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2. Kapitel

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Als ich am Abend nach Hause kam, lag Julian bereits im Bett, während Elke die Wäsche im Wohnzimmer bügelte. Ich lief in die Küche und machte mir Abendbrot. Einen Augenblick später betrat auch Elke die Küche und fragte, wo ich den ganzen Nachmittag über verbracht hätte. Ohne Umschweife schilderte ich Elke, weswegen ich später als sonst heimkehrte und erzählte ihr von meiner Begegnung mit Marina. Ein misstrauischer Blick von Elke, sagte mir in dem Moment vieles. Ich hatte das Gefühl, dass mir Elke vielleicht gerade deswegen Vorwürfe machte, auch wenn Sie das offiziell nicht bekannt gab.

Abgesehen von ein paar Differenzen und kleineren Auseinandersetzungen, die wir mitunter vehement führten, gestaltete sich unsere Beziehung ansonsten eher harmonisch, auch wenn unsere Vorstellungen und Standpunkte vom Leben unterschiedlicher Natur waren. Während Elke ein Häuschen im Grünen bevorzugte, besann ich mich auf alltägliche Dinge, die meinem Leben einen natürlichen Sinn gaben. Besonders die Erziehung unseres gemeinsamen Sohnes, lag Elke besonders am Herzen. So sollte es doch der Junge einmal besser haben.

Noch am selben Abend packte ich meine Arbeitsutensilien zusammen, um mich auf den nächsten Werktag vorzubereiten. Einige Sachen davon verstaute ich in meine Aktentasche, als es schon ziemlich spät wurde. Es war eine sternenklare Vollmondnacht, die mich dann lange nicht einschlafen ließ.

Am darauffolgenden Tag war mir klar, es ist Freitag und wie immer an diesem Tag, brachte ich unseren Sohn Julian zum Schwimmunterricht. Das Schwimmtraining hatte bereits begonnen, als wir etwas verspätet an der Schwimmhalle eintrafen.

Wir betraten gemeinsam den Haupteingang des Schwimmbades, wo uns eine Schar Kinder entgegenlief, die alle am Schwimmunterricht teilnahmen. Der Bademeister stand neben dem Bassin und gab den Kindern lautstark die Anweisungen. Auf einem Startblock stand ein Mädchen, welches aufgeregt mit den Füßen stammelte und nicht wusste, ob es nun springen sollte. Von draußen durch ein Fenster, beobachtete ich das Geschehen im Schwimmbad.

Auch andere Eltern schauten dem Treiben ihrer Sprösslinge zu.

>>Ihr Sohn, dass wird ja ein richtiger Schwimmer…<<, entgegnete mir plötzlich eine Frau die neben mir stand.

Ich drehte mich zur Seite und sah eine Frau, deren Tochter Sandra mit Julian die Schule besuchte.

>>Kinder müssen gefördert werden, damit sie sich weiterentwickeln<<.

>>In der Tat meine Tochter ist jetzt viel ausgeglichener, seit sie am Schwimmunterricht teilnimmt<<.

Immer wieder sprangen die Kinder vom Startblock in das Wasser und schwammen nach den turnusmäßigen Übungen, die der Bademeister vorgab. Nach anderthalb Stunden neigte sich der Schwimmunterricht dem Ende zu. Alle Kinder rannten jetzt dem Ausgang der Schwimmhalle entgegen, als es plötzlich anfing zu regnen. Wir beeilten uns, dass wir schnell nach Hause kamen. Elke erwartete uns bereits, als ich die Tür ins Schloss fallen ließ.

Ein offener Brief von der Wohnungsverwaltung lag im Wohnzimmer auf dem Tisch.

>>Sehr geehrte Familie Wagner, aufgrund von dringend notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung der Bausubstanz an dem Wohnblock, führen wir ab der 38. Kalenderwoche folgende Sanierungsmaßnahmen durch…<<.

Mir war bewusst, dass diese Sanierung in zwei Wochen beginnen würden.

Auch Elke war anzusehen, dass die Ankündigungen der Wohnungsbaugesellschaft ihre Laune auf ein entsprechendes Level reduziert hatte.

Wir überlegten gemeinsam, wie der Alltag während der Sanierungsmaßnahmen zu bewältigen sei, kamen aber zu keinem nennenswerten Ergebnis.

Ich dachte eine Zeit lang darüber nach, wie ich Elke an diesem Tag auf andere Gedanken bringen könnte, als ich endlich eine Idee hatte.

>>Heute ist Freitag und ich geh uns ein Eis holen<<, entgegnete ich spontan.

Ich ging in den Keller, holte meinen alten Drahtesel heraus, trat kräftig in das Pedal und radelte zur nächsten Eisdiele. Ein großer korpulenter Mann mit einem Rauschebart bediente hinter dem Tresen der Eisdiele. Als er mich sah, schaute er mich missmutig an.

>>Sie wünschen junger Mann!<<

>>Zwei kugeln Erdbeere, vier kugeln Schoko und dann noch zwei kugeln Stracciatella<<.

>>Na wie denn nun, alles zusammen oder getrennt?<<.

>>Alles extra!<<, signalisierte ich ihm.

Der Mann tat was man ihm aufgab und wünschte einen guten Appetit.

Bei meiner Rückkehr begrüßte mich Julian zuerst.

>>Papa hast du etwa Eis geholt?<<.

Ich blinzelte Julian zu, worauf dieser eiligst in die Küche rannte.

>>Mama, Mama weißt du was, Papa hat Eis geholt!<<.

>>Na so was!<<, entgegnete Elke, als kurz darauf das Telefon klingelte.

Während Julian im Wohnzimmer Eis schleckte, telefonierte Elke mit ihrer Schwester Silka, wobei sie mit der einen Hand den Hörer hielt und mit der anderen aufgeregt gestikulierte.

Nachdem Telefonat teilte mir Elke mit, dass Julian während der Sanierungsarbeiten, bei Silka wohnen könnte. Anfangs war ich skeptisch über den Vorschlag, aber dann hatte mich Ihr Plan doch noch überzeugt.

- : -

Am nächsten Morgen war Elke schon aufgestanden. Sie stand in der Küche und kochte Kaffee. Ein großes Paket in Form eines Pappkartons schmückte den Küchentisch.

>>Ist das etwa das Geschenk für Felix?<<, fragte ich, worauf Sie nur nickte.

Neugierig schaute ich immer wieder auf das Paket.

>>Was ist denn da eigentlich alles drin?<<.

>>Ein Spielzeugbagger aus Plastik<<, erklärte mir Elke, die gerade im Begriff war, ein Geschenkband um dieses Paket zu wickeln. Anschließend lief Elke auf den Balkon und brachte noch einen Strauß Blumen mit, den Sie in eine Vase auf den Tisch stellte.

>>Sind die Blumen etwa auch für Felix?<<, wollte ich wissen.

>>Quatsch!, die sind von meiner Schwester Silka<<.

Die Blumen verströmten einen herrlichen Duft und ich überlegte, wann ich Elke das letzte Mal Blumen schenkte. Bei dem Gedanken, konnte ich mich nicht mehr so recht erinnern.

Die Wettervorhersage im Radio kündigte ein Hoch für den Nachmittag an. Daraufhin machte ich Elke einen geeigneten Vorschlag.

>>Wir könnten heute Nachmittag in den Steigerwald fahren, wenn Julian beim Geburtstag eingeladen ist<<.

Elke seufzte und signalisierte mir mit einem müden lächeln, dass Sie darüber nachdenke, aber schließlich willigte sie dann doch noch ein.

Am frühen Nachmittag brachten wir Julian dann zur Nachbarin, wo die Geburtstagsfeier schon im vollen Gang war. Als uns die Nachbarin an der Wohnungstür begrüßte, war Julian hell auf begeistert, endlich mit Felix spielen zu dürfen.

Das Licht der Sonne schimmerte durch das Laub der Bäume. Es war ein sonniger Altweibertag im Herbst. Immer wieder fielen Blätter von den Bäumen, die eine Ansammlung von Laub bildeten.

Wir schlugen einen Weg in Richtung des Waldhauses ein.

Mich beschlich ein frivoles Gefühl in der herrlichen Natur, aber ich sah kein Anlass, um ein Gespräch zu beginnen. Nach einer Weile erreichten wir auf einer Lichtung das Waldhaus.

Ein Haus im bürgerlichen Stil mit kolossalen Fragmenten. Wir betraten den Eingang zu einem Wintergarten und setzten uns an einem Tisch. Die großen durchdringenden Fenster ließen das Sonnenlicht reflektieren. An einem der Nachbartische sprach jemand einen Toast aus, dabei bemerkte ich eine Geburtstagsfete, die lautstark feierte. Elkes Anspannung machte sich in einem nervösen Fingerspiel bemerkbar. Als der Kellner dann endlich den Kaffee brachte, platzte es plötzlich aus Elke heraus.

>>Clemens ich möchte so gern ein Haus im Grünen und mit dir darüber reden<<.

Wie vom Blitz getroffen, widerhallten mir ihre Worte in den Ohren.

>>Schatz, ich kann deine Wünsche verstehen, aber von was wollen wir das Haus finanzieren?<<.

>>Clemens, ich habe alles noch einmal durchgerechnet und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass das gar nicht so schwer ist<<.

>>Ich habe da so meine Bedenken…<<, entgegnete ich.

Die Miene von Elke verzog sich zu einer Grimasse, dabei musste ich plötzlich lachen.

>>Clemens, du machst dich über mich lustig und hörst mir überhaupt nicht richtig zu!<<.

>>Natürlich höre ich dir zu<<, konterte ich zurück.

>>Dann lass uns noch einmal gemeinsam darüber nachdenken<<.

Seufzend hörte ich mir die Erzählung von Elke an.

Ab und zu nickte ich mit dem Kopf und signalisierte so mein Interesse an dem Geschehen.

Elke führte den ganzen Nachmittag über endlose Diskussionen, die ihrer Überzeugung nach, den Bau eines Eigenheims rechtfertigen sollten. Offensichtlich hatte sie in Gedanken schon öfter darüber nachgedacht. Dabei fragte ich mich immer wieder, ob das jetzt wirklich ein geeigneter Zeitpunkt sei, für ein Eigenheim.

Nachdem wir das Waldhaus verlassen hatten, liefen wir wieder in Richtung der Stadt, von wo aus wir unseren Ausflug an diesem Tag beendeten.

Die meisten Kinder waren bereits gegangen, als wir Julian bei unserer Nachbarin abholten. Wir freuten uns über den freien Nachmittag und nahmen Julian wieder in Empfang.

Julian hatte sichtlich rote Bäckchen bekommen.

Aufgeregt erklärte er uns, was alles am Geburtstag von Felix stattgefunden hatte.

>>Hat Felix sich wenigstens über den Bagger gefreut?<<, wollte ich von Julian hören.

>>Ja weißt du Papa, der Bagger ist ferngesteuert und fährt sogar mit Licht<<.

Ich streichelte Julian mit der Hand über den Kopf, wobei er auf der Stelle eine Drehung machte und auf Elke zu rannte.

Am darauffolgenden Sonntag hatte sich Elke für einen Spaziergang zur Gartenbauausstellung entschieden, sehr zur Verdrossenheit unseres Sohnes Julian, der sich lieber einen Besuch im Zoo Park gewünscht hätte. Elke konnte sich aber durchsetzen, obwohl Julian protestierte.

Bei unserer Ankunft auf der Gartenbauausstellung liefen wir geradewegs auf einen dieser Pavillons auf der gegenüberliegenden Seite des Weges zu. Dort war eine Ausstellung über Freizeit, Hobby und Heim zu sehen. Vor dem Eingang des Pavillons auf den Elke zulief, standen rechts wie links zwei große Blumenschalen aus Beton, die mit Astern bepflanzt waren. Als wir unmittelbar darauf die Eingangstüre zum Pavillon passierten, stand ein weiteres schalenähnliches Gebilde, in dem ein Palmengewächs steckte.

Die Pavillons auf dem Messegelände wurden überwiegend zu Ausstellungszwecken genutzt. Einige der Pavillons hielten die Pforten dauerhaft geschlossen, daher konnte man nur erahnen, zu welchem Zweck diese dienten.

Ich bemerkte sofort, dass Elke sich für den Bereich Hausbau interessierte und einer dieser Stände dort anvisierte. Während Elke inzwischen ernsthafte Gespräche an einem Infostand suchte, spielte Julian derweil mit einem Riesenwürfel aus Plastik, der mitten im Raum des Pavillons stand. Die Informationen, die der Hausverkäufer zum Besten gab, waren wohl für Elke plausibel, denn es dauerte noch eine ganze Ewigkeit, bis Elke endlich das gefunden hatte, wonach sie suchte. Der Hausverkäufer vom Infostand machte sich ein paar Notizen und schüttelte ihr zum Dank die Hand. Anschließend packte er einen ganzen Stapel an Prospekten und Informationen in eine Plastiktüte und überreichte diese Elke. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich eine gewisse Erleichterung bemerken. Im Anschluss daran, suchten wir noch ein gemütliches Kaffee in einem angrenzenden Park auf.

Julian machte sich nun an einem dieser Klettergerüste auf dem dort befindlichen Spielplatz zu schaffen, während Elke mit ihrer Plastiktüte umherfuchtelte und einen dieser Hausprospekte hervorzog.

>>Ist das dein Traumhaus?<<, fragte ich neugierig.

Ohne darauf eine Antwort zu bekommen, verschanzte sich Elke hinter dem Katalog.

Verärgert darüber wollte ich gerade aufstehen, als Elke plötzlich eine Frage stellte.

>>Was meinst du Clemens, sollte unser Haus einen Erker haben?<<.

>>Schatz ich weiß noch nicht einmal, wo du bauen möchtest…<<.

>>Aber das habe ich dir doch schon einmal erzählt, bei meiner Schwester Silka auf dem Dorf<<.

>>Was denn, direkt neben dem Haus von Silka?<<

>>Quatsch!, da ist doch überhaupt gar kein Platz für ein Haus. Clemens wir bauen auf einem neuerschlossenen Grundstück am Dorfrand<<.

>>Und was soll aus Julian werden?<<.

>>Das lass mal meine Sorge sein. Außerdem kann Julian mit dem Schulbus in die nächstgelegene Stadt fahren. Das ist doch kein Problem<<.

Irgendwie war mir noch nicht richtig bewusst, was da alles auf mich zukommen würde, aber in dem Moment dachte ich nicht weiter darüber nach.

Mit einem Stirnrunzeln schaute ich mir jenen Katalog an, den Elke mir nun übergab.

Die Gartenanlage des angrenzenden Parks erstrahlte in einem faszinierenden Blütenmeer. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit wurde Wert daraufgelegt, die Blütenpracht so lange wie möglich zu erhalten.

Wir genossen die letzten Sonnenstrahlen des Tages, bevor wir noch einen Abstecher zu einer nahegelegenen Sternwarte auf der Gartenbauausstellung machten. Schon von weitem sah man den runden Turm der Sternwarte, der auf einer Seite fast vollständig mit Efeu zugewachsen war. Durch eine zweiflügelige Türe aus rundem Eichenholz gelangten wir schließlich in den Innenraum des Turms, von wo aus wir auf einer Wendeltreppe die Astronomen Kuppel erreichten. Julian wollte unbedingt den Mond im fokussierenden Antlitz durch das Fernrohr beobachten. Aber irgendwie machte das Objektiv immer wieder Probleme, so dass eine exakte Einstellung schwierig war.

>>Papa, weißt du eigentlich wie groß das Weltall ist?<<, fragte Julian interessiert.

Das war wieder eine dieser Fragen, worauf ich keine passende Antwort fand.

>>Das Weltall ist unendlich<<, entgegnete ich, worauf Julian mich ungläubig ansah.

Wir experimentierten noch eine Weile mit dem Fernrohr, bevor wir uns dann noch einige Auslagen über Kopernikus in den Vitrinen anschauten.

Auf dem Heimweg zeigte Julian immer wieder mit der Hand zum Mond und signalisierte so sein Interesse an der Astronomie

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