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6. Kapitel

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Die Belastungen hinsichtlich der doppelten Haushaltsführung waren in den letzten Wochen nur schwer zu verkraften, weshalb wir uns hier und da etwas einschränken mussten.

Derweil bemühte ich mich, um eine neue Anstellung und schrieb mehrere Bewerbungen an verschiedene Unternehmen in der Region, bekam aber während dieser Zeit nur Absagen.

Schon nach einigen Tagen erhielt ich per Post die eingesandten Bewerbungen zurück, mit der Begründung, man passe nicht in das Profil und außerdem suche man Bewerber aus einem anderen Umfeld. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit meiner derzeitigen Situation abzufinden.

Natürlich war Elke alles andere als begeistert, als ich ihr doch noch die Geschichte über jene Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer schilderte. Letztendlich hinderte das Elke aber nicht daran, den Bau unseres Eigenheims noch einmal zu verschieben, zumal der Auftrag schon unter Dach und Fach war.

Als Elke eines Tages abermalig auf das Dorf zu Silka und Julian fuhr, blieb mir nicht mehr viel Zeit, um mich von Elke zu verabschieden, weil ich an diesem Tag noch einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch wahrnehmen wollte.

Nach einem reichhaltigen Frühstück schaffte ich zunächst Ordnung in unseren vier Wänden im Wohnblock. Anschließend zog ich die Cellophan Planen vom Sofa und von der Schrankwand und räumte den restlichen Bauschutt weg.

Die allgemeinen Versorgungslücken der letzten Tage wurden durch die Wohnungsverwaltung endgültig geschlossen. Ein neuer Aushang im Treppenhaus informierte umfassend über die derzeitigen Baumaßnahmen bezüglich unseres Wohnblocks. Somit wurde Wasser und Elektrizität dem privaten Haushalt wieder tagtäglich zur Verfügung gestellt, ohne dass man dabei auf andere Versorgungsträger zurückgreifen musste. Bis auf die Außenfassade, wo immer noch das Baugerüst stand und Bauschutt lag, war jetzt soweit alles im Reinen.

Ich packte meine Bewerbungsmappe in die Aktentasche, zog ein frisches Hemd an und fuhr wieder ins Zentrum unserer Stadt. Aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass es erneut Probleme geben könnte, die darauf schließen lassen, was zuletzt vorgefallen war. Nach einem kurzen Intermezzo mit dem Personalleiter jener Firma, stellte ich kurz mein Bewerberprofil vor. Anschließend begann das Frage- und Antwortspiel, dass ich zu meiner Verblüffung einigermaßen beherrschte. Der Personalleiter nahm meine Bewerbung zur Kenntnis, ließ aber offen, ob eine Einstellung in absehbarer Zeit möglich sei.

Wieder sah ich mich getrieben von der Hektik, die das Zentrum der Stadt versprühte und so zog es mich im Anschluss daran, wieder in jenes Restaurant, wo mein Cousin Michael als Kellner arbeitete. Wie beim vorherigen Mal setzte ich mich an einem Tisch in die Ecke und bestellte ein kleines Menü. Nachdem ein anderer Kellner das Essen servierte, fragte ich nach Michael, woraufhin dieser mir mitteilte, dass Michael heute seinen freien Tag hat und er erst Morgen wieder im Restaurant kellnert. Daraufhin kramte ich in meiner Jackentasche, zog die Visitenkarte von Michael heraus und wählte dessen Rufnummer. Nach einem kurzen Besetztzeichen meldete sich Michael mit durchdringender Stimme am Apparat.

>>Hallo wer da?<<.

>>Dreimal darfst du raten<<, entgegnete ich.

>>Clemens, prima das du anrufst…, gibt es irgendwas neues zu berichten?<<.

>>Nur so viel, ich bin gerade im Restaurant am Anger und hab dich dort gesucht<<.

>>Tja, heute habe ich meinen freien Tag, aber am Abend gebe ich ein Gastspiel in der Rotplombe, wenn du Zeit hast, dann komm doch heute Abend einfach vorbei<<.

>>Mal sehen, wie sich das Einrichten lässt<<, gab ich zur Antwort.

>>Also Clemens bis heute Abend…<<.

Das Gespräch wurde abrupt unterbrochen, dadurch das Michael einfach auflegte.

Nahezu pausenlos fuhren Straßenbahnen durch das Zentrum der Stadt Erfurt.

An einem Zeitungskiosk kaufte ich schließlich ein paar Zeitschriften und zwei Tageszeitungen in der Hoffnung, einen passenden Job in den Stellenanzeigen zu finden.

Aber erst zu Hause schaute ich mir in aller Ruhe die Anzeigen genauer an. Jedes Mal, wenn ich ein interessantes Stellenangebot entdeckte, machte ich mir diesbezüglich eine Randnotiz in der jeweiligen Zeitung oder Zeitschrift. Zwischendurch schaute ich mir auch eine ganze Reihe artfremder Anzeigen an und entdeckte dabei eher zufällig eine gerahmte Anzeige, die für Hormonpräparate aus der Schweiz Werbung machte.

“Die Firma MPS mit Sitz in der Schweiz ist führend in Chromosomen- und Hormonforschung und Gewinner von Auszeichnungen. Innovation und jahrelange Forschung haben unsere Firma in der Schweiz zu einem der aufstrebenden Global Trader werden lassen. Unsere Lifestyle Hormone sind von höchster Qualität und garantieren einen sicheren Umgang für ihre persönliche Entscheidung zu unseren Produkten. Fordern Sie noch heute den großen Farbkatalog an.”

Die Anzeige schien interessant zu sein, zumal mir bekannt war, dass die Schweiz zu den innovativsten Ländern der Welt zählte. Kurz notierte ich mir die Adresse dieser Firma MPS in mein Notizbuch. Fortwährend schrieb ich einen Brief und bat um die Zusendung jenes Katalogs von dieser Firma. Im Anschluss daran brachte ich den Brief zur Post, in der Hoffnung, von dort eine Antwort zu erhalten.

- : -

Die Reklame an der Rotplombe leuchtete in farblichen Nuancen, als ich am Abend kurz nach einundzwanzig Uhr dort eintraf. Es waren schätzungsweise zwei Dutzend Gäste dort, die sich zum größten Teil am Tresen an einer Bar aufhielten. Musikalische Unterhaltung aus einer Art Musik Box dröhnte aus mehreren Lautsprechern in den kleinen Saal. Mein Blick erhaschte die Bühne im Saal, wo in der Mitte eine E-Orgel stand. Offensichtlich hatte das Abendprogramm noch nicht begonnen, daher beschloss ich, vorerst an die Bar zu gehen, wo sich fast alle Gäste aufhielten. Im dichten Gedränge stand ich am Tresen, trank mein Bier und beobachtete das Geschehen im Club. An einer der Wandseiten rechts neben dem Tresen hingen einige Poster von bekannten Künstlern, die dort bereits auftraten. Fast zeitgleich fing eine drei Mann Combo an, auf der Bühne zu musizieren. Es hörte sich gleich zu Anfang fürchterlich an, so dass ich mir für einen Moment beide Ohren zuhielt. Aus den Lautsprecherboxen dröhnte es in einem Schallpegel, der jenseits der Dezibel Grenze lag. Jemand wollte mir noch irgendetwas sagen, aber leider verstand ich kein einziges Wort mehr. Als ich wieder rüber zur Bühne schaute, erkannte ich meinen Cousin Michael, der an der Orgel stand. Ein anderer Musiker spielte neben Michael Gitarre, der sich im Rhythmus der Musik bewegte.

Ich war mir völlig im Klaren darüber, dass Michael mich hier am Tresen der Bar nicht sehen konnte und so hoffte ich auf einen günstigen Moment.

Als die ersten drei Lieder gespielt waren, setzte eine kurze Unterbrechung ein, weil

eine Lautsprecherbox auf der rechten Seite ausgefallen war. Eiligst bewegte sich ein junger Mann zur Bühne, der das Problem in Augenschein nahm. Infolge des technischen Eingriffs, gab es zuerst eine Rückkopplung, bevor dann auch noch die Spots ausfielen.

Derweil verschanzte sich die Combo hinter der Bühne und wartete auf ein Zeichen ihrer Crew, als es zwischenzeitlich im Saal unruhig wurde. Einige der Gäste machten sich durch Zwischenrufe bemerkbar. Es dauerte noch einige Minuten, bis die Combo endlich weiterspielte.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange die Unterhaltung an diesen Abend noch andauern würde und so beschloss ich näher an die Bühne heranzutreten, in der Hoffnung, dass Michael mich von meinem Platz aus sehen würde. Auch die anderen Gäste des Clubs standen jetzt unmittelbar vor der Bühne und bewegten sich im Takte der Musik.

Zwischenzeitlich war der Club voll mit neuen Gesichtern, wobei ich mir nicht sicher war, Personen aus jenem Umfeld zu kennen. Die Combo spielte ihr Programm ohne Unterbrechung weiter.

Den ganzen Abend über wartete ich auf eine Veränderung der Lage, die sich aber erst zu später Stunde einstellte.

Ich bestellte mir noch ein Bier an der Bar und redete mir förmlich ein, wie töricht es doch von mir war, jenen Club betreten zu haben. Diese Musik passte ganz und gar nicht zu meinem Geschmack. Hier überzeugte mich wenig, bis auf diese anmutenden amourösen Poster von Künstlern an der Wand, die ich erneut aus der Ferne betrachtete.

Als die Combo aufhörte zu spielen, applaudierten einige der anwesenden Gäste. Jetzt applaudierte auch ich und ging anschließend wieder rüber zum Tresen an die Bar, als mich nach geraumer Zeit jemand von hinten ansprach.

>>Clemens, hast dich ja doch noch her getraut<<.

Sofort drehte ich mich um und erkannte Michael.

>>Man, hast du mich jetzt aber erschreckt<<, fauchte ich Michael an.

>>Sorry Clemens, das wollte ich nicht<<.

>>Was ist Michael, macht ihr gerade eine Pause?<<.

>>Nein unsere Vorstellung hier im Club ist für heute Abend beendet. Außerdem dürfen wir nach dreiundzwanzig Uhr nicht weiterspielen, wegen der Gastspielverordnung.

Clemens was ist, wollen wir zusammen ein Bierchen trinken?<<.

Ich schaute auf die Uhr und stellte fest, dass es kurz vor Mitternacht war. Schließlich willigte ich aber ein und Michael bestellte bei Holger noch zwei Bier.

>>Hättest ja gestern den Telefonhörer nicht gleich auflegen brauchen<<, brachte ich hervor.

>>Mein Akku im Handy war leer, sonst hätte ich gern zurückgerufen. Was macht eigentlich dein Hausbau oder wohnst du schon nicht mehr in der Stadt?<<.

>>Im Moment halte ich noch die Stellung in unserer Wohnung. Gerade jetzt, wo doch die Sanierungsarbeiten noch am Laufen sind. Elke ist momentan nur noch ein paar Tage unter der Woche hier in der Stadt. Die übrigen Tage wohnt Elke bei Silka auf dem Dorf<<.

>>Wer ist denn Silka?<<.

>>Du kennst Silka nicht?<<.

>>Na hör mal!, woher denn?<<.

>>Silka ist die Schwester von Elke, die sich mitunter auch um meinen Sohn Julian kümmert<<.

>>Wie hat dir denn heute Abend unser Musikprogramm im Club gefallen?<<.

>>Irgendwie hast du meinen Geschmack nicht gerade getroffen, aber wenn ich sehe, wie viele Gäste heute Abend im Club waren, habe ich so meine Zweifel, ob Eure Musik noch populär ist<<.

>>Na wenn schon, beim nächsten Mal sind es mehr Gäste und darauf trinken wir jetzt noch einen!<<.

Michael bestellte bei Holger noch zwei Bier und dazu zwei Doppelkorn. Mir war schon ganz schlecht von dem vielen Bier, so dass ich erst einmal in Richtung Toilette lief.

Als ich zurückkam, signalisierte mir Michael, dass der Club bald schließen würde, wenn die Zahlen nicht stimmen. Michael mokierte sich regelrecht über den Clubbesitzer, der nur an seine Zahlen denke und eben wenig Initiative zeige, um den Club am Leben zu erhalten.

Während Michael kritische Töne verlauten ließ, schwärmte Holger von etwas Großem, was der Club hergeben sollte.

Die meisten Gäste waren schon gegangen, als wir noch endlose Diskussionen über den Club führten und über alltägliche Dinge, die unser Leben bestimmten, bevor wir gemeinsam gegen zwei Uhr in der Früh den Club verließen.

Auf beiden Beinen schwankend fand ich den Weg irgendwie noch allein nach Hause, als ich mich von Michael und Holger verabschiedet hatte.

Zeitreise auf Abwegen

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