Читать книгу Luthers Rom - Martin Wallraff - Страница 14

Über La Storta nach Rom

Оглавление

Noch einige Kilometer weiter liegt La Storta: heutzutage schon ganz in der urbanen Bebauung der Großstadt (und die Bebauung am Stadtrand ist nicht die schönste), doch ein ländlicher, abgeschiedener Fleck, als hier im Juni 1538 der baskische Geistliche Ignatius von Loyola mit zwei Gefährten des Weges kam. Damals wie heute stand hier eine bescheidene Kapelle, und obwohl der Ort still und beschaulich war, waren die drei Männer von einer seltsamen Spannung getragen. Auch ihnen war klar, dass Rom nicht mehr weit entfernt lag. Selbst wer zu Fuß reist, ist von hier in einem Tag am Ziel. Und ihnen war klar, dass Rom ihr Leben entscheidend verändern würde. Ob zum Guten oder zum Schlechten – das hatte sich erst herauszustellen.

Hier also, in der kleinen Kapelle am Wegrand der Via Cassia kurz vor Rom hatte Ignatius von Loyola eine Vision, die seiner Sinnsuche eine neue Richtung gab. In der nervösen Anspannung, in der er war, erschien ihm Gott Vater, der ihm und seinen Freunden Jesus als Weggefährten zugesellte. Damit und erst hier wurde die Gemeinschaft wirklich zur „Gesellschaft Jesu“. Ego vobiscum ero, so hörte er: Ich werde mit euch sein, auch in Rom, besonders in Rom.24 Diese göttliche Zusage wirkte wie eine sakrale Legitimierung Roms, nachdem Jerusalem, sein eigentliches Ziel, aufgrund der unsicheren politischen Lage unerreichbar war. Die Gruppe wollte sich dem Papst zur Verfügung stellen und seine Aufträge ausführen. Dadurch war die Grundlage gelegt für die spezifische Rombindung und zugleich Papstbindung des jungen Ordens. Ein Teil des päpstlichen Auftrages sollte schon bald der Kampf gegen die Reformation im Norden sein. Der Jesuitenorden war zunächst keine Ordensgemeinschaft der Gegenreformation, sondern er wurde es. Die Vision von La Storta war eine wichtige Etappe auf diesem Weg. Es ist daher ganz richtig, dass sie in riesigen Dimensionen über dem Hochaltar von S. Ignazio in Rom ins Bild gesetzt wurde (Gemälde von Andrea Pozzo).


La Storta, Kapelle, in der Ignatius von Loyola seine Vision erhielt.

Um nun endlich nach Rom zu kommen, hat der Reisende seit alters zwei Möglichkeiten. Kurz hinter La Storta gabelt sich die Straße. Man kann links der alten Via Cassia folgen, die sich kurz vor dem Tiber mit der Via Flaminia vereinigt, dann auf der Milvischen Brücke den Fluss überschreitet und schließlich an der Porta del Popolo die Stadt erreicht: ein klassischer Anreiseweg. „Nur unter der Porta del Popolo war ich mir gewiss, Rom zu haben“, schreibt Goethe 1786.25 Die Alternative wurde wohl im Mittelalter von den Pilgern bevorzugt, denn sie führt geradewegs nach St. Peter, also nicht zuerst in die Stadt – und auch Luther wird hier angekommen sein, obwohl sein Quartier dann direkt an der Porta del Popolo lag. Es ist die ebenfalls römische Via Triumphalis, die von Norden auf den Monte Mario führt. Mons Gaudii, sagten die Pilger – und es ist wirklich ein Berg der Freude für den Reisenden, der nach langer, entbehrungsreicher Fahrt hier zum ersten Mal den großartigen Blick über die Stadt genießt. Noch viele Jahre nach seiner Reise berichtet Luther: „Als ich zuerst die Stadt erblickte, warf ich mich zu Boden und sprach: Sei gegrüßt, heiliges Rom.“26


Rom, Milvische Brücke. Diese Brücke ist beinahe vollständig aus der Antike erhalten. Auf ihr erreichen Via Cassia und Via Flaminia die Stadt.

Luthers Rom

Подняться наверх