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Brady

Als der Polizist mich gefragt hat, ob er irgendwen anrufen soll, habe ich einen Moment darüber nachgedacht. Als Erstes sind mir meine Jungs in den Kopf gekommen. Gleichzeitig habe ich mir jedoch auch überlegt, von wem ich am wenigsten zu hören bekommen würde. Aber direkt danach habe ich sie vor mir gesehen und ihre Stimmen in meinem Kopf gehabt. Sie hätten mir nur gesagt, dass das eine beschissene Idee war. Und zwar jeder einzelne von ihnen!

Und was soll ich sagen?

Sie hätten recht gehabt!

Das ist mir selber bewusst. Daher brauche ich niemanden, der mir das noch einmal unter die Nase hält.

Aus dem gleichen Grund habe ich auch meine Eltern nicht benachrichtigen lassen. Seitdem all das angefangen hat, haben sie zwar nichts dazu gesagt. Doch ich bin mir sicher, dass sie nun nicht mehr den Mund halten könnten. Außerdem bin ich kein kleines Kind mehr und kann mich sehr gut alleine um meinen Mist kümmern.

Daher blieb mir nichts anderes übrig, als ihnen zu sagen, dass sie meine Nachbarin Kendra anrufen sollen. Mir ist bewusst, dass das vor dem Hintergrund, dass wir uns jedes Mal gestritten haben, wenn wir uns über den Weg gelaufen sind, wahrscheinlich auch nicht die beste Idee war. Allerdings wollte ich auch nicht die Nacht im Knast verbringen. Und sie ist so gesehen meine einzige Chance, wie ich das nicht machen muss.

Als ich nun durch die Tür trete, die zu den Zellen führt, steht sie nur wenige Meter von mir entfernt. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt und sieht mich mit einem Blick an, der mir klar zu verstehen gibt, dass sie eine Erklärung dafür haben will, dass sie mitten in der Nacht auf der Polizeiwache steht. Und die werde ich ihr auch geben, jedoch nicht hier.

Außerdem muss ich mir noch die passenden Worte überlegen.

„Passen Sie gut auf ihn auf“, weist der Polizist, der ungefähr in meinem Alter sein muss, sie an. „Ich denke, dass er morgen einen dicken Kater haben wird.“

„Hmmm“, macht Kendra nur, beachtet ihn jedoch nicht weiter.

Ich kann mir vorstellen, dass sie sich wahrscheinlich gerade denkt, dass ich es verdient habe. Und das habe ich. Daher bin ich froh, dass sie es nicht ausspricht.

Ihre Augen sind auf mich gerichtet. Keine Sekunde wendet sie sich von mir ab, sodass ich schlucke. Unter anderen Umständen wäre mir das egal. Allerdings habe ich dafür gesorgt, dass sie mitten in der Nacht aus dem Bett geholt wurde und herkommen musste. Daher habe ich schon irgendwie ein schlechtes Gewissen.

Schweigend gehen wir zu ihrem Wagen, der direkt vor dem Eingang steht, nachdem sie sich von dem Beamten verabschiedet hat. Ich sage nichts, sondern nicke ihm nur kurz zu.

Nachdem wir uns hineingesetzt haben, warte ich darauf, dass sie den Motor startet und von hier verschwindet. Doch genau das macht sie nicht.

Stattdessen dreht sie sich in meine Richtung und zieht die Augenbrauen ein Stück nach oben.

„Ich höre“, erklärt sie nun.

Ihre Stimme ist ruhig und gelassen. Doch als ich einen Blick in ihre Augen werfe weiß ich, dass es in ihrem Inneren anders aussieht. Sie ist wütend.

„Nicht hier“, gebe ich leise zurück, da ich merke, wie ich langsam Kopfschmerzen bekomme.

Die Wirkung des Alkohols lässt nach, dafür bildet sich ein Kater, auf den ich gut verzichten könnte.

„Oh doch, genau hier“, stellt sie fest. „Ansonsten kannst du nach Hause laufen. Vielleicht hilft es dir ja dabei wieder nüchtern zu werden. Ich habe mal gehört, dass frische Luft dabei helfen soll.“

An dem Ton ihrer Stimme erkenne ich, dass sie es genauso meint, wie sie es gesagt hat. Daher seufze ich und berichte ihr schließlich davon, wie ich beinahe in einer Kneipenschlägerei gelandet wäre, nachdem mich ein Idiot einfach dumm angemacht hatte. Bevor es jedoch ausarten konnte, ist die Polizei erschienen und hat mich verhaftet. Ein paar Minuten später war ich plötzlich in der Ausnüchterungszelle und habe ihnen den Namen von Kendra genannt.

Nachdem ich geendet habe, warte ich darauf, dass sie etwas erwidert. Irgendeinen spitzen Kommentar, oder sonst irgendetwas. Ich gehe sogar davon aus, dass sie etwas von sich gibt. Doch wieder überrascht sie mich, in dem sie nicht das macht, wovon ich ausgehe, sondern losfährt.

Während der Fahrt gibt sie keinen Ton von sich. Immer wieder sehe ich sie von der Seite an und versuche so ihre Stimmung in Erfahrung zu bringen. Doch das gelingt mir nicht.

Ich bin nicht zurückhaltend, doch gerade kommt es mir so vor, als wäre es besser, wenn ich den Mund halte. Normalerweise mache ich nicht das, was besser ist. Doch gerade ist es wahrscheinlich besser, wenn ich mich nicht mit ihr anlege.

Dementsprechend lange kommt mir aber die Fahrt vor. Als mein Haus in meinem Sichtfeld auftaucht, bin ich erleichtert.

„Wie geht es dir?“, fragt sie mich nun, als wir uns nur noch wenige Meter entfernt befinden.

„Ich gebe zu, dass es besser sein könnte“, erwidere ich.

„Du kannst von mir aus heute bei mir schlafen“, murmelt sie schließlich, als sie in ihrer Hofeinfahrt stehen geblieben ist. „Also nur, wenn du willst. Aber du bist total betrunken. Da ist es wahrscheinlich nicht die beste Idee, wenn du alleine bist.“

Nachdenklich sieht sie mich an, nachdem sie den Motor ausgestellt hat. Zumindest gehe ich davon aus, dass es nachdenklich ist. So ganz kann ich das nicht mehr feststellen, da der Alkoholspiegel mich fest im Griff hat. Um mich herum hat sich ein Schleier gelegt, der dafür sorgt, dass ich meine Umwelt nicht mehr richtig wahrnehmen kann.

Dennoch weiß ich, was sie mir gerade vorgeschlagen hat. So betrunken kann ich überhaupt nicht sein, dass ich das nicht merke.

Nun bin ich derjenige, der sie nachdenklich ansieht. In meinem Kopf macht sich der Gedanke breit, was sie damit bezweckt. Doch das ist gerade ehrlich gesagt nur nebensächlich für mich. Viel wichtiger ist, dass ich so die Chance habe, sie besser kennenzulernen.

Nickend nehme ich das Angebot an. Gleichzeitig nehme ich mir vor, dass ich mich ihr gegenüber nicht mehr wie ein Arsch verhalten werde. Schließlich habe ich es ihr zu verdanken, dass ich nicht doch die Nacht dort verbringen muss. Zumal ich mir sicher bin, hätte ich dort bleiben müssen, hätten meine Vorgesetzten davon erfahren.

Und die wären sicherlich nicht glücklich darüber gewesen.

„Dann komm mit“, fordert sie mich auf, verlässt den Wagen und geht auf die Haustür zu.

Ich bleibe ein paar Schritte hinter ihr. Als ich das Haus betreten habe, bleibe ich neben der Tür stehen und sehe mich in dem schwach erhellten Wohnzimmer um.

Man sieht, dass sie gerade erst eingezogen ist. Überall stehen noch Kartons herum, die darauf warten, dass sie endlich ausgepackt werden. Die Möbel sind zwar schon aufgebaut, allerdings noch leer.

„Ich gebe zu, dass ich noch nicht auf Besuch eingestellt bin, der über Nacht bleibt. Daher hoffe ich, dass das Sofa in Ordnung ist.“

Mit diesen Worten deutet sie auf die Couch, die hinter mir steht. Einen Moment betrachte ich sie.

„Das ist perfekt“, murmle ich schließlich. Dabei behalte ich für mich, dass ich eindeutig schon an schlimmeren Orten geschlafen habe.

„Dann gute Nacht.“

Ein letztes Mal lächelt sie mich an. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie selber nicht so genau weiß, was sie machen soll. Auch wenn es sonst nicht den Eindruck auf mich gemacht hat, so kommt es mir jetzt so vor, als wäre sie schüchtern, oder wenigstens zurückhaltend.

„Danke“, erkläre ich deswegen schnell, bevor sie verschwindet.

Ich kann es nicht genau in Worte fassen, doch ich will ein letztes Mal ihre Stimme hören, bevor ich versuchen werde, wenigstens etwas zu schlafen.

„Kein Problem.“

Ihre Stimme ist warm. In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich es nicht verdient habe, dass sie mich hier schlafen lässt. Schon gar nicht, nachdem ich sie so fies behandelt habe.

Kaum hat sie ausgesprochen, dreht sie sich um und verschwindet im Flur. Im nächsten Moment höre ich im oberen Geschoss eine Tür geschlossen wird und gehe davon aus, dass sie sich im Schlafzimmer befindet.

Ein letztes Mal sehe ich mich noch um, ehe ich nach der Decke greife, die über der Sofalehne hängt und das Licht ausschalte. Dann lasse ich mich in die dicken Kissen sinken.

Zu meiner Überraschung dauert es nicht lange, bis ich einschlafe.

„Guten Morgen“, murmle ich verschlafen, als ich am nächsten Tag in die Küche komme.

Augenblicklich dreht Kendra sich zu mir herum und sieht mich von oben bis unten prüfend an. Hätte ich mich in der letzten Zeit mehr mit ihr befasst, wüsste ich wahrscheinlich, was jetzt in ihrem Kopf vor sich geht. Doch so weiß ich genau das nicht und wenn ich ehrlich bin, stört es mich ein wenig.

Schon wegen meines Berufes muss ich immer wissen, was der andere denkt, damit ich seine Schritte vorhersehen kann. Doch gerade ist genau das nicht so einfach. Allerdings muss ich zugeben, dass es mir gefällt. Ich sehe es als eine Art Herausforderung an, damit ich sie besser kennenlerne.

„Hi“, gibt sie schließlich von sich und stellt ein Glas Wasser und einen Kaffee auf den Tisch, der sich zwischen uns befindet. „Wie geht es dir?“

Kurz höre ich in mich hinein. Dabei stelle ich jedoch fest, dass es mir nach einer durchgemachten Nacht schon einmal schlechter ging. Klar, ich habe Kopfschmerzen. Doch ich bin mir sicher, dass sie im Laufe des Tages wieder verschwinden werden und nicht so wie die letzten Male, zwei oder drei Tage anhalten werden.

„Nicht so schlimm, wie ich es erwartet habe“, gebe ich also zurück und zucke mit den Schultern.

Einen Moment betrachtet sie mich, als würde sie davon ausgehen, dass da noch etwas kommt. Doch schließlich lächelt sie sanft.

In diesem Moment könnte ich mir in den Arsch treten, weil ich sie so behandelt habe. Sie hat mir nichts getan, eigentlich wollte sie sich mir nur vorstellen, da wir nun Nachbarn sind. Doch ich habe sie wie keine Ahnung was behandelt. Das heißt, ich habe schon eine Ahnung, ich ziehe es jedoch vor, dies nicht auszusprechen.

„Danke, dass ihr hier schlafen konnte“, erkläre ich also und erwidere ihr Lächeln.

Ich hoffe, dass ich so wenigstens etwas mein Verhalten ihr Gegenüber wieder gut machen kann. Doch die Wahrheit sieht so aus, dass ich nicht weiß, ob mir das auch gelingt.

„Kein Problem. Sollte das in Zukunft aber öfter vorkommen wäre es nett, wenn du mich warnen würdest. Dann würde ich erst gar nicht ins Bett gehen. Es ist leichter wach zu bleiben, als mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt zu werden.“

Ein freches Funkeln ist in ihren Augen zu erkennen. In diesem Moment wird mir bewusst, dass sie ihren Satz nicht so ernst meinte, wie sie ihn gesagt hat. Doch ich meine es ernst, als ich ihr nun antworte.

„Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, das wird es nicht.“

In den letzten Monaten habe ich mich öfter besoffen und jedes Mal habe ich mir am nächsten Morgen geschworen, dass es das letzte Mal war. Allerdings spüre ich, dass ich es nun ernst meine. Woher der Sinneswandel kommt weiß ich nicht, doch gerade ist mir das auch egal. Ich bin einfach nur froh, dass er endlich da ist.

„Ich muss gleich zur Arbeit“, stellt sie nun fest und sieht dabei auf die Uhr, die an der Wand neben dem Fenster hängt.

„Ich werde auch verschwinden. Ich muss dringend unter die Dusche und mich um ein paar Dinge kümmern.“

Einige Sekunden sehe ich sie einfach nur an. Doch dann gehe ich um den Tisch herum und drücke ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Überrascht zieht sie die Augenbrauen ein Stück nach oben, nachdem ich mich wieder ein Stück von ihr entfernt habe.

„Wofür war der denn?“

„Dass du mich abgeholt und hier hast schlafen lassen. Das hättest du nicht machen müssen und ich hätte es verstehen können, wenn du es nicht gemacht hättest.“

Ihr Mund öffnet sich, doch bevor sie etwas sagen kann, verschwinde ich durch die Küchentür.

Ein leichtes Grinsen erscheint auf meinen Gesichtszügen, während ich mich meinem Haus nähere und die Schlüssel aus meiner Hosentasche ziehe.

In diesem Moment beschließe ich, dass ich es darauf ankommen lassen werde.

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