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Die Papststadt Viterbo

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Würde man die antike Straße geradeaus weiterlaufen, käme man durch vulkanisches Terrain, ein Gebiet mit heißen Schwefelquellen, die schon seit römischer Zeit genutzt werden, manche davon bis heute ungefasst: Man steigt zum Baden einfach in dampfende Lachen und Pfützen am Wege. Ein gespenstischer Anblick: Dante nennt die brodelnden Wasser des Bullicame in seiner Beschreibung der Hölle.18 Es wurden Thermalbäder gebaut, eines davon wurde just 1450 zum Heiligen Jahr durch Nikolaus V. errichtet;19 noch heute beruft sich das Bad auf die Päpste (Terme dei Papi). Die Pilger zum Jubeljahr wären hier freilich schon nicht mehr direkt vorbeigekommen, denn damals hatte das wichtige Zentrum Viterbo die Straße bereits aus ihrer römischen Geraden abgelenkt. Man hatte wohl auch nachgeholfen, denn der Verkehr sollte durch dieses wichtige mittelalterliche Zentrum gehen. Viterbo war Papstresidenz für mehrere Jahrzehnte und Ort wichtiger kirchengeschichtlicher Ereignisse. Vor allem im 13. Jahrhundert war Rom durch die pausenlosen Familienfehden der örtlichen Adelsgeschlechter ein gefährlicher und unbequemer Residenzort für die Päpste geworden, jedenfalls soweit sie nicht selbst aus den lokalen Machtkämpfen hervorgegangen waren. Mehrere Päpste (vor allem französischer Provenienz) haben Rom nie gesehen, sondern residierten im sicheren und angenehmen Viterbo, das bis heute von dieser Zeit des Mittelalters geprägt ist. So sicher und so angenehm lebte es sich in Viterbo, dass einige Papstwahlen dort schier kein Ende nehmen wollten: Fast drei Jahre lang ließen sich die Kardinäle Zeit, um nach dem Tod Clemens’ IV. im Jahr 1268 einen Nachfolger zu finden. Schließlich verfiel man auf einen Kandidaten, der weder Kardinal noch Priester war, sich außerdem viele Hundert Kilometer entfernt aufhielt, nämlich Teobaldo Visconti, der als Pilger im Heiligen Land weilte. Er wurde herbeigerufen, von der Wahl unterrichtet, zum Priester und zum Bischof geweiht und schließlich als Gregor X. zum Papst gekrönt. Doch den Wahlmodus veränderte man nach diesem langen Verfahren derart, dass die Kardinäle schließlich zur Wahl in Klausur gehen mussten und nicht herauskommen durften, bevor nicht ein Papst gewählt war. All dies ereignete sich in dem herrlichen gotischen Palast, der neben dem Dom S. Lorenzo zu sehen ist und einen weiten Blick über Latium erlaubt.


Viterbo, Loggia des mittelalterlichen Papstpalastes. Von hier aus segneten die neu gewählten Päpste das Volk.

Viterbo liegt am Fuße der Monti Cimini, und an dieser Stelle musste sich der Reisende der Reformationszeit entscheiden: Er konnte entweder die alte, mittelalterliche Route nehmen, die bald nach Viterbo wieder der antiken Via Cassia folgt und die den Lago di Vico rechts umging, oder er konnte den kürzeren Weg über die Via Cimina nehmen, die geradewegs über die rauen Berge und auf der linken Seite um den Lago di Vico herumführt.20 Die mächtige Familie der Farnese hatte ein politisches Interesse an der zweiten Route, denn sie führte durch Ronciglione, ein wichtiges Zentrum ihres Territoriums. Ob auch Luther diese Route gewählt hat? Möglich ist es, denn Ronciglione war ihm noch viele Jahre später ein Begriff.21

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