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Praxis, Wissenschaft und Methoden Sozialer Arbeit

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Sozialarbeit und Sozialpädagogik sind in Deutschland die beiden zentralen Wissens- und Handlungsbereiche der Sozialen Arbeit. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass Sozialarbeit (»Armenfürsorge«) Ersatz für schwindende familiäre Sicherungsleistungen bietet, während Sozialpädagogik (»Jugendfürsorge«) die schwindenden familiären Erziehungsleistungen kompensiert (vgl. Mühlum 1996). Inzwischen können wir allerdings von einer Identität von Sozialarbeit und Sozialpädagogik sprechen (vgl. Merten 1998), d. h., eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Bereichen ist kaum noch möglich, sodass das Berufsfeld immer häufiger als Soziale Arbeit bezeichnet wird.

Soziale Arbeit lässt sich in Praxis (Profession Soziale Arbeit) und Wissenschaft (Disziplin bzw. Fachwissenschaft Soziale Arbeit, Sozialarbeitswissenschaft) unterscheiden. Die Methoden der Sozialen Arbeit können als ein Bindeglied zwischen Praxis und Wissenschaft verstanden werden.

Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Soziale Arbeit
Sozialarbeitspraxis Sozialarbeitswissenschaft
Profession Soziale Arbeit Disziplin Soziale Arbeit
Sozialarbeiterische Organisationen, freiberufliche Sozialarbeit Hochschulen bzw. hochschulische Fachbereiche für Soziale Arbeit
Wirksamkeit und Angemessenheit des Handelns »Wahrheit«, im Sinne von Anschlussfähigkeit und Brauchbarkeit des Wissens
Methoden Sozialer Arbeit … … als Bindeglied von theoretischem, disziplinärem Erklärungswissen und praktischem, professionellem Handlungs-, Werte- sowie Evaluationswissen

Abb.: Methoden als Bindeglied von Theorie und Praxis

Praxis: Die Praxis der Sozialen Arbeit wird auch Profession genannt, sie ist das berufliche Handlungsfeld, in dem die SozialarbeiterInnen tätig sind. Das sozialarbeiterische Handlungsfeld lässt sich weiter in Interaktion (Mikroebene), Organisation (Mesoebene) und Gesellschaft (Makroebene) unterscheiden. Mit anderen Worten, es arbeiten SozialarbeiterInnen etwa in der Beratung mit KlientInnen auf einer kommunikativen Interaktionsebene, weiterhin sind sie in sozialarbeiterische Organisationen (z. B. in Sozial-, Jugend- und Gesundheitsämtern oder bei freien Trägern) als Angestellte eingebunden oder erhalten als freiberuflich Tätige ihre Aufträge von diesen Organisationen. Schließlich stellt die Soziale Arbeit ein gesellschaftliches Funktionssystem dar, das neben anderen Systemen der Gesellschaft (Wirtschaft, Politik, Erziehung, Religion, Recht, Kunst, Wissenschaft etc.) potenziell für alle Gesellschaftsmitglieder (»Bürger«) Leistungen (»soziale Hilfe«) erbringt.

Inzwischen kann gesagt werden, dass Soziale Arbeit gewissermaßen von der Geburt bis zum Tode der Bürger in allen Lebensabschnitten und -bereichen (präventiv, interventiv und postventiv) tätig ist. Dabei fokussiert sie biologische, psychische und soziale Prozesse von Menschen und ist doppelt generalistisch tätig: Sie bezieht sich potenziell sowohl auf die gesamte Gesellschaft (als Berufs- und Funktionssystem) als auch auf alle Ebenen des individuellen Lebens (als organisatorisches und interaktionelles Handlungssystem):

Gesellschaftliches FunktionssystemOrganisations- und Handlungssystem
Universeller Generalismus: Heterogenität (Vielfältigkeit) des sozialarbeiterischen HandlungsfeldesSpezialisierter Generalismus: Heterogenität (Vielfältigkeit) des sozialarbeiterischen Fallbezugs
Prävention * Intervention * PostventionSoziale Arbeit mit Einzelnen und Familien * Gruppenarbeit * Gemeinwesenarbeit
Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhife, Familienhilfe, Behindertenhilfe, Obdachlosenhilfe, Suchthilfe, Krankenhilfe, Schuldnerhilfe, Rechtshilfe, Altenhilfe etc.Biologisches (biologische Bedürfnisse und alle körperlichen/somatischen Aspekte, die damit zusammenhängen)
Psychisches (psychische Bedürfnisseund alle psychischen/kognitiven/ emotionalen Aspekte, die damit zusammenhängen)Soziales (soziale Bedürfnisseund alle sozialen Aspekte, die damit zusammenhängen

Abb.: Doppelter Generalismus Sozialer Arbeit

Wissenschaft: Die Wissenschaft der Sozialen Arbeit (Sozialarbeitswissenschaft) wird auch Disziplin genannt, sie ist das Handlungs- bzw. Forschungsfeld, in dem die WissenschaftlerInnen tätig sind, d. h. StudentInnen ausbilden (lehren) und forschen. Die Wissenschaft hat insbesondere die Aufgabe, Wissen bereitzustellen, mit dem die Praxis und mit dem in der Praxis beobachtet, beschrieben, erklärt und bewertet, kurz reflektiert werden kann.

Methoden: Die Methoden Sozialer Arbeit stellen, wie gesagt, ein Bindeglied zwischen Praxis und Wissenschaft dar, sie sind im besten Falle wissenschaftlich begründet und praktisch wirksam. Sie sollen in einem bestimmten Arbeitsfeld, innerhalb von Hilfeprozessen (z. B. innerhalb der Sozialen Arbeit mit Einzelnen und Familien) Menschen gezielt dabei helfen, ihre sozialen Probleme zu lösen. Methoden sind in dieser Hinsicht ein »Kern« professioneller Sozialarbeit/Sozialpädagogik.

Zwei Definitionen zum Begriff Methode: »Methode heißt, strategisch einen Weg zu beschreiten, der nach Zweck und Ziel und nach Lage der Dinge angemessen erscheint« (Wendt; zit. nach Galuske 1998, S. 29).

»Methoden der Sozialen Arbeit thematisieren jene Aspekte im Rahmen sozialpädagogischer/sozialarbeiterischer Konzepte, die auf eine planvolle, nachvollziehbare und damit kontrollierbare Gestaltung von Hilfeprozessen abzielen und die dahingehend zu reflektieren und zu überprüfen sind, inwieweit sie dem Gegenstand, den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, den Interventionszielen, den Erfordernissen des Arbeitsfeldes, der Institution sowie den beteiligten Personen gerecht werden« (Galuske 1998, S. 25).

Daraus ergeben sich sechs Perspektiven, die bei der Reflexion von Methoden Sozialer Arbeit grundsätzlich zu beachten sind (vgl. ebd., S. 25 f.):

1. Sachorientierung: Welche Probleme sollen mit der Methode bearbeitet werden? Wird die Methode der Problemlage gerecht?

2. Zielorientierung: Welche Ziele sollen mit der Methode erreicht werden? Lassen sich die Ziele mittels der Methode einlösen?

3. Personen- und Interaktionsorientierung: Wird die Methode den betreffenden Personen (KlientInnen/SozialarbeiterInnen) und ihrer Interaktion gerecht?

4. Arbeitsfeld- und Institutionsorientierung: Ist die Methode sinnvoll innerhalb der institutionellen/organisatorischen Rahmenbedingungen anwendbar?

5. Planungsorientierung: Erlaubt die Methode die gezielte Planbarkeit von Hilfeprozessen?

6. Überprüfbarkeit (Evaluation; Controlling): Lassen sich am Ende darüber Aussagen treffen, ob und wie die Methode gewirkt hat?

Systemisches Case Management

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