von Herausforderungen beitragen. Eine reflexive Auseinandersetzung mit Erfahrungen unter Bewusstmachung von individuellen Überzeugungen, Zielen und Motiven sowie von Fachwissen, fachdidaktischem und fachübergreifendem pädagogisch-psychologischem Wissen unter der moderierenden Wirkung der Selbstregulation ermöglicht Lösungswege und stärkt das Bewusstsein der eigenen Handlungsfähigkeit. Ein Erkunden unterschiedlicher Zugänge kann vielfältige Zusammenhänge aufzeigen, aus denen sich weitere Lösungsmöglichkeiten ableiten lassen (vgl. dazu auch Keller-Schneider 2015b und 2016b).

Das hier vorgestellte Reflexionsinstrument (Abb. 10) basiert auf der Analyse der Faktoren, die auf Handlungsentscheidungen einwirken, und stellt eine spezifische Situation ins Zentrum der Überlegungen. Diese soll über Handlungsabläufe, also über Tätigkeiten und deren Wirkung, beschrieben werden. In einem zweiten Arbeitsschritt werden die Komponenten, die zur Deutung der Begebenheit beitragen, analysiert. Gehen Sie in der Analyse wie folgt vor und nutzen Sie das in Abbildung 10 vorgestellte Modell (vgl. auch Keller-Schneider 2016b):

Situation unter mehreren Aspekten beleuchten

1) Die Situation beschreiben: Wählen Sie eine spezifische Anforderung, die Sie bewältigen müssen oder bewältigen wollen, oder eine Situation, die Sie erlebt und bewältigt haben. Setzen Sie diese in die Ellipse in der Mitte der in Abbildung 10 dargestellten sechs Felder und beschreiben Sie, was sich ereignet hat.

2) Die Situation aus mehreren Perspektiven beleuchten: Die Leitfragen geben Impulse, um die eigenen Zugänge zu analysieren, die zur Bewältigung dieser Situation beitragen. Wählen Sie aus oder stellen Sie sich selber spezifische Fragen. Die Felder lassen sich in beliebiger Abfolge bearbeiten. Gedanken zum einen Feld können auch assoziativ zum nächsten führen.

3) Verbindungen zwischen den Komponenten und (möglichen) Handlungen herstellen: Setzen Sie Ihre Erkenntnisse in den einzelnen Komponenten zueinander in Beziehung. Wo ergeben sich Synergien, Zusammenhänge oder Widersprüche? Inwiefern fliessen diese in die Handlungen ein, die sich in der konkreten Situation zeigen werden oder gezeigt haben? Suchen Sie nach Widersprüchen oder Brüchen, denn diese geben Hinweise auf weiterführende Veränderungen.

4) Neue Lösungsansätze entwickeln: Suchen Sie Lösungswege, um die Komponenten zu verbinden und daraus konkrete Handlungen abzuleiten. Falls sich Widersprüche zeigen, so suchen Sie sachlogische Lösungswege, die sich aus der Aufhebung der Widersprüche ergeben.

Abbildung 10: Reflexionsinstrument zur Analyse von konkreten Begebenheiten unter Beachtung mehrerer Komponenten, die Handlungen mitbestimmen

Aus einer aus mehreren Perspektiven analysierten Situation können Handlungsmöglichkeiten abgeleitet werden, sobald sich Divergenzen zeigen, die Spannungen erzeugen. Entstandene Schwierigkeiten können aus Lücken im Professionswissens hervorgehen – darauf ist mit dem Ausarbeiten von Wissen Abhilfe zu schaffen. Als Ressourcen dienen mediale Quellen sowie auch soziale Ressourcen, d.h. Kollegen/Kolleginnen. In beiden Zugängen muss das Wissen gewichtet und integriert werden. Handelt es sich jedoch um Divergenzen zwischen Wissensfacetten und eigenen Überzeugungen, Zielen und Motiven, oder um die begrenzte Bereitschaft, sich für etwas zu engagieren, dann erfordert die Lösung dieser Widersprüchlichkeit eine vertiefte Auseinandersetzung. Die Herausforderung, eine Brücke zu finden, um die Situation zu lösen, muss angenommen und bearbeitet werden. Gedanken wie ‹Eigentlich wüsste ich, dass ...›; ‹Ich wollte gar nicht, aber die Situation war nicht anders zu lösen ... › verweisen auf solche Widersprüchlichkeiten, die Spannung verursachen.

Die Beispiele in Abbildung 11 und 12 geben Impulse, wie Situationen analysiert werden können. Wenn eine Begebenheit multiperspektivisch erklärt werden kann, dann lassen sich daraus vielfältige Lösungswege ableiten. Auf diese Weise können mögliche Engpässe überwunden, eigenes Handeln kritisch beleuchtet und das eigene Handlungsrepertoire erweitert werden.

Die folgenden Beispiele (Abb. 11 und 12) illustrieren, wie sich solche Analysen anhand eines konkreten Beispiels zeigen können. Jede konkrete Begebenheit eignet sich, um mithilfe der hier vorgestellten Zugänge und Leitfragen analysiert zu werden, dazu geben die Beispiele einen Einblick.

Abbildung 11: Beispiel einer Analyse einer Begebenheit: War ich in meinem Handeln konsequent?

Abbildung 12: Beispiel einer Analyse einer Begebenheit: Was kann oder muss ich erwarten? Was brauche ich, um dies zu erreichen?

Impulse zum Berufseinstieg von Lehrpersonen (E-Book)

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